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OGH 29.02.2000, 12Os13/00

OGH 29.02.2000, 12Os13/00

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Mezera als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Theresia und Andre H***** wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 24a Vr 10968/99 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die Grundrechtsbeschwerde der Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom , AZ 23 Bs 5, 8/00 (= ON 44), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Theresia und Andre H***** wurden im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Gegen die Beschuldigten wurde im oben bezeichneten Verfahren am wegen des dringenden Verdachts der Finanzvergehen des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 lit a, 38 (Abs 1 lit a) FinStrG und des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit b FinStrG die Voruntersuchung eingeleitet, wobei ihnen zur Last gelegt wird, von 1998 bis gewerbsmäßig Zigaretten mit einer Eingangsabgabenbelastung von über 2,000.000 S vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet eingeführt und in Wien weiterverhandelt zu haben.

Nach ihrer Festnahme am war vorerst über sie gemäß § 86 FinStrG die Untersuchungshaft verhängt worden (159 ff/II). Zufolge Anzeigeerstattung gemäß § 54 Abs 1 FinStrG am wurde noch am selben Tag vom Untersuchungsrichter über Theresia und Andre H***** aus den Haftgründen der Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 2 und 3 lit c StPO die Untersuchungshaft verhängt (ON 6, 9) und über Enthaftungsbitte beider Beschuldigter nach Durchführung einer Haftverhandlung am fortgesetzt (ON 15, 17).

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Wien - prompt - der dagegen gerichteten Beschwerde der Beschuldigten keine Folge und ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den Gründen der Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 2 und 3 lit b StPO an.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde beider Beschuldigter kommt keine Berechtigung zu.

Wenn die Beschwerdeführer mit der Behauptung der EU-Rechtswidrigkeit der österreichischen Tabakmonopolgesetzgebung den dringenden Tatverdacht bekämpfen, genügt schon der Hinweis darauf, dass fallbezogen keine Anhaltspunkte für eine Herkunft der dem Schmuggel (oder der gleich sanktionierten Abgabenhehlerei) zugrunde liegenden Zigarettenmengen aus einem EU-Staat vorliegen (vgl auch JBl 1997, 542), vielmehr Andre H***** selbst auf eine Herkunft der in seinem Zimmer sichergestellten Rauchwaren aus Ungarn verwies (181/I), die beide Beschuldigte betreffende finanzbehördliche Vorstrafe einen von Andre H***** über Bestimmung durch Theresia H***** durchgeführten Zigarettenschmuggel über das Zollamt Klingenbach zum Gegenstand hatte (77, 113/I), und darüber hinaus notorisch ist, dass Tabakwaren, zumal bei den aktenkundigen Verkaufspreisen und Spannen der Verkäufer (483/I), in Ländern des ehemaligen Ostblocks besonders preisgünstig zu erwerben sind.

Mit Recht ist das Oberlandesgericht vom Vorliegen des Haftgrunds der Verdunkelungsgefahr ausgegangen, hat doch Theresia H***** mittels eines in den Haftraum eingeschmuggelten Mobiltelefons mit einem Abnehmer Kontakt aufgenommen ("Hier spricht Terri, sie haben mich hops genommen, ruft mich unter der Telefonnummer ..........an, wenn sie zu euch kommen, streitet alles ab"; 223/I) und konnte auch Andre H***** nur durch Körperkraft seitens der intervenierenden Beamten abgehalten werden, eine Stofftasche mit belastenden Aufzeichnungen zu verbringen (37/I). Mit Blick auf den großen, noch nicht zur Gänze ausgeforschten Abnehmerkreis und die noch ausstehende Rufdatenerfassung lag die Gefahr weiterer Verdunkelungshandlungen nahe.

Mit ihrer Forderung, die weitere Untersuchungshaft dürfe nicht bis zum Abschluss aller Ermittlungen dauern, sind die Beschwerdeführer auf die Limitierung mit zwei Monaten zu verweisen (§ 194 Abs 1 StPO).

Das bei Beurteilung der Haftgründe ungebundene Oberlandesgericht (Hager/Holzweber GRBG § 2 E 76) gründete jenen der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit b StPO zutreffend auf die aus den spezifisch einschlägigen finanzbehördlichen Abstrafungen erhellende Neigung der Beschwerdeführer zur Delinquenz in Bezug auf Schmuggelzigaretten (77, 95, 103; 113/I) in Verbindung mit ihrer langfristigen, professionellen und arbeitsteiligen Vorgangsweise bei Beschäftigungslosigkeit und Notstandshilfebezug. Bei einem angeschuldigten Verkürzungsbetrag von über 2,000.000 S kann nicht ernsthaft von bloß leichten Folgen gesprochen werden.

Der - bei realitätsbezogener Betrachtung durch gelindere Mittel nicht substituierbare - Haftgrund der Tatbegehungsgefahr liegt somit vor.

Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit der zum Zeitpunkt der maßgeblichen Entscheidung des Beschwerdegerichts erst etwas mehr als ein Monat währenden Haft übersieht, dass § 38 Abs 1 letzter Satz FinStrG neben einer Geldstrafe bis zum Dreifachen des strafbestimmenden Wertbetrages fakultativ eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vorsieht. Mit Blick auf obige Ausführungen zur Tatbegehungsgefahr ist für den Fall der Verurteilung der Beschwerdeführer aber (auch) mit der Verhängung einer Freiheitsstrafe zu rechnen, weshalb weder eine Unverhältnismäßigkeit der Haft zu ihrem Zweck noch zu ihrer Dauer vorliegt.

Behauptete Fehler der Finanzbehörden (durch verspätete Anzeige an die Staatsanwaltschaft; § 54 FinStrG) können - auch unter Berufung auf § 2 Abs 2 GRBG - nicht mit Grundrechtsbeschwerde geltend gemacht werden. Diese kann vielmehr nur wegen Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung erhoben werden (§ 1 Abs 1 GRBG).

Der unberechtigten Grundrechtsbeschwerde musste demnach - ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) - ein Erfolg versagt bleiben.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Strafrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2000:0120OS00013..0229.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAF-70756