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OGH 22.12.2021, 3Ob215/21w

OGH 22.12.2021, 3Ob215/21w

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj D* F*, geboren am * 2009, wohnhaft bei ihrem Vater B* F*, Deutschland, vertreten durch Dr. Robert Gschwandtner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Großmutter O* B*, Ukraine, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 333/20v-159, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die Eingabe der Großmutter vom samt Beilagen wird zurückgewiesen.

II. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Zu I.:

Rechtliche Beurteilung

[1] Die Eingabe der Großmutter vom widerspricht dem Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels, der auch im Außerstreitverfahren gilt (vgl RS0007007). Nach diesem Grundsatz müssen selbst ausnahmsweise zulässige Neuerungen, die weder im Rekurs noch in dessen Beantwortung vorgetragen wurden, grundsätzlich unbeachtlich bleiben (10 Ob 55/18p; 1 Ob 20/19a; 6 Ob 234/20k).

[2] Die nachträgliche Eingabe der Großmutter, die überdies im Wesentlichen nur Wiederholungen sowie pauschale Behauptungen zur angeblichen Nichtbeachtung von Beweismitteln und von längere Zeit zurückliegenden Geschehnissen (vgl dazu RIS-Justiz RS0122192) enthält, war daher zurückzuweisen.

Zu II.:

[3] 1. Die Rechtsmittelwerberin führt zwar aus, dass zwei Richter des Rekurssenats „ausgeschlossen“ seien. Inhaltlich macht sie jedoch – wenn auch untaugliche – Befangenheitsgründe geltend.

[4] Die Ablehnung von Richtern kann zwar grundsätzlich auch im Anschluss an eine Entscheidung im Rechtsmittel gegen diese erklärt werden (RS0042028; 5 Ob 158/21b mwN). Im Anlassfall ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Rechtsmittelwerberin bereits am einen Ablehnungsantrag gegen die auch hier abgelehnten Richter eingebracht hat, der mit Beschluss des Ablehnungssenats des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom zu AZ 33 Nc 28/20a rechtskräftig zurückgewiesen wurde. In einem solchen Fall kann ein neuerlicher Ablehnungsantrag nicht auf die schon geltend gemachten Ablehnungsgründe gestützt werden (RS0045941). Dem neuerlichen Ablehnungsantrag steht vielmehr die Rechtskraft der bereits getroffenen Entscheidung entgegen.

[5] Davon abgesehen ist eine sofortige Entscheidung über ein Rechtsmittel, in dem ein Ablehnungsantrag enthalten ist, nach der Rechtsprechung (unter anderem) auch dann zulässig, wenn keine konkreten Befangenheitsgründe gegen den oder die abgelehnten Richter ins Treffen geführt werden (1 Ob 75/20s mwN). Auch diese Voraussetzung ist hier gegeben. Pauschale und ohne Anführung bestimmter persönlicher Gründe zu jeweils namentlich bezeichneten Richtern eingebrachte Ablehnungserklärungen sind nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt (8 Nc 19/20s). Die behauptete Unrichtigkeit gerichtlicher Entscheidungen oder der Umstand, dass über Rechtsmittel des Ablehnungswerbers bereits mehrfach abschlägig entschieden wurde, bilden keinen tauglichen Ablehnungsgrund (vgl RS0111290).

[6] 2. Eine angebliche Befangenheit der entscheidenden Richter wäre nur dann ein Aufhebungsgrund im Sinn des § 66 Abs 1 Z 1 (iVm § 58 Abs 4 Z 1) AußStrG, wenn die Ablehnung erfolgreich gewesen wäre (2 Ob 71/20k). Dies ist hier nicht der Fall.

[7] 3. Die sonst geltend gemachten Verfahrensmängel, die die Rechtsmittelwerberin in der Nichteinholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens sowie in der Nichtberücksichtigung der Stellungnahme der ukrainischen Behörde für Familien- und Kinderangelegenheiten vom erblickt, liegen ebenfalls nicht vor.

[8] Auch im Pflegschaftsverfahren gilt, dass ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz im Sinn des § 66 Abs 1 Z 2 AußStrG grundsätzlich keinen Revisionsrekursgrund bildet, sofern eine Durchbrechung dieses Grundsatzes nicht aus Gründen des Kindeswohls erforderlich ist (4 Ob 73/20v mwN). Die Voraussetzungen für eine solche Ausnahme sind hier nicht gegeben. Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin besteht kein genereller Grundsatz dahin, dass das Pflegschaftsgericht in einem die Obsorge betreffenden Verfahren einen Sachverständigen beizuziehen hätte (4 Ob 246/18g; 4 Ob 73/20v). Außerdem ist die Frage, ob – im Fall einer nach der Beurteilung der Tatsacheninstanzen ausreichenden Entscheidungsgrundlage – zur Gewinnung der erforderlichen Feststellungen noch weitere Beweise notwendig sind, als Akt der Beweiswürdigung nicht mit Revisionsrekurs anfechtbar (4 Ob 59/20k; 3 Ob 8/21d).

[9] 4. Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00215.21W.1222.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAF-68534