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OGH 23.11.2022, 7Ob191/22x

OGH 23.11.2022, 7Ob191/22x

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Faber und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H* G*, vertreten durch Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagte Partei H* AG, *, vertreten durch Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 98/22s-16, womit das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom , GZ 2 C 479/21m-11, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 626,52 EUR (darin enthalten 104,42 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Zwischen dem Kläger und der Beklagten bestand ein Rechtsschutzversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2008) zugrunde lagen. Diese lauteten auszugsweise:

Artikel 17 Schadenersatz, Straf- und Führerscheinrechtsschutz für Fahrzeuge (Fahrzeugrechtsschutz) je nach Vereinbarung mit oder ohne Fahrzeug-Vertrags-Rechtsschutz

[...]

2. Was ist versichert?

Der Versicherungsschutz umfasst

2.1 Schadenersatz-Rechtsschutz

für die Geltendmachung von Schadenersatz-ansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen erlittener Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, soweit diese aus der bestimmungsgemäßen Verwendung des versicherten Fahrzeugs entstehen.

2.1.1 Kein Versicherungsschutz besteht für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten zwischen Vertragspartnern oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen (versicherbar gemäß Punkt 2.4).

[...]

2.4 Fahrzeug-Vertrags-Rechtsschutz

Wenn vereinbart, umfasst der Versicherungsschutz auch die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen, die versicherte Fahrzeuge und Anhänger einschließlich Ersatzteile und Zubehör betreffen.

Als Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen gilt auch die Geltendmachung oder Abwehr von Schadenersatzansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten zwischen Vertragspartnern oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen.

[...]

Artikel 19 Schadenersatz- und Straf-Rechtsschutz für den Privat-, Berufs- und/oder Betriebsbereich

[...]

2. Was ist versichert?

Der Versicherungsschutz umfasst

2.1 Schadenersatz-Rechtsschutz

für die Geltendmachung von Schadenersatz-ansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschadens;

[...]

3. Was ist nicht versichert?

3.1 Zur Vermeidung von Überschneidungen mit anderen Rechtsschutz-Bausteinen umfasst der Versicherungsschutz nicht

3.1.1 Fälle, welche beim Versicherungsnehmer und den mitversicherten Personen in ihrer Eigenschaft als Eigentümer, Halter, Zulassungsbesitzer, Leasingnehmer oder Lenker von Motorfahrzeugen zu Lande, zu Wasser und in der Luft sowie Anhängern eintreten (versicherbar gemäß Artikel 17 und 18);

[...]“

[2] Da die Beklagte in ihrer Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu begründen vermag, ist die Revision entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

[3] 1. Der geltend gemachte Verfahrensmangel wurde geprüft, er liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[4] 2.1 Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung 7 Ob 91/22s mit ausführlicher Begründung dargelegt, dass der hier behauptete deliktische Anspruch gegen die Herstellerin eines Kraftfahrzeugs von Art 19.2.1 ARB 2008 umfasst ist (vgl auch 7 Ob 129/22d [zu den ARB 2009]; 7 Ob 130/22a [zu den ARB 2005 R 909]).

[5] 2.2 Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch dem Rechtsschutzbaustein des Art 19.2.1 ARB 2008 untersteht, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

[6] 2.3 Unrichtig geht die Beklagte davon aus, dass der Kläger seinen Deckungsanspruch im erstgerichtlichen Verfahren nicht auf den – behauptetermaßen ebenfalls versicherten – Allgemeinen Schadenersatz-Rechtsschutz (konkret Art 19.2.1 ARB 2008) gründete. Sie hielt dem aber ausschließlich entgegen, dass Art 19 ARB 2008 ausscheide, weil es einen Deckungsabgrenzungsausschluss in Art 19.3.1.1 ARB gebe. Der erstmals in der Berufung erhobene Einwand, dass der Allgemeine Schadenersatz-Rechtsschutz schon grundsätzlich nicht vom Rechtsschutzversicherungsvertrag des Klägers umfasst sei, verstößt gegen das Neuerungsverbot, worauf bereits das Berufungsgericht hinwies.

[7] 3.1 In der Rechtsschutzversicherung ist bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten kein strenger Maßstab anzulegen (RS0081929). Eine nicht ganz entfernte Möglichkeit des Erfolgs genügt (RS0117144).

[8] 3.2 Der Kläger begehrt Rechtsschutzdeckung für die Geltendmachung eines deliktischen Schadenersatzanspruchs in Höhe einer 30%igen Wertminderung des gekauften Fahrzeugs aus dem Erwerb einer mangelhaften Sache aufgrund einer Täuschungshandlung durch die Herstellerin. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass dieses Vorbringen nicht unschlüssig sei und eine nicht ganz entfernte Möglichkeit des Erfolgs bestehe, ist nicht korrekturbedürftig (vgl 7 Ob 130/22a). Die von der Revision im Zusammenhang mit der eingewandten Unschlüssigkeit zitierte Entscheidung 7 Ob 91/22s ist insoweit nicht einschlägig, als dort ein nicht annähernd vergleichbares Vorbringen erstattet wurde.

[9] 4. Die Revision der Beklagten ist daher mangels einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.

[10] Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO, der Kläger hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2022:0070OB00191.22X.1123.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAF-67319