OGH 24.03.2021, 7Ob44/21b
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** K*****, vertreten durch Dr. Michael Velik, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** M*****, vertreten durch Dr. Karl Benkhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 76.950 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 129/20k-65, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1.1 Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, wirft nach ständiger Rechtsprechung nur dann eine erhebliche Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf, wenn in wesentlicher Verkennung der Auslegungsgrundsätze ein unvertretbares, aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit zu korrigierendes Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936; RS0112106; RS0042776). Dies ist hier nicht der Fall:
[2] 1.2 Der Beklagte erklärte in dem zwischen dem Kläger und der GmbH abgeschlossenen Bauvertrag ausdrücklich, als Gesellschafter (49 %) und Geschäftsführer für die vertragsgemäße Erfüllung vollinhaltlich und persönlich zu haften.
[3] 1.3 Die Abgrenzung, ob Bürgschaft oder Schuldbeitritt vorliegt, ist unter Heranziehung der Auslegungsregeln der §§ 914 und 915 ABGB unter Bedachtnahme auf Sinn und Zweck des Geschäfts sowie die Übung des redlichen Verkehrs vorzunehmen. Unter Bedachtnahme auf diese Kriterien ist zu prüfen, ob die Parteien nur die Haftung oder aber die Verpflichtung selbst verstärken wollten. Hat der Gutsteher kein eigenes wirtschaftliches Interesse am Grundgeschäft zwischen dem Gläubiger und dem bisherigen Schuldner, so kann angenommen werden, dass wohl nur die Sicherung der Verbindlichkeit, also eine Bürgschaft beabsichtigt ist; hat der Gutsteher hingegen ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Grundverhältnis zwischen Gläubiger und bisherigem Schuldner und ist dies dem Gläubiger bekannt, ist in der Regel anzunehmen, dass die Parteien einen Schuldbeitritt vereinbaren wollten (1 Ob 109/00m mwN = RS0032011 [T9]). Für die Annahme eines solchen Eigeninteresses wurde bereits eine 25%ige Beteiligung des Gutstehers an der Gesellschaft (3 Ob 62/90), aber auch die Rolle als Geschäftsführer der Komplementär GmbH (8 Ob 32/97g) als ausreichend angesehen.
[4] 1.4 Das Pönale wegen Verspätung bei der Vertragserfüllung ist regelmäßig eine den Verspätungsschaden abgeltende Konventionalstrafe in Form eines pauschalierten Schadenersatzes (vgl 7 Ob 37/00t).
[5] 1.5 Die Beurteilung der Vorinstanzen, die Vereinbarung zwischen den Streitteilen sei als Schuldbeitritt zu qualifizieren und beinhalte die Haftung des Beklagten auch für jenen pauschalierten Schaden, der aufgrund der Verspätung bei der Vertragserfüllung entstanden sei, hält sich im Rahmen der dargestellten oberstgerichtlichen Judikatur.
[6] 2.1 Ob den durch eine Konventionalstrafe abgesicherten Gläubiger eine Schadensminderungspflicht trifft, kann hier dahingestellt bleiben.
[7] 3.1 Die behauptete Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den Kläger – Verhinderung der vom Beklagten angebotenen fristgerechten Fertigstellung – wurde nicht nachgewiesen.
[8] 3.2 Soweit der Beklagte erstmals im Rechtsmittelverfahren behauptet, der Kläger hätte unverzüglich nach der Insolvenzeröffnung mit einer Ersatzvornahme beginnen müssen und sich nicht mit seinen Erfüllungszusagen begnügen dürfen, setzt er sich nicht nur in Widerspruch zu seinem im erstgerichtlichen Verfahren erstatteten Vorbringen, sondern er verstößt auch gegen das Neuerungsverbot.
[9] 3. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2021:0070OB00044.21B.0324.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAF-69260