OGH 21.07.2021, 1Ob121/21g
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. E*, vertreten durch Dr. Eric Heinke, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei * Gesellschaft *, vertreten durch Mag. Dr. Felix Sehorz, Rechtsanwalt in Wien, wegen 43.872 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 16 R 52/21s-30, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 2 Cg 109/19t-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden wie folgt abgeändert:
„Die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs wird verworfen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 7.765,38 EUR (darin 1.294,23 EUR USt) an Kosten des Verfahrens über den Zwischenstreit binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin war bis Oktober 2018 ordentliches Mitglied des beklagten Vereins. Dessen Zweck ist unter anderem die Aus-, Fort- und Weiterbildung in psychotherapeutischen Methoden. Die von ihr angestrebte Ausbildung zur Psychotherapeutin schloss die Klägerin nicht positiv ab. Sie warf dem Verein vor, er habe seine Sorgfaltspflichten als Ausbildungseinrichtung verletzt, und versuchte (mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom ) die Kosten der Ausbildung und einer supervisorischen Begleitung ersetzt zu erhalten.
[2] Die Vereinsstatuten sehen für Rechtsstreitigkeiten zwischen einem Vereinsmitglied und dem Verein die (durch § 8 Abs 1 Vereinsgesetz 2002 vorgegebene) verpflichtende Anrufung einer Schlichtungsstelle vor. § 16 Abs 2 der Statuten lautet (nach der ihrem Wortlaut nach unstrittigen Urkunde; vgl RIS-Justiz RS0121557 [T3]):
„§ 16/2 – Die Schlichtungsstelle
Alle aus dem Vereinsverhältnis entstehenden Streitigkeiten entscheidet die Schlichtungsstelle. Die Schlichtungsstelle setzt sich aus 5 ordentlichen Vereinsmitgliedern zusammen. Sie wird derart gebildet, dass jeder Streitteil über Aufforderung durch den Vorstand diesem innerhalb von 2 Wochen 2 ordentliche Mitglieder als Schlichter schriftlich namhaft macht. Die so namhaft gemachten Schlichter wählen mit Stimmenmehrheit binnen weiterer 2 Wochen ein 5. ordentliches Vereinsmitglied zum Vorsitzenden der Schlichtungsstelle. Bei Stimmengleichheit entscheidet unter den vorgeschlagenen das Los.
Die Mitglieder der Schlichtungsstelle dürfen keinem Organ – mit Ausnahme der Generalversammlung – angehören, dessen Tätigkeit Gegenstand der Streitigkeit ist.
Die Schlichtungsstelle muss vor ihrer Entscheidung beiden Streitparteien ausreichend Gehör gewähren. Sie fällt ihre Entscheidung bei Anwesenheit aller ihrer Mitglieder mit einfacher Stimmenmehrheit. Sie entscheidet nach bestem Wissen und Gewissen. Ihre Entscheidungen sind vereinsintern endgültig.“
[3] Mangels Einigung über die von ihr gegen den Verein gestellten Forderungen befragte der Anwalt der Klägerin im November 2017 ein Vereinsmitglied, ob es als Schlichter für die Klägerin bei der Schlichtungsstelle mitwirken wolle. Durch dessen Ablehnung wurde der Klägerin bewusst, dass es keine Verpflichtung für Nominierte gab, an der statutengemäß vorgesehenen Schlichtung mitzuwirken.
[4] Mit anwaltlichem Schreiben vom rief sie zur Durchsetzung der von ihr geltend gemachten Ansprüche „das Vereinsschiedsgericht“ an und stellte über Aufforderung eines Rechtsvertreters des Vereins (ob das Schiedsgericht iSd § 16 Abs 1 oder die Schlichtungsstelle gemäß § 16 Abs 2 der Statuten angerufen werden solle) mit Schreiben vom ausdrücklich klar, dass sie die „Schieds- bzw Schlichtungsstelle iSd § 16 Abs 2 der Vereinsstatuten als das Vereinsschiedsgericht“ anrufe. Ihr Anwalt legte in diesem Schreiben weiters dar, dass nun jede der streitenden Parteien jeweils zwei ordentliche Mitglieder der Gesellschaft als Schiedsrichter namhaft zu machen habe, diese Schlichter dann ein weiteres ordentliches Mitglied als Obmann bzw Obfrau der Schlichtungsstelle zu wählen hätten und unterbreitete „bei dieser Gelegenheit dem Vereinsvorstand höflich“, dass seine Mandantin zwei (bestimmte) Mitglieder namhaft mache. Vorsorglich, für den Fall, dass eine der genannten Personen die Übernahme des Amts ablehne oder sonst verhindert sei, werde eine (dritte) Person benannt.
[5] Daraufhin nominierte der beklagte Verein am seinerseits zwei Personen als Schlichter und gab dies der Klägerin schriftlich bekannt. Zu diesem Zeitpunkt wussten die für den Verein namhaft gemachten Schlichter nicht, wer die von der Klägerin genannten Personen waren. Da weder die Klägerin noch ihr Rechtsanwalt mit den von ihr „Nominierten“ Kontakt aufgenommen hatte, wussten (auch) diese nichts von ihrer Namhaftmachung als Schlichter. Der Beklagte griff – „um keinen Anschein einer Befangenheit zu setzen“ – in das Schlichtungsverfahren nicht weiter ein. Er hatte „dafür auch keine konkreten Organisationsvorschriften“ und es hatte bis dahin noch kein Schlichtungsverfahren im Verein stattgefunden.
[6] „Als keine Seite weitere Schritte initiierte“, kontaktierte der Anwalt der Klägerin am die vier von den Parteien als Schlichter Nominierten schriftlich, um die Konstituierung der Schlichtungsstelle in Gang zu setzen. Die von der Klägerin namhaft Gemachten meldeten sich daraufhin telefonisch beim Anwalt und teilten mit, für das Schlichtungsverfahren nicht zur Verfügung zu stehen, wovon dieser die Klägerin in Kenntnis setzte.
[7] Die vom Beklagten Nominierten hatten (ebenfalls) erstmalig durch das Schreiben des Anwalts die Namen der von der Klägerin nominierten Schlichter erfahren, woraufhin einer von ihnen diese unverzüglich kontaktierte und so erfuhr, dass diese nicht am Schlichtungsverfahren teilnehmen wollten und der Anwalt der Klägerin davon schon informiert war. Dies teilte dieser dem Vorstandsvorsitzenden des Beklagten unter Beifügung, dass er auf neue Vorschläge der Klägerin werde warten müssen, mit.
[8] Am rief der Vorstandsvorsitzende die Klägerin an und erklärte ihr, es genüge, „bloße Vereinsmitglieder und nicht unbedingt Lehrtherapeuten“ zu nominieren. Die Klägerin, die durch verschiedene Lehrveranstaltungen diverse andere Vereinsmitglieder kannte, „besprach mit ihm“, dass sie keine Schlichter finden habe können. Nach einer Liste der Vereinsmitglieder fragte sie nie, ebenso fragte sie den Vorstandsvorsitzenden nicht, ob er potentielle Schlichter für sie wüsste. Auf der Homepage des Beklagten findet sich eine Liste mit Lehrtherapeuten und Dozenten sowie deren Kontaktdaten.
[9] Zur Konstituierung der Schlichtungsstelle kam es damit nicht.
[10] Ihren Anspruch auf Schadenersatz für frustriert aufgelaufene Ausbildungskosten in den Jahren 2011 bis 2016 in Höhe von 40.000 EUR und die Kosten der Supervision verfolgt die Klägerin nun – mit ihrer am eingebrachten Klage – vor den ordentlichen Gerichten.
[11] Der Beklagte, der ihr Begehren auch inhaltlich bestritt, wendete die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein. Die Klägerin habe die Voraussetzung für die Anrufung der ordentlichen Gerichte, nämlich die Mitwirkung an der Ausschöpfung des in der Vereinssatzung vorgesehenen Instanzenzugs, nicht erfüllt.
[12] Zur dieser – im Revisionsrekursverfahren allein wesentlichen – Frage brachte die Klägerin vor, sie habe (sehr wohl) die außergerichtliche Streitbeilegung durch ein Schlichtungsgremium gemäß § 16 Abs 2 der Vereinsstatuten angestrebt und ausreichend daran mitgewirkt. Beide Parteien hätten zwei Personen namhaft gemacht. Leider seien seitens des Beklagten „kaum weitere Schritte gesetzt“ worden, um eine funktionstüchtige Schiedsinstanz zu bilden. Die Klägerin habe dann die Initiative ergriffen und die statutenkonforme Konstituierung erneut mit anwaltlichem Schreiben urgiert. Sie habe „im Sinne“ der zu 8 Ob 78/06p ergangenen Entscheidung an der Konstituierung der Schiedsstelle in ausreichender Weise mitgewirkt. Nachdem seit der Anrufung der Schlichtungsstelle mehr als sechs Monate vergangen seien, sei ihr nur der Klagsweg offen geblieben.
[13] Der Beklagte setzte dem entgegen, es könne nicht seine Aufgabe sein, Schlichter für die Klägerin zu nominieren. Die Tätigkeit als Vereinsschiedsrichter basiere auf Freiwilligkeit und setze Einverständnis voraus. Die Namhaftmachung von zu Schiedsrichtertätigkeiten nicht bereit stehenden Personen reiche nicht aus. Er vermisse eine „Erklärung“ dafür, warum die Klägerin mit den von ihr nominierten Mitgliedern vorab keinen Kontakt aufgenommen und es nicht geschafft habe, aus den über 800 ordentlichen Mitgliedern andere Schlichter zu nominieren. Während die von ihm nominierten Schlichter bis heute bereit stünden, habe die Klägerin nicht ausreichend mitgewirkt. Die Klägerin solle durch die Nominierung unwilliger oder verhinderter Schlichter nicht die Möglichkeit haben, die vereinsinterne Streitschlichtung „auszuhebeln“. Die Frist des § 8 Abs 1 VerG habe noch nicht einmal zu laufen begonnen und könne damit keinesfalls abgelaufen sein.
[14] Das Erstgericht entschied dahin, dass der ordentliche Rechtsweg der Klägerin verwehrt sei, weil sie nicht ausreichend an der Konstituierung der Schlichtungsstelle mitgewirkt habe und wies die Klage zurück. Wie in der Literatur bereits anerkannt, lösten untätige Schlichter des die Schiedsstelle Anrufenden die sechsmonatige Wartefrist nicht aus. Umso mehr müsse dies gelten, wenn die Schlichter des Anrufenden gar nicht tätig werden wollten und zudies nicht einmal über die Nominierung informiert worden sind. Die Auswahl der Schlichter des Anrufenden liege immer und allein in dessen Sphäre. Im Zeitpunkt der Benennung der von ihr namhaft gemachten Schlichter habe die Klägerin bereits gewusst, dass die von ihr Nominierten zur Tätigkeit als Schlichter nicht gezwungen werden können und sie deshalb aktiv deren Zustimmung erlangen müsse. Eine ziellose und ohne notwendige Information erfolgte Benennung von Mitgliedern, wie es die Klägerin getan hatte, unterlaufe den Normzweck des § 8 VerG, der darin liege, dass vereinsinterne Streitigkeiten zunächst im Verein und vor Mitgliedern des Vereins beizulegen seien. Die Klägerin sei letztlich auch ab der Namhaftmachung ihrer Schlichter Monate lang untätig gewesen. Selbst als sie der Vorstandsvorsitzende angerufen habe, habe sie dies nicht zum Anlass genommen, endlich tätig zu werden. Aufgrund der Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht habe die gesetzliche „Wartefrist“ von sechs Monaten nicht zu laufen begonnen.
[15] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass der Mitwirkungspflicht bei der Konstituierung der Schlichtungsstelle nicht entsprochen wird, wenn die vom Antragsteller nominierten Schlichtungsmitglieder ihrer Bestellung nicht zustimmen bzw untätig sind. Es könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe der anrufenden Streitpartei die Möglichkeit einräumen wollen, durch die bloße Anrufung einer im Anlassfall erst einzurichtenden Schlichtungseinrichtung die Frist des § 8 Abs 1 VerG in Gang setzen zu können, in weiterer Folge jedoch durch die Verweigerung der Mitwirkung an der Konstituierung derselben und bloßes Verstreichenlassen der Frist die vereinsinterne Instanz zu umgehen. Der Verweigerung der Mitwirkung sei die Namhaftmachung von Personen, die ihrer Nominierung als Mitgliedern der Schlichtungsstelle nicht zustimmen, gleichzusetzen. Die Klägerin habe nicht einmal behauptet, geeignete Schritte zur Erlangung der Zustimmung von Vereinsmitgliedern zur Mitwirkung in dem von ihr initiierten Schlichtungsverfahren gesetzt zu haben.
Rechtliche Beurteilung
[16] Der vom Beklagten beantwortete Revisionsrekurs der Klägerin ist – wie schon das Rekursgericht erkannt hat – zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage der Verletzung der Mitwirkungspflicht an der Konstituierung der Schlichtungseinrichtung im Fall der Verweigerung der Schlichtungstätigkeit des vom Antragsteller nominierten Mitglieds fehlt.
[17] 1. Nach § 8 Abs 1 VerG haben die Statuten vorzusehen, dass Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis vor einer Schlichtungseinrichtung auszutragen sind. Sofern das Verfahren vor der Schlichtungseinrichtung nicht früher beendet ist, steht für Rechtsstreitigkeiten nach Ablauf von sechs Monaten ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung der ordentliche Rechtsweg offen.
[18] Der Regelung in § 8 Abs 1 VerG liegt nach den Gesetzesmaterialien die Überlegung zugrunde, dass Vereinsverhältnisse oft Sonderbeziehungen darstellen, die es angebracht erscheinen ließen, die Vereinsmitglieder vor der Anrufung eines Gerichts zu einer außergerichtlichen Streitbeilegung anzuhalten; sie dient zugleich der Entlastung der Gerichte (ErlRV 990 BlgNR 21. GP 28; 8 Ob 77/20m mwN; Kodek, Rechtsschutz im Großverein: Vereinsinterne Schlichtungsinstanzen am Beispiel des ÖAMTC in FS Melnizky [2013] 109 ff [111 f]; Pondorfer in Schopper/Weilinger, Vereinsgesetz § 8 Rz 5).
[19] Kommt es zu keiner Beendigung des Schlichtungsverfahrens innerhalb einer Frist von sechs Monaten, so kann das Gericht angerufen werden, um eine unerwünschte Verzögerung des effektiven Rechtsschutzes zu vermeiden (ErlRV 990 BlgNR 21. GP 28).
[20] Einer verfrüht eingebrachten Klage (ohne Einhaltung des in § 8 Abs 1 VerG vorgesehenen Verfahrens) steht der Einwand der temporären Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen (RS0122426; RS0124983).
[21] 2.1. Die Regelung des § 8 Abs 1 VerG steht also in einem Spannungsverhältnis zwischen der Anforderung an die Parteien, eine außergerichtliche Bereinigung von Rechtsstreitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis zu versuchen, was selbstverständlich ihre ausreichende Mitwirkung voraussetzt, und dem Anliegen, dass – zumal Rechtsstreitigkeiten aus Vereinsverhältnissen bürgerliche Rechtssachen gemäß § 1 JN sind – aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes die Durchsetzung von Rechtsansprüchen durch das Schlichtungsverfahren nicht „unerwünscht verzögert“ werden soll.
[22] 2.2. Die Klägerin meint, es genüge jedenfalls die (erste) Anrufung der Schlichtungsstelle, damit werde wie in dem zu 8 Ob 138/08i entschiedenen Fall die Frist nach § 8 Abs 1 VerG „ausgelöst“; „weitere Überprüfungen des Verhaltens der Streitteile“ seien nicht geboten (womit es für die Zulässigkeit des Rechtswegs nach Ansicht der Klägerin nur mehr auf das Verstreichen einer Zeit von sechs Monaten ankäme). Dennoch (und entgegen den Vorgaben durch das Höchstgericht) hätten die Vorinstanzen das Verhalten der Streitteile einer weiteren Überprüfung (im Hinblick auf eine erforderliche Mitwirkung) unterzogen.
[23] 2.3. Zur hier entscheidungswesentlichen Frage des Bestehens einer Obliegenheit, an der Konstituierung der Schlichtungseinrichtung mitzuwirken (deren Verletzung temporär das Hindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs nach sich zieht), kann jener Entscheidung schon deshalb wenig entnommen werden, weil mit ihr vorrangig geklärt wurde, dass die Unzulässigkeit des Rechtswegs auch von Amts wegen wahrgenommen werden kann. Mangels ausreichender Erörterung und Vorbringens der Parteien (die sich mit einer allenfalls vorliegenden Unzulässigkeit des Rechtswegs im Verfahren erster Instanz gar nicht befasst hatten) wurde die Entscheidung aufgehoben und die Rechtssache zurückverwiesen. Die Klägerin übersieht, dass – als im Beschluss zu 8 Ob 78/06p ausgesprochen wurde, es sei als „Anrufung der Schlichtungseinrichtung iSd § 8 VerG“ der erste Antrag auf deren Konstituierung zu werten – unter Anrufung ausdrücklich eine, die den Anforderungen der (jeweiligen) Statuten entspricht, verstanden wurde („der nach den Statuten erste Antrag“ [Hervorhebung durch den erkennenden Senat; siehe dazu Pkt 3.2.]).
[24] Ist die Schlichtungseinrichtung nach den Vereinsstatuten erst im Anlassfall von den Streitparteien zu konstituieren, muss der Antrag – um die Gesetzesintention, der internen Streitbeilegung unter den Vereinsmitgliedern Vorrang zu gewähren, nicht zu vereiteln – auch die nach den Statuten jeweils erforderliche Mitwirkung des Antragstellers an der Konstituierung dieser Einrichtung umfassen (s 8 Ob 77/20m). Dies machen auch die Gesetzesmaterialien deutlich, wenn dort ausgeführt wird, dass es eine Verpflichtung der Mitglieder gibt, vor Anrufung des Gerichts eine derartige Schlichtung „anzustreben“ (ErlRV aaO). Diejenige Partei, die das Gericht anruft, muss demnach ihrer Mitwirkungspflicht entsprochen haben (s RS0121458), wäre es doch sonst ein Leichtes, den Regelungszweck zu unterwandern, indem bloß nach außen hin und formal die Schlichtungseinrichtung von ihr angerufen wird, danach aber keinerlei weitere (zumutbaren) Schritte zur Abführung dieses Verfahrens gesetzt werden (so auch Mayr, Glosse zu 8 Ob 78/06p, JBl 2007, 324 ff, 326 f).
[25] 2.4. Bloß in Fällen der Unzumutbarkeit der Anrufung einer Schlichtungsstelle wird vertreten, dass der Klageweg ohne weitere Mitwirkung, ja sogar ohne Anrufung der Schlichtungseinrichtung offen steht (Mayr in Czernich/Deixler-Hübner/Schauer, Schiedsrecht Rz 31.10; ders Vereinsstreitigkeiten zwischen Schlichtungseinrichtung, Gericht und Schiedsgericht, ÖJZ 2009, 539 ff [541]; Pondorfer in Schopper/Weilinger, Vereinsgesetz § 8 Rz 22 ff samt Beispielen).
[26] Nach dem in § 8 VerG zum Ausdruck kommenden Grundgedanken kann aber andererseits nur die unterlassene Mitwirkung derjenigen Partei, die den Gerichtsweg in Anspruch nehmen möchte, nach dem Ablauf von sechs Monaten (weiterhin und für die Dauer der eigenen Säumigkeit) das Hindernis der temporären Unzulässigkeit des Rechtswegs bewirken, nicht aber die unterlassene Mitwirkung der Gegenseite (trotz Erfüllung eigener Mitwirkungsobliegenheiten); ansonsten könnte es dem Gegner eines Vereinsmitglieds möglich sein, durch Nichterrichtung einer Schlichtungseinrichtung bzw ihrer Nichtbesetzung dem dadurch benachteiligten Vereinsmitglied den Rechtsweg zu versperren (vgl Krejci/S. Bydlinski/Weber-Schallauer Vereinsgesetz 2002 [2009] § 8 Rz 8 f).
[27] Ebenso steht nach dem Ablauf von sechs Monaten (sofern das Schlichtungsverfahren nicht bereits zuvor abgeschlossen ist) einer Partei die Anrufung des Gerichts auch dann offen, wenn – etwa bei komplexer Sach- und Rechtslage oder auch bei ihr nicht zuzurechnenden Verzögerungen bei der Konstituierung des Schlichtungsgremiums und im Ablauf des Schlichtungsverfahrens – die Schlichtungseinrichtung einen Schlichtungsvorschlag noch nicht erstellen konnte (vgl Mayr, in Czernich/Deixler-Hübner/Schauer, Schiedsrecht Rz 31.10), weil das Verstreichen der sechsmonatigen Frist dann nicht im Zusammenhang mit einer der Partei vorwerfbaren Obliegenheitsverletzung steht.
[28] 2.5. Generell ist der Schlichtungswerber also nur insoweit an der gerichtlichen Geltendmachung gehindert, als das Fehlen einer Schlichtungsentscheidung bei Ablauf der Frist auf ihm zuzurechnenden Versäumnissen beruht.
[29] 3.1. Im vorliegenden Fall ist daher zu klären, ob die Klägerin, die den ordentlichen Rechtsweg für ihre Schadenersatzforderung in Anspruch nehmen möchte, der Vorwurf zu machen ist, sie habe die erforderliche Mitwirkung an der Konstituierung der in § 8 Abs 1 VerG vorgesehenen Schlichtungseinrichtung unterlassen.
[30] 3.2. Vorangestellt sei den Überlegungen, dass die Mitwirkung an der Konstituierung der Schlichtungsstelle im Gesetz nicht als „Erfolgsverbindlichkeit“ konzipiert ist. Die Vorinstanzen haben sich für ihre Auslegung zum Umfang der Mitwirkungspflicht auf die Ansicht von Pondorfer (in Schopper/Weilinger VereinsG § 8 Rz 49) gestützt. Dieser vertritt die Auffassung, es stehe der ordentliche Rechtsweg nicht offen, wenn das Schlichtungsmitglied des Antragstellers untätig sei (verweist aber an dieser Stelle zumindest darauf, dass „gegebenenfalls“ ein neues Schlichtungsmitglied als Ersatz bestellt werden soll). Auch Höhne/Jöchl (in Höhne/Jöchl/Lummerstorfer, Das Recht der Vereine6 505) nehmen den Standpunkt ein, wenn die namhaft gemachte Person „einfach nichts“ tue, sei dies dem Antragsteller, der sie namhaft gemacht habe, „zuzurechnen“.
[31] Damit würde der Partei des Schlichtungsverfahrens das Verhalten des von ihr nominierten Schlichters angelastet. Nach der Intention des Gesetzes hat die Schlichtungsstelle aber eine dem Gericht ähnliche Funktion; auch ihr Ziel ist die Beilegung einer Streitigkeit. Wenn § 8 Abs 1 VerG ausdrücklich anordnet, dass auf die Unbefangenheit der Mitglieder der Schlichtungseinrichtung Bedacht zu nehmen ist, folgt daraus die Forderung nach einer (annähernden) Äquidistanz zu beiden Parteien des Schlichtungsverfahrens. Der Schlichter ist nicht einseitiger „Vertreter“ der Interessen nur einer Partei und soll dies auch nicht sein. Die Ansicht, der ordentliche Rechtsweg stehe nicht offen, wenn das Schlichtungsmitglied des Antragstellers untätig sei, könnte nur dann zu teilen sein, wenn die Untätigkeit des Schlichters auch im Zusammenhang mit einer verschuldeten Pflichtverletzung der das Gericht anrufenden Partei steht. Dabei wäre an Fälle der an einen Schlichter gerichteten Aufforderung zur Untätigkeit oder seiner Abstimmung mit der Partei dazu zu denken oder wenn die Partei von vorneherein einen ihr bekanntermaßen untätig (oder zögerlich) bleibenden Schlichter benannt hat. Eine Partei „schuldet“ bei Konstituierung der Schlichtungseinrichtung nicht diesen „Erfolg“, sondern bloß die gebotene Mitwirkung daran.
[32] Auch Mayr rechnet das Verhalten eines untätigen Schiedsrichters nicht (per se) zu, wenn er den Standpunkt einnimmt,komme die Schlichtungsstelle innerhalb von sechs Monaten zu keinem Lösungsvorschlag, so spreche dies entweder für eine besonders komplexe Materie oder aber für eine unerwünschte Langsamkeit des Verfahrens; beide Möglichkeiten legten es nahe, den Betroffenen den Weg zum ordentlichen Gericht zu eröffnen (Mayr in Czernich/Deixler-Hübner/Schauer, Schiedsrecht Rz 31.10).
[33] Eine Partei muss also nicht jedenfalls zwei zur Tätigkeit willige und fähige Schlichter „bereitstellen“, sondern nur den ihr zumutbaren Beitrag durch entsprechende Bemühungen leisten.
[34] Zutreffend schildern Höhne/Jöchl (aaO 506) als Beispiel für ein auf Verschulden der Partei beruhendes Scheitern der Konstituierung, das ihr als unterlassene Mitwirkung vorwerfbar ist (was dazu führt, dass ihr der Weg zu den Gerichten nicht offen steht), die Benennung einer absolut untauglichen Schiedsperson (die etwa selbst Partei des Verfahrens oder – obwohl die Statuten das vorschreiben – nicht Vereinsmitglied ist).
[35] Unter dem Gesichtspunkt der Mitwirkungspflicht einer Partei wird es, für den Fall, dass die von einer Partei als Schlichter Genannte(n) die Aufnahme dieser Tätigkeit ablehnen, von der Anzahl der zur Auswahl stehenden Personen und der zur Verfügung stehenden Kontaktmöglichkeiten abhängen, wie oft sie den Versuch unternehmen muss, weitere Personen namhaft zu machen. In der Regel wird damit die Frage der ausreichenden Erfüllung von Mitwirkungspflichten bei der Konstituierung der Schlichtungsstelle der Beurteilung im Einzelfall unterliegen, hängt sie doch von einer Vielzahl von dafür maßgeblichen Umständen ab (neben der Anzahl der Mitglieder etwa auch von deren persönlichen oder wirtschaftlichen Naheverhältnis, möglicherweise auch von Sprachkenntnissen oder örtlichen Entfernungen).
[36] 3.3. Ganz besonderes Gewicht kommt hinsichtlich des Umfangs der Mitwirkungspflicht den jeweiligen Vereinsstatuten zu, weil § 8 Abs 2 VerG anordnet, dass diese die Zusammensetzung und die Art der Bestellung der Mitglieder der Schlichtungseinrichtung zu regeln haben. Neben der Bedachtnahme auf deren Unbefangenheit ist im Gesetz (nur) die Forderung nach der Gewährung beiderseitigen Gehörs enthalten. Die weitere Ausgestaltung des Verfahrens und die Einrichtung der Schlichtungsstelle selbst damit bleibt weitgehend den (einzelnen und möglicherweise sehr unterschiedlich ausformulierten) Statuten vorbehalten (vgl zur Notwendigkeit einer „statutengemäßen Benennung“ RS0121458 und die Erläuterung in der Entscheidung zu 8 Ob 77/20m, dass unter Anrufung der Schlichtungseinrichtung iSd § 8 VerG der nach den Statuten erste konkrete, erforderlichenfalls auch unter Namhaftmachung von Schlichtern gestellte Antrag auf Konstituierung der Schlichtungseinrichtung zu werten ist, und seinen Hinweis auf die nach den Statuten jeweils erforderliche Mitwirkung [Hervorhebungen durch den erkennenden Senat]). Offenbar wegen des den Statuten eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums plädieren Krejci/S. Bydlinski/Weber-Schallauer dafür, dass die Vereinsstatuten klarstellen sollten, welches Vereinsorgan für die Einleitung (gemeint offenbar im Sinne der Organisation der ersten Schritte) des Schlichtungsverfahrens zuständig ist. Naheliegenderweise biete sich hiefür das Leitungsorgan an (Krejci/S. Bydlinski/Weber-Schallauer Vereinsgesetz 2002 [2009] § 8 Rz 13).
[37] 3.4. Die zuvor schon zitierten Statuten des Beklagten, nach deren § 7 lit e die Schlichtungsstelle (vgl RS0121557 [T3]) ein Organ des Vereins ist, sehen vor, dass sie derart gebildet wird, dass jeder Streitteil „über Aufforderung durch den Vorstand diesem innerhalb von zwei Wochen zwei ordentliche Mitglieder als Schlichter schriftlich namhaft macht“ und diese namhaft gemachten Schlichter danach mit Stimmenmehrheit binnen weiterer zwei Wochen ein fünftes ordentliches Vereinsmitglied zum Vorsitzenden der Schlichtungsstelle wählen.
[38] Schon weil die Schlichtungseinrichtung ein Organ des Vereins ist, liegt es nahe, dass bei Konstituierung „seines“ Organs die Mitwirkungspflicht zumindest hinsichtlich der Basisvoraussetzungen für seine Organisation (insbesondere der Kontaktaufnahme der namhaft gemachten Schlichter mit der Aufforderung, die Schlichtungseinrichtung zu konstituieren) – mangels weiterer Regelung in den Statuten – beim Verein selbst bzw dessen Vorstand liegen wird (vgl im Übrigen Höhne/Jöchl in Höhne/Jöchl/Lummerstorfer, Das Recht der Vereine6 504, zur an die [benannten] Schiedsrichter zu richtenden Aufforderung des Vorstands, einen Vorsitzenden zu wählen, auch wenn der Verein Partei ist).
[39] Die Untätigkeit „des Vereins“ (bzw seines Leitungsorgans) beruhte zwar nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen darauf, dass „der Beklagte“ (gemeint: der Vorstand[-svorsitzende]) einen „Anschein der Befangenheit“ vermeiden wollte. Warum aber die bloße Übermittlung der Kontaktdaten und eine Aufforderung an alle genannten Schlichter, die Schlichtungseinrichtung durch Wahl des Vorsitzenden der Schlichtungsstelle zu konstituieren, also die bloße Hinwirkung auf deren Konstituierung,einen Anschein der Befangenheit des Vereins in irgendeiner Richtung hätte begründen können, wenn doch die Gegenpartei selbst das Schlichtungsverfahren durch ausdrückliche „Anrufung“ in Gang gesetzt hatte, ist nicht verständlich. Auf die besondere Stellung, die dem Vorstand aufgrund der Statuten bei der Konstituierung zukommt, wird noch einzugehen sein.
[40] 3.5. Im vorliegenden Fall ist die Klägerin durchaus initiativ vorgegangen. Sie hat am von sich aus nicht nur zwei Personen als Schlichter namhaft gemacht, sondern sogar ein Ersatzmitglied benannt. Erst mehr als drei Wochen später nominierte der Verein selbst zwei Personen und teilte dies (bloß) der Klägerin schriftlich mit. Die „eigenen“ als Schlichter benannten Personen wurden nicht davon verständigt, wer die Schlichter der Klägerin sein sollten, obwohl dies schon deshalb nahe gelegen wäre, weil die Wahl des Vorsitzenden notwendigerweise eine Kontaktaufnahme zwischen den (vier) nominierten Schlichtern erfordert. Aus der im Schreiben der Klägerin gebrauchten Formulierung, es werde vorsorglich für den Fall, dass eine der genannten Personen die Übernahme des Amts ablehne oder sonst verhindert sei, eine weitere Person namhaft gemacht, war für den Vorstand des Beklagten erkennbar, dass eine Übernahme dieses Amts zwischen der Klägerin und den von ihr genannten Personen (noch) nicht abgesprochen war. Auch nach der Vorstellung des Beklagten, wonach die Schlichter unabhängig von einem Eingreifen des Vereins untereinander Kontakt hätten suchen sollen, wäre ihm die Unterlassung der gebotenen Mitwirkung daran vorzuwerfen. Die Schlichter des Beklagten, denen die von der Klägerin zuerst genannten Namen „ihrer“ (potentiellen) Schlichter samt Kontaktdaten leicht hätten übermittelt werden können, wussten nicht, mit welchen Personen sie Kontakt hätten aufnehmen sollen, weil der Vorstand ihnen die (ihm aber schon bekannten Namen) nicht genannt hatte; die „Schlichter“ der Klägerin waren für den Vorstand erkennbar nicht informiert.
[41] Aus der Textierung der Statuten, wonach jeder Streitteil „über Aufforderung durch den Vorstand“ diesem innerhalb von zwei Wochen zwei ordentliche Mitglieder als Schlichter schriftlich namhaft zu machen hat, ergibt sich die Pflicht des Vorstands bei Konstituierung der Schlichtungseinrichtung tätig zu werden. Er ist es, der die Parteien zur Namhaftmachung aufzufordern hat. Lässt eine bereits erfolgte Namhaftmachung erkennen, dass die Bereitschaft zur Übernahme der Tätigkeit als Schlichter nicht abgeklärt wurde, wären die Parteien des Schlichtungsverfahrens auch dazu aufzufordern. Daraus, dass nach seiner Aufforderung die Meldung der Personen ihm gegenüber vorzunehmen ist, folgt, dass der Vorstand (nach Namhaftmachung) in einem nächsten Schritt zwischen den vier als Schlichter benannten Personen den Kontakt herzustellen (und sie auch zur Konstituierung durch Wahl des fünften Schlichters aufzufordern) hat. Welchen Sinn hätte sonst die in den Statuten den Mitgliedern auferlegte Pflicht der Namhaftmachung ihm gegenüber? Auf dem Vorstand lastet daher – unabhängig davon, ob der Verein selbst Partei des Schlichtungsverfahrens ist oder nicht – die Pflicht der (wenigstens) formalen Organisation der Einrichtung der Schlichtungsstelle im einzelnen Streitfall.
[42] Hier blieb der Vorstand untätig. Die Klägerin zeigte dagegen weiterhin ihr Interesse an der Einhaltung des in § 8 Abs 1 VerG vorgesehenen Verfahrens dadurch, dass wiederum sie (durch ihren Anwalt) tätig wurde und die vier Schlichter zur Konstituierung der Schlichtungsstelle aufforderte. Erst damit brachte sie allen Schlichtern wechselseitig (auch den vom Verein benannten Schlichtern zum ersten Mal) die Kontaktdaten und Namen zur Kenntnis. Auch als der Vorstandsvorsitzende des Beklagten von einem „seiner“ Schlichter erfuhr, dass die von der Klägerin Genannten nicht bereit waren, als „ihre“ Schlichter tätig zu werden, wurde er erst am aktiv. Selbst wenn man seine Erklärung, es genüge, bloße Vereinsmitglieder und nicht unbedingt Lehrtherapeuten zu nominieren, als die in den Statuten vorgesehene Aufforderung, ihm binnen zwei Wochen zwei ordentliche Mitglieder als Schlichter schriftlich namhaft zu machen, ansähe (bei welcher Gelegenheit der Klägerin auch leicht hätte erklärt werden können, dass vorab mit den Genannten geklärt werden möge, ob sie zur Übernahme der Tätigkeit als Schlichter bereit sind), waren seit der Anrufung der Schlichtungsstelle durch die Klägerin am 27. 11. (spätestens am 23. 4.) 2018 mehr als sechs Monate verstrichen gewesen. Selbst eine rasche Konstituierung der Schlichtungseinrichtung und ein danach zügig geführtes Verfahren hätten nicht mehr zu einer Beendigung des Schlichtungsverfahrens binnen der gesetzlichen Frist führen können.
[43] Nach Ansicht des erkennenden Senats ist es der Klägerin im Zusammenhang mit dem Auslösen des Fristbeginns durch die „Anrufung“ aufgrund der Textierung der Statuten nicht zu ihrem Nachteil anzulasten, dass sie mit den von ihr namhaft gemachten Personen nicht vorweg abgeklärt hat, ob diese zur Schlichtung bereit sind.
[44] Gegenteiliges lässt sich – anders als der Beklagte meint – auch aus der bisher ergangenen Rechtsprechung nicht ableiten, weil – wie bereits ausgeführt – darin auf das statutengemäße Vorgehen Bezug genommen wird. Die in den Statuen gewählte Formulierung lässt sich auch nicht mit jener des in der Entscheidung zu 8 Ob 78/06p beurteilten Wortlauts („In das Schiedsgericht werden von jeder Streitpartei zwei ordentliche Vereinsmitglieder als Schiedsrichter entsandt.“) vergleichen. In dem damals zu entscheidenden Fall wurde die Schlichtungseinrichtung (das Schiedsgericht) bloß formal angerufen und trotz (in den Statuten nicht vorgesehener) Aufforderung durch den Verein dazu vom Kläger niemand für das Schiedsgericht nominiert. Dieser Fall lässt sich mit dem vorliegenden Ablauf der von der Klägerin von sich aus (wenn auch ohne Abklärung mit diesen) erfolgten Benennung zweier ordentlicher Mitglieder und eines „Ersatzmitglieds“ und der in den Statuten vorgesehenen Aufforderung durch den Vorstand (was bei erkennbar fehlender Abstimmung mit den Genannten die Aufforderung auch dazu impliziert) nicht gleichsetzen.
[45] 4. Der vom Beklagten erhobene Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs ist daher nicht berechtigt. Für die vorliegende Rechtsstreitigkeit steht der ordentliche Rechtsweg offen, weil ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung sechs Monate verstrichen sind und der Klägerin die während dieser Frist unterbliebene Konstituierung der Schlichtungsstelle nach den konkreten Statutenbestimmungen des Vereins nicht als vorwerfbare Unterlassung der Mitwirkung anzulasten ist.
[46] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1, § 52 ZPO iVm § 41 Abs 1 ZPO. Der Beklagte ist im Zwischenstreit über die Zulässigkeit des Rechtswegs unterlegen und hat der Klägerin daher die darauf entfallenden Kosten zu ersetzen (RS0035955). Das sind die Kosten des Rekurses und des Revisionsrekurses sowie jene der abgesonderten Verhandlung über diesen Einwand in der Tagsatzung vom 14. 12.; der sonstige Verfahrensaufwand war nicht auf die Behandlung der (Un-)Zulässigkeit des Rechtswegs beschränkt.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2021:E132487 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-68189