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OGH 16.09.2020, 7Ob75/20k

OGH 16.09.2020, 7Ob75/20k

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** A*****, vertreten durch Dr. Christian Hirtzberger, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei A***** SE, *****, vertreten durch Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 30 R 6/20b-11, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger hat mit der Beklagten einen Rechtsschutzversicherungsvertrag abgeschlossen, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung 2003 (ARB 2003) zugrundeliegen. Diese lauten auszugsweise:

[…]

Artikel 2

Was gilt als Versicherungsfall und wann gilt er als eingetreten?

[…]

3. In den übrigen Fällen gilt als Versicherungsfall der tatsächliche oder behauptete Verstoß des Versicherungsnehmers, Gegners oder eines Dritten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften; […]

[…]

Artikel 21

Allgemeiner Schadenersatz-Rechtsschutz

Der Versicherungsschutz erstreckt sich je nach Vereinbarung auf den Privat-, Berufs- und/oder Betriebsbereich.

1. Wer ist in welcher Eigenschaft versichert?

Versicherungsschutz haben

1.1. im Privatbereich

Der Versicherungsnehmer und seine Angehörigen (Artikel 5.1.) für Versicherungsfälle, die den privaten Lebensbereich, also nicht den Berufs- oder Betriebsbereich oder eine sonstige Erwerbstätigkeit, betreffen;

1.2. im Berufsbereich

der Versicherungsnehmer und seine Angehörigen (Artikel 5.1.) in ihrer Eigenschaft als unselbständig Erwerbstätige für Versicherungsfälle, die mit der Berufsausübung unmittelbar zusammenhängen [...];

[…]“

Der Versicherungsschutz des Klägers umfasst lediglich den Privatbereich.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Senat hat den behaupteten Verfahrensmangel geprüft; er liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat in den vom Kläger beanstandeten Punkten 4.5. und 4.6. des angefochtenen Urteils lediglich aus vom Kläger selbst vorgelegten Urkunden zitiert und daraus rechtliche Schlussfolgerungen abgeleitet. Dass die vom Berufungsgericht wiedergegebenen Passagen in den betreffenden Urkunden nicht enthalten seien, behauptet der Kläger nicht. Ob die vom Berufungsgericht daraus abgeleiteten rechtlichen Erwägungen zutreffend sind, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung, aber keine solche einer Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens.

2. Der Kläger strebt wegen falscher Gutachten eine Schadenersatzklage gegen jenen Sachverständigen an, der in mehreren, (ua) gegen den Kläger, geführten Strafverfahren tätig war. Zu der Beurteilung, ob diese angestrebte Rechtsverfolgung, dem gedeckten privaten oder nicht gedeckten beruflichen Bereich zuzurechnen ist, hat der Fachsenat schon insoweit Stellung genommen, als mit dem privaten Lebensbereich auf Ereignisse des täglichen Lebens abgestellt wird, die (typischerweise) nicht bei einer (geschäftlichen) Tätigkeit im Betrieb, Gewerbe oder Beruf eintreten (7 Ob 46/04x). Gegen eine Abgrenzung des beruflichen und privaten Bereichs nach diesen Kriterien enthält die Revision keine substanziellen Einwände. Der Kläger macht in diesem Zusammenhang nur geltend, dass für diese Abgrenzung von seinen eigenen, insbesondere in vorliegenden Klagsentwürfen enthaltenen Behauptungen auszugehen sei, wonach er die ihm vom Sachverständigen unterstellten Verhaltensweisen (Beteiligung an Abgabenhinterziehung durch bestimmte Unternehmen) nicht begangen habe und er seit 2004 nicht mehr Gesellschafter einer angeblich beteiligten Gesellschaft, sondern nur mehr Privatmann gewesen sei. Dem ist Folgendes zu entgegnen:

3. Nach den vom Kläger selbst vorgelegten Urkunden (Anklage, Sachverständigengutachten, Klagsentwurf) beruhen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der Beteiligung an einer Abgabenhinterziehung im Zusammenhang mit der t***** KG auf jenem faktischen Einfluss, den er nach seinem Ausscheiden als Gesellschafter im Wege einer Treuhandvereinbarung und eines dadurch vermittelten Weisungsrechts behalten habe. Ob diese Beurteilung des Sachverständigen zutrifft, wird gegebenenfalls in dem gegen diesen geführten Aktivprozess zu klären sein. Dies ändert aber nichts daran, dass allein die unstrittige frühere Funktion des Klägers als Gesellschafter der t***** KG sowie die mit deren Verkauf verbundenen Einflussmöglichkeiten letztlich Ausgangspunkt für die ihm vorgeworfenen Handlungen waren und dass das den Vorwurf begründende Unterlassen von Abgabenerklärungen typischerweise nichts mit dem privaten Lebensbereich zu tun hat. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach die vom Kläger angestrebte Rechtsverfolgung nicht seinem privaten Bereich zuzurechnen sei, hält sich demnach im Rahmen der genannten Abgrenzungskriterien und ist nach den Umständen des Einzelfalls nicht zu beanstanden.

3.1. Der Kläger macht damit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist daher die Revision nicht zulässig und zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

3.2. Die von der Beklagten – ohne Freistellung – eingebrachte Revisionsbeantwortung war zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht erforderlich (§ 508a Abs 2 Satz 2 ZPO), weshalb dafür kein Kostenersatz gebührt.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2020:0070OB00075.20K.0916.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-69287