OGH 25.01.2023, 6Ob189/22w
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O* GmbH, FN *, vertreten durch DORDA Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. L*, geboren am *, Rechtsanwalt, *, und dessen Nebenintervenientin B* GmbH, FN *, vertreten durch WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, wegen Feststellung und Unterlassung, über die außerordentlichen Revisionen der beklagten Partei und ihrer Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 23/22z-36, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die Errichtungserklärung der Klägerin enthält unter anderem folgende Bestimmung:
„§ 5. Geschäftsführer
1. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Für die Dauer ihrer Beteiligung als Gesellschafterin hat die [nunmehr: Nebenintervenientin] das Recht auf Bestellung eines Geschäftsführers (Sonderrecht gemäß § 50 Abs 4 GmbHG).
2. Die Gesellschaft wird, wenn nur ein Geschäftsführer bestellt ist, durch diesen selbstständig vertreten. Wenn zwei oder mehrere Geschäftsführer bestellt sind, wird das Vertretungsrecht durch Gesellschafterbeschluss geregelt. Die Vertretung der Gesellschaft durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Gesamtprokuristen ist zulässig.“
[2] Die Auslegung dieser Bestimmung im Hinblick auf die Frage, ob das in deren Z 1 der Nebenintervenientin eingeräumte Recht auf Bestellung eines Geschäftsführers ein Entsendungsrecht oder ein (bloßes) Nominierungsrecht ist, war bereits Gegenstand der Entscheidung dieses Senats zu 6 Ob 42/22b. Die dort vorgenommene Auslegung ist (auch) für die Entscheidung der hier gestellten Begehren auf Feststellung, dass der – nach dem Rechtsstandpunkt der Nebenintervenientin von ihr entsandte – Beklagte nicht Geschäftsführer der Klägerin sei, sowie auf Verpflichtung des Beklagten zur Unterlassung von Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen für die Klägerin entscheidend. Die angestellten Erwägungen zur Vertragsauslegung allgemein und zur Auslegung der konkreten Bestimmung des Gesellschaftsvertrags der Klägerin sind auch im vorliegenden Fall zutreffend. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 6 Ob 42/22b im Übrigen bereits dargelegt, aus welchen Gründen die Entscheidungen 6 Ob 22/21k, 6 Ob 23/21g, 6 Ob 38/21p und 6 Ob 39/21k die von den Revisionswerbern im vorliegenden Verfahren angestrebte Auslegung nicht stützen.
[3] Da die ein Entsendungsrecht verneinende Vertragsauslegung durch die Vorinstanzen mit der Entscheidung 6 Ob 42/22b im Einklang steht, vermag die in der außerordentlichen Revision der Nebenintervenientin aufgeworfene Frage der Zulässigkeit von Entsendungsrechten einzelner Gesellschafter mangels Präjudizialität keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gemäß § 502 Abs 1 ZPO zu begründen (vgl RS0088931 [T2]).
[4] 2. Soweit der Beklagte die Nichtigkeit des Verfahrens wegen unwirksamer Vertretung der Klägerin geltend macht, kann auch dazu auf die bereits in der Entscheidung 6 Ob 42/22b (Rz 17) getätigten Ausführungen verwiesen werden. Auch im vorliegenden Verfahren liegen weder objektive Anzeichen für einen Interessenkonflikt zwischen der Klägerin und ihrer (nicht am Verfahren beteiligten) Mehrheitsgesellschafterin noch eine Doppelvertretung oder Vertretung einer Partei durch ihren Gegner vor.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2023:0060OB00189.22W.0125.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-67152