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OGH 21.10.2021, 3Ob151/21h

OGH 21.10.2021, 3Ob151/21h

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj S***** C*****, geboren am ***** 2019, *****, vertreten durch das Land Tirol (Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, *****) als Kinder- und Jugendhilfeträger, wegen Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter S***** C*****, Schweiz, vertreten durch Dr. Daniel Tamerl, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 55 R 76/21m-68, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Das Erstgericht entzog der Mutter die Obsorge über das Kind und übertrug diese auf den Vater.

[2] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

[3] Mit dem dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die Mutter keine erhebliche Rechtsfrage auf:

[4] 1. Entgegen der Argumentation im Rechtsmittel hat das Rekursgericht nicht übersehen, dass das Neuerungsverbot im Obsorgeverfahren unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise nicht zur Anwendung gelangt; es hat vielmehr im Einklang mit der Rechtsprechung festgehalten, dass auch im Außerstreitverfahren der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels gilt und daher auch allenfalls zulässige Neuerungen, die weder im (Revisions-)Rekurs noch in dessen Beantwortung vorgetragen wurden, sondern erst in einem Nachtrag enthalten sind, unbeachtlich bleiben müssen (vgl RS0007007; 10 Ob 55/18p; 1 Ob 169/18m).

[5] 2. Auch zu der von der Mutter behaupteten Gehörverletzung durch Unterlassung ihrer Einvernahme mittels Zoom anlässlich der Tagsatzung vom geht das Rechtsmittel nicht von der Aktenlage, insbesondere nicht von den eigenen Angaben ihrer Rechtsvertreterin, aus. Demnach ist die Mutter dieser Tagsatzung nicht deshalb ferngeblieben, weil sie nicht anreisen konnte, sondern weil sie – auch von ihrer Rechtsvertretung – zur Teilnahme nicht motiviert werden konnte. Dementsprechend hat sie vor der Tagsatzung auch gar nicht erklärt, allenfalls per Zoom befragt werden zu wollen.

[6] Die Verneinung dieses von der Mutter geltend gemachten Verfahrensmangels iSd § 66 Abs 1 Z 1 iVm § 58 Abs 1 Z 1 AußStrG durch das Rekursgericht (vgl dazu RS0030748 [T15]) steht mit den Verfahrensgrundsätzen im Einklang. Das Rekursgericht hat nämlich zutreffend darauf hingewiesen, dass im Außerstreitverfahren das rechtliche Gehör auch dann gewahrt wird, wenn sich die Partei schriftlich äußern konnte (RS0006036; 7 Ob 213/18a) und der das erstinstanzliche Verfahren betreffende Mangel grundsätzlich behoben wird, wenn Gelegenheit bestand, den eigenen Standpunkt im Rekurs ausreichend zu vertreten (RS0006057; 1 Ob 49/21v).

[7] 3. Aus dem Verfahrensablauf ist ableitbar, dass das – überdies nur pauschal „zur Situation der Mutter“ erstattete – Zeugenanbot in der Tagsatzung vom primär deshalb erfolgt ist, um eine Erstreckung zu erreichen. Das Vorliegen (auch) des aus der unterbliebenen Zeugeneinvernahme abgeleiteten Verfahrensmangels, der nicht § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG betrifft, hat das Rekursgericht verneint; daraus ist der behauptete Mangel des Rekursverfahrens nicht ableitbar:

[8] Im Interesse des Kindeswohls kann zwar auch ein solcher Mangel im Revisionsrekurs ausnahmsweise geltend gemacht werden (RS0050037 [T4]). Die Mutter ist aber nicht in der Lage, die Erheblichkeit dieses von ihr behaupteten Mangels darzulegen, was auch im Obsorgeverfahren erforderlich ist (RS0043027 [T13]). Das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen (hier zur Erziehungsfähigkeit der Eltern und zur Kindeswohlgefährdung) kann nämlich durch die Aussagen von Parteien und Zeugen nicht widerlegt werden (vgl 9 Ob 240/02p).

[9] 4. Auf Basis der getroffenen Feststellungen wird keine Rechtsrüge ausgeführt und die darin behaupteten sekundären Feststellungsmängel werden nicht aufgezeigt.

[10] 5. Da keine erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht wird, war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00151.21H.1021.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-68501