OGH 21.04.2023, 8Ob12/23g
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn sowie die Hofräte Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Pflegschaftssache der 1. mj S* L* G*, geboren * 2018, 2. K* G*, geboren * 2016, wegen Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters Mag. (FH) R* G*, vertreten durch Dr. Peter Böck, Rechtsanwalt in Neusiedl am See, gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom , GZ 20 R 145/22f-70, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, welchem Elternteil die Obsorge zukommen soll, aber auch bei welchem Elternteil im Fall gemeinsamer Obsorge der hauptsächliche Aufenthalt der Kinder festgelegt werden soll, kann immer nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (RS0007101 [T22]). Sie begründet, soweit den Vorinstanzen keine unvertretbare Fehlbeurteilung unterlaufen ist, keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG.
[2] Schwerpunkt des Rechtsmittels des Vaters, das sich gegen die Festlegung des hauptsächlichen Aufenthalts bei der Mutter wendet, ist die Bedeutung der Kontinuität der Erziehung und Betreuung für das Wohl der Minderjährigen. Mit dem – grundsätzlich beachtlichen – Argument, dass die Entscheidung für die Kinder mit einem Wechsel des Kindergartens und (über die bereits bisher ausgeübten Kontaktzeiten hinausgehend) der sozialen Umgebung verbunden sei, hat sich das Rekursgericht jedoch ausführlich befasst. Es hat nachvollziehbar begründet, aufgrund welcher Beweisergebnisse es die Entscheidung des Erstgerichts hier billigt und im Einklang mit dem Kindeswohl beurteilt. Diesen Ausführungen setzt der Revisionsrekurs keine neuen oder stichhältigen rechtlichen Argumente entgegen.
[3] Mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Entscheidungsdatum:
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn sowie die Hofräte Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Pflegschaftssache der 1. mj S* G*, geboren * 2018, 2. mj K* G*, geboren * 2016, wegen Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter L* G*, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom , GZ 20 R 145/22f-70, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Das Rekursgericht hat in seiner Entscheidung auch die von der Mutter unter anderem in ihrer Rekursbeantwortung vorgelegten Ausdrucke von Chats (S 20 des Beschlusses) und die speziell beim Kindesvater bestehenden Probleme auf der „Paarebene“ (S 23, Anlass für die Anordnung einer Elternberatung) berücksichtigt. Ein Verfahrensmangel liegt daher nicht vor. Zwar enthält der Revisionsrekurs umfangreiche theoretisch gehaltene Abhandlungen zur Zulässigkeit von Neuerungen im Obsorgeverfahren, ohne aber darzulegen, welche neuen und relevanten Aspekte sich aus den vorgebrachten Neuerungen für die Erziehungsfähigkeit des Vaters eigentlich konkret ableiten lassen sollten.
[2] 2. Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, welchem Elternteil die Obsorge zukommen soll und ob die Voraussetzungen für die gemeinsame Obsorge vorliegen, kann immer nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Sie begründet, soweit den Vorinstanzen keine unvertretbare Fehlbeurteilung unterlaufen ist, keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG (RIS-Justiz RS0097114; RS0007101). Soweit der Revisionsrekurs von unüberbrückbar konfliktbehafteter Beziehungssituation und (nur beim Antragsgegner verorteter) mangelnder Kommunikationsfähigkeit ausgeht, widerspricht er den Feststellungen. So übergeht der Rechtsmittelvorwurf, nur der Vater habe sich in der Diskussion über den künftigen Schulstandort für die mj K* mit unbedachten Vorschlägen verantwortungslos gezeigt, vollständig die tatsächlich vollendete eigenmächtige Vorgangsweise der Mutter. Der Umstand, dass Spannungen zwischen den Elternteilen bestehen, die ihre Diskussionen über wesentliche Belange der Kinder erschweren, hat das Rekursgericht berücksichtigt, hingegen ist weder dem Sachverhalt noch den Rekursausführungen zu entnehmen, dass sie ein Ausmaß erreicht hätten, das gegen die Beibehaltung der gemeinsamen Obsorge sprechen könnte.
[3] 3. Ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen im Sinn des § 107 Abs 3 Z 1 bis 5 AußStrG anzuordnen sind, kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beantwortet werden und wirft daher keine über diesen hinaus erheblichen Rechtsfragen auf. Die Beurteilung, dass mit der ohnedies aufgetragenen Elternberatung vorläufig das Auslangen gefunden werden kann und eine zusätzliche „Männerberatung“ oder „psychologische Beratung zur Verarbeitung der Trennung“ für den Antragsgegner derzeit im Interesse des Kindeswohls nicht angeordnet werden muss, ist begründet und nach dem Sachverhalt keineswegs unvertretbar. Ob es sich bei der beantragten „Männerberatung“ überhaupt um eine nach § 107 Abs 3 AußStrG gedeckte Maßnahme handeln würde (vgl RS0129658; 5 Ob 53/18g ua) kann hier dahingestellt bleiben.
[4] 4. Mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2023:0080OB00012.23G.0421.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAF-67484