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OGH 26.05.2021, 7Ob86/21d

OGH 26.05.2021, 7Ob86/21d

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI M* S*, vertreten durch Mag. Robert Haupt, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F* AG, *, vertreten durch Dorda Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 7.546,83 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 101/20t-25, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 13 Cg 46/18v-21, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens und die Revision werden zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 501,91 EUR (darin enthalten 83,65 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Die Revision ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Die Zurückweisung der Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

[2] 1. Die Vorinstanzen erachteten aufgrund einer verständlichen und inhaltlich richtigen Belehrung nach § 165a VersVG durch den beklagten Versicherer den vom Kläger erklärten (Spät-)Rücktritt als verfristet. Diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden.

[3] 1.1 Über sein Rücktrittsrecht wurde der Kläger im sechsseitigen Versicherungsantrag so belehrt, dass auf der vorletzten zweispaltig bedruckten Seite (Seite 5) mit dem Titel „Schlusserklärungen bezüglich des Abschlusses dieser beantragten Versicherung“ unter der fettgedruckten Zwischenüberschrift „RÜCKTRITTSRECHT LAUT § 5B, § 38 UND § 165A VERSICHERUNGSVERTRAGSGESETZ BZW § 3 UND § 3A KONSUMENTENSCHUTZGESETZ“ jeweils einzeln die genannten gesetzlichen Bestimmungen nach Anführung des fettgedruckten Paragraphen – meist wörtlich zwischen Anführungszeichen – wiedergegeben wurden. Auch § 165a VersVG idF BGBl I Nr 1997/6 wurde in dieser Form – wörtlich – abgedruckt.

[4] Zwar befindet sich die Unterschrift des Klägers auf der den Schlusserklärungen unmittelbar vorangehenden Seite 4, die aber zum einen einen ausreichend deutlichen vom Kläger gesondert unterschriebenen Hinweis darauf enthält, dass im Rahmen der Schlusserklärungen wesentliche Bestimmungen dargestellt werden. Zum anderen sind die Seiten des Antrags auch so geheftet, dass bei Setzen der Unterschrift(en) auf Seite 4 die fettgedruckte Zwischenüberschrift zu den Rücktrittsrechten auf Seite 5 geradezu ins Auge sticht.

[5] 1.2 Der Belehrung ist die Rücktrittsfrist – 14 Tage – eindeutig zu entnehmen. Der Fachsenat ist auch bereits in der Entscheidung 7 Ob 4/20v zu dem Ergebnis gelangt, dass im Fall der dort vergleichbaren Belehrung über das Rücktrittsrecht, die Rücktrittsfrist nach § 165a Abs 1 VersVG (idF BGBl I Nr 1997/6) mit dem Zeitpunkt zu laufen begonnen hat, zu dem der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass der Vertrag geschlossen ist, also mit Zugang der Polizze (vgl weiters 7 Ob 3/20x, 7 Ob 6/20p, 7 Ob 16/20h, 7 Ob 67/20h, 7 Ob 94/20d). Auch dass der Begriff „Rücktritt“ im Zusammenhang mit einem kurz zuvor abgeschlossenen Vertrag, die einseitige Lösung von diesem Vertrag bedeutet, entspricht dem Verständnis eines durchschnittlich versierten Versicherungsnehmers (7 Ob 67/20h, 7 Ob 94/20d).

[6] 1.3 Der Kläger wurde über alle wesentlichen Voraussetzungen für die Ausübung seines Rücktrittsrechts informiert. Es bedurfte somit auch keiner weiteren Erläuterungen.

[7] 2. Eine Prozesspartei hat nach ständiger Rechtsprechung keinen verfahrensrechtlichen Anspruch die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union durch das Gericht zu beantragen, sodass der entsprechende Antrag des Klägers zurückzuweisen war (RS0058452). Ein Vorabentscheidungsersuchen ist auch im Hinblick auf die bereits vorliegende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bis C-357/18 und C-479/18 (Rust-Hackner) nicht erforderlich.

[8] 3. Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 41, 50 ZPO, die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2021:E131937
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-69295