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OGH 26.06.2024, 8Ob59/24w

OGH 26.06.2024, 8Ob59/24w

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Tarmann-Prentner als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag. Matzka, Dr. Stefula, Dr. Thunhart und Mag. Dr. Sengstschmid als weitere Richter in der Pflegschaftssache der 1. mj P*, geboren am * 2010 und des 2. mj A*, geboren am * 2012, beide vertreten durch die Mutter M*, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Vaters L*, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 15 R 111/23h-32, mit welchem der Beschluss des Bezirksgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 1 Pu 97/22s-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Nachdem der Vater die Ehewohnung verlassen hat, wohnen die mj P* und der mj A* im Haushalt ihrer Mutter und werden von dieser betreut. Der Vater, der über ein monatliches Nettoeinkommen von 5.117 EUR verfügt, bezahlt nach wie vor den monatlichen Mietzins von 702,60 EUR sowie die Haushaltsversicherung für diese Wohnung. Der Vater übt sein Kontaktrecht zu seiner Tochter am Montag und Donnerstag von 17:00 Uhr bis 20:00 Uhr sowie zu seinem Sohn am Montag von 14:30 Uhr bis 20:00 Uhr, am Donnerstag von 15:30 Uhr bis 20:00 Uhr und am Samstag von 11:00 Uhr bis 18:00 Uhr aus. Die Termine am Montag und Donnerstag finden in der Wohnung der Mutter statt. Der Vater tätigt im Hinblick auf diese Kontakte regelmäßig Einkäufe, die fast ausschließlich für die Kinder verwendet werden, und verrichtet zudem Reinigungs- und Erhaltungsarbeiten in der Wohnung.

[2] Das Erstgericht verpflichtete den Vater gegenüber den Kindern zur Zahlung eines Unterhalts von jeweils 680 EUR monatlich. Die Kinder müssten sich von dem nach der Prozentmethode ermittelten Geldunterhaltsanspruch jeweils ein Drittel der vom Vater getragenen Wohnungskosten als Naturalunterhalt abziehen lassen. Eine weitere Kürzung des Unterhalts um jeweils 150 EUR für die Verpflegung der Kinder sowie 50 EUR für Reinigungs- und Erhaltungsarbeiten in der Wohnung, wie dies vom Vater angestrebt wird, komme hingegen nicht in Betracht, weil diese Kosten auch entstanden wären, wenn der Vater das Kontaktrecht in seiner eigenen Wohnung ausüben würde.

[3] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den Revisionsrekurs nachträglich im Hinblick auf die Frage zu, ob die Verpflegung der Kinder und die in der Wohnung erbrachten Arbeitsleistungen eine Minderung des Geldunterhaltsanspruchs rechtfertigen können.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der Revisionsrekurs des Vaters ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

[5] 1. Der Vater bestreitet gar nicht, dass Aufwendungen, die den Kindern während der Ausübung der üblichen Besuchskontakte zugute kommen, keine Verminderung des nach der Prozentmethode ermittelten Geldunterhaltsanspruchs bewirken (Gruber, Gemeinsame Betreuung von Kindern und deren unterhaltsrechtliche Auswirkungen, ÖRPfl 2019, H 1, 10; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht10 126). Wohl aber kann ein die übliche Dauer überschreitendes Kontaktrecht nach der Rechtsprechung zu einer Reduzierung der Unterhaltsverpflichtung führen (RS0047452). Dies erfordert eine wertende Gesamtbetrachtung der jeweiligen Betreuungsleistungen (RS0128043 [T12, T18]). Ob die Besuchskontakte des Unterhaltspflichtigen eine Reduzierung des Geldunterhaltsanspruchs rechtfertigen, ist eine Ermessensentscheidung, die von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt und deshalb für sich genommen keine erhebliche Rechtsfrage aufwirft (RS0047452 [T16, T17]).

[6] 2. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sieht Kontakte von zwei Tagen alle zwei Wochen sowie von vier Wochen in den Ferien als üblich an (zuletzt etwa 1 Ob 89/22b und 5 Ob 173/23m). Dies entspricht zumindest einem vollen Tag in der Woche. Einzelne darüber hinausgehende Stunden rechtfertigen noch keine Minderung des Geldunterhalts (RS0047452 [T27]; RS0128043 [T10, T13]). Da sich die wöchentlichen Kontakte des Vaters zu seiner Tochter auf sechs Stunden und die zu seinem Sohn auf 17 Stunden beschränken, ist die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die eine Minderung des Geldunterhaltsanspruchs wegen der während der Besuchskontakte erbrachten Naturalunterhaltsleistungen abgelehnt haben, von der bisherigen Rechtsprechung gedeckt.

[7] 3. Nach § 49 Abs 2 AußStrG sind Tatsachen, die schon im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können, im Rechtsmittelverfahren nur zu berücksichtigen, wenn es sich bei der Verspätung um eine entschuldbare Fehlleistung handelt, wobei aber der Rechtsmittelwerber nach ständiger Rechtsprechung die Zulässigkeit des neuen Vorbringens behaupten und schlüssig darlegen muss (RS0120290). Dies gilt auch im Unterhaltsverfahren (3 Ob 134/10t; 8 Ob 50/10a). Die erstmals im Rechtsmittelverfahren aufgestellte Behauptung, wonach die Mutter die Kinder nicht ordnungsgemäß versorge und die Hygiene in der Wohnung vernachlässige, sodass der Vater bei seinen Besuchen auch für die nächsten Tage Speisen bereitstellen und zusätzliche Reinigungsmittel erwerben müsse, war dementsprechend nicht mehr zu berücksichtigen.

[8] 4. Der Revisionsrekurs war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2023:0080OB00059.24W.0626.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAF-67531