OGH 25.11.2020, 7Ob144/20g
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** S*****, vertreten durch Mag. Manfred Sigl, Rechtsanwalt in Amstetten, gegen die beklagte Partei S***** SE, *****, vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 77.762,91 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 69/20i-14, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Nach § 136a Abs 12 GewO idF BGBl I 2011/99, haben die zur Ausübung des Gewerbes der Vermögensberater berechtigten Gewerbetreibenden für ihre Berufstätigkeit eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung abzuschließen. Nach § 382 Abs 47 GewO trat diese Bestimmung mit dem der Kundmachung folgenden Tag, frühestens jedoch mit , in Kraft. Rechtsfolgen aus der erst seit vorgeschriebenen Pflichtversicherung gelten mangels gegenteiligen Übergangsrechts erst für nach der Neuregelung verwirklichte Sachverhalte (vgl 5 Ob 102/12d; 7 Ob 182/17s; 7 Ob 70/19y) und daher nicht für die hier gegebenenfalls bereits im Frühjahr 2011 erfolgten Fehlberatungen. Die Klägerin kann sich daher nicht erfolgreich auf § 158c Abs 1 VersVG stützen, um der von den Vorinstanzen angenommenen Verjährung des von der Klägerin gepfändeten und ihr überwiesenen Deckungsanspruchs erfolgreich zu begegnen. Daran ändert auch Art 14 C_ABHV/EBHV nichts, bezieht er sich doch auf Haftpflichtversicherungen, zu deren Abschluss eine gesetzliche Verpflichtung besteht, was hier – wie bereits ausgeführt – gerade nicht der Fall ist.
2. Die Vorinstanzen haben übereinstimmend die Schreiben der Beklagten vom und vom als solche nach § 12 Abs 2 Satz 1 VersVG gewertet. Dass damit eine begründete Ablehnung des Deckungsanspruchs der Versicherungsnehmerin gegenüber wirksam erfolgte, wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass mit dem Zugang der begründeten Ablehnung des Versicherers beim Versicherungsnehmer die Verjährungsfrist jedenfalls beginnt (RS0114507 [insb T5]). Wann davon die Klägerin Kenntnis erlangt und wann diese ihre Ansprüche in der Insolvenz der Versicherungsnehmerin angemeldet hat, ist insoweit irrelevant. Auch die Einleitung des Haftpflichtprozesses hat für die Fälligkeit des Deckungsanspruchs keine Bedeutung (vgl 7 Ob 125/98b).
3. Die Versicherungsnehmerin hat die von ihr eingeleiteten keine Einzelansprüche Geschädigter, sondern gesamte Anlagenprozesse betreffenden Deckungsprozesse nach der Unterbrechung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und dem Ausscheiden der Deckungsansprüche nicht mehr fortgesetzt. Die unterlassene Fortsetzung des Verfahrens iSd § 1497 ABGB führte dazu, dass die Verjährung nicht unterbrochen wurde (RS0113698) und der der Klägerin überwiesene Deckungsanspruch zum Zeitpunkt der hier erfolgten Klageerhebung bereits verjährt war. Dieser Verjährungseinwand steht der Beklagten auch gegenüber der Klägerin zu, weil sich insoweit durch die Pfändung des Anspruchs die Rechtsstellung des Drittschuldners nicht ändert (vgl RS0003914; RS0004039).
4. Die von der Klägerin ebenfalls relevierte Verjährungsvorschrift des § 12 Abs 1 Satz 2 VersVG ist hier nicht einschlägig, weil diese Norm nur auf die einem Dritten originär zustehenden Rechte abzielt (7 Ob 13/14h). Solche macht die Klägerin aber hier nicht geltend.
5. Mit den von der Klägerin behaupteten, angeblich noch bis 2017 erfolgten Beteuerungen des Anlagenvermittlers über die Werthaltigkeit der 2011 erworbenen Produkte haben sich die Vorinstanzen – mangelfrei – nicht befasst. Dieses allfällige Verhalten des Vermittlers der Versicherungsnehmerin ist einerseits im Lichte des Ablaufs der Verjährungsfrist für den Deckungsanspruch nicht der Beklagten zuzurechnen und es war andererseits nicht ursächlich für die von der Klägerin aus dem Erwerb abgeleiteten Schadenersatzansprüche.
6. Die Klägerin macht insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Die Revision ist daher nicht zulässig und folglich zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2020:0070OB00144.20G.1125.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-69132