Kein Familienbeihilfenanspruch mangels entsprechendem Leistungsnachweis und wegen teilweiser Erlöschung der Zulassung zum Studium
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum 04/2021 - 04/2022, für den Sohn ***1***, SVNR ***2***, SVNR Bf ***3***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde von der Beschwerdeführerin (Bf) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ihren Sohn ***1*** für den Zeitraum 04/2021 bis 04/2022 zurückgefordert, da der Sohn keinen entsprechenden Studienerfolg nachweisen konnte bzw. auch nicht durchgehend für ein Studium gemeldet war.
Aufgrund § 15 FLAG 1967 (Covid-Weitergewährung) wurde die Familienbeihilfe noch bis 03/2021 gewährt.
Gegen die Rückforderung wurde Beschwerde vom eingebracht und auf die verletzungsbedingten Ausfälle des Sohnes (Operationen nach ***4***stürzen) hingewiesen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen mit dem Hinweis auf nicht erbrachte Nachweise hinsichtlich eines ernsthaften Studiums.
Die Bf brachte einen Vorlageantrag vom ein:
"Zum Nachweis des ernsthaften und zielstrebigen Studiums für ***1*** sowie der berücksichtigungswürdigen Umstände (zweimalige schwere Verletzungen mit Langzeitfolgen, Einberufung zum Bundesheer, Aufhebung der Einberufung, Inskription aufgrund Deadline der Einschreibefrist nachträglich nicht möglich daher außerordentlicher Zuhörer mit online Kursen/Prüfungen, neuerliche Einberufung, abgeleisteten Präsenzdienst, Studiennachweise) werden die der Beschwerde zu Grunde liegenden Unterlagen aufgrund des großen Umfanges per Post nachgereicht. Zahlreiche Unterlagen wurden bereits 2 mal beim Finanzamt …. abgegeben, welche sich jedoch nicht vollständig im Akt vorfinden. Um Durchsicht und Prüfung sämtlicher Unterlagen wird höflich ersucht."
Es folgte die Vorlage umfangreicher Unterlagen wie Arztbriefe, Einberufungsbefehle zum Wehrdienst, Studienbestätigungen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Sohn der Bf ist am ***7*** geboren.
Am legte er die Reifeprüfung ab. Er fährt professionell ***4***rennen.
Mit Wintersemester (WS) 2020/2021 wurde er zum Bachelorstudium ***5*** zugelassen. Für dieses Semester ist aus der Studiendatenübermittlung 1 ECTS ersichtlich.
Diese Zulassung erlosch mit .
Am hatte der Sohn (offenbar nach einem ***4***sturz) eine Operation am Ellbogen (OP).
Im Sommersemester (SS) 2021 erfolgte keine Inskription bzw. Fortsetzungsmeldung zum Studium.
Im WS 2021/2022 erfolgte wieder eine Studieninskription bis ohne ECTS-Erfolg.
Am erfolgte eine weitere Operation (Unterarmfraktur) nach einem ***4***sturz in ***6***.
Im SS 2022 erfolgte wiederum keine Fortsetzungsmeldung zum Studium.
Mit begann der Sohn den sechs Monate dauernden Wehrdienst.
Dieser war ursprünglich ab vorgesehen, musste aber aufgrund der Verletzung am Ellbogen mit nachfolgender OP verschoben werden.
Rückforderungszeitraum ist 04/2021-04/2022.
Die Rückforderung 05/2022-07/2022 wurde nicht beeinsprucht und ist daher rechtskräftig.
Der Abweisungsbescheid für den Zeitraum ab 10/2022 ist ebenfalls rechtskräftig, da kein Rechtsmittel eingebracht wurde.
Für den Sohn wurde Familienbeihilfe von 01/2014-03/2021 gewährt.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und dem elektronischen Familienbeihilfenakt FABIAN.
3. Rechtliche Beurteilung
Anspruch auf Familienbeihilfe haben gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 (StudFG), genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkteine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gilt die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.
Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Dies gilt nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 sinngemäß für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge.
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Beschwerdegegenständlich ist der Zeitraum 04/2021-04/2022.
Für den bereits volljährigen Sohn besteht nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn er sich in Berufsausbildung (zB als Student und nach Aufnahme als ordentlicher Hörer an einer Universität) befindet.
Der Sohn hat nach der Reifeprüfung mit dem Studium im WS 2020/2021 begonnen, befand sich daher im SS 2021 im zweiten und im WS 2021/2022 im dritten Semester.
Im SS 2021 war die Studienzulassung des Sohnes allerdings erloschen, da er es verabsäumte, sich weiter anzumelden.
Aufgrund des Einberufungsbefehles vom hätte er ab den Grundwehrdienst ableisten sollen. Aufgrund der Verletzung samt Operation am wurde die Wehrpflicht auf verschoben.
Dieser Umstand erklärt zwar, wieso im SS 2021 keine Fortsetzungsmeldung erfolgte.
Damit befand sich der Sohn im SS 2021 aber nicht in Berufsausbildung, da er kein ordentliches Studium betrieb.
Eine etwaige Teilnahme als außerordentlicher Hörer wie im Rechtsmittelverfahren vorgebracht (vom bis ) ist gegenständlich ebenfalls nicht als aufrechte Berufsausbildung zu werten, da auch dafür keinerlei Erfolgsnachweise welcher Art auch immer vorgelegt werden konnten, die später auf ein ordentliches Studium anrechenbar gewesen wären. Damit ist für die Phase der behaupteten bloßen Vorlesungsbesuche ohne Inskription keine aufrechte Berufsausbildung ableitbar.
Weiters ist aus der Studiendatenbank auch keine Zulassung als außerordentlicher Hörer erkennbar.
Der Sohn hat zwar ein Studium begonnen, im ersten Studienjahr aber nicht die erforderlichen Mindesterfordernisse von 16 ECTS (oder Gleichwertiges) nachgewiesen, damit er auch im zweiten Studienjahr Anspruch auf Familienbeihilfe gehabt hätte.
Im WS 2021/2022 sind außer der Inskription keinerlei studienrelevante Aktivitäten ersichtlich oder nachgewiesen, sodass von einem aufrecht betriebenen Studium nicht ausgegangen werden kann.
Wird über die Aufnahme als ordentlicher Hörer hinaus von vorneherein keinerlei Aktivität in Richtung eines Studiums gesetzt, liegt keine Berufsausbildung vor (vgl. , RS-3).
Zudem ist nach dem Sachverhalt und wie oben dargestellt ersichtlich, dass auch im SS 2022 keine Studienfortsetzungsmeldung erfolgte.
Vielmehr hat der Sohn professionell und hauptsächlich den ***4***sport betrieben, was auch miterklärt, dass er keinen entsprechenden Studienerfolg nachweisen konnte und es mit der Weiterinskription nicht so genau nahm.
Die verletzungsbedingten Operationen an den Armen, die mit wenigen Tagen stationärem Aufenthalt und längeren physiotherapeutischen Behandlungen verbunden waren, mögen ihn zwar für einige Zeit an der weiteren Ausübung seines Sportes gehindert und einen Aufschub der Wehrpflicht bewirkt haben, eine durchgehende mehrmonatige (zumindest drei Monate dauernde) Studienbehinderung lässt sich daraus aber nicht ableiten und würde ohnehin nur auf eine etwaige Verlängerung der Studienzeit Auswirkungen haben.
Mit begann der Sohn mit der Ableistung der Wehrpflicht, für welchen Zeitraum kein Familienbeihilfenanspruch besteht, und wofür ebenfalls zu Recht eine Rückforderung der Familienbeihilfe erfolgte.
Zu verweisen ist auch auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu den Anspruchsvoraussetzungen im Familienbeihilfenrecht iZm einem Studium, zuletzt :
"Das Studienjahr beginnt gemäß § 52 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, am 1. Oktober und endet am 30. September des Folgejahres.
Im Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0036, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Anspruch auf Weitergewährung der Familienbeihilfe ab jedem weiteren Studienjahr - nach dem ersten Studienjahr, für das anstatt eines Studiennachweises bereits die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung gilt - zufolge § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nur dann besteht, wenn für das vorhergehende Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird, womit für jedes Studienjahr - innerhalb der Fristen des § 61 UG - ein quantitativ genau definierter Studienerfolg zu erbringen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem bereits mehrmals ausgeführt, der Gesetzgeber habe dem Grundsatz, wonach Anspruchsvoraussetzungen im Familienbeihilfenrecht grundsätzlich ex ante zu prüfen sind, bei der Beurteilung der Anspruchsvoraussetzung des Studienerfolgs gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 dadurch Rechnung getragen, dass für die ersten beiden Semester die Aufnahme als ordentlicher Hörer ausreicht, ab dem zweiten Studienjahr aber der Studienerfolg des vergangenen Jahres für das jeweils folgende Jahr ausschlaggebend ist (vgl. Ra 2021/16/0076, mwN)."
Nach § 279 Abs. 1 BAO ist das Verwaltungsgericht berechtigt, hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen.
Da für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum kein Familienbeihilfenanspruch besteht, war spruchgemäß zu entscheiden und besteht die Rückzahlungsverpflichtung nach § 26 FLAG 1967 zu Recht.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Frage, ob eine aufrechte Berufsausbildung vorliegt, ist eine Sachverhaltsfrage, eine ordentliche Revision daher unzulässig.
Graz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 61 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 § 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100399.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
IAAAF-66218