OGH 29.05.2019, 7Ob51/19d
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A* S*, vertreten durch Mag. Martin Divitschek und andere, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, gegen die beklagte Partei Ing. W* S*, vertreten durch Mag. Klaus Mayer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterhalt, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 18/19k-29, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1 Als Einkommen ist das monatliche, durchschnittliche Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen vor Abzug der ihm auferlegten Unterhaltsleistungen zu verstehen (RS0047489). Maßgeblich für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist in erster Linie die sich aus dem Gesamteinkommen des Unterhaltspflichtigen nach Abzug von Steuern und öffentlichen Abgaben vom Einkommen ergebende tatsächliche wirtschaftliche Lage, somit die Summe der dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden verfügbaren Mittel. Die Steuerbemessungsgrundlage ist daher, wenn erforderlich, nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen zu korrigieren (RS0013386).
1.2 Das Berufungsgericht legte – wie bereits die Klägerin im erstgerichtlichen Verfahren – ausgehend von den, vom Beklagten in Entsprechung des Rechnungslegungsbegehrens der Klägerin vorgelegten Jahreslohnzetteln ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 6.858,81 EUR für 2015 und von 7.405,33 EUR für 2016 zugrunde. Herangezogen wurde dabei jeweils der Bruttobezug gemäß § 25 EStG (ohne § 26 EStG und ohne § 3 Abs 1 Z 16b EStG) abzüglich einbehaltener SV-Beiträge, Kammerumlagen, Wohnbauförderung abzüglich anrechenbarer Lohnsteuer zuzüglich 50 % der nicht steuerbaren Bezüge (§ 26 Z 4 EStG) und steuerfreien Bezüge (§ 3 Abs 1 Z 16b EStG) [2015: 8.910,84 EUR; 2016: 8.713,07 EUR].
1.2.1 Der Beklagte argumentiert – erstmals in der Revision –, dass der steuerfreie Betrag von 8.910,84 EUR für das Jahr 2015 die Pensionskassenbeiträge des Dienstgebers von 8.550,99 EUR und Reisekosten von 359,85 EUR beinhalte, der steuerfreie Betrag für 2016 von 8.713,07 EUR Pensionskassenbeiträge des Dienstgebers von 8.546,90 EUR und Reisekosten von 166,17 EUR. Weder die Pensionskassenbeiträge des Dienstgebers noch Fahrkostenvergütungen und Kilometergeld gehörten zu den Einkünften aus unselbständiger Arbeit.
1.2.2 Aus den Jahreslohnzetteln des Beklagten ergibt sich, dass es sich bei den Beträgen von 8.910,84 EUR und 8.713,07 EUR um die nicht steuerbaren Bezüge nach § 26 Z 4 EStG (= Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen [Fahrtkostenvergütungen, Kilometergeld] und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden) und steuerfreien Beträge nach § 3 Abs 1 Z 16b EStG (= vom Arbeitgeber als Reiseaufwandsentschädigungen gezahlte Tagesgelder und Nächtigungsgelder, soweit sie nicht gemäß § 26 Z 4 zu berücksichtigen sind) handelt. Aus den vorgelegten Lohnzetteln geht aber nicht hervor, dass die genannten Beträge – entgegen ihrer ausdrücklichen Ausweisung als Reisevergütungen und Reiseaufwandsentschädigungen – Beitragsleistungen des Arbeitgebers für seinen Arbeitnehmer an Pensionskassen im Sinn des Pensionskassengesetzes (§ 26 Z 7a EStG) beinhalten. Derartiges – die Tatfrage betreffendes – Vorbringen wurde vom Beklagten im erstgerichtlichen Verfahren auch nicht erstattet.
1.2.3 Nach der Rechtsprechung sind Aufwandsentschädigungen, wie Diäten, Taggeld, Nächtigungsgeld, Reisekostenentschädigung udgl, regelmäßig zur Hälfte in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen, sofern der Unterhaltspflichtige – wie hier – nicht nachweist, dass diese darüber hinaus der Abdeckung berufsbedingter Mehrausgaben dienten (8 Ob 63/13t; RS0047442).
1.2.4 Eine doppelte Berücksichtigung der Reisekosten dadurch, dass sie im Jahresbruttogehalt bereits als steuerpflichtiger Teil der Reisekosten inkludiert seien, ist – entgegen der Ansicht des Beklagten – ebenfalls nicht ersichtlich. Der ausgewiesene Bruttobezug versteht sich gemäß § 25 EStG, aber ohne § 26 EStG und ohne § 3 Abs 1 Z 16b EStG, während die gegenständlichen Beträge (8.910,84 und 8.763,07 EUR) gerade als nicht steuerbare bzw steuerfreie Tages-, Nächtigungs- und Kilometergelder angeführt sind. Im Übrigen hat der Beklagte auch hier im erstgerichtlichen Verfahren nicht behauptet, dass sein Arbeitgeber iSd § 26 Z 4 letzter Satz EStG höhere Beträge zahlte, die soweit sie die genannten Grenzen übersteigen, steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen würden.
1.3 Der Beklagte wendet weiters ein, dass in den Jahren 2015 und 2016 die Arbeiterkammerumlage unrichtigerweise der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet worden sei. Tatsächlich ist die Kammerumlage aber von dem ohnedies in Abzug gebrachten Betrag [2015: 11.681,48 EUR; 2016: 12.242,27 EUR] ausdrücklich umfasst.
2. Richtig ist, dass nach nunmehr ständiger Rechtsprechung, dann, wenn der Unterhalt in einem Vergleich festgesetzt wurde, die Neubemessung im Allgemeinen nicht völlig losgelöst von der vergleichsweisen Regelung und der in ihr zum Ausdruck kommenden Konkretisierung der Bemessungsgrundsätze erfolgen soll (RS0047471).
2.1 Soweit der Beklagte argumentiert, dass seinem bei Vergleichsabschluss einvernehmlich festgelegten Durchschnittseinkommen die Pensionskostenbeiträge des Dienstgebers und die Merkur Versicherungs-Prämien bewusst nicht hinzugerechnet worden seien, weshalb sie auch jetzt nicht zu berücksichtigen wären, ist dem entgegenzuhalten, dass abgesehen davon, dass eine Hinzurechnung der Dienstgeberpensionskassenbeiträge für die bekämpfte Berechnung des Unterhalts für die Jahre 2015 und 2106 ohnedies nicht dargelegt wurde, entsprechendes Vorbringen im erstgerichtlichen Verfahren nicht erstattet wurde.
3. Es wird keine erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2019:E125390 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAF-69268