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OGH 23.10.2024, 9ObA80/24s

OGH 23.10.2024, 9ObA80/24s

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Stiefsohn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin Lotz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Werner Stepanowski (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G*, vertreten durch die Klein, Wutschek & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch die Pacher & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Graz, wegen (zuletzt) 1.848,28 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 32/24s-30, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die in der außerordentlichen Revision behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde vom Obersten Gerichtshof geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

[2] 2. Arbeitsbereitschaft ist der Aufenthalt an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort mit der Bereitschaft zur jederzeitigen Aufnahme der Arbeitsleistung im Bedarfsfall (RS0051351). Grundsätzlich kann die Arbeitsbereitschaft durch Kollektivvertrag oder Einzelarbeitsvertrag aufgrund der geringeren Beanspruchung des Arbeitnehmers (Überstunden „minderer Art“, vgl 9 ObA 25/11h mwN) geringer entlohnt werden als die normale Arbeitszeit. Dafür ist jedoch eine entsprechende Vereinbarung Voraussetzung (RS0021399).

[3] 3. Der Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreichs (SWÖ-KV) enthielt schon in seinen – hier anzuwendenden – Fassungen von 2021 (§ 8 Abs 3 lit d) und 2022 (§ 8 Abs 3 lit e) die Bestimmung: „Zeiten der Nachtarbeitsbereitschaft (von 22:00 bis 6:00 Uhr) werden mit 50 % des Grundstundenlohnes abgegolten (= geringer zu entlohnende Nachtarbeitsbereitschaft).“

[4] 4. Der Oberste Gerichtshof stellte bereits klar, dass diese Bestimmung eine abweichende Mindestentgeltregelung für Nachtarbeitsbereitschaften vorsieht und in ihrem inhaltlich umschriebenen Anwendungsbereich das kollektivvertragliche Mindestentgelt definiert (8 ObA 74/20w). Die Entscheidung wurde ausführlich begründet. Gegenteilige Entscheidungen oder kritische Stellungnahmen in der Literatur liegen nicht vor. Es ist daher von einer gesicherten Rechtsprechung auszugehen (vgl RS0103384).

[5] 5. Auf das Dienstverhältnis des Klägers zur Beklagten war der SWÖ-KV anzuwenden. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kläger habe für die in den Jahren 2021 und 2022 geleisteten Nachtarbeitsbereitschaftsstunden keinen Anspruch auf die Nachzahlung der Differenz zwischen dem Grundstundenlohn (100 %) und dem tatsächlich ausgezahlten geringeren Entgelt für Nachtarbeitsbereitschaften (50 %), hält sich im Rahmen der gesicherten Rechtsprechung. Angesichts der klaren kollektivvertraglichen Entgeltregelung, deren Wirksamkeit der Kläger nicht bezweifelt, ändert daran auch der von ihm betonte Umstand nichts, dass er – anders als der Kläger des Verfahrens 8 ObA 74/20w – weder nur Nachtbereitschaftsdienste leistete noch den Wunsch hatte, nur Nachtbereitschaftsdienste zu leisten.

[6] 6. Dass die Beklagte durch die Dienstplaneinteilung die Nachtarbeitsbereitschaftszeiten des Klägers vorgab, wirft für sich allein keine erhebliche Rechtsfrage auf: Der Kläger übergeht die Feststellungen, dass ihm von vornherein klar war, dass er auch Nachtarbeitsbereitschaft leisten werde, die nur mit 50 % des Grundstundenlohns entlohnt werde, weil ihn die Mitarbeiterinnen der Beklagten schon beim Bewerbungsgespräch darauf hingewiesen hatten. Dass das konkrete Ausmaß, in dem er zur Nachtarbeitsbereitschaft herangezogen worden sei, nicht vom Arbeitsvertrag gedeckt gewesen wäre, behauptete er nicht substanziiert.

[7] 7. Der – qualifiziert vertretene – Kläger stützte sich in erster Instanz ausschließlich darauf, dass er genau gemäß dem Lohnschema des SWÖ-KV bezahlt worden sei und dass die Beklagte durch die niedrigere Entlohnung der Nachtarbeitsbereitschaften sein kollektivvertragliches Mindestentgelt unterschritten habe. Er brachte nicht vor, dass ihm die Beklagte arbeitsvertraglich ein ziffernmäßig bestimmtes überkollektivvertragliches Entgelt (im Sinn eines „Fixgehalts“) zugesagt hätte, das wegen der niedrigeren Entlohnung der Nachtarbeitsbereitschaften nicht erreicht worden wäre. Das entsprechende Vorbringen in der außerordentlichen Revision verstößt gegen das Neuerungsverbot (§ 482 ZPO iVm § 63 Abs 1 ASGG) und wirft daher keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[8] 8. Die außerordentliche Revision ist daher (ohne weitere Begründung, § 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG) zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2024:009OBA00080.24S.1023.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAF-67789