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OGH 03.07.2024, 3Ob91/24i

OGH 03.07.2024, 3Ob91/24i

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

Rechtssatz


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Norm
RS0134878
Wurde das Simultanpfandrecht vorzeitig gelöscht, ist die Ersatzhypothek im laufenden Rang einzutragen.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei G* eGen.m.b.H., *, vertreten durch Mag. Lucas Mäntler, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei M*, wegen 236.250 EUR sA, hier wegen Einverleibung einer Ersatzhypothek, über die Revisionsrekurse der betreibenden Partei und der Einschreiter K* und B*, beide vertreten durch Mag. Christian Hirsch, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom , GZ 17 R 149/23t-50, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom , GZ 28 E 1010/21m-47, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerber haben die Kosten ihrer Rechtsmittel jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1] Die Betreibende führte gegen den Verpflichteten zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 236.250 EUR sA Exekution durch Zwangsversteigerung des Drittelanteils des Verpflichteten an einer Liegenschaft. Der Miteigentumsanteil wurde der Bestbieterin um das Meistbot von 581.600 EUR zugeschlagen.

[2] Die beiden Einschreiter waren und sind ebenfalls jeweils Dritteleigentümer dieser Liegenschaft. Sowohl bei Bewilligung der Zwangsversteigerung als auch bei Zuschlagserteilung und zum Zeitpunkt der Verteilungstagsatzung waren im Lastenblatt der Liegenschaft im Rang vor der Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens lediglich zwei (sich auf die gesamte Liegenschaft beziehende) Höchstbetragspfandrechte zugunsten einer Bank (im Folgenden: Pfandgläubigerin) einverleibt, und zwar zu C-LNr 8 im Höchstbetrag von 700.000 EUR und zu C-LNr 10 im Höchstbetrag von 50.000 EUR.

[3] Mit Beschluss vom verteilte das Erstgericht das Meistbot dahin, dass es das Kapital und die Meistbotszinsen der Pfandgläubigerin auf die in C-LNr 8 einverleibte und mit 671.015,34 EUR an Kapital und 3.751,78 EUR an Zinsen angemeldete Forderung zur (teilweisen) Berichtigung durch Barzahlung zuwies.

[4] Aufgrund des in der Verteilungstagsatzung gestellten Antrags der Betreibenden stellte das Erstgericht mit Beschluss vom den der Betreibenden analog § 222 Abs 3 und 4 EO zur Deckung ihres infolge der unverhältnismäßigen Befriedigung der Pfandforderung der Pfandgläubigerin erlittenen Ausfalls bei Versteigerung des Miteigentumsanteils des Verpflichteten gebührenden Ersatzanspruch mit 157.500 EUR sA im Rang C-LNr 8 fest.

[5] Das Rekursgericht gab dem von den Einschreitern dagegen erhobenen Rekurs nicht Folge.

[6] Noch vor Fällung der Rekursentscheidung bewilligte das Erstgericht mit Beschluss vom den Antrag der Ersteherin auf Einverleibung ihres Eigentumsrechts am Miteigentumsanteil des Verpflichteten und auf Löschung des Pfandrechts C-LNr 8 sowie auf Löschung der Anmerkung der Zuschlagserteilung und der Einleitung des Versteigerungsverfahrens zugunsten der Betreibenden.

[7] In der Folge wurden – ebenfalls vor Rechtskraft des Feststellungsbeschlusses des Erstgerichts – vom Grundbuchsgericht im Lastenblatt der Liegenschaft zwei Höchstbetragspfandrechte im Höchstbetrag von 385.000 EUR und 380.000 EUR für zwei andere Banken einverleibt.

[8] Nach Rechtskraft des Feststellungsbeschlusses stellte die Betreibende am den Antrag auf Einverleibung einer Ersatzhypothek in Höhe von 157.500 EUR „im Rang C-LNr 8a“.

[9] Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, das seinerzeit zu C-LNr 8a einverleibte Pfandrecht sei bereits am gelöscht worden, sodass keine Hypothek der seinerzeitigen Pfandgläubigerin mehr vorhanden sei, in deren Rang die Ersatzhypothek verbücherte werden könnte.

[10] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Betreibenden teilweise Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass es die Einverleibung der Ersatzhypothek im Rang der Anmerkung der Abweisung des Einverleibungsgesuchs bewilligte, während es das Mehrbegehren auf Einverleibung im Rang der (bereits gelöschten) C-LNr 8a abwies. Die Ersatzhypothek sei gleichzeitig mit der Löschung der Forderung des befriedigten Simultanpfandgläubigers einzutragen. Die Löschung sei eine Voraussetzung für „das Entstehen“ (gemeint: die Eintragung) der Ersatzhypothek. Infolge Löschung des Simultanpfandrechts bereits nach Bestimmung der Ersatzforderung könne die Ersatzhypothek nur mehr im laufenden Rang bewilligt werden.

[11] Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und ließ den Revisionsrekurs zur Frage zu, ob im Fall der vorherigen Löschung eine Ersatzhypothek als minus im laufenden Rang einzuverleiben sei.

[12] Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse der betreibenden Partei mit dem Antrag auf Einverleibung der Ersatzhypothek im Rang C-LNr 8a und der Einschreiter mit dem Antrag auf gänzliche Abweisung des Antrags auf Einverleibung einer Ersatzhypothek.

Rechtliche Beurteilung

[13] Die Revisionsrekurse sind zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.

[14] 1. Im Fall des Bestehens einer Simultanhypothek ist der Pfandgläubiger gemäß § 15 Abs 2 GBG berechtigt, die Bezahlung der ganzen Forderung aus jeder einzelnen Pfandsache zu verlangen. § 222 EO gewährt allerdings den ihm im Rang nachgehenden Pfandgläubigern (den „nachstehenden Berechtigten“) Ersatzansprüche. Werden nicht sämtliche mithaftenden Liegenschaften versteigert, sind der Berechnung dieses Ersatzanspruchs gemäß § 222 Abs 4 EO die Einheitswerte sämtlicher ungeteilt haftender Liegenschaften zugrunde zu legen. Der Ersatzanspruch der nachstehenden Berechtigten ist in diesem Fall zu deren Gunsten auf den nicht versteigerten, mitverhafteten Liegenschaften in der Rangordnung der ganz oder teilweise getilgten und gleichzeitig zu löschenden Forderung des befriedigten Simultanpfandgläubigers einzuverleiben. Auch im – hier vorliegenden – Fall der Zwangsversteigerung einzelner Anteile einer einheitlich belasteten Liegenschaft ist nach § 222 EO vorzugehen (vgl RS0003565).

[15] 2. Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Einräumung einer Ersatzhypothek iSd § 222 Abs 4 EO ist der Umstand, dass ein nachfolgender Buchberechtigter bei Verteilung des Erlöses einer Pfandsache infolge unverhältnismäßiger Befriedigung eines vorrangigen Gläubigers nichts (oder nicht soviel) erhalten hat, obwohl er bei verhältnismäßiger Befriedigung der ihm im Rang vorausgehenden Gläubiger aus allen diesen Gläubigern zur Verfügung stehenden Pfandobjekten zum Zug gekommen wäre (RS0003583 [T1]).

[16] 3. Die Höhe des der Betreibenden zustehenden Ersatzanspruchs wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Erstgerichts vom für das weitere Verfahren bindend festgestellt. Auf die Ausführungen der Einschreiter, wonach der Berechnung des der Betreibenden gebührenden Ersatzes nicht die Miteigentumsquote, sondern die Einheitswerte der Liegenschaftsanteile zugrunde zu legen gewesen wären, ist daher nicht mehr einzugehen (siehe zu ideellen Miteigentumsanteilen Thunhart in Garber/Simotta, EO § 222 Rz 8; 3 Ob 68/80 SZ 53/105).

[17] 4. Die Eintragung einer Ersatzhypothek setzt die gleichzeitige zumindest teilweise Löschung des Simultanpfandrechts von den nicht versteigerten Liegenschaften (bzw hier Liegenschaftsanteilen), auf denen die Ersatzhypothek eingetragen werden soll, voraus (3 Ob 172/02v = RS0003511 [T1]).

[18] 5. Der Betreibenden ist zwar dahin zuzustimmen, dass die Löschung des Pfandrechts C-LNr 8 zum damaligen Zeitpunkt (vor Rechtskraft des Feststellungsbeschlusses und damit vor Entstehen der Möglichkeit, die Einverleibung der Ersatzhypothek in diesem Rang zu beantragen) unzulässig war (vgl Thunhart in Garber/Simotta, EO § 222 Rz 13); dieser Umstand kann allerdings nichts daran ändern, dass die Löschung dennoch bewilligt und vollzogen wurde, folglich eine Einverleibung der Ersatzhypothek im Rang C-LNr 8 nunmehr unmöglich ist. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass der erstgerichtliche Beschluss, mit dem (unter anderem) die Einverleibung der Löschung des Pfandrechts bewilligt wurde, auch der Betreibenden zugestellt, von dieser allerdings nicht bekämpft wurde.

[19] 6. Wurde das Simultanpfandrecht – wie hier – vorzeitig gelöscht, hat dies entgegen der Ansicht der Einschreiter aber auch nicht zur Folge, dass eine Einverleibung der Ersatzhypothek überhaupt ausgeschlossen wäre. Vielmehr ist sie im laufenden Rang einzutragen (Thunhart in Garber/Simotta, EO § 222 Rz 13 mwN; Markowetz in Deixler-Hübner, EO § 222 Rz 18a).

[20] 7. Beiden Rechtsmitteln ist daher ein Erfolg zu versagen.

[21] Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO iVm § 78 EO.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2024:0030OB00091.24I.0703.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-66835