OGH 25.11.2021, 3Ob198/21w
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N* H*, USA, vertreten durch Dr. Julia Nader, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. A* F*, vertreten durch Imre & Schaffer Rechtsanwälte OG in Gleisdorf, wegen 86.544 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 16 R 137/21s-27, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Das Berufungsgericht hat als Ergebnis seiner – das Zwischenurteil des Erstgerichts gemäß § 393a ZPO bestätigenden – Entscheidung festgehalten, dass auch auf Sachmängel (gemeint: neben Rechtsmängeln) gestützte allfällige Schadenersatzansprüche des Klägers nicht verjährt seien. Ob der Kläger sein Klagebegehren auch erfolgreich auf Gewährleistung wegen Rechtsmängeln stützen könne, sei Gegenstand des fortgesetzten Verfahrens. Dementsprechend bezieht sich die inhaltliche Beurteilung der Verjährungsfrage durch das Berufungsgericht ausschließlich auf § 1489 Satz 1 ABGB und die damit im Zusammenhang stehende Erkundigungsobliegenheit des Geschädigten bei erforderlichem Fachwissen für die Kenntnis vom Schaden.
[2] Daraus ergibt sich, dass sich das vorliegende Zwischenurteil nur auf die Frage der Verjährung der geltend gemachten Schadenersatzansprüche (nach § 933a ABGB) aus den Umbauarbeiten des Beklagten bezieht. Die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen ist nicht Gegenstand der Entscheidung.
[3] 2.1 Der Beklagte führt in seinem Rechtsmittel an sich zutreffend aus, dass sich der Inhalt der (hier vom Erstkäufer an den Kläger) abgetretenen Forderung grundsätzlich nach dem Inhalt jener Forderung bestimmt, die dem Zedenten gegen den Schuldner zusteht (RS0032610).
[4] Seine nunmehrige Argumentation, dass die geltend gemachten Schadenersatzansprüche schon bei deren Abtretung an den Kläger (am ) verjährt gewesen seien, weil schon der Zedent seine Erkundigungsobliegenheit iSd § 1489 ABGB verletzt habe, findet sich – entgegen seinen Behauptungen in der außerordentlichen Revision – in der Berufung nicht. Darin hat er nur allgemein ausgeführt, dass zwischen dem Rechtsverhältnis von Beklagtem und Kläger einerseits und Beklagtem und Zedenten andererseits unterschieden werden müsse und der Zedent die streitgegenständliche Wohnung im Zeitraum 2008 bis 2016 unbeanstandet genutzt habe. Konkret „zu den Schadenersatzansprüchen“ hat er nur in Abrede gestellt, dass dem Zedenten kein Schaden entstanden sei, weil dieser vom Kläger einen adäquaten Kaufpreis für die Wohnung erhalten habe. In diesem Zusammenhang sprach der Beklagte sogar davon, dass weder dem Kläger noch dem Zedenten irgendwelche Sachmängel bekannt gewesen seien. Darauf, dass der Zedent „ab Mitteilung von behaupteten Mängeln durch den Kläger schon im Herbst 2016 keine Schritte gesetzt, sondern ungebührlich lange zugewartet habe, weshalb die Verjährungsfrist spätestens am Tag der Abtretungserklärung zu laufen begonnen habe“, hat er sich in der Berufung nicht gestützt. Dazu besteht auch kein nachvollziehbares erstinstanzliches Vorbringen.
[5] 2.2 Davon abgesehen kontaktierte der Kläger den Zedenten nach den bindenden Feststellungen erst nach der Erstbegehung des Statikers am . Zu diesem Zeitpunkt fiel nur auf, dass mit dem Bauzustand der Wohnung „etwas nicht passte“. Die Abklärung des Schadensbildes erfolgte erst durch die Ergebnisse der Beweissicherung (Vorabzug am ) und dem schriftlichen Ingenieurbefund zur statischen Konstruktion letztlich am .
[6] Warum dem Zedenten bei dieser Sachlage eine Verletzung der Erkundigungsobliegenheit vorzuwerfen sein soll, vermag der Beklagte nicht näher zu begründen. Zunächst erfolgte die Abtretung der Ansprüche an den Kläger am , also knapp nach der Erstbegehung des Statikers. Außerdem veranlasste der Kläger im Anschluss an die Erstbegehung ohne jeden Aufschub die fachkundige Abklärung durch Beiziehung von Sachverständigen. Wenn dem Kläger kein ungebührliches Zuwarten vorgeworfen werden kann, gilt dies auch für den Zedenten.
[7] 3. Die Grundsätze zur Beurteilung der Verjährung nach § 1489 Satz 1 ABGB im Zusammenhang mit der Erkundigungsobliegenheit des Geschädigten bei erforderlichem Fachwissen für die Kenntnis vom Schaden (vgl dazu 1 Ob 105/20b; 5 Ob 188/20p; 7 Ob 111/20d) hat das Berufungsgericht zutreffend dargelegt. Nach der Rechtsprechung kommt es für die Frage des Ausmaßes der Erkundigungsobliegenheit des Geschädigten über den die Verjährungsfrist auslösenden Sachverhalt stets auf die Umstände des Einzelfalls an, weshalb in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt.
[8] Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Kläger im Schreiben vom nur die Ergebnisse der Erstbegehung geschildert und im Schreiben vom seine Eindrücke von der Beweissicherung zusammengefasst habe, er von den konkreten Mängeln aber noch keine Kenntnis gehabt habe, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung. Schließlich steht ausdrücklich fest, dass der Kläger erst mit dem Vorliegen des schriftlichen Ingenieurbefunds am Kenntnis über die Aussteifung, den Zustand des Mauerwerks und der Wände sowie von den Wanddurchbrüchen erlangte und für ihn (erst) zu diesem Zeitpunkt definitiv klar war, welche Mängel tatsächlich vorliegen.
[9] 4. § 393a ZPO schafft die Möglichkeit, dass über den Einwand der Verjährung des geltend gemachten Anspruchs vorab mit einem – die Verjährung des Anspruchs verneinenden – Zwischenurteil entschieden wird. Die Entscheidung spricht verbindlich nur über den verneinten Verjährungseinwand ab, ohne dabei die – nur auf ihre Schlüssigkeit hin zu prüfenden – Anspruchsvoraussetzungen zu beurteilen. Gegenstand des Zwischenurteils ist demnach der Einwand bzw die Frage der Verjährung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs oder eines von mehreren Ansprüchen (4 Ob 145/18d). Zu den Anspruchsvoraussetzungen muss nur ein schlüssiges Tatsachenvorbringen des Klägers vorliegen; eine Prüfung dieser Voraussetzungen findet im Verfahren nach § 393a ZPO aber noch nicht statt (vgl 7 Ob 176/17h).
[10] Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Wirksamkeit der Abtretungserklärung vom , die Unterscheidung zwischen Sach- und Rechtsmängeln, die Frage des Verschuldens und jene des vertraglichen Haftungsausschlusses erst im fortgesetzten Verfahren zu behandeln sind, steht mit diesen Grundsätzen im Einklang.
[11] 5. Insgesamt gelingt es dem Beklagten mit seinen Ausführungen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel liegen nicht vor. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00198.21W.1125.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAF-68529