OGH 28.07.2022, 10Ob33/22h
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie den Hofrat Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin Dr. Faber und die Hofräte Mag. Schober und Dr. Annerl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Kinder 1. C*, geboren * 2009, und 2. D*, geboren * 2012, beide in Pflege und Erziehung der Mutter A*, beide vertreten durch das Land Steiermark als Kinder- und Jugendhilfeträger (Bezirkshauptmannschaft Leoben, Peter-Tunner-Straße 6, 8700 Leoben), dieses vertreten durch Dr. Arno Lerchbaumer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs der Kinder gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom , GZ 2 R 91/22i, 2 R 92/22m-22, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Leoben vom , GZ 2 Pu 82/17d-11 und 2 Pu 82/17d-12, teilweise abgeändert wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die Revisionsrekurswerber haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
[1] Mit vorab per Fax am und am im Original eingelangtem Antrag vom , beantragten die Kinder die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach § 4 Z 2 UVG in Richtsatzhöhe.
[2] Mit Beschlüssen vom (ON 11 und ON 12) gewährte das Erstgericht den Kindern jeweils von bis einen monatlichen Unterhaltsvorschuss in der jeweiligen Höhe nach § 6 Abs 2 UVG.
[3] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters, vertreten durch den bestellten Kurator, teilweise Folge und änderte die angefochtenen Beschlüsse dahin ab, dass es den Kindern die Unterhaltsvorschüsse erst ab gewährte. Den Kindern stünden Vorschüsse nach § 4 Z 2 UVG in Richtsatzhöhe zu, jedoch gemäß § 8 UVG erst mit dem Beginn des Monats, in dem der Antrag gestellt worden sei, was hier am der Fall gewesen sei, sodass eine Gewährung bereits am nicht in Betracht komme.
[4] Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs nachträglich zu, weil die Anträge fristwahrend am per Fax eingebracht worden seien und das Rekursgericht somit aufgrund eines Versehens von einer unrichtigen Tatsachengrundlage ausgegangen sei.
[5] Gegen diese Entscheidung richtet sich der – vom Rekursgericht nachträglich zugelassene – Revisionsrekurs der Kinder, mit dem Antrag auf gänzliche Stattgebung ihrer Anträge; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[6] Die anderen Parteien haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
[7] Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig und berechtigt.
[8] 1. Die Kinder führen im Revisionsrekurs aus, dass die Anträge bereits am per Fax eingebracht worden seien, sodass die Unterhaltsvorschüsse nach § 8 UVG ab zu gewähren seien. Die Ausführung des Rekursgerichts, dass die Anträge erst am beim Erstgericht eingelangt seien, sei aktenwidrig.
[9] 2. Dem ist zuzustimmen:
[10] 2.1. Nach § 8 UVG sind Vorschüsse welcher Art auch immer ausnahmslos vom Beginn des Antragsmonats an zu gewähren (RS0109037). Maßgebliches Datum der Antragstellung ist somit das Einlangen des Antrags bei Gericht (10 Ob 17/14v; 7 Ob 176/99d). Bei verbesserungsbedürftigen Anträgen kommt es (bei rechtzeitiger Erfüllung eines Verbesserungsauftrags oder bei Verbesserung aus eigenem) auf das ursprüngliche Einbringungsdatum an (10 Ob 17/14v; RS0129678).
[11] 2.2. Eingaben mittels Telefax sind auch im Außerstreitverfahren in analoger Anwendung des § 89 Abs 3 GOG iVm § 60 Geo zulässig und fristenwahrend, müssen jedoch durch Nachbringung der Originalunterschrift verbessert werden (Schneider in Schneider/Verweijen, AußStrG [2019] § 10 Rz 7; G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2 § 10 Rz 8). Im Fehlen der Unterschrift liegt ein Formgebrechen, das durch Verbesserung zu beseitigen ist, wobei es keinen Unterschied macht, ob die Verbesserung aus eigenem Antrieb der Partei (durch Nachreichung eines Bestätigungsschriftsatzes innerhalb angemessener Frist) oder aufgrund eines gerichtlichen Auftrags erfolgt (RS0006955 [T9]).
[12] 2.3. Auch bei einem per Telefax eingebrachten Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gilt als Antragsdatum somit – bei anschließender rechtzeitiger Verbesserung, sei es aufgrund eines Verbesserungsauftrags, sei es aus eigenem – dasjenige, zu dem das Telefax bei Gericht eingelangt ist (Neumayr in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar5 [2019] § 8 UVG Rz 1).
[13] 2.4. Im vorliegenden Fall ist aktenkundig, dass die Anträge der Kinder per Fax am beim Erstgericht einlangten. Aufgrund des Einlangens der Bestätigungsschriftsätze einige Tage später wurden die Formgebrechen beseitigt, sodass die Anträge als noch im März eingebracht anzusehen sind. Daraus folgt nach § 8 UVG eine Gewährung der – ansonsten nicht strittigen – Unterhaltsvorschüsse bereits mit Beginn dieses Monats.
[14] 3. Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.
[15] 4. Im Unterhaltsvorschussverfahren findet kein Kostenersatz statt (§ 10a UVG).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2022:0100OB00033.22H.0728.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAF-66247