Suchen Hilfe
OGH 16.01.2024, 10ObS78/23b

OGH 16.01.2024, 10ObS78/23b

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
RS0134770
Eine wiederkehrende Leistung iSd § 77 Abs 2 ASGG liegt auch vor, wenn diese für einen bestimmten, auch vergangenen Zeitraum begehrt wird.
Norm
RS0134771
Mit dem in § 5a Abs 2 Satz 4 KBGG verwendeten Begriff der Bezugszeiträume sind nur Zeiten des tatsächlichen Bezugs von Kinderbetreuungsgeld, nicht jedoch Zeiten eines Ruhens desselben erfasst.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Nowotny als Vorsitzenden, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Mag. Schober sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Deimbacher (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Anton Starecek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei T*, vertreten durch Mag. Claus Marchl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Österreichische Gesundheitskasse, 1100 Wien, Wienerbergstraße 15–19, vertreten durch Dr. Anton Ehm, Dr. Simone Metz und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Kinderbetreuungsgeld, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Rs 101/22x-15, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 59 Cgs 67/22z-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei für den Zeitraum bis pauschales Kinderbetreuungsgeld für ihre am geborene Tochter K* in Höhe von 8.780,80 EUR binnen 14 Tagen nachzuzahlen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 609,67 EUR (darin 101,61 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 502,70 EUR (darin 83,78 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob und inwieweit eine nachträgliche Änderung von Zeiträumen, für die bereits pauschales Kinderbetreuungsgeld bezogen wurde, zulässig ist.

[2] Die Klägerin bezog aus Anlass der Geburt ihrer Zwillingstöchter N* und (der später geborenen) K* am pauschales Kinderbetreuungsgeld als Konto in der Variante 851 Tage ab der Geburt, konkret für die Zeit von bis (geplant) .

[3] Am erfuhr die Klägerin von einer weiteren Mehrlingsschwangerschaft; an diesem Tag trat deshalb ein individuelles Beschäftigungsverbot (§ 3 Abs 3 MSchG iVm § 2 Abs 1 Z 6 MSchV) und ein neuer Versicherungsfall der Mutterschaft ein, der zu einem Wochengeldbezug (in Höhe des bis dahin bezogenen pauschalen Kinderbetreuungsgeldes) sowie zum Ruhen des Kinderbetreuungsgeldbezugs führte. Am begehrte die Klägerin sodann, die Anspruchsdauer des pauschalen Kinderbetreuungsgeldes auf den Zeitraum von bis zu verkürzen. Am brachte die Klägerin erneut Zwillinge zur Welt.

[4] Mit Bescheid vom wies die beklagte Österreichische Gesundheitskasse den Antrag unter Hinweis auf § 5a Abs 2 Satz 4 KBGG ab.

[5] Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin, die Beklagte für den Zeitraum von bis (inklusive) zur Nachzahlung eines Differenzbetrags von 8.780,80 EUR an pauschalem Kinderbetreuungsgeld (448 Tage zu je 19,60 EUR) zu verpflichten. Sämtliche Voraussetzungen des § 5a Abs 2 KBGG lägen vor; insbesondere würden durch die begehrte Änderung der Anspruchsdauer vergangene Bezugszeiträume nicht nachträglich geändert. Aus dem Gesetz lasse sich auch nicht ableiten, dass die Anspruchsdauer während eines Ruhens des Kinderbetreuungsgeldbezugs nicht begehrt werden könne.

[6] Die Beklagte hielt dem entgegen, die angestrebte Änderung der Anspruchsdauer betreffe ausschließlich vergangene Bezugszeiträume. Abgesehen davon sei zur Antragstellung nur ein „beziehender Elternteil“ berechtigt, was auf die Klägerin, deren Anspruch infolge des Wochengeldbezugs (aufgrund der erneuten Schwangerschaft) geruht habe, nicht zutreffe.

[7] Das Erstgericht wies die Klage ab.

[8] Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Zwar beeinträchtige der Wochengeldbezug ab die Antragslegitimation der Klägerin nicht, weil ein Elternteil auch während Zeiten des Ruhens des Anspruchs als „beziehender Elternteil“ gelte, sofern das Ruhen in den von ihm beantragten (und gewährten) Anspruchszeitraum falle. Die Klägerin habe den Antrag auch innerhalb der ursprünglich beantragten Anspruchsdauer und noch mehr als 91 Tage vor deren Ablauf gestellt. Der Antrag sei aber nicht berechtigt, weil die begehrte Änderung darauf abziele, entgegen § 5a Abs 2 Satz 4 KBGG den bereits zurückliegenden Zeitraum zwischen und dem Tag der Antragstellung () zu verkürzen. Der Bewilligung des Antrags dahin, dass die Verkürzung der Anspruchsdauer bis bewilligt werde, stehe die Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen, weil die Beklagte über ein solches Begehren nicht entschieden habe.

[9] Die Revision ließ das Berufungsgericht nicht zu.

[10] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin, in der sie erkennbar begehrt, der Klage stattzugeben. Hilfsweise stellt sie auch Aufhebungsanträge.

[11] In der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[12] Die Revision ist zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof noch nicht mit der Möglichkeit der rückwirkenden Änderung der Anspruchsdauer nach § 5a Abs 2 KBGG befasst hat. Sie ist im Ergebnis auch berechtigt.

[13] 1. Voranzustellen ist, dass das Klagebegehren in erster Instanz dahin lautete festzustellen, dass sämtliche Voraussetzungen einer Änderung der Anspruchsdauer gemäß § 5a Abs 2 KBGG vorliegen und die Beklagte (demgemäß) zur Nachzahlung der sich daraus ergebenden Beträge von 8.780,80 EUR verpflichtet ist. Das Erstgericht interpretierte das – nachvollziehbar (vgl 10 ObS 50/23k [Rz 14 f]; RS0039021 [T16]; RS0038817 [T12]) – insgesamt als reines Leistungsbegehren und sprach auch bloß über ein solches ab. In ihrer Berufung beanstandete die Klägerin das nicht, sondern begehrte (nur mehr) den Zuspruch von 8.780,80 EUR. Vor diesem Hintergrund ist nur schwer nachvollziehbar, warum sie in der Revision die Feststellung anstrebt, ihr Änderungsantrag sei berechtigt. Der offensichtlich irrtümlich formulierte Revisionsantrag schadet im Anlassfall aber nicht, weil aus dem Rechtsmittel insgesamt ableitbar ist, dass die Klägerin weiterhin den Zuspruch der aus der Berechtigung des Änderungsantrags abgeleiteten Nachzahlung begehrt (vgl RS0043912 [T2]).

[14] 2. Im Revisionsverfahren ist nicht strittig, dass die formalen Voraussetzungen des § 5a Abs 2 Satz 1 KBGG erfüllt sind, es sich also um die erste Änderung handelt, die auch rechtzeitig beantragt wurde. Die Beklagte bezweifelt auch nicht mehr, dass die Klägerin ungeachtet des Ruhens ihres Anspruchs infolge des Bezugs von Wochengeld (§ 6 Abs 1 KBGG) antragslegitimiert war (vgl 10 ObS 110/22g). Im Übrigen halten die Parteien an ihren schon bisher vertretenen Standpunkten fest, dass § 5a Abs 2 Satz 4 KBGG die begehrte (rückwirkende) Änderung des Anspruchszeitraums ermögliche (Klägerin) bzw nicht zulasse (Beklagte).

[15] 3. Nach § 5a Abs 1 KBGG ist die Anspruchsdauer bei der erstmaligen Antragstellung verbindlich festzulegen. Nicht in Anspruch genommene Tage verfallen ausnahmslos. Eine spätere Änderung der Anspruchsdauer ist nach § 5a Abs 2 Satz 4 KBGG nur unter Einhaltung der Reziprozität und aller gesetzlichen Bedingungen möglich und sie ist ausgeschlossen, sofern dadurch vergangene Bezugszeiträume nachträglich geändert werden sollen.

[16] Der Wortlaut des § 5a Abs 2 Satz 4 KBGG unterscheidet somit zwischen der „Anspruchsdauer“ und dem „Bezugszeitraum“.

[17] 3.1. Was unter der Anspruchsdauer zu verstehen ist, ergibt sich aus § 5a Abs 1 KBGG und dem darin enthaltenen Verweis auf § 3 Abs 1 und 2 sowie § 5 Abs 1 und 2 KBGG. Demnach handelt es sich bei der Anspruchsdauer um die von den Eltern bei der ersten Antragstellung gewählte Kinderbetreuungsgeld-Variante, dh die Anzahl der Tage, für die Kinderbetreuungsgeld bezogen werden soll (Holzmann-Windhofer in Holzmann-Windhofer/Weißenböck, KBGG2 § 5 S 110; vgl auch ErläutRV 1110 BlgNR 25. GP 6 f; Holzmann-Windhofer, KBGG2 § 5 S 100 f).

[18] 3.2. Den Begriff Bezugszeitraum definiert § 5a KBGG hingegen nicht.

[19] 3.2.1. Grammatikalisch handelt es sich dabei um ein Kompositum, das sich in „Zeitraum des Bezugs“ auflösen lässt. Der reine Wortlaut gibt zwar keinen Aufschluss darüber, ob es sich dabei um einen tatsächlichen Bezug handeln muss, weil es sich sprachlich (theoretisch) sowohl um den Zeitraum handeln könnte, in dem Kinderbetreuungsgeld gewährt wurde, als auch um jenen, in dem Kinderbetreuungsgeld zu gewähren war. Im letztgenannten Fall hätte der Begriff aber keine eigenständige Bedeutung mehr, weil der Bezugszeitraum dann der Anspruchsdauer entspräche. Dem Gesetzgeber ist im Zweifel nicht zu unterstellen, für ein und denselben Begriffsinhalt zwei verschiedene Fachausdrücke zu verwenden. Es ist daher davon auszugehen, dass mit dem Begriff „Bezugszeitraum“ jener Zeitraum gemeint ist, in dem Kinderbetreuungsgeld tatsächlich bezogen wurde. Zeiten eines Ruhens wären davon somit nicht erfasst. Diese wären zwar Teil der „Anspruchsdauer“, weil das Ruhen lediglich die Leistungspflicht des Versicherungsträgers sistiert, den Anspruch auf die ruhende Leistung hingegen nicht tangiert (RS0083756; Atria in Sonntag, ASVG14 Vor §§ 89 ff Rz 1), aber kein „Bezugszeitraum“.

[20] 3.2.2. Das Ergebnis der Wortinterpretation wird auch durch den Zusammenhang, in dem der Begriff verwendet wird, bestätigt.

[21] Mit Ausnahme des § 17 KBGG wird er noch in den Übergangsbestimmungen der §§ 49, 50 KBGG gebraucht. Im Gegensatz zu Fällen, in denen auf bestimmte Geburtstermine abgestellt wird, geht es dabei vor allem um die Erhöhung von (Grenz-)Beträgen, die sich nicht auf den Grund des Anspruchs auswirken und (daher) während der laufenden Anspruchsdauer wirksam werden sollen. In diesem Zusammenhang ist der „Bezugszeitraum“ daher nichts anderes als ein Synonym für den Zeitraum, der mit dem Zeitpunkt, ab dem der erstmalige, laufende oder wieder beginnende Bezug von Kinderbetreuungsgeld einer neuen Regelung unterliegt, beginnt.

[22] 3.2.3. Anderes ergibt sich auch aus den von der Beklagten ins Treffen geführten Gesetzesmaterialien zu BGBl I 2016/53 nicht.

[23] Diese führen zu § 5a KBGG aus, dass eine Änderung der Gesamt-Anspruchsdauer – zur Vermeidung von Ungleichbehandlungen – immer rückwirkend ab der Geburt gilt und vergangene Bezugszeiträume nicht rückwirkend geändert, also nicht verschoben, verkürzt oder rückgängig gemacht werden können (ErläutRV 1110 BlgNR 25. GP 7). Daraus ergibt sich, dass die Änderung nur möglich sein soll, wenn sich lediglich der Tagsatz ändert, die Bezugstage hingegen unverändert bleiben (Holzmann-Windhofer KBGG2 112). Das ist hier der Fall.

[24] Es ergeben sich auch keine Hinweise dafür, dass die vorliegende Änderung dem mit § 5a Abs 2 KBGG verfolgten Ziel widerspricht. Erklärter Wille des Gesetzgebers bei Umwandlung der Pauschalvarianten in ein Kinderbetreuungsgeld-Konto mit der Novelle BGBl I 2016/53 war es, Eltern die Möglichkeit zu geben, die Dauer des Leistungsbezugs flexibel an ihre individuelle Lebens-, Berufs- und Einkunftssituation sowie ihre Zukunftspläne anzupassen (ErläutRV 1110 BlgNR 25. GP 1). Dieses Bestreben liegt auch der Schaffung der Möglichkeit einer nachträglichen Änderung des Anspruchsdauer zugrunde (vgl 10 ObS 47/21s [Rz 14]). Wenn die Klägerin daher versucht, die Anspruchsdauer an die durch die erneute Zwillingsschwangerschaft eingetretene (neue) Situation anzupassen, steht das nicht im Gegensatz zu den mit § 5a Abs 2 KBGG verfolgten Zielen.

[25] 4. Vor diesem Hintergrund führt die am begehrte Änderung der Anspruchsdauer zu keiner nachträglichen Änderung vergangener Bezugszeiträume, weil diese mit Ablauf des infolge des ab (gemäß § 3 Abs 3 MSchG iVm § 2 Abs 1 Z 6 MSchV) geltenden Beschäftigungsverbots, Bezugs von Wochengeld und Ruhens des Kinderbetreuungsgeldbezugs endeten.

[26] 5. Das Ergebnis der vorstehenden Erwägungen wird folgendermaßen zusammengefasst: Mit dem in § 5a Abs 2 Satz 4 KBGG verwendeten Begriff der Bezugszeiträume sind nur Zeiten des tatsächlichen Bezugs von Kinderbetreuungsgeld, nicht jedoch Zeiten eines Ruhens desselben erfasst.

[27] 6. Insgesamt erweist sich das Änderungsbegehren daher als berechtigt, was nach § 5a Abs 2 Satz 5 KBGG zur Neuberechnung des Tagsatzes und – aufgrund der Verkürzung der Anspruchsdauer – einem Nachzahlungsanspruch der Klägerin führt. Auch wenn die Vorinstanzen dazu keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen haben, ist die Sache spruchreif, weil die Beklagte die Höhe des Klagebegehrens bzw die ihm zugrunde liegende Berechnung der Klägerin nicht bestritten hat.

[28] Der Revision ist daher Folge zu geben und die Beklagte zur Nachzahlung der unstrittigen 8.780,80 EUR an pauschalem Kinderbetreuungsgeld zu verpflichten.

[29] 7. Im Verfahren erster Instanz wurden keine Kosten verzeichnet. Die Kostenentscheidung für das Rechtsmittelverfahren beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Kinderbetreuungsgeld ist eine wiederkehrende Leistung iSd § 77 Abs 2 ASGG (vgl 10 ObS 55/23w; 10 ObS 190/21w ua). Dass diese nur für einen bestimmten, auch vergangenen Zeitraum begehrt wird, ändert daran nichts (Obermaier, Kostenhandbuch3 Rz 1.501). Die Bemessungsgrundlage beträgt daher auch für das Berufungsverfahren 3.600 EUR.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Nowotny als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Mag. Schober als weitere Richter (Senat gemäß § 11a Abs 3 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei T*, vertreten durch Mag. Claus Marchl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Österreichische Gesundheitskasse, 1100 Wien, Wienerbergstraße 15–19, vertreten durch Dr. Anton Ehm, Dr. Simone Metz und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Kinderbetreuungsgeld, über den Berichtigungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Berichtigungsantrag vom wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Mit Urteil vom gab der Oberste Gerichtshof zu 10 ObS 78/23b der Revision der Klägerin Folge und verpflichtete die beklagte Österreichische Gesundheitskasse, der Klägerin 8.780,80 EUR an pauschalem Kinderbetreuungsgeld nachzuzahlen.

[2] Mit der als Berichtigungsantrag zu wertenden „Anregung“ begehrt die Beklagte, dieses Urteil dahin zu berichtigen, dass sie nur zur Zahlung eines Betrags von 7.114,80 EUR verpflichtet werden möge. Wenn der Oberste Gerichtshof darin ausführe, der begehrte Betrag sei unstrittig, habe er offensichtlich übersehen, dass sie das Klagebegehren sehr wohl auch der Höhe nach bestritten habe.

[3] Der Antrag ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die Urteilsberichtigung nach § 419 ZPO ist zulässig, wenn das, was ausgesprochen wurde, offensichtlich nicht dem Willen des Gerichts zur Zeit der Fällung der Entscheidung entsprochen hat (RS0041418). Der Berichtigung zugänglich sind daher nur solche „offenbaren Unrichtigkeiten“, die nicht den Inhalt des Entscheidungswillens, sondern nur die Wiedergabe des zur Zeit der Entscheidung bestehenden Entscheidungswillens nach außen betreffen (RS0041519 [T3]; RS0041489). Decken sich hingegen Wille und Erklärung des Gerichts, kommt eine Berichtigung nicht in Betracht (RS0041519 [T4]; RS0041517).

[5] Mit ihrem Antrag strebt die Beklagte in Wahrheit keine Berichtigung von Fehlern iSd § 419 ZPO, sondern eine inhaltliche Korrektur des Urteils vom an. Abgesehen davon, dass die Urteilsberichtigung dafür nicht vorgesehen ist, weicht der Antrag auch vom Akteninhalt ab: Die Beklagte hat zwar in ihrer Klagebeantwortung das auf „Leistung im gesetzlichen Ausmaß“ gerichtete Begehren und das Vorbringen der damals unvertretenen Klägerin bestritten sowie ihrerseits vorgebracht, die Klägerin habe im Anspruchszeitraum Wochengeld bezogen. Das in der Folge von der (qualifiziert vertretenen) Klägerin ziffernmäßig bestimmt formulierte Klagebegehren und die diesem zugrundeliegende detaillierte Berechnung (vgl ON 6) hat sie aber nicht einmal formal bestritten; sie hat auch kein darauf bezogenes Gegenvorbringen erstattet (vgl ON 7).

[6] Der auf eine unzulässige inhaltliche Abänderung des Urteils vom abzielende Antrag war daher zurückzuweisen. Ein Verbesserungsverfahren wegen Fehlens der anwaltlichen Unterfertigung (vgl RS0005946; RS0120029) erübrigt sich.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2024:010OBS00078.23B.0116.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAF-66376