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OGH 06.09.2023, 3Ob148/23w

OGH 06.09.2023, 3Ob148/23w

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. med.univ. E*, vertreten durch Dr. Bernhard Fink und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei Dr. C*, MSc, *, vertreten durch Univ.-Prof. Dr. Gernot Murko und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 33/23x-14, womit das Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom , GZ 6 C 10/22v-10, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.000,75 EUR (hierin enthalten 166,79 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen wiesen die Oppositionsklage, mit der der Kläger das Erlöschen der betriebenen Forderung infolge Aufrechnung behauptet, ab.

[2] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision im Hinblick auf die Entscheidung 3 Ob 116/18g zu, weil sich aus dieser allenfalls ableiten lassen könnte, dass die Aufrechnung auch dann einen tauglichen Oppositionsgrund darstelle, wenn die Aufrechnungserklärung zwar schon im Titelverfahren möglich gewesen wäre, eine solche aber erst nach Beendigung des Titelverfahrens erfolgt sei.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die Revision des Klägers ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

[4] 1. Vorauszuschicken ist, dass entgegen der vom Beklagten in seiner Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht die Beschwer des Klägers nicht dadurch weggefallen ist, dass die Anlassexekution nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO eingestellt wurde, weil der Kläger noch immer ein Feststellungsinteresse wegen der Möglichkeit der Rückforderung von bereits exekutiv hereingebrachten Beträgen hat (vgl 3 Ob 150/03k; 3 Ob 44/10g je mwN).

[5] 2. Gemäß § 35 Abs 1 EO können gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde, im Zuge des Exekutionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrundeliegenden Exekutionstitels eingetreten sind. Falls jedoch dieser Exekutionstitel in einer gerichtlichen Entscheidung besteht, ist der Zeitpunkt maßgebend, bis zu welchem der Verpflichtete von den bezüglichen Tatsachen im vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren wirksam Gebrauch machen konnte.

[6] 3. Nach ständiger Rechtsprechung bildet die Aufrechnung mit einer Gegenforderung nur dann einen tauglichen Oppositionsklagegrund, wenn deren Geltendmachung im Titelprozess aus objektiven Gründen (noch) nicht möglich war, etwa wenn die Aufrechnungslage erst nach dem gemäß § 35 Abs 1 EO maßgebenden Zeitpunkt eingetreten ist; hätte hingegen das Gestaltungsrecht bereits im Titelprozess eingewendet werden können, kann die (nach Schaffung des Titels erfolgte) Aufrechnung nicht mehr erfolgreich mit Oppositionsklage geltend gemacht werden (vgl 3 Ob 115/04i; 3 Ob 290/05a; 3 Ob 6/11w je mwN; RS0000786).

[7] 4. An dieser Rechtsprechung hat der Oberste Gerichtshof trotz der (auch in der Revision zitierten) im Schrifttum geäußerten Kritik festgehalten (vgl nur 3 Ob 3/97f und 3 Ob 290/05a je mwN). Tragende Begründung dafür ist, dass es nicht in das Belieben des Klägers gestellt sein kann, sich im Oppositionsprozess darauf zu berufen, dass er (erst) nach Entstehung des Titels die Kompensationserklärung abgegeben habe. Wäre es zulässig, dass der Verpflichtete die Oppositionsklage aufgrund einer, gleichgültig wann, entstandenen Gegenforderung erhebt, so wäre dadurch in vielen Fällen die Möglichkeit einer mutwilligen Verschleppung der Exekutionsführung gegeben. Der Verpflichtete muss deshalb seine Kompensationsansprüche bereits im Titelverfahren geltend machen, sofern er dies kann. Der Normzweck des § 35 EO, nur in bestimmten Fällen die Möglichkeit von Einwendungen gegen den betriebenen Anspruch einzuräumen, schließt die Ausübung des Gestaltungsrechts der Aufrechnung aus, wenn diese dem Oppositionskläger bereits im Titelverfahren möglich gewesen wäre (vgl 3 Ob 3/97f mwN).

[8] 5. Auch aus der vom Kläger ins Treffen geführten Entscheidung 3 Ob 116/18g ist für ihn nichts zu gewinnen. Dass der Oberste Gerichtshof darin festhielt, es komme für die Wirksamkeit einer Aufrechnung auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung an, lässt nämlich keineswegs den Schluss zu, er hätte damit zum Ausdruck bringen wollen, dass auch die erst nach Titelschaffung erklärte Aufrechnung mit einer Gegenforderung, die bereits im Titelverfahren compensando eingewendet werden hätte können, einen tauglichen Oppositionsgrund bilde.

[9] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2023:0030OB00148.23W.0906.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-66750