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OGH 23.03.2021, 1Ob18/21k

OGH 23.03.2021, 1Ob18/21k

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei „N*****“ *****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Brunner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S*****genossenschaft, *****, vertreten durch die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen 46.063,69 EUR sA über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 12 R 48/20x-23, mit dem der Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom , GZ 3 Cg 65/19f-19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.077,72 EUR (darin 679,62 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Wassergenossenschaft.

[2] Zweck der Wassergenossenschaft ist „die Errichtung und Erhaltung von Wasserbauten behufs Ausnutzung des Flusswassers [eines bestimmten Flusses] zum Betrieb der an der bezeichneten Werksbachstrecke liegenden Werke, die geregelte Zuführung des Betriebswassers zu diesen Werken, die Regulierung und Erhaltung des linksseitigen T*****werksbaches sowie [einer bestimmten] Wehranlage“ (§ 2 der Satzung).

[3] Die Genossenschaftsversammlung beschließt die Arbeiten, welche an der Wehranlage und den sonstigen seitens der [Beklagten] zu erhaltenden Objekten an der Werksbachstrecke im betreffenden Jahr vorzunehmen sind, sowie den Voranschlag für das laufende Jahr (§ 5 der Satzung).

[4] Die zur Erreichung des Genossenschaftszwecks erforderlichen Mittel werden durch Beiträge der Mitglieder aufgebracht, deren Höhe nach Maßgabe der Auslagen [von] der Genossenschaftsversammlung bestimmt wird und die den Mitgliedern nach einem in der Satzung vorgesehen Berechnungsschlüssel vorgeschrieben werden (§ 17 der Satzung). Die Mitglieder haben die Zahlung des jährlichen Beitrags binnen 14 Tagen nach der vom Rechnungsführer erfolgten Verständigung zu leisten (§ 18 der Satzung).

[5] Die Beklagte ließ beim Wehr eine Fischaufstiegshilfe errichten, für die eine Förderung gewährt wurde. In diesem Zusammenhag wurde von der Mitgliederversammlung beschlossen, dass jedes Mitglied die anteiligen Kosten nach dem satzungsmäßigen Aufteilungsschlüssel aufzubringen habe. Auf der Grundlage dieses Beschlusses schrieb die Beklagte der Klägerin mit Rechnung vom einen Betrag von 72.944,28 EUR brutto (14,79 % der Baukosten von ca 411.000 EUR netto zuzüglich 20 % USt) als Mitgliedsbeitrag vor, den diese bezahlte. Nach der Endabrechnung des Projekts erhielt die Beklagte als Förderungswerberin die Förderungssumme ausbezahlt.

[6] Die Klägerin begehrt die „vereinbarungsgemäße“ anteilige „Ausbezahlung“ der „Rückvergütung“ (der ausbezahlten Fördermittel), die ihr als Genossenschaftsmitglied zustehe. In ihrer Klage nannte sie weder Datum noch sonstige Umstände der von ihr angesprochenen Vereinbarung.

[7] Die Beklagte wendete schon im Einspruch die Unzulässigkeit des Rechtswegs (im engeren Sinn) ein und erstattete dazu näheres Vorbringen. Sie trug vor, es sei bei der Wehranlage, deren Betriebs- und Erhaltungskosten von ihr gemeinsam mit einem Wehrverband zu tragen seien, eine Fischaufstiegshilfe zu errichten gewesen. Die auf die Beklagte entfallenden Kosten seien gemäß § 78 WRG und der Satzung anteilig auf die Mitglieder umgelegt worden. In der Jahreshauptversammlung im März 2017 sei im Beisein eines Vertreters der Klägerin ohne Gegenstimme der Beschluss gefasst worden, dass eine Zahlung (der anteilig auf die Klägerin entfallenden Förderung) erst nach Einigung zwischen den Parteien über den von der Klägerin beabsichtigten Austritt erfolgen solle.

[8] Darauf reagierte die Klägerin damit, dass sie bestritt, dass dieser von der Beklagten behauptete Beschluss gefasst worden sei. Für den Fall, dass er gefasst worden wäre, sei er (als ausschließlich zu ihrem Nachteil als Genossenschaftsmitglied erfolgt) gesetzwidrig und nichtig; in eventu fechte sie „einen allenfalls gefassten Beschluss wegen Gesetz- und Sittenwidrigkeit an“ und beantrage dessen Aufhebung. Sie wiederholte (bloß), dass ausdrücklich „zwischen der Beklagten und allen Genossenschaftern vereinbart“ worden sei, dass „das Fördergeld, wenn es an die Beklagte durch die Förderstelle ausbezahlt“ wird, anteilsmäßig an die Genossenschafter durch die Beklagte zur Auszahlung gelange, also auch an sie.

[9] Die Beklagte replizierte, dass die Anfechtung von Beschlüssen nach der Satzung und § 97 Abs 2 WRG binnen zwei Wochen zu erfolgen gehabt hätte und verfristet sei. Es handle sich um eine Streitigkeit über die Rückzahlung von Mitgliedsbeiträgen, die (als Streitigkeit aus dem Genossenschaftsverhältnis) gemäß §§ 85 Abs 1 und 98 Abs 2 WRG vor der Wasserrechtsbehörde auszutragen wäre. Sie legte in der Tagsatzung vom zwei Protokolle der „Genossenschaftsversammlung“ vom und (mit dem Beschluss über die anteilige Beteiligung der Genossenschaftsmitglieder an den Kosten) vor, wozu die Klägerin erklärte, ihre Beitragsleistung zur Errichtung der Fischaufstiegshilfe sei nur unter der Voraussetzung erfolgt, „dass beschlossen wurde, dass die Kosten aufgrund der Förderzusage dann auch wieder an die einzelnen Genossenschaftsmitglieder zurückerstattet würden. Dies sei auch Voraussetzung des einstimmigen Beschlusses sämtlicher Mitglieder gewesen, dass jeder seinen eigenen Anteil aufgrund der Verteilung des Förderbetrags wieder zurück erhalten sollte“. Bei der von ihr darauf gestützten und „begehrten Rückforderung“ handle „es sich um einen zivilrechtlichen Anspruch, weil die Rückforderung von zu viel oder zu Unrecht bezahlten Mitgliedsbeiträgen auf dem Zivilrechtsweg erfolg[e]“. Die von der Beklagten gewählte Bezeichnung „Mitgliedsbeitrag“ sei eine „reine rechtliche Beurteilung“.

[10] Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Die Zuständigkeit der (ordentlichen) Gerichte hänge davon ab, ob die Klägerin einen – nicht ausdrücklich durch das Gesetz vor eine andere Behörde verwiesenen – bürgerlich rechtlichen Anspruch geltend mache. Über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis entspringenden Streitfälle habe aber – soweit sie nicht im Sinn des § 77 Abs 3 lit i WRG (in dem in der Satzung vorgesehenen Schlichtungsverfahren) beigelegt werden – nach § 85 Abs 1 WRG die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden. Streitfälle entsprängen dann aus dem Genossenschaftsverhältnis, wenn sie Mitglieder oder Organe einer rechtskräftig gebildeten Wassergenossenschaft betreffen und wenn der Rechtsgrund der strittigen Befugnis oder des strittigen Anspruchs in den §§ 73 bis 86 WRG oder in der Satzung oder in einschlägigen Übereinkommen („besonderen Übereinkommen“ nach § 78 Abs 2 WRG) oder in ordnungsgemäßen Beschlüssen der Genossenschaftsorgane wurzle. Bei dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch handle es sich um eine solche aus dem Genossenschaftsverhältnis entspringende Streitigkeit, gründe er doch auf einer Beschlussfassung der „Genossenschaftsversammlung“, wonach die einzelnen Mitglieder die Kosten der Errichtung der Fischaufstiegshilfen selbst anteilig zu tragen hätten und dafür auch den der Beklagten gewährten Förderbeitrag anteilig ausbezahlt bekommen sollten. Es sei daher zwischen den Parteien keine privatrechtliche Vereinbarung über die anteilige Auszahlung des Förderbetrags abgeschlossen worden.

[11] Das Rekursgericht gab dem von der Klägerin gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs Folge. Es ging davon aus, dass die Satzung in ihrem (das Streitbeilegungsverfahren durch ein Schiedsgericht regelnden) § 30 trotz der sprachlich verunglückten Fassung auch Streitigkeiten zwischen der Wassergenossenschaft und einem (einzelnen) Mitglied umfasse (was von den Streitteilen nicht angezweifelt wird) und dass die Errichtung der Fischaufstiegshilfe vom satzungsgemäßen Zweck der Beklagten gedeckt sei. Dass letzteres nicht der Fall sei, habe die Klägerin im Verfahren erster Instanz nicht behauptet. Die Frage, wie mit Fördergeldern zu verfahren sei, sei aber weder im 9. Abschnitt des WRG noch in der Satzung der Beklagten geregelt. Die von der Klägerin behauptete Vereinbarung stelle auch kein besonderes Übereinkommen iSd § 78 Abs 2 WRG dar. Die Klägerin habe ihren Anspruch auch nicht auf einen Beschluss der Mitgliederversammlung gestützt. Damit sei der Rechtsweg (im Zweifel) zulässig. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Frage, ob eine zwischen einer Wassergenossenschaft und ihren Mitgliedern getroffene Vereinbarung, dass eine Förderung, die für ein durch Mitgliedsbeiträge vor-finanziertes wasserbauliches Projekt von dritter Seite an die Genossenschaft geflossen ist, anteilig an die Genossenschafter ausbezahlt werden solle, einen im ordentlichen Rechtsweg klagbaren Anspruch eines Mitglieds begründe, einer Klärung durch das Höchstgericht bedürfe.

Rechtliche Beurteilung

[12] Der von der Beklagten erhobene Revisionsrekurs, mit dem sie die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts anstrebt, ist zulässig und berechtigt.

[13] 1. Mit ihren Ausführungen dazu, dass sich die Klägerin (doch) selbst auf einen Beschluss der Genossenschaft über die Kostenaufbringung unter der Voraussetzung der Rückgewährung einer gewährten Forderung gestützt habe, ist sie im Wesentlichen im Recht.

[14] Sie hebt hervor, dass Wassergenossenschaften (als Körperschaften des öffentlichen Rechts nach § 74 Abs 2 WRG) wegen ihrer Eigenschaft als Selbstverwaltungskörper der Aufsicht der zuständigen Wasserrechtsbehörde unterstünden. Diese habe über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den Verpflichtungen der Genossenschaft entstehenden Streitfälle zu entscheiden, wenn diese nicht nach dem in der Satzung gemäß § 77 Abs 3 lit i WRG vorzusehenden Schlichtungsverfahren bereinigt werden könnten. Für die der Genossenschaft aus der Erfüllung ihrer Aufgaben erwachsenden Kosten gemäß § 78 Abs 2 WRG seien die Satzungen und die innerhalb der Genossenschaft geschlossenen „besonderen Übereinkommen“ maßgeblich. Die Kosten seien (wiederum nach § 78 Abs 2 WRG) auf die Mitglieder umzulegen, soweit sie „nicht anderweitig gedeckt werden können“. Nur diese anderweitige Deckung sei es, die auch durch privatrechtliche Vereinbarung erfolgen könne. Ansonsten unterlägen die Kosten dem (öffentlich-rechtlich gestalteten) Genossenschaftsverhältnis und damit nicht der gerichtlichen Zuständigkeit. Wenn die Klägerin selbst vorgebracht habe, dass die Beitragsleistung zur Errichtung der Fischaufstiegshilfe nur unter der Voraussetzung erfolgt sei, dass „beschlossen“ wurde, dass die Kosten aufgrund der Förderungszusage wieder (anteilig) an die einzelnen Genossenschaftsmitglieder durch den Förderungsbetrag zurückerstattet würden und dies auch Voraussetzung des einstimmigen Beschlusses sämtlicher Mitglieder gewesen sei, habe sie sich selbst auf einen Beschluss bezogen. Die Entscheidungsbefugnis über die (teilweise) Rückzahlung von an die Wasserwerksgenossenschaft geleisteten Beiträgen sei daher der Wasserrechtsbehörde zugewiesen. Die Klägerin habe nie konkret vorgebracht, von wem und in welcher Form zu welchem Zeitpunkt eine privatrechtliche Vereinbarung über die Rückzahlung geschlossen worden wäre. Wenn es aber Zweck der Wasserwerksgenossenschaft sei, unter anderem eine (näher bezeichnete) Wehranlage zu erhalten und zu betreiben und die Errichtung der Fischaufstiegshilfe im Zusammenhang mit dem Betrieb der Wehranlage unbedingt erforderlich gewesen sei, um die von der Beklagten nach dem Wasserrechtsgesetz (und den Vorgaben des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans) herzustellende Fischdurchgängigkeit des Bachs zu gewährleisten, liege diese Maßnahme innerhalb des Zwecks der Wassergenossenschaft.

[15] 2. Die Klägerin hält in ihrer Revisionsrekursbeantwortung das Rechtsmittel wegen der „Kasuistik des Einzelfalls“ für nicht zulässig und den vorliegenden Fall mit dem zu 1 Ob 30/11k entschiedenen für vergleichbar. Wenn der Oberste Gerichtshof damals ausgesprochen habe, dass für bereicherungsrechtliche Ansprüche, die sich nicht in „Beitragsleistungen“ erschöpften, die Behördenzuständigkeit nicht gegeben sei, dann könne dies auch auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Es handle sich um eine „anderweitige Deckung“ durch Abschluss einer zivilrechtlichen Vereinbarung. Da weder das WRG in seinem 9. Abschnitt noch die Satzung der Beklagten regle, wie mit Fördergeldern nach Auszahlung bei der Wassergenossenschaft zu verfahren sei und deren Aufzählung abschließend sei, ergebe sich „eindeutig die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für den gegenständlichen Rechtsfall“. Alles, was nicht genannt sei, falle nicht in die Behördenzuständigkeit. Sie mache keinen „Rückforderungsanspruch von Beitragsleistungen“ geltend, sondern verlange die anteilige Herausgabe der von der Beklagten vereinnahmten Forderung (der dadurch erlangten Vorteile). Es gehe hier um Fragen der Vertrags- oder „Beschlussauslegung“.

[16] 3. Dazu ist Folgendes zu erwägen:

[17] 3.1. Gemäß § 85 Abs 1 WRG hat die zuständige Wasserrechtsbehörde über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den wasserrechtlichen Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle zu entscheiden, die nicht im Sinn des § 77 Abs 3 lit i WRG beigelegt werden.

[18] Streitigkeiten aus dem Genossenschaftsverhältnis sind dadurch gekennzeichnet, dass sie Rechte und Pflichten der Wassergenossenschaft gegenüber dem Mitglied, Rechte und Pflichten des Mitglieds gegenüber der Wassergenossenschaft und Rechte und Pflichten des Mitglieds gegenüber anderen Mitgliedern der Wassergenossenschaft zum Gegenstand haben, dh wenn sie Mitglieder oder Organe einer rechtskräftig gebildeten Wassergenossenschaft betreffen und wenn der Rechtsgrund der strittigen Befugnis oder des strittigen Anspruchs in den §§ 73 bis 76 WRG oder in der Satzung oder in einschlägigen Übereinkommen oder in ordnungsgemäßen Beschlüssen der Genossenschaftsorgane wurzelt (VwGH Ro 2016/07/0014; Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht [1993] § 85, Rz 3).

[19] Beitragsleistungen (und damit in Zusammenhang stehende Rückforderungen) gehören zu den spezifischen Mitgliedschaftspflichten (und -rechten) in einer Wassergenossenschaft (§ 78 WRG). Dabei handelt es sich um einen aus dem Genossenschaftsverhältnis entspringenden Streitfall iSd § 85 Abs 1 WRG (vgl VwGH Ra 2016/07/0096). Für Streitigkeiten über die Rückforderung bereits bezahlter Beiträge, somit solchen aus dem Genossenschaftsverhältnis, ist die genossenschaftliche Streitschlichtungseinrichtung und in der Folge die Wasserrechtsbehörde zuständig (s ).

[20] 3.2. Weder vom generell für die Wassergenossenschaften geschaffenen Gesetz noch von der (aus dem Jahr 1967 stammenden) Satzung ist – wie die Klägerin dies tut – zu fordern, dass darin alle unter den Zweck der Wassergenossenschaft fallenden Maßnahmen einzeln genau bezeichnet oder detailliert umschrieben werden. Der von der Klägerin gezogene (Umkehr-)Schluss, wenn eine bestimmte Maßnahme in diesen naturgemäß allgemein gehaltenen Regelungen nicht als solche „namentlich“ konkret bezeichnet aufscheine, falle sie nicht unter den Genossenschaftszweck, ist unrichtig. Die Gewährleistung eines Fischaufstiegs ist eine Frage der wasserwirtschaftlichen Erfordernisse; sie kann im öffentlichen Interesse geboten sein (§ 105 Abs 1 lit f und m WRG; vgl Bachler in Oberleitner/Berger, WRG-ON4.01 § 12a Rz 3, 15). Warum die Errichtung einer Fischaufstiegshilfe nicht unter den durch Gesetz und Satzung geregelten „Zweck“ der Beklagten fallen sollte, erschließt sich nicht. Die Klägerin hat derartiges im Verfahren erster Instanz auch gar nicht behauptet und den der Einhebung der Beiträge zugrundeliegenden Beschluss auch nicht bekämpft (vgl § 97 Abs 2 WRG).

[21] 3.3. Für die Zulässigkeit des Rechtswegs sind in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens sowie der Klagesachverhalt (die Klagebehauptungen) maßgebend. Es kommt aber nicht auf die rechtliche Qualifikation des Klägers, sondern (objektiv) auf die Natur und das Wesen des von ihm geltend gemachten Anspruchs an. Danach ist zu beurteilen, ob ein privatrechtlicher Anspruch im Sinn des § 1 JN erhoben wurde, über den die Zivilgerichte zu entscheiden haben (RS0045584 [bes T25, T36, T47]; RS0045718).

[22] Die Klägerin brachte zunächst nur – ohne jedes Sachsubstrat – vor, die Auszahlung („Rückvergütung“) habe „vereinbarungsgemäß“ zu erfolgen. Erst die Beklagte war es, die dazu überhaupt nähere Umstände vortrug. Auch nach dem (in Reaktion darauf erstatteten) Vorbringen der Klägerin gab es dazu aber eine Willensbildung der Genossenschafter in der Mitgliederversammlung (einem Organ der Wassergenossenschaft nach § 78a Abs 2 und 3 WRG) dahin, dass die Genossenschafter wegen der bereits vorliegenden Förderzusage bereit waren, die Fischaufstiegsanlage – gegen anteilige Rückerstattung aus einer in der Folge gewährten Förderung – im Rahmen einer (zusätzlichen) Beitragsleistung vorzufinanzieren. Wenn die Klägerin vorbrachte, ihre „Beitragsleistung zur Errichtung der Fischaufstiegshilfe [sei] nur unter der Voraussetzung erfolgt“, „dass beschlossen wurde, dass die Kosten aufgrund der Förderzusage dann auch wieder an die einzelnen Genossenschaftsmitglieder zurückerstattet würden; dies sei auch Voraussetzung des einstimmigen Beschlusses sämtlicher Mitglieder gewesen“, führt dieser innere Zusammenhang (beschlossene anteilige Finanzierung unter der „Voraussetzung“ der anteiligen Rückerstattung) dazu, dass die beiden Vorgänge (Vorschreibung des Beitrags und [Pflicht zur] Rückerstattung des anteiligen Fördergeldes) nicht getrennt und voneinander unabhängig zu betrachten sind. Die Klägerin begehrt (auch nach ihrem eigenen Vorbringen) die Rückerstattung eines Teils des aufgrund der Willensbildung der Genossenschafter in der Mitgliederversammlung in der Folge vorgeschriebenen Beitrags, deren Basis ebenfalls diese genossenschaftliche Willensbildung ist.

[23] Die von der Revisionsgegnerin als einschlägig angesehene Entscheidung zu 1 Ob 30/11k betraf die einer „Besprechung“ zwischen einem Genossenschafter (samt seinem Anwalt und seinem Projektanten) sowie dem Obmann, dem Kassier und den eigenen Projektanten der Genossenschaft „über die Erlangung einer Bestätigung der Wassergenossenschaft über die ausreichende und einwandfreie Trinkwasserversorgung“ (für das Bauprojekt des Genossenschafters) nachfolgende Vereinbarung, mit der sich dieser Genossenschafter zur Leistung einer „Wasserbereitstellungsgebühr“ (an die Genossenschaft) sowie zur Errichtung der Wasserleitung von der Wasserversorgungsanlage zu den geplanten Objekten und deren Abtretung an die Wassergenossenschaft bei Vorliegen der rechtskräftigen Bauplatzerklärung verpflichtete. Wenn damals ausdrücklich festgestellt wurde, dass es über diese (zwischen einem einzelnen Genossenschafter und der Genossenschaft abgeschlossene) Vereinbarung keinen Beschluss der Mitgliederversammlung der Beklagten gab, lässt sich die Entscheidung mit dem vorliegenden Fall gerade nicht vergleichen, in dem die Kostentragung nach dem satzungsmäßigen Aufteilungsschlüssel und die Rückerstattung aus der Förderung (wiederum nach dem Aufteilungsschlüssel) von der Mitgliederversammlung beschlossen worden war.

[24] Für die hier zu beurteilende Streitigkeit aus dem Genossenschaftsverhältnis zwischen einem Genossenschafter und der Genossenschaft nach § 85 Abs 1 WRG ist der Rechtsweg nicht zulässig.

[25] 4. Die Entscheidung des Erstgerichts, mit der die Klage zurückgewiesen wurde, ist daher (einschließlich der Kostenentscheidung) wiederherzustellen.

[26] 5. Die Kostenentscheidung für das Rechtsmittelverfahren beruht auf § 50 Abs 1 ZPO iVm § 41 Abs 1 ZPO.

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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00018.21K.0323.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAF-68233