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OGH 22.04.2021, 3Ob153/20a

OGH 22.04.2021, 3Ob153/20a

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Dr. Georg Birkner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. E*****, wegen 710.226,81 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 11 R 83/20m-51, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Der Kläger fordert vom beklagten Rechtsanwalt Schadenersatz für Kosten, die in mehreren Gerichtsverfahren entstanden sind und die im Wesentlichen mit einer per Kodizill errichteten Privatstiftung sowie mit dem Verlassenschaftsverfahren nach der Stifterin im Zusammenhang stehen. Der Beklagte formulierte sowohl die letztwillige Verfügung über die Errichtung der Stiftung (Kodizill) als auch das Testament der späteren Erblasserin (Großmutter des Klägers). Im Verlassenschaftsverfahren gab der Beklagte – entgegen dem Wortlaut des Testaments und in Kenntnis der finanziellen Situation und des Zwecks der Privatstiftung in Gründung – als Bevollmächtigter und Mitglied des Vorstands dieser Vorstiftung für diese eine Erbantrittserklärung ab, was einen jahrelangen Erbrechtsstreit mit der ausdrücklich als „Erbin“ eingesetzten Tochter der Erblasserin (Mutter des Klägers) sowie weitere Gerichtsverfahren zur Folge hatte. Die Tochter der Erblasserin hat ihre Ansprüche an den Kläger abgetreten.

[2] Mit Teil- und Zwischenurteil erkannte das Erstgericht das Klagebegehren „hinsichtlich eines Teilbetrags von 578.252,17 EUR sA“ als dem Grunde nach zu Recht bestehend und wies das weitere Begehren von 131.974,64 EUR sA ab.

[3] Das Berufungsgericht gab den dagegen erhobenen Berufungen der Streitteile nicht Folge.

[4] Der Beklagte zeigt in seiner außerordentlichen Revision keine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität auf:

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Vorweg ist klarzustellen, dass die Frage, ob aufgrund der konkreten Verfahrenskonstellation ein Zwischenurteil zulässig war, nach § 393 ZPO zu beurteilen ist. Eine unrichtige Anwendung dieser Bestimmung wäre gegebenenfalls ein Verfahrensmangel erster Instanz. Eine solche Mangelhaftigkeit hat der Beklagte aber nie geltend gemacht. Durch das Zwischenurteil wurde über die Berechtigung der im Einzelnen geltend gemachten Anspruchsteile des Schadenersatzbegehrens noch keine Entscheidung getroffen (vgl RIS-Justiz RS0041039). Auf die vom Beklagten zu einzelnen Teilbeträgen vorgetragenen Bedenken ist derzeit nicht einzugehen.

[6] 2. Die Beurteilung der Vorinstanzen, der Beklagte habe dem Grunde nach für die durch seine Handlungen im Zusammenhang mit dem Verlassenschaftsverfahren entstandenen Kosten zu haften, weil er einen – im Bezug auf das von ihm selbst formulierte Testament – unhaltbaren Rechtsstandpunkt eingenommen habe, hält sich im Rahmen des von den Umständen des Einzelfalls abhängigen (vgl RS0022840 [T12]) Beurteilungsspielraums.

[7] Eine schadensbegründende Prozessführung oder ein sonstiges Verfahrensverhalten ist einer Partei nach der Rechtsprechung dann anzulasten, wenn bewusst unrichtige Prozessbehauptungen aufgestellt werden oder auch nur der eingenommene Prozessstandpunkt evident aussichtslos ist (7 Ob 24/16d; 9 ObA 52/12f; 5 Ob 261/02x). Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (7 Ob 218/07w).

[8] Mit dem von den Vorinstanzen dazu angenommenen Tatsachensubstrat setzt sich der Beklagte in seiner Revision nicht nachvollziehbar auseinander. Im Zusammenhang mit der fraglichen Auflösung der Stiftung wusste der Beklagte nach den – für den Obersten Gerichtshof bindenden – Feststellungen „jedenfalls seit Dezember 2012“, in welcher Höhe den beiden Kindern der Erblasserin Pflichtteilsansprüche zustanden, wonach ihm hätte klar sein müssen, dass in Anbetracht dieser Vermögenssituation das Erreichen des Stiftungszwecks ausgeschlossen war.

[9] 3. Die persönliche Haftung (Handelndenhaftung gemäß § 7 Abs 2 PSG) der Mitglieder des Vorstands für die in Gründung befindliche Privatstiftung (Vorstiftung) für die Kostenfolgen im Erbrechtsstreit nach der Großmutter des Klägers bezweifelt der Beklagte in seiner Revision ebenfalls nicht und diese hat der Senat bereits in seiner Entscheidung zu 3 Ob 247/16v (= RS0131233) im gegebenen Zusammenhang bejaht.

[10] 4. Im Übrigen wiederholt der Beklagte in seiner Zulassungsbeschwerde die Ausführungen der Rechtsrüge seiner Berufung ohne substanzielle Auseinandersetzung mit den Argumenten des Berufungsgerichts. Setzt sich die Revision mit den Argumenten des Berufungsgerichts nicht auseinander, so ist damit die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RS0043605; RS0043603 [T9]). Insoweit ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, inhaltliche Fragen zu klären (RS0043603 [T10]).

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00153.20A.0422.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAF-68503