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OGH 25.11.2020, 7Ob189/20z

OGH 25.11.2020, 7Ob189/20z

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** S*****, vertreten durch Mag. Robert Stadler, Rechtsanwalt in Gallneukirchen, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch Dr. Matthias Bacher, Rechtsanwalt in Wien, wegen 6.000 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 28/20x-89, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Ausführungen zur Beweisrüge müssen eindeutig erkennen lassen, auf Grund welcher Umwürdigung bestimmter Beweismittel welche vom angefochtenen Urteil abweichenden Feststellungen angestrebt werden (RS0041835 [T2]). Der Kläger hat in seiner Berufung „unrichtige bzw unvollständige Sachverhaltsfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung“ gerügt und durchwegs nur „ergänzende“, aber keine konkret den erstgerichtlichen Annahmen entgegengesetzte Feststellungen begehrt. Die Ansicht des Berufungsgerichts, es liege keine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge vor, ist somit nicht zu beanstanden. Die vom Kläger ergänzend begehrten Feststellungen hat das Berufungsgericht – entnehmbar – rechtlich für nicht entscheidungsrelevant erachtet und dabei den Inhalt unstrittiger Urkunden berücksichtigt, sodass insoweit der vom Kläger behauptete Begründungsmangel nicht vorliegt.

2.1. Nach § 16 Abs 1 VersVG hat der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Versicherungsvertrags alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Erheblich sind Gefahrenumstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, Einfluss auszuüben (7 Ob 57/05s mwN). Ein Umstand, nach welchem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich (RS0080628 [T1]). An die vom Versicherungsnehmer bei Erfüllung seiner vorvertraglichen Anzeigepflicht anzuwendende Sorgfalt sind insbesondere dann, wenn die gestellten Fragen Individualtatsachen betreffen, ganz erhebliche Anforderungen zu stellen (RS0080641 [insb T1]).

2.2. Für eine schuldhafte Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht genügt bereits leichte Fahrlässigkeit (RS0080572). Ist der Vorschrift des § 16 Abs 1 VersVG zuwider die Anzeige eines erheblichen Umstands unterblieben, so kann der Versicherer nach § 16 Abs 2 VersVG vom Vertrag zurücktreten. Der Rücktritt ist nur nach § 16 Abs 3 VersVG (ua) dann ausgeschlossen, wenn die Anzeige ohne Verschulden des Versicherungsnehmers unterblieben ist, wobei die Beweislast für mangelndes Verschulden dem Versicherungsnehmer obliegt (RS0080809).

2.3. Die Einschätzung von Beschwerden durch den Versicherungsnehmer als harmlos spielt für die Anzeigepflicht keine entscheidende Rolle, sofern sie nicht offenkundig belanglos sind und alsbald vergehen. Angabepflichtig sind auch indizierende Umstände, also äußere Umstände, die auf das Bestehen eines gefahrenerheblichen Zustands schließen lassen. Auch ohne das Vorliegen einer ärztlichen Diagnose muss der Antragsteller Symptome, wegen der er sich in ärztliche Behandlung begeben hat, angeben; Bewertung und Beurteilung müssen dem Versicherer überlassen bleiben (vgl RS0080641 [T6]).

2.4. Nach den dem Versicherungsantrag des Klägers angeschlossenen allgemeinen Gesundheitsfragen hat die Beklagte dem Kläger noch einen ergänzenden Fragebogen für Wirbelsäulenerkrankungen übermittelt. Bei dessen Beantwortung hat der Kläger trotz der ausdrücklich auf „Erkrankung(en) oder Beschwerden seitens der Wirbelsäule“ gerichteten Frage bereits von den Vorinstanzen näher bezeichnete, regelmäßige Beschwerden im Halswirbelsäulenbereich und Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich samt damit verbundenen Therapien verschwiegen, obwohl dem Kläger diese Beschwerden zur Zeit der Fragebeantwortung bewusst waren. Damit hält sich die Annahme einer schuldhaften Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht durch das Berufungsgericht im Rahmen der dazu vorliegenden Rechtsprechung des Fachsenats.

2.5. Die vom Kläger gewünschten ergänzenden Feststellungen ändern an der rechtlichen Beurteilung nichts. Worauf nämlich die beim Kläger vorgelegenen Beschwerden im Detail ursächlich zurückzuführen waren, welche Diagnosen dazu im Einzelnen erstellt wurden, wie der Kläger diese Beschwerden subjektiv einschätzte und dass bei jedem Erwachsenen degenerative Veränderung der Bandscheiben vorliegen, sind insoweit keine entscheidenden Umstände, ändern sie doch nichts daran, dass der Kläger einschlägige, ihm bewusste und für den Versicherer zur Beurteilung insbesondere von Nacken- und Kreuzbeschwerden maßgebliche Umstände verschwiegen hat.

3. Der Kläger macht insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Die Revision ist daher nicht zulässig und folglich zurückzuweisen.

4. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2020:0070OB00189.20Z.1125.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-69200