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OGH 28.02.2024, 3Ob29/24x

OGH 28.02.2024, 3Ob29/24x

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Provisorialsache der gefährdeten Partei L*, vertreten durch Giesinger, Ender, Eberle & Partner Rechtsanwälte OG in Feldkirch, gegen den Gegner der gefährdeten Partei R*, vertreten durch Mag. Bernhard Schwendinger, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen einstweiligen Ehegattenunterhalts, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom , GZ 2 R 300/23t-34, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Das Rekursgericht hat die – im Rekurs irrig als „Aktenwidrigkeit“ bezeichnete – Beweisrüge des Antragsgegners mit der zutreffenden Begründung inhaltlich nicht überprüft, dass im Provisorialverfahren eine Überprüfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts insoweit ausgeschlossen ist, als es den Sachverhalt aufgrund vor ihm abgelegter Zeugen- oder Parteienaussagen als bescheinigt angenommen hat (vgl RS0012391). Anderes gilt nur, wenn das Erstgericht seine Feststellungen ausschließlich aufgrund von Urkunden getroffen hat (vgl 4 Ob 15/99f mwN = RS0012391 [T3]), was hier aber nicht der Fall war.

[2] 2. Gemäß § 94 Abs 2 Satz 2 ABGB steht dem bisher haushaltsführenden Ehegatten nach Aufhebung des gemeinsamen Haushalts ein Unterhaltsanspruch dann nicht mehr zu, wenn dessen Geltendmachung, besonders wegen der Gründe, die zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts geführt haben, ein Missbrauch des Rechts wäre.

[3] 3. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Unterhaltsverwirkung nur in besonders krassen Fällen gerechtfertigt, weil dann die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs wegen des Verhaltens des unterhaltsberechtigten Ehegatten grob unbillig erschiene (vgl RS0009759). Von einer solchen Unbilligkeit kann aber bei beiderseitigem Verschulden nicht gesprochen werden (RS0009759 [T32]). Ein Verlassen der Haushaltsgemeinschaft führt nur dann zur Unterhaltsverwirkung nach § 94 Abs 2 ABGB, wenn es grundlos, also ohne objektiven Grund, erfolgte (vgl 6 Ob 186/09k mwN = RS0009759 [T24]).

[4] 4.1. Ob das konkrete Verhalten eines Ehegatten als Rechtsmissbrauch im Sinn des § 94 Abs 2 Satz 2 ABGB zu qualifizieren ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls und begründet im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage (RS0009759 [T13]).

[5] 4.2. Nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt haben die Parteien niemals einen einzigen gemeinsamen Wohnsitz gehabt, vielmehr hatte jeder von ihnen den Hauptwohnsitz im eigenen Haus und einen Nebenwohnsitz im Haus des anderen, wobei die Klägerin rund die Hälfte der Woche in ihrem Haus und die übrige Zeit im Haus des Antragsgegners verbrachte. Nachdem es schon zumindest sieben Monate lang regelmäßig zu Streitigkeiten gekommen war, die die Antragstellerin psychisch belasteten (sie weinte „wochenweise“ bei jeder Diskussion zwischen den Parteien), erklärte sie dem Antragsgegner anlässlich eines neuerlichen Streits, dass die Beziehung für sie so nicht mehr tragbar sei und man sich überlegen solle, ob man sich nicht trennen wolle. Der Antragsgegner erklärte zwar, dass er nicht wolle, dass sie gehe, hielt sie aber auch nicht zurück, sondern brachte sie und die gemeinsame Tochter, obwohl die Antragstellerin angeboten hatte, noch einen Abend in seinem Haus zu bleiben, sogleich mit dem Auto zu ihrem Haus, wo die Ehegatten einander jeweils die Schlüssel zum Haus des anderen zurückgaben. In der Folge erklärte der Antragsgegner zwar gegenüber der Antragstellerin, dass sie es doch wieder miteinander probieren sollten, verhielt sich allerdings teilweise abweisend ihr gegenüber und erklärte, dass er sich keine besondere Mühe geben werde, dass sie zurückkomme.

[6] 4.3. Ausgehend davon ist in der Verneinung einer Unterhaltsverwirkung durch die Vorinstanzen keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2024:0030OB00029.24X.0228.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-66797