OGH 28.09.2021, 9ObA73/21g
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau und Hon.-Prof. Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Karl Schmid (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G* P*, vertreten durch Mag. Roland Schwab, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Stadt L*, vertreten durch Wildmoser/Koch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen 54.939,51 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Ra 19/21g-16, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 28 Cga 24/20v-11, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.248,02 EUR (darin 374,67 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
[1] Die Beklagte betreibt eine städtische Berufsfeuerwehr, in der der Kläger mit 41 weiteren Vertragsbediensteten als Feuerwehrmann im Branddienst tätig ist. Der Kläger erklärte sich widerruflich im Jahr 2003 im Rahmen einer Opting-Out-Erklärung bereit, statt 48 durchschnittlich 60 Wochenstunden zu arbeiten. Die Feuerwehrleute im Branddienst werden im Rahmen eines 24-Stunden-Schichtdienstes eingesetzt. Eine Schicht beginnt jeweils um 07:30 Uhr und endet um 07:30 Uhr des nächsten Tages. Bis 07:30 Uhr des darauffolgenden Tages haben die Feuerwehrleute dann dienstfrei. Das geregelte Dreischicht-System sieht automatisch als vierte Schicht eine Dienst-Freischicht vor (45 oder 46 pro Jahr). Daneben gibt es sechs oder sieben zusätzliche Dienst-Freischichten, die sich die Mitarbeiter selbst einteilen. Seit dem Jahr 2015 werden jährlich insgesamt 52,18 Dienst-Freischichten gewährt, um im Jahresschnitt die Arbeitszeit von 60 Wochenstunden pro Mitarbeiter nicht zu überschreiten. Weitere Ersatz-Ruhezeiten als die 52,18 Dienst-Freischichten werden nicht gewährt.
[2] Die Dienstanweisung 800/3 legt fest, dass während der Woche von 07:30 bis 09:00 Uhr, von 09:30 bis 12:00 Uhr und von 14:00 bis 17:00 Uhr Arbeitszeit vorliegt (Fahrzeug-Übernahme, Arbeitsdienst, Ausbildung und Dienstsport). Die Zeiten dazwischen gelten als Bereitschaft. Am Wochenende ist von 07:30 bis 09:00 Uhr ein fixer Arbeitsdienst durch Fahrzeug-Übernahme und daran anschließend Bereitschaftsdienst eingeteilt.
[3] Neben einer Schichtdienst-Vergütung, in der ein monatlicher Nachtarbeits-Zuschlag enthalten ist, erhält der Kläger zur Vergütung regelmäßiger Dienstleistungen an Sonn- und Feiertagen eine pauschalierte Sonn- und Feiertagsgebühr von (beispielsweise im Jahr 2018) monatlich 194,92 EUR. Dieser Abgeltung liegen 442 geleistete Sonn- und Feiertagsstunden jährlich zugrunde. Die Höhe der Grundvergütung betrug (beispielsweise im Jahr 2018) 17,44 EUR pro Stunde.
[4] Der Kläger verrichtete im Zeitraum von bis (an näher festgestellten Tagen) insgesamt 1.065 Sonntagsstunden sowie 313,5 Stunden Feiertagsdienst. Diesen Sonn- und Feiertagsdiensten waren laut Dienstplan zeitlich nachgelagerte Dienst-Freischichten (an näher festgestellten Tagen) konkret zugeordnet.
[5] Der Kläger begehrte von der Beklagten die Zahlung von (eingeschränkt) 54.939,51 EUR. Er habe 1.378,5 Dienststunden an Sonn- und Feiertagen ohne Gewährung von Ersatzruhe erbracht. Diese nicht gewährte Ersatzruhe sei in Form von Sonntagsstunden bzw hilfsweise als Überstunden abzugelten. 877 Dienststunden seien innerhalb der ersten acht Stunden (100 % Zuschlag) und 501,5 Dienststunden ab der 9. Stunde (200 % Zuschlag zur Grundvergütung) geleistet worden. Die vom Dienstgeber jährlich gewährten 52,18 Dienst-Freischichten seien ausschließlich für die Einhaltung der 60-Stundenwoche erforderlich und dürften nicht doppelt zur Abdeckung von Ersatzruhezeiten für die regelmäßig zu leistenden Sonn- und Feiertagsdienste verwendet werden. Ersatzruhe sei zu jenen Zeiten zu gewähren, in denen ein Bediensteter zum Dienst eingeteilt sei. Ausgehend vom Dienstplan des Klägers liege keine freie Stunde vor, die für Ersatzruhe herangezogen werden könnte.
[6] Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dem Kläger stünde für die von ihm geleisteten Feiertags- und Sonntagsdienste zusätzlich zur Sonn- und Feiertagsgebühr eine Sonn-und Feiertagsvergütung nur dann zu, wenn es sich bei diesen Diensten um Überstunden handeln würde. Der Kläger leiste jedoch die Sonn- und Feiertagsdienste im Rahmen des für ihn geltenden Schichtplans, der Dienstleistungen regelmäßig auch an Sonn- und Feiertagen vorsehe, sodass diese Dienste als Werktagsdienste gelten würden. Die jährlich gewährten 52,18 Dienst-Freischichten umfassten auch die Ersatzruhezeiten für diese regelmäßig zu leistenden Sonn- und Feiertagsdienste, ansonsten käme es zu einer gesetzlich nicht gedeckten Verkürzung der Gesamtarbeitszeit durch die Gewährung von Ersatzruhe. Jedenfalls seien die aus der Zeit vor dem resultierenden Ansprüche verjährt.
[7] Zwischen der Beklagten und der Personalvertretung ihrer Bediensteten war zu AZ 36 Cga 17/17v des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht ein Feststellungsverfahren gemäß § 54 Abs 1 ASGG anhängig. Im rechtskräftigen Spruchpunkt 3. des Ersturteils vom wurde festgestellt, dass sämtliche bei der Berufsfeuerwehr der Beklagten als Feuerwehrmänner beschäftigte Vertragsbedienstete für jeden von ihnen geleisteten Feiertagsdienst Anspruch auf Ersatzruhezeit haben. Sämtliche Freischicht-Stunden pro Jahr seien dafür verbraucht, um die 60-Stundenwoche (60 h x 52,14 Wochen = 3.128,40 h) einhalten zu können.
[8] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dem Kläger stehe keine weitere Ersatzruhe über die 52,18 Dienst-Freischichten hinaus zu. Eine Ersatzruhe dürfe nicht zu einer Verkürzung der Gesamtarbeitszeit führen, sondern sei nur ein gleich langer, an die Stelle eines anderen tretender Zeitraum. Der Dienstplan sehe anstelle jedes Sonntagsdienstes einen freien Tag vor. Damit würden die Ersatzruhetage gewährt. Bei einer Durchrollung der Dienste werde regelmäßig auch an Sonntagen Dienst verrichtet, sodass diese als Werktage gelten würden.
[9] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Das über die Feststellungsklage nach § 54 1 ASGG ergehende Urteil wirke nur zwischen den dortigen Prozessparteien, hingegen nicht (auch) zum Vor- oder Nachteil der berechtigten Arbeitnehmer (keine erweiterte Rechtskraftwirkung). Diese würden daher aufgrund des über die Feststellungsklage ergehenden Urteils keinen Anspruch erwerben und allfällige Ansprüche auch nicht verlieren.
[10] Die Sonn- und Feiertagsdienste des Klägers würden gemäß § 197 Abs 3 Oö GDG 2002 als Werktagsdienste gelten, die Sonn- und Feiertagsvergütung stehe ihm nicht zu. Die ihm gemäß § 197 Abs 5 Oö GDG 2002 zustehende Sonn- und Feiertagsgebühr habe er ausbezahlt erhalten, womit seine Lohnansprüche befriedigt seien. Aus der Entscheidung 4 Ob 56/85 ergebe sich nichts anderes. Die Ansicht des Klägers hätte bei den rund 35 Sonn- und Feiertagsdiensten zur Folge, dass er pro Jahr nur 95,32 Dienste leisten müsste (jeder 2. Tag von 365 = 182,5 Dienste, abzüglich 52,18 Dienst-Freischichten, abzüglich weitere 35 Ersatzruhe-Schichten), wodurch seine
wöchentliche Arbeitszeit auf 44 Stunden (95,32 x 24 h : 52,14 Wochen/Jahr) sinken und die Optionserklärung für 60 Stunden ausgehebelt würde. Bei Berücksichtigung des Urlaubsanspruchs des Klägers von 22,5 Schichten verblieben lediglich 72,82 Dienste jährlich bzw rund 1,4 Dienste pro Woche. Seine Überlegungen könnten daher nicht stimmen. Er sei auch nicht mit einem Arbeitnehmer mit 5-Tage-Woche vergleichbar, weil er nicht außerhalb des Dienstplans einen Sonntagsdienst leiste. Die Dienstleistung an Sonn- und Feiertagen werde ihm mit der Sonn- und Feiertagsgebühr ausgeglichen. Die Überlegungen stünden auch mit § 4 ARG im Einklang. Dem Kläger werde eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden (Wochenruhe) durch die 72 Stunden währende Freizeit vor, während und nach der Dienst-Freischicht (3 x 24 h) gewährt. Für Feiertagsdienste sehe das ARG keine Ersatzruhe, sondern gemäß § 9 Abs 1 ARG ein Feiertagsentgelt vor.
[11] Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob im Dienstplan vorgesehene Freischichten als Ersatzruhetage für regelmäßig zu leistende Sonn- und Feiertagsdienste herangezogen werden dürften, lediglich auf die ältere Entscheidung 4 Ob 56/85 zum nahezu identen § 17 GehaltsG 1956 zurückgegriffen werden könne und die Frage über den Einzelfall hinaus Bedeutung habe.
[12] In seiner dagegen gerichteten Revision beantragt der Kläger, das Berufungsurteil im Sinn einer Klagsstattgabe abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[13] Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[14] Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
[15] Der Kläger ist der Ansicht, dass die Entscheidung 4 Ob 56/85 vom Berufungsgericht unrichtig angewandt und die Entscheidung 9 ObA 146/11b missachtet worden sei. Da die Beklagte noch nie einen Ersatzruhetag festgesetzt habe, seien die nächsten Arbeitstage als Ersatzruhetage zu betrachten, sodass sehr wohl eine Dienstleistung während der Ersatzruhe zu entlohnen sei. Die „Dienstfreischichten“ seien keine dienstfreie Zeit, sondern reine Freizeit, die erforderlich sei, um die durchschnittliche Arbeitszeit von 60 Std/Woche in einem Kalenderjahr zu erreichen. Sie dürften nicht noch einmal für die Ersatzruhe herangezogen werden. Die Gerichte hätten Art 6 der RL 2003/88/EG missachtet.
[16] Dazu war Folgendes zu erwägen:
[17] 1. Unstrittig unterliegt das Dienstverhältnis des Klägers dem 5. Hauptstück des Oberösterreichischen Gemeinde-Dienstrechts- und Gehaltsgesetzes 2002 (Oö GDG 2002), das in dessen § 197 vorsieht:
§ 197Sonn- und Feiertagsabgeltung
(1) Soweit im Abs. 4 nicht anderes bestimmt ist, gebührt dem (der) Bediensteten für jede Stunde der Dienstleistung an einem Sonntag oder gesetzlichen Feiertag an Stelle der Überstundenvergütung nach § 196 Abs 1 bis 6 und 8 eine Sonn- und Feiertagsvergütung.
(2) Die Sonn- und Feiertagsvergütung besteht aus der Grundvergütung nach § 196 Abs 3 und einem Zuschlag. Der Zuschlag beträgt für Dienstleistungen bis einschließlich der achten Stunde 100 % und ab der neunten Stunde 200 % der Grundvergütung.
(3) Ist bei Schicht- oder Wechseldienst regelmäßig an Sonn- und Feiertagen Dienst zu leisten und wird der (die) Bedienstete turnusweise zu solchen Sonn- und Feiertagsdiensten unter Gewährung einer entsprechenden Ersatzruhezeit eingeteilt, gilt der Dienst an dem Sonn- und Feiertag als Werktagsdienst; wird der (die) Bedienstete während der Ersatzruhezeit zur Dienstleistung herangezogen, gilt dieser Dienst als Sonntagsdienst.
(4) § 196 Abs 6 bis 8 ist sinngemäß anzuwenden.
(5) Dem (Der) Bediensteten, der auf Grund eines Schicht- oder Wechseldienstplans an einem Sonntag oder gesetzlichen Feiertag Dienst leistet, gebührt für jede Stunde einer solchen Dienstleistung eine Sonn- und Feiertagsgebühr.
(6) Die Höhe der Sonn- und Feiertagsgebühr ist unter Bedachtnahme auf die mit dem Dienst verbundene Belastung durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen.
[18] Diese Bestimmung ist in den wesentlichen Passagen wortgleich mit dem für Beamte und aufgrund der Verweisung des § 22 Abs 1 VBG 1948 auch für Vertragsbedienstete geltenden § 17 GehaltsG 1956.
[19] 2. Zur Anwendung dieser Bestimmung auf den vorliegenden Fall teilt der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht der Vorinstanzen, sodass zur Gänze darauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO).
[20] 3. Die Entscheidung 4 Ob 56/85, deren Sachverhalt der Kläger nicht mit seinem für vergleichbar erachtet, betraf ebenfalls das Begehren einer zu turnusmäßigen Sonn- und Feiertagsdiensten eingeteilten Vertragsbediensteten auf Sonn- und Feiertagsvergütung (zur im Wesentlichen inhaltsgleichen Bestimmung des § 17 GehaltsG 1956). Darin wurde ausdrücklich nicht der Auffassung jener Klägerin gefolgt, dass eine „entsprechende Ersatzruhezeit“ im Sinn des § 17 Abs 3 GehaltsG 1956 eine bezahlte Freizeit sein müsse, also zu einem Entfall von Dienststunden und damit zu einer Verkürzung der Gesamtarbeitszeit innerhalb des jeweiligen Turnus führen müsse. Schon der Wortsinn des Begriffs „Ersatzruhezeit“ besage, dass statt einer sonst zu einem bestimmten Zeitpunkt gebührenden Ruhezeit eine andere Ruhezeit ersatzweise zu gewähren sei. Im Berechnungszeitraum dürfe deshalb die Gesamtarbeitszeit, wie sie unter Berücksichtigung der Ruhezeit zu leisten wäre, nicht überschritten werden; in diesem Sinn sei es richtig, dass die Ersatzruhezeit zu einem Entfall von anderen Dienstzeiten führen müsse, die sonst zu leisten wären. Daraus folge aber nicht umgekehrt, dass die Ersatzruhezeit zu einer Verkürzung der Gesamtarbeitszeit im Turnus führen müsse. Bei einer solchen Auslegung würde es sich nicht mehr um eine Ersatzruhezeit handeln, sondern um den Ersatz der Ruhezeit (wie sie etwa an Sonntagen gebühren würde) durch eine andere Ruhezeit unter gleichzeitiger Verdoppelung derselben. Das sei schon mit dem Begriff des Ersatzes für die Ruhezeit nicht vereinbar. Hätte der Gesetzgeber diese Regelung gewünscht, so hätte er zu der Ersatzruhezeit noch eine gleich lange zusätzliche Ruhezeit vorschreiben müssen. Ersatzzeit sei nur ein an die Stelle eines anderen tretender gleich langer Zeitraum. Die Ersatzruhezeit müsse also nur einmal im Abrechnungszeitraum des Schichtturnus zu einem Entfall sonstiger Dienststunden führen. […] Die Meinung jener Klägerin, dass dem Bediensteten noch innerhalb derselben Turnusperiode ein Tag, an dem er nach dem Dienstplan zu arbeiten gehabt hätte, freigegeben und damit ein Zeitausgleich gewährt werden müsse, wäre nur dann richtig, wenn nicht ohnehin im Turnusplan jeweils schon für einen Sonntagsdienst ein entsprechender Zeitausgleich in Form einer anderen gleich langen Ruhezeit gewährt würde. Sehe hingegen, wie es eher die Regel sein werde, schon der Turnusplan anstelle jedes Sonntagsdienstes einen entsprechenden freien Tag in derselben oder in der Folgewoche vor, so sei schon dieser Ruhetag ersatzweise gewährt, weil er für sich schon einen sonstigen Arbeitstag ersetze. Die gegenteilige Auffassung würde zu dem Ergebnis führen, dass derjenige Bedienstete, der regelmäßig im Schichtdienst Sonn- und Feiertagsarbeit leiste, zu einem – im obigen Sinn doppelten – Zeitausgleich überdies noch die Sonn- und Feiertagszulage nach § 17 Abs 4 GehG 1956 erhielte. Außerhalb eines Schicht- oder Wechseldienstes betrüge hingegen die Sonn- und Feiertagsvergütung nach § 17 Abs 2 GehG 1956 bis einschließlich der achten Stunde die Grundvergütung mit einem Zuschlag von 100 %, aber ohne Zeitausgleich.
[21] 4. Diese Begründung wird vom Kläger nicht widerlegt. Die von ihm in Pkt 3.1.a. – 3.1.c. seiner Revision angeführten Unterschiede im Sachverhalt zu 4 Ob 56/85 betreffen keine für die Entscheidung wesentlichen Punkte und sind nicht geeignet, im vorliegenden Fall zu einer anderen Beurteilung zu gelangen. Das Kernargument des Klägers, dass die sogenannten „Dienstfrei-Schichten“ nicht noch einmal für die Ersatzruhe herangezogen werden dürften, obwohl es sich um reine Freizeit handle, und die Ersatzruhe aus dem Stundenkontingent der Jahresarbeitszeit im jeweiligen Turnus gewährt werden müsse, trifft nicht zu. Den Bestimmungen der §§ 96 Abs 5 und 197 Abs 3 Oö GDG 2002 ist nicht zu entnehmen, dass die „Ersatzruhezeit“ zu einer Reduzierung des geschuldeten Arbeitspensums führen müsste. Sie begründet lediglich einen Anspruch auf Freizeit im entsprechenden Ausmaß in einem nachfolgenden Zeitraum. Daraus folgt aber lediglich, dass der Schichtdienstplan für jede Sonn- oder Feiertagsarbeit eine Ersatzruhe im Sinn einer Freizeitphase vorsehen muss. Warum dies nicht auch dergestalt geschehen kann, dass im Schichtdienstplan besondere Dienstfreischichten (hier: jede vierte Schicht) vorgesehen werden, ist nicht ersichtlich. Dass eine solche Dienst-Freischicht auch den Zweck verfolgen kann, die Wochendienstzeit von durchschnittlich 60 Stunden pro Kalenderjahr zu erreichen, schließt den Zweck der Schaffung einer Ersatzruhezeit noch nicht aus.
[22] 5. Dass eine Ersatzruhezeit die regelmäßige Wochendienstzeit nicht reduziert, sondern im Fall von regelmäßigem Schicht- und Wechseldienst an Sonn- und Feiertagen eine Verlagerung der Ruhezeit auf einen anderen Wochentag zu erfolgen hat, entspricht auch der Rechtsprechung des VwGH zu § 17 GehG (vgl ; ).
[23] 6. Den Ausführungen des Klägers zu einer Missachtung von Art 6 der Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88/EG ist schon angesichts der in Art 22 Abs 1 jener Richtlinie normierten Möglichkeit zur Abweichung nicht zu folgen. Entgegen seiner Behauptung enthalten die hier anwendbaren Rechtsvorschriften sowohl Vorschriften zur korrekten Umsetzung der sich aus Art 6 der RL ergebenden zulässigen Höchstgrenze der Arbeitszeit (§ 97 Abs 3 Oö GDG 2002) als auch eine Art 22 Abs 1 der RL entsprechende Ausnahmeregelung (§ 97 Abs 4 Oö GDG 2002). Letztere knüpft an die Zustimmung des Bediensteten an, die hier auch gegeben ist. Die vom Revisionswerber angeregte Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art 267 AEUV ist nicht erforderlich.
[24] 7. Da sich die Revision des Klägers damit insgesamt als nicht stichhältig erweist, ist ihr keine Folge zu geben.
[25] 8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Oberster Gerichtshof
Wien,
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2021:E133127 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAF-69645