OGH 19.05.2022, 9Ob32/22d
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Rechtssache des Antragstellers * E* jun, *, vertreten durch Dr. Isabel Pinegger, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die Antragsgegnerin Verlassenschaft nach * E* sen, *, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Mag. Florian Pichler, Rochusplatz 3, 8230 Hartberg, wegen Feststellung der Nichtabstammung gemäß § 151 ABGB, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 1 R 43/22h-5, mit dem dem Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Voitsberg vom , GZ 16 FAM 1/22f-2, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Der am * 2021 verstorbene Vater des Antragstellers hinterließ neben diesem zwei weitere eheliche Kinder (geb * 1961 und * 1966). Der Antragsteller beantragte am die gegen den ruhenden Nachlass gerichtete Feststellung, dass die Geschwister nicht von seinem Vater abstammen, wofür er sich auf ortsbekannte außereheliche Beziehungen der vorverstorbenen Ehefrau des Vaters berief.
[2] Die Vorinstanzen wiesen den Antrag mangels Aktivlegitimation des Antragstellers zurück.
[3] In seinem dagegen gerichteten außerordentlichen Revisionsrekurs vermisst der Antragsteller Rechtsprechung zur Frage, ob die Antragslegitimation gemäß § 151 Abs 2 ABGB tatsächlich nur demjenigen Kind zukomme, dessen Nichtabstammung festgestellt werden solle, und wie sich § 151 Abs 2 und § 142 ABGB zueinander verhielten. Nach seiner Ansicht führe die Beurteilung der Vorinstanzen in unsachlicher und verfassungswidriger Weise dazu, dass hier zwei von drei Kindern als gesetzliche Erben gelten, die bei Überprüfbarkeit nicht erbberechtigt wären. Im Übrigen gehe nach dem Tod der betroffenen Person die Antragslegitimation auf alle präsumtiven Erben über (§ 142 ABGB) und komme nicht nur dem Kind zu, um dessen Nichtabstammung es gehe.
Rechtliche Beurteilung
[4] Der Antragsteller zeigt damit keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG auf.
§ 151 ABGB (§ 156 aF) lautet:
(1) Stammt ein Kind, das während der Ehe der Mutter oder vor Ablauf von 300 Tagen nach dem Tod des Ehemanns der Mutter geboren worden ist, nicht von diesem ab, so hat das Gericht dies auf Antrag festzustellen.
(2) Der Antrag kann vom Kind gegen den Mann und von diesem gegen das Kind gestellt werden.
[5] Schon nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes (arg: „vom“ Kind, „das“ Kind) kommt die Antragslegitimation neben dem Mann nur jenem Kind zu, um dessen Nichtabstammung es geht (vgl zB auch § 144 Abs 1 ABGB: „Vater des Kindes ist …“, § 150 ABGB: „Das Kind kann die Feststellung seiner Abstammung auch beantragen […]“; § 153 Abs 3 ABGB: „Später als 30 Jahre nach der Geburt des Kindes [...] kann nur das Kind die Feststellung der Nichtabstammung begehren“). Das entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers zum Familien- und Erbrechts-Änderungsgesetz 2005, BGBl I Nr 58/2004, mit dem das Antragsrecht – in Reaktion auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , G 78/00 (Aufhebung der Bestimmungen der §§ 156, 158, 159 Abs 1 zweiter Satz ABGB idF dRGBl 1943 I 80, § 157 ABGB idF BGBl Nr 136/1983 mit Ablauf des ) – nun neben dem als Vater geltenden Ehemann auch dem betroffenen Kind eingeräumt wurde (§ 156 ABGB aF). Hingegen wurde weder der Mutter noch dem biologischen Vater ein eigenes Antragsrecht zuerkannt. Zufolge der Materialien (ErlRV 471 BlgNR 22. GP S 6) lag dem „die Erwägung zugrunde, dass das Statusverhältnis zwischen zwei Personen eine Angelegenheit ist, die grundsätzlich und primär nur diese zwei Personen rechtlich betrifft. … Damit soll in diesem Fall gewissermaßen dem Schutz der sozialen Familie größeres Gewicht als dem Interesse an der Feststellung der biologischen Abstammung zukommen.“ Für eine Ausweitung des Antragsrechts auf Geschwister ist danach kein Raum.
[6] Anhaltspunkte dafür, dass es sich, wie der Antragsteller meint, nur um eine erbrechtlich relevante Bestimmung handeln würde, bestehen schon aus systematischen Erwägungen nicht (Einordnung der Regelung in den Zweiten Abschnitt des Dritten Hauptstücks). Das Argument, dass damit nicht vom Vater abstammenden Kindern der Weg in eine lukrative Erbschaft geebnet wäre, lässt unbeachtet, dass die Einräumung eines Antragsrechts an die leiblichen Kinder des Mannes auch zu einer Umgehung des Willens des Verstorbenen führen könnte, wenn er – wie uU hier – bewusst keine Nichtabstammung des Kindes festgestellt wissen wollte.
[7] Dass gemäß § 142 ABGB (bzw dessen Vorläuferbestimmungen, zu diesen s 7 Ob 110/18d Pkt 2.1.) nach dem Tod der betroffenen Person (ua) die Feststellung der Nichtabstammung von den Rechtsnachfolgern oder gegen diese bewirkt werden kann, hat vor der Einantwortung die Antragslegitimation der Verlassenschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin, nicht aber jene eines einzelnen präsumtiven Erben zur Folge (zB 7 Ob 110/18d; RS0130937). Das erkennt auch der Antragsteller. Was er daraus für seinen Standpunkt gewinnen kann, ist jedoch nicht ersichtlich. Eine Antragslegitimation des Antragstellers lässt sich auch daraus nicht ableiten.
[8] Sein außerordentlicher Revisionsrekurs ist mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2022:0090OB00032.22D.0519.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAF-67669