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OGH 28.07.1993, 13Os66/93

OGH 28.07.1993, 13Os66/93

Rechtssatz


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Normen
SGG §16 Abs2 Z1
StGB §32 Abs2
StGB §33
RS0088517
§ 16 Abs 1 und 2 Z 1 SGG erfordert nur die Ermöglichung des Gebrauches eines Suchtgiftes durch einen Minderjährigen, nicht aber, daß der Täter einen Minderjährigen, der - wie hier - mit Suchtgift noch keinen Kontakt hatte, dem Suchtgiftmißbrauch zugeführt hat. Die selbständige Gewichtung dieses Umstandes als Erschwerungsgrund verstößt daher nicht gegen das Doppelverwertungsverbot.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Massauer, Dr.Markel und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hatvagner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann H***** wegen des (teils im Stadium des Versuches verbliebenen) Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und Abs. 2 SGG, § 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 24.Feber 1993, GZ 19 Vr 44/92-77, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, des Vertreters des Zollamtes Graz Mag.Peter Pozezanac, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Bernhauser zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die Freiheitsstrafe auf 14 Monate herabgesetzt wird. Im übrigen wird ihr nicht Folge gegeben.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Mitangeklagten Herbert W***** enthält, wurde Johann H***** des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und Abs. 2 SGG, teils im Deliktsstadium des Versuches nach dem § 15 StGB (A/I und II, B des Urteilssatzes), des Finanzvergehens des teils vollendeten, teils versuchten Schmuggels nach den §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a, 13 FinStrG (D) sowie des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 SGG (C) schuldig erkannt. Darnach führte Johann H***** gemeinsam mit dem gesondert verfolgten (und inzwischen verstorbenen: ON 55) Wolfgang M***** als Mittäter im Juli 1991 und im Oktober 1991 in zwei Angriffen vorsätzlich - und gewerbsmäßig - Suchtgift in einer großen Menge, nämlich je 1 kg Haschisch, nach Österreich ein (A/I), wovon er anfangs Juli 1992 in Leoben den auf ihn entfallenden Anteil von 1 kg (mit mehr als 20 Gramm THC Reinsubstanz) dem am geborenen Eric W***** veräußerte (B). Am versuchte Johann H***** vorsätzlich eine große Menge Suchtgift, nämlich (weitere) 2 kg Cannabisharz, das er in Zürich erworben und am in die Bundesrepublik Deutschland ausgeführt hatte, nach Österreich zu schmuggeln, wobei er ebenfalls gewerbsmäßig handelte (A/II). Darüber hinaus ermöglichte Johann H***** dem minderjährigen Eric W***** dadurch den Gebrauch eines Suchtgiftes, daß er ihm im Dezember 1991 bzw. Anfang 1992 in Leoben mehrfach Haschisch, Joints bzw. kleinere Mengen Cannabisharz zur Verfügung stellte (C). Schließlich entzog H***** durch die unter A/I und II angeführten Tathandlungen vorsätzlich unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflichten Waren, auf denen Eingangsabgaben in der Höhe von 34.510 S (A/I) bzw. 37.154 S (A/II) lasteten, dem Zollverfahren, wobei es hinsichtlich des Faktums A/II beim Versuch geblieben ist (D a und b).

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Gründe der Z 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch Berechtigung nicht zukommt.

Mit seinem unter Z 9 lit. a ausgeführten, der Sache nach den Nichtigkeitsgrund nach Z 10 relevierenden Beschwerdeeinwand, die der Tatbeurteilung nach dem § 12 SGG unterworfene Veräußerung von 1 kg Haschisch an Eric W***** (B) umfasse auch jene (geringe) Suchtgiftmenge, die Gegenstand des gesonderten Schuldspruches nach dem § 16 SGG sei (C), weshalb sich dieser Schuldspruch als gesetzwidrig erweise, verläßt der Rechtsmittelwerber den Boden der erstgerichtlichen Urteilsannahmen. Darnach stammen nämlich die Eric W***** wiederholt überlassenen geringen Einzelmengen gerade nicht aus dem zu Punkt B tatbestandlichen Haschisch (US 14 ff). Die Rechtsrüge entbehrt sohin in diesem Punkt der gesetzmäßigen Ausführung, weil sie nicht den Urteilssachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz vergleicht.

Verfehlt ist auch das Vorbringen (Z 10), das Erstgericht habe sich bei Feststellung der als erwiesen angenommenen gewerbsmäßigen Zielsetzung auf den hiefür nicht ausreichenden "substratslosen Gebrauch der verba legalia" beschränkt. Denn dadurch, daß das Schöffengericht nicht nur im Urteilsspruch, sondern auch in den Entscheidungsgründen unter eingehenderer Befassung mit dem Qualifikationsmerkmal "fortlaufend" aussprach, daß sich der Beschwerdeführer durch die wiederkehrende Tatbegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen beabsichtigte (US 4, 5 und 18-20), hat es mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß es die für die (rechtliche) Annahme einer gewerbsmäßigen Tatbegehung im Gesetz (§ 70 StGB) verlangten Voraussetzungen in sachverhaltsmäßiger Beziehung als erwiesen erachtete. Soweit der Beschwerdeführer diese Konstatierung ohne nähere Ausführung "hilfsweise" auch aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO bekämpft, gelangt auch diese Rüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, läßt sie doch jeglichen Hinweis darauf vermissen, welche formelle Mangelhaftigkeit der bezüglichen Urteilsbegründung anhaften soll.

Unter Heranziehung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 10 (richtig: Z 11) StPO reklamiert der Beschwerdeführer schließlich unter Berufung auf seine nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr.Zigeuner "durchaus indizierte" Suchtgiftergebenheit die Anwendung des § 12 Abs. 2, zweiter Satz, SGG und damit die Bestrafung nach Abs. 1 leg.cit. Indes zu Unrecht, übersieht er hiebei doch, daß die geltend gemachte Suchtgiftergebenheit nach den zur Prüfung der Berechtigung auch dieses Vorbringens maßgeblichen Urteilsannahmen bei ihm nicht vorlag (US 27 f; vgl. hiezu auch AS 76/II, 77/II und 80/II). Darüber hinaus kommt die erwähnte Ausnahmebestimmung schon deshalb nicht in Betracht, weil die Begehung der Taten nach dem Urteilssachverhalt nicht von dem auf Beschaffung von Suchtgift bzw. der hiefür benötigten Mittel ausschließlich für den Eigengebrauch gerichteten Motiv getragen war (US 28).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 12 Abs. 2 SGG unter Anwendung des § 28 (Abs. 1) StGB eine Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten, sowie nach dem § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG eine Geldstrafe in der Höhe von 143.328 S (im Uneinbringlichkeitsfall sieben Monate Ersatzfreiheitsstrafe) und nach dem § 19 Abs. 1 lit. a FinStrG eine Wertersatzstrafe von 35.000 S (im Uneinbringlichkeitsfall sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe).

Bei der Strafbemessung wurde das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen, die relativ große Menge des Suchtgiftes, die besondere Beharrlichkeit des Angeklagten, der trotz Kenntnis des gegen ihn bereits anhängigen Strafverfahrens und ungeachtet seiner gegen Gelöbnis erfolgten Enthaftung aus der Untersuchungshaft einen weiteren Suchtgiftschmuggel (Punkt A/II) durchführen wollte, und der Umstand, daß er einen Jugendlichen dem Suchtgiftmißbrauch zugeführt hat, als erschwerend gewertet, als mildernd hingegen nichts.

Mit seiner Berufung beantragt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe sowie Reduktionen der Geld- und Wertersatzstrafen, allenfalls das gänzliche Unterbleiben der letztgenannten, jedenfalls aber deren bedingte oder - in Ansehung der Freiheitsstrafe - teilbedingte Nachsicht, während die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung eine Erhöhung der Freiheitsstrafe anstrebt.

Nur die Berufung des Angeklagten erweist sich - zum Teil - als berechtigt.

Zutreffend wertete das Erstgericht das Zusammentreffen von (einem, durch Tatwiederholung verstärkt tatbildmäßigen) Verbrechen mit einem Vergehen als erschwerend.

Keine Verletzung des Doppelverwertungsverbotes ist entgegen der in der Berufung vertretenen Ansicht - die damit der Sache nach einen Nichtigkeitsgrund in der Bedeutung des § 281 Abs. 1 Z 11 StPO geltend macht - die Bewertung des Umstandes, daß der Angeklagte einen Jugendlichen dem Suchtgiftmißbrauch zuführte, als erschwerend. Denn § 16 Abs. 1 und 2 Z 1 SGG erfordert nur die Ermöglichung des Gebrauches eines Suchtgiftes durch einen Minderjährigen, nicht aber, daß der Täter einen Minderjährigen, der - wie hier - mit Suchtgift noch keinen Kontakt hatte, dem Suchtgiftmißbrauch zugeführt hat. Die selbständige Gewichtung als Erschwerungsgrund wurde daher irrtumsfrei vorgenommen. Das durch - nicht einschlägige - Vorstrafen belastete Vorleben des Angeklagten wurde vom Erstgericht dagegen ohnehin nicht als erschwerend gewertet.

Unberücksichtigt ließ das Schöffengericht allerdings, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist und ein beträchtlicher Teil der in Rede stehenden Suchtgiftmengen sichergestellt werden konnte (§ 34 Z 13 StGB). Davon, daß der Angeklagte durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hätte, kann hingegen nicht gesprochen werden, sodaß der damit relevierte Milderungsgrund des § 34 Z 17 StGB, der auch mangels eines reumütigen Geständnisses nicht anzunehmen ist, tatsächlich nicht vorliegt. Auch kommt dem Drängen W*****, ihm das verwahrte Haschisch zu überlassen, mangels der dafür erforderlichen Intensität keine mildernde Wirkung zu.

Zu Unrecht wertete das Erstgericht dagegen die relativ große Menge des Suchtgiftes als erschwerend, wird doch das tatbestandsbegründende Ausmaß der großen Menge in den Fakten A/I und II keinesfalls beträchtlich überschritten. Keine straferhebliche Bedeutung kommt auch - der von der Staatsanwaltschaft vertretenen Auffassung zuwider - der Weitergabe von minderwertigem Haschisch zu, da hiedurch - anders als etwa bei Heroin - das Gesundheitsrisiko nicht nachweisbar erhöht wird.

Die solcherart korrigierten Strafzumessungsgründe rechtfertigen demnach eine maßvolle Herabsetzung der Freiheitsstrafe.

Die nach dem § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG auszumessende Strafe orientiert sich an der Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages, der sich aus der Summe der entsprechenden Eingangsabgaben ergibt und vorliegendenfalls 71.664 S beträgt. Auch unter Berücksichtigung der finanzstrafrechtlichen Unbescholtenheit und der Tatsache, daß die Straftat auch hier nur zum Teil vollendet wurde, ist die mit der Hälfte der möglichen Höchststrafe bestimmte Geldstrafe angemessen. Zu einer Reduzierung besteht daher kein Anlaß.

Die über den Beschwerdeführer ausgesprochene Wertersatzstrafe stützte das Erstgericht zwar rechtsirrig auf die Bestimmung des § 19 FinStrG (anstelle des § 13 Abs.2 SGG: vgl. EvBl. 1989/98; 15 Os 54/91); angesichts des Fehlens der für ein Absehen von der Verhängung dieser Strafe unabdingbaren Voraussetzung der Suchtgiftergebenheit (§ 13 Abs. 2 SGG iVm § 12 Abs. 5, vierter Satz, SGG) ist dem Angeklagten aber hiedurch kein Nachteil erwachsen.

Die Gewährung einer auch nur teilweise bedingten Strafnachsicht kann schließlich aus den schon vom Erstgericht zutreffend angeführten Gründen nicht in Betracht gezogen werden.

Der Berufung des Angeklagten war daher nur im aufgezeigten Umfange Folge zu geben. Im übrigen mußte ihr ein Erfolg versagt bleiben.

Die Staatsanwaltschaft war mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Strafrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:1993:0130OS00066.9301.0728.0
Datenquelle

Fundstelle(n):
BAAAF-71455