Rückforderung Familienbeihilfe - Erkrankung vor Studienbeginn - Studienbehinderung durch Krankheit
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für das Kind ***1***, geb. ***4***, für den Zeitraum Mai 2021 bis September 2022, Ordnungsbegriff ***3***, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Das Finanzamt (FA) forderte mit Bescheid vom die Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für das Kind der Beschwerdeführerin (Bf.) ***1***, geb. ***4***, für den Zeitraum 05/2021 - 09/2022 zurück. Verwiesen wurde auf die §§ 26 Abs. 1, 2 Abs. 1 lit. b FLAG, 33 Abs. 3 EStG 1988 und darauf, dass die Tochter, die seit dem WS 2021/22 als ordentlich Studierende an der Universität Wien im Bachelorstudium Sprachwissenschaft gemeldet sei, bis dato keine Prüfung abgelegt habe. Es habe keine ernsthafte und zielstrebige Ausbildung festgestellt werden können.
Dagegen erhob die Bf. fristgerecht Beschwerde. Ihre Tochter habe im WS 2021 mit dem Bachelorstudium Sprachwissenschaft an der Universität Wien begonnen. Aus gesundheitlichen Gründen habe sie im ersten Studienjahr nicht den erforderlichen Leistungsnachweis erbringen können. Die Rückforderung stelle sich als unrichtig dar, weil bei ihrer Tochter eine zu berücksichtigende, psychische Erkrankung vorliege. Im Einzelnen führt die Bf. aus:
"Bei meiner Tochter ***1*** wurde bereits in der Schulzeit 2014 eine Depression diagnostiziert und sie musste zeitweise von der Schule krankgeschrieben werden. Seither ist sie auch medikamentös eingestellt. Im Sommer 2020 maturierte sie und absolvierte von Oktober 2020 bis März 2021 ein freiwilliges Soziales Jahr. Im März 2021 musste ***1*** stationär auf der Psychiatrie aufgenommen werden.
Ihr Studium begann sie zur Zeit des Corona-Lockdowns im Herbst 2021. Zu dieser Zeit wurden alle ihre Lehrveranstaltungen online abgehalten, was für sie enorme Belastung war. Seit Beginn ihres Studiums leidet sie unter starken depressiven Phasen und unter Angst-, Antriebs- und Aufmerksamkeitsstörungen, was das Studieren erheblich erschwert. Von Juni 2021 bis November 2022 war sie in psychiatrischer Behandlung (Beilage 3: Fachärztliche Bestätigung vom ).
Vorliegen eines ernsthaften und zielstrebigen Studiums:
Trotz krankheitsbedingter Einschränkung hat ***1*** mehrere Lehrveranstaltungen besucht und Mitschriften zur Prüfungsvorbereitung angefertigt. Sie besuchte die Lehrveranstaltung "Einführung in die allgemeine Sprachwissenschaft", "Einführung in die angewandte Sprachwissenschaft" und "Einführung in die Phonetik und Phonologie" und lernte dafür im Heimstudium (Beilage 4: Studiennachweise und Mitschriften)."
Nach auszugsweiser Zitierung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 hebt die Bf. hervor:
"Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß (...)"
"Das Gesetz sieht also in § 2 Abs 1 lit b letzter Satz FLAG ausdrücklich eine Berücksichtigung von Verlängerungsgründen, wie einer Erkrankung, beim Leistungsnachweis vor. Wie zuvor dargestellt, ist ***1*** eine zielstrebige und bemühte Studentin, die soweit es ihr Krankheitszustand zuließ, Lehrveranstaltungen besuchte und sich auf Prüfungen vorbereitete. Ihre volle Leistungskraft konnte sie aufgrund ihrer Erkrankung nicht ausschöpfen. Ihre Erkrankung ist bei der Beurteilung des Falles zu berücksichtigen.
Zur Rechtsfrage des ernsthaften und zielstrebigen Studierens liegt bereits einiges an zu beachtender Judikatur vor. Bei der Prüfung der Ernsthaftigkeit und der Zielstrebigkeit des Studierens sind mehrere Aspekte zu berücksichtigen, insbesondere nicht ausschließlich die durch positive Prüfungen erzielten Punkte.
Dass der Prüfungserfolg alleine für die Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit des Studiums nicht maßgeblich ist, hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bereits wiederholt ausgesprochen (siehe 90/14/0108 sowie 98/13/0042). Der Unabhängige Finanzsenat Graz hat in seiner Entscheidung vom zur Zahl RV/0129-G/07 ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium auch in einem Fall angenommen, in dem keinerlei Prüfungsantritt absolviert wurde. Auch das Bundesfinanzgericht geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium grundsätzlich auch ohne Absolvierung von Prüfungen möglich ist (siehe )."
Der von der Bf. beigelegte mit datierte Arztbrief hat folgenden maßgebenden Inhalt:
"Dauerdiagnosen:
F33 Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig
F40.1 Soziale Phobien
F60.3 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung
F90.0 Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung
Empfehlung:
Og. Patientin war von Juni 2021 bis November 2022 h.o. in fachärztlicher Behandlung. Der letzte persönliche Termin fand im März 2022 statt. Zu diesem Zeitpunkt wurde eine mögliche Verminderung der Erwerbsfähigkeit besprochen, da Patientin sich schnell überfordert zeigte, emotional instabil und chron. suizidal (allerdings zu diesem Zeitpunkt ausreichend distanziert von akuter Suizidalität).
Ein Notfallplan wurde erstellt und Skillsberatung dringend empfohlen. Im November 22 wurde ein Rezept ausgestellt, nachdem Patientin einen Arztbrief des AKH geschickt hat. Die Folgetermine wurden von der Patientin nicht eingehalten…"
Beigelegt wurden Mitschriften von Vorlesungen vom 8./9./ und 13./ sowie Studienzeitbestätigung hinsichtlich des Bachelorstudiums Astronomie (UA 033 661) für WS 2022, SS 2023 und das Bachelorstudium Sprachwissenschaft (UA 033 667) für WS 2021, SS 2022, WS 2022, SS 2023.
In Beantwortung des Vorhaltes verwies die Bf. am zunächst auf (o.a.) fachärztliche Bestätigung und wiederholt darauf, dass ihre Tochter von 06/2021 bis 11/2022 in fachärztlicher Behandlung gestanden und auch danach am ordentlichen Studieren beeinträchtigt gewesen sei. Hinsichtlich der Frage zu Haupt- und Nebenstudium hielt die Bf. fest, dass ***1*** im WS 2021 das Bachelorstudium Sprachwissenschaften begonnen und im WS 2022 auf das Nebenstudium Bachelorstudium Astronomie gewechselt habe. Mit WS 2023 werde ihre Tochter an der FH Innsbruck das Bachelorstudium Gebärdendolmetsch als Hauptstudium beginnen.
Beigelegt wurde eine Semesterbestätigung vom betreffend den FH-Bachelor-Studiengang-Gebärdensprachdolmetschen. Daraus geht hervor, dass die Tochter im WS 2023/24 als ordentliche Studierende gemeldet ist.
In Beantwortung eines weiteren Vorhaltes führte die Bf. im Schriftsatz vom aus, dass keine erhöhte Familienbeihilfe beantragt werde.
Hinsichtlich des ernsthaften und zielstrebigen Studiums sei festzuhalten, dass ihre Tochter zwar keine Prüfungen abgelegt habe. Sie habe aber trotz krankheitsbedingter Einschränkung mehrere Lehrveranstaltungen ("Einführung in die allgemeine Sprachwissenschaft", "Einführung in die Phonetik und Phonologie") besucht und dafür zu Hause gelernt. Dies sei durch Studiennachweise und Mitschriften belegt.
Weiters verweise sie auf die bereits in der Beschwerde dargelegte Judikatur. IZm einem ernsthaften und zielstrebigen Studieren sei nicht ausschließlich auf durch positive Prüfungen erzielte Punkte abzustellen. Es könne lt. Judikatur auch von einem ernsthaften und zielstrebigen Studium ausgegangen werden, wenn keine Prüfung abgelegt worden sei. Dies insbesondere dann, wenn eine schwere Erkrankung bei Studierenden vorliege.
Sie lege eine neue fachärztliche Bestätigung, datiert mit , vor. Daraus gehe hervor, dass ihre Tochter von WS 2021 bis inklusive WS 2022 aufgrund der Erkrankung am Studienfortschritt beeinträchtigt gewesen sei und deshalb keine positiven Studienleistungen habe erzielen können.
Was Haupt- und Nebenstudium betreffe, so habe ihre Tochter im WS 2021 das Bachelorstudium Sprachwissenschaft an der Universität Wien zu studieren begonnen und habe dieses Studium bis inklusive SS 2023 als Hauptstudium betrieben. Das Studium Astronomie sei lediglich ein Nebenstudium gewesen.
Im WS 2023 habe ihre Tochter das Hauptstudium gewechselt und studiere seither das Bachelorstudium Gebärdendolmetsch an der FH Innsbruck.
Im Arztbrief vom ist ausgeführt:
"Patient: ……..
Dauerdiagnosen:
F33.4 Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert
F40.1 Soziale Phobien
F60.3 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung
F90.0 Einfache Aktvitäts- und Aufmerksamkeitsstörung
Oben genannte Patientin war ho vom Juni 2021 bis November 2022 in fachärztlicher Behandlung. Es kann bestätigt werden, dass die Patientin während des Behandlungszeitraums einschließlich des Zeitraums vom WS 2021 bis WS 2022 durch eine depressive Störung in ihrer Leistungsfähigkeit massiv eingeschränkt und so in ihrem Fortkommen beim Studium gehindert war.
….Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin"
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde als unbegründet ab. Unter Verweis auf § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 begründete das FA die Abweisung damit, dass die Tochter im Hauptstudium den erforderlichen Studienerfolg nach dem ersten Studienjahr nicht beigebracht habe. Deshalb sei die Familienbeihilfe für den Zeitraum 05/2021 bis 09/2022 rückzufordern gewesen. Während des gesamten Zeitraumes seien keine Prüfungsantritte erfolgt. Der Umstand der Erkrankung sei für den Weiterbezug der Familienbeihilfe relevant gewesen, weil gesetzlich in derartigen Fällen eine Unterbrechung der Ausbildung vorgesehen sei. Die Erkrankung sei bereits vor Beginn des Studiums vorgelegen, somit können von keiner Unterbrechung ausgegangen werden.
Mit Schriftsatz vom beantragte die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).
Nach Darlegung des Verfahrensgangs führt die Bf. iR des Sachverhaltes aus, dass bei ihrer Tochter bereits in der Schulzeit 2014 eine Depression diagnostiziert und sie zeitweise von der Schule krankgeschrieben worden sei. Sie sei medikamentös eingestellt. Im Sommer 2020 habe sie maturiert und ein freiwilliges Soziales Jahr begonnen, das aber aufgrund der Erkrankung im März 2021 abgebrochen habe werden müssen. Ihre Tochter sei idF stationär auf der Kinder- und Jugendpsychiatrie aufgenommen worden.
Zu Studienbeginn 2021 habe es wieder einen Corona-Lockdown im Herbst 2021 gegeben. Sämtliche Lehrveranstaltungen seien online abgehalten worden, was eine enorme Belastung für ihre Tochter gewesen sei. Seit Studienbeginn leide sie weiterhin unter starken depressiven Phasen und unter Angst-, Antriebs- und Aufmerksamkeitsstörungen, was das Studium sehr erschwert habe. Von Juni 2021 bis November 2022 sei sie in psychiatrischer Behandlung gewesen; derzeit sei sie auf der Suche nach weiterer ärztlicher Betreuung.
In § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 seien ausdrücklich Verlängerungsgründe wie Erkrankungen vorgesehen. Ihre Tochter sei eine fleißige und zielstrebige Studentin, die soweit es ihr Krankheitszustand zulasse, Lehrveranstaltungen besuche und für Prüfungen gelernt habe. Die volle Leistungskraft habe aufgrund ihrer Erkrankung nicht ausgeschöpft werden können. Es sei die Erkrankung bei Beurteilung des Falles zu berücksichtigen.
Schließlich verweist die Bf. erneut auf die in der Beschwerde angeführte Judikatur und ergänzt, dass die Nichtberücksichtigung der Erkrankung der Tochter, weil diese schon vor Studienbeginn vorgelegen sei, rechtlich nicht korrekt sei und weder dem Gesetzeswortlaut noch dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung entspreche. Dies wäre eine klare Ungleichbehandlung von studierenden Kindern, die (kurz) vor dem Studium erkrankten gegenüber jenen, die erst (kurz) nach dem Studium erkrankten. Die Bf. verweist idZ auf Erkenntnisse des -6 und vom , 2010/16/0084.
Richtig sei, dass ihre Tochter im gegenständlichen Zeitraum keine Prüfungen im Hauptstudium abgelegt habe; dies sei aber ausschließlich auf ihre Erkrankung zurückzuführen. Sie habe bestmöglich auf ein Fortkommen im Studium hingewirkt, habe aber keine Leistungen erzielen können. Gegenüber gesunden Studienkollg_innen sei sie klar benachteiligt. Diese Benachteiligung solle durch die genannte Gesetzesbestimmung abgefedert werden.
Sie stelle daher die Anträge,
den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und auszusprechen, dass die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag von 05/2021 - 09/2022 zustehe;
ihr die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag ab Oktober 2022 bis jetzt und laufend für die Tochter auszubezahlen;
allfällige Rechtwidrigkeiten, die nicht geltend gemacht worden seien, amtswegig aufzugreifen bzw. allenfalls einen Verbesserungsauftrag zu erteilen.
Dem Vorlageantrag beigelegt wurden erneut die Studienzeitbestätigungen für das Bachelorstudium Sprachwissenschaft für das WS 2021, SS 2022, WS 2022 und SS 2023, für das Bachelorstudium Astronomie für das WS 2022 und SS 2023, die fachärztliche Bestätigung vom , Vorlesungsmitschriften vom 9./ sowie Studienblätter der Universität Wien.
Das FA legte die Beschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Es beantragte die Abweisung der Beschwerde.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Tochter der Bf. ist am ***4*** geboren.
Von 10/2020 bis 03/2021 absolvierte sie ein freiwilliges Soziales Jahr. Krankheitsbedingt endete dies im März 2021.
Mit dem WS 2021 begann die Tochter der Bf. das Bachelorstudium Sprachwissenschaften (UA 033 667) an der Universität Wien. Mit WS 2022 begann sie mit dem Bachelorstudium Astronomie (UA 033 661) an der Universität Wien.
Im WS 2021 und SS 2022, somit im ersten und zweiten Semester, wurden im Bachelorstudium Sprachwissenschaften online Vorlesungen besucht; diesbezügliche Mitschriften vom 8./9. und liegen vor. Zu Prüfungen hat sich die Tochter der Bf. nicht angemeldet. Aufzeichnungen über Lern- oder Vorbereitungszeiten wurden nicht vorgelegt.
Das Bachelorstudium Sprachwissenschaften wurde mit SS 2023 abgebrochen.
Der Zulassungsstatus für beide Bachelorstudiengänge ist mit erloschen.
Die Tochter der Bf. leidet seit 2014 an einer psychischen Erkrankung. Sie ist in medikamentöser und zeitweilig in stationärer Behandlung. Im Einzelnen leidet sie an starken depressiven Phasen und unter Angst-, Antriebs- und Aufmerksamkeitsstörungen. Von Juni 2021 bis November 2022 war ***1*** in psychiatrischer Behandlung. Ärztlich wurde bestätigt, dass sie im Behandlungszeitraum (WS 2021 bis WS 2022) in ihrer Leistungsfähigkeit massiv eingeschränkt und deshalb im "Fortkommen" beim Studium gehindert war.
2. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den von der belangten Behörde vorgelegten Akten sowie den Abfragen im Beihilfenprogramm der Finanzverwaltung (FABIAN).
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 lautet:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester… Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß….".
Nach § 2 Abs. 1 lit. l FLAG 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die am
aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BFGl. I Nr. 17/2012…teilnehmen;
§ 26 Abs 1 FLAG 1967 lautet:
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
§ 33 Abs 3 EStG 1988 lautet:
Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
Erwägungen:
In Streit steht die Rückforderung der Familienbeihilfe sowie des Kinderabsetzbetrages für Zeitraum 05/2021 - 09/2022.
Die Rückforderungstatbestände entsprechen mutatis mutandis den Anspruchstatbeständen. Fehlt im Rückforderungszeitraum eine Voraussetzung für einen Anspruchstatbestand, wurde aber dessen ungeachtet vom FA Familienbeihilfe ausbezahlt, hat eine Rückforderung zu erfolgen.
Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich aus den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. ).
Zeitraum 05/2021 - 09/2021
Die Tochter der Bf. hat mit 03/2021 das "Freiwillige Sozialjahr" krankheitsbedingt abgebrochen. Somit steht für den im Rückforderungsbescheid angeführten Zeitraum ab 05/2021 eine Familienbeihilfe (Kinderabsetzbeträge) nicht zu, weil der o.a. Anspruchstatbestand für den Bezug der Familienbeihilfe weggefallen ist und ein anderer Anspruchstatbestand nicht vorlag.
Zeitraum 10/2021 - 09/2022 (WS 2021 - SS 2022)
Besuch einer in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtung Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit
Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Weitere Voraussetzungen sind dem FLAG nicht zu entnehmen. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht, wenn für das vorhergehende Studienjahr die Ablegung von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Studienerfolgsnachweis ist erbracht, wenn im betriebenen Studium Prüfungen im erforderlichen Ausmaß positiv beurteilt wurden (vgl. Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, III). Der laut FLAG erforderliche Leistungsnachweis von 16 ECTS-Punkten orientiert sich an den acht Semesterstunden. Es handelt sich um etwas mehr als die Hälfte des für ein Semester festgelegten Aufwandes, der bei der Familienbeihilfe in Bezug auf ein ganzes Studienjahr gilt.
Bei einer Berufsausbildung im Rahmen eines Studiums, d.h. bei Besuch einer in § 3 Studienförderungsgesetz (StudFG) 1992 genannten Einrichtung, sind die Anspruchsvoraussetzungen nur dann erfüllt, wenn die im zweiten bis letzten Satz des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG näher festgelegten Voraussetzungen vorliegen. Nach dieser Bestimmung gelten die im StudFG 1992 angeführten Regelungen auch für die Gewährung der FB. Anspruch auf FB besteht daher nur dann, wenn nach § 16 StudFG 1992 ein günstiger Studienerfolg vorliegt. Ein günstiger Studienerfolg liegt vor, wenn der Studierende
1. sein Studium zielstrebig betreibt,
2. die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet und
3. Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorlegt (§§ 20 bis 25 StudFG).
Als Zeiten der "Berufsausbildung" im Sinne des FLAG können aber nur solche Zeiten gelten, in denen aus den objektiv erkennbaren Umständen darauf geschlossen werden kann, dass eine Ausbildung für den Beruf auch tatsächlich erfolgt ist. Das Vorliegen rein formaler Erfordernisse ist nicht ausreichend. Die Zulassung an einer Hochschule bzw. die Bestätigung über die Meldung zu einem Studium (vormals: Inskription) ist als reiner Formalakt nicht geeignet, eine Berufsausbildung im genannten Sinne nachzuweisen und somit den Anspruch auf die Familienbeihilfe zu begründen (, , sowie RV/0171-I/13).
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach judiziert, dass der Familienbeihilfenanspruch für volljährige Kinder zur Voraussetzung hat, dass das volljährige Kind in Berufsausbildung steht. Eine Berufsausbildung liegt dann vor, wenn der Studierende sich nach außen erkennbar ernstlich und zielstrebig um den Studienfortgang und den Studienabschluss bemüht. Ein derartiges Bemühen manifestiert sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur im laufenden Besuch der angebotenen Lehrveranstaltungen, sondern und insbesondere auch dadurch, dass die Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, abgelegt werden () bzw zu diesen zumindest angetreten wird ().
Alleine der laufende Besuch von Lehrveranstaltungen reicht somit nicht aus, um eine Berufsausbildung annehmen zu können (zB ). Das Ablegen von Prüfungen, die in einem Hochschulstudium nach der jeweiligen Studienordnung vorgesehen sind, stellt einen essentiellen Bestandteil des Studiums und somit der Berufsausbildung selbst dar ().
Es trifft zu, dass Studierenden im ersten Studienjahr eine Eingewöhnungsphase zugestanden wird, in der einerseits die Eignung für das gewählte Studium erforscht werden und andererseits eine Gewöhnung an den Studien- und Prüfungsbetrieb erfolgen kann.
Aus diesem Grund ist für die Beihilfengewährung ab dem zweiten Studienjahr auch nur der Nachweis eines minimal zu bezeichnenden Studienerfolges erforderlich. Daraus ergibt sich aber auch, dass das Studium selbst überhaupt betrieben werden muss. Wird das Studium überhaupt nicht (wenigstens ernsthaft) betrieben, sondern liegt nur eine rein formelle Fortsetzungsbestätigung vor, kann von einer Berufsausbildung nicht gesprochen werden (siehe auch ).
Es genügt nicht, wenn nicht durch Prüfungsantritte nachgewiesen wird, dass das Studium tatsächlich betrieben wird. Das Ablegen von Prüfungen, die in einem Hochschulstudium nach der jeweiligen Studienordnung vorgesehen sind, stellt einen essentiellen Bestandteil des Studiums und somit der Berufsausbildung selbst dar (, ).
Unter Bedachtnahme auf oa Rechtsprechung und auf die vorliegenden objektiven Umstände - dass zwar online Vorlesungen besucht wurden, aber lediglich Mitschriften über drei Vorlesungseinheiten vorliegen, dass es zu keiner Prüfungsaktivität nicht einmal in Form von Prüfungsanmeldungen gekommen ist, dass keinerlei Aufzeichnungen über Vorbereitungs- oder Lernzeiten vorgelegt wurden - ist im Beschwerdefall nicht von einer Ernsthaftigkeit und Zielgerichtetheit der Berufsausbildung für den Zeitraum WS 2021 und SS 2022 auszugehen. Es fehlen maßgebende studentische Aktivitäten wie z.B. das Anmelden zu und Antreten bei Prüfungen. Inwieweit letztere erfolgreich hätten sein müssen, sei dahingestellt, hat doch ***1*** das Bachelorstudium Sprachwissenschaften schließlich mit SS 2023 abgebrochen.
Die Bf. verweist auf die seit Jahren vorliegende Krankheit ihrer Tochter und die dadurch begründete (krankheitsbedingte) Behinderung im Studienfortgang. Dieser Umstand wurde auch ärztlich bescheinigt.
Die Bf. zielt mit ihrem Vorbringen auf die Anwendung des Verlängerungstatbestandes iSd § 2 Abs. 1 lit. b 4. und 5. Satz ab. Dabei wird aber übersehen, dass eine krankheitsbedingte Verlängerung der Studienzeit nur dann in Betracht kommt, wenn grundlegend ein Anspruch auf Familienbeihilfe erfüllt ist. Mit dem Verlängerungssemester soll ein bestehender Beihilfenanspruch erhalten bleiben, wenn ein Studierender einen Studienabschnitt infolge relevanter Studienbehinderung nicht in der "Studienzeit" (lt. Studienvorschriften vorgesehene Studienzeit inkl. Toleranzsemester) absolviert hat.
In diesem Zusammenhang sei auf nachfolgende Rechtsprechung des VwGH verwiesen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Unterbrechungen der Ausbildung durch die Natur der Dinge entsprechende Unterbrechungen des tatsächlichen Ausbildungsvorganges für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht schädlich. Hiezu gehören Erkrankungen, die die Berufsausbildung auf begrenzte Zeit unterbrechen, genauso wie Urlaube und Schulferien (vgl ).
Im Erkenntnis , hat der Gerichtshof neuerlich und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass solche Unterbrechungen nur dann nicht schädlich für einen bestehenden Beihilfenanspruch sind, wenn sie die Ausbildung auf (nur) begrenzte Zeit unterbrechen und gleichzeitig festgehalten, dass im Falle einer mehrjährigen krankheitsbedingten Unterbrechung der tatsächlichen Berufsausbildung der Beihilfenanspruch (nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967) nicht bestehen bleibt.
Abgeleitet aus dieser Rechtsprechung wurde vom Verwaltungsgerichtshof auch judiziert, dass eine Unterbrechung der Ausbildung durch die Geburt eines Kindes für einen bereits vorher entstandenen Anspruch (nur dann) nicht schädlich ist, wenn diese den Zeitraum von zwei Jahren nicht deutlich übersteigt (vgl , und ). Aus einer Gesamtschau dieser Rechtsprechung ist ableitbar, dass besonders begründete Unterbrechungen einer Ausbildung von bis zu zwei Jahren sich grundsätzlich nicht schädlich auf einen bereits vorher bestehenden Familienbeihilfenanspruch auswirken müssen, obwohl in dieser Zeit die Anspruchsvoraussetzung nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 nicht erfüllt ist.
Allen diesen Fällen ist jedoch gemein, dass "lediglich" eine Unterbrechung der (konkreten) Ausbildung, nicht aber ein Abbruch dieser vorliegen darf. Eine Unterbrechung liegt dann vor, wenn die Ausbildung, die zum Beihilfenanspruch geführt hat, nach Wegfall des Hinderungsgrundes wiederaufgenommen wird.
Das bloße Aufrechterhalten eines Ausbildungs- oder Berufswunsches über die oben genannte Frist hinaus ohne die Ausbildung (frühestmöglich) wiederaufzunehmen, reicht hingegen für das Fortbestehen eines Anspruches auf Familienbeihilfe iSd oben angeführten Rechtsprechung nicht aus (idS vgl mwN).
Ohne Wiederaufnahme der Ausbildung erlischt somit der Anspruch auf Familienbeihilfe zu dem Zeitpunkt, zu dem der tatsächliche und ernsthaft und zielstrebig betriebene Ausbildungsvorgang nicht mehr fortgesetzt wurde. Dies gilt auch dann, wenn der Entschluss die Ausbildung zu beenden gar nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt (innerhalb der zwei Jahre) getroffen worden sein sollte.
Wie dargelegt war mangels Betreiben des Studiums im familienbeihilfenrechtlichen Sinn von einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 bei ***1*** nicht auszugehen. Somit konnte auch die bereits seit Jahren vorliegende Krankheit bei der Tochter, die lt. ärztlicher Bestätigung ihre Leistungsfähigkeit von WS 2021 bis WS 2022 massiv eingeschränkt hat, nicht als krankheitsbedingte Beeinträchtigung des Studiums gewertet werden.
Darin liegt auch keine Ungleichbehandlung von studierenden Kindern, die kurz vor dem Studium erkranken gegenüber jenen, die erst kurz nach Studienbeginn erkranken, weil es - was die Berufsausbildung iSd § 3 StudFG betrifft - im rechtspolitischen Ermessen des Gesetzgebers steht, die Gewährung von Familienbeihilfe an volljährige Kinder an die Voraussetzungen der Berufsausbildung zu binden (). So wurden in § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 bestimmte Kriterien (zu denen auch unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignisse z.B. Krankheit zählen) über den Studienfortgang als Voraussetzung für den Anspruch auf Familienbeihilfe gesetzlich verankert.
Die Vorbringen der Bf. iZm dem Corona-Lockdown und den dadurch erschwerten Studienbedingungen im Herbst 2021 vermögen an der rechtlichen Beurteilung im angeführten Sinne nichts zu ändern. Von diesen Erschwernissen waren sämtliche Studenten und Studentinnen betroffen.
Der Schluss der Bf., dass sich aus dem Erkenntnis des BFG vom , RV/710540/2011 ergebe, dass "ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium grundsätzlich auch ohne Absolvierung von Prüfungen möglich sei", ist so nicht zutreffend. Vielmehr ergibt sich aus diesem Erkenntnis, dass konkrete Feststellungen zum Sachverhalt vom FA iSd § 278 BAO vorzunehmen waren und der Bescheid des FA deshalb aufgehoben wurde.
Mit dem Verweis der Bf. auf die Entscheidung des UFS RV/0129-G/07 kann für die Beschwerde insoweit nichts gewonnen werden, als in freier Beweiswürdigung die Ansicht vertreten wurde, dass aufgrund der Aufnahmeprüfung und dem erlangten Heimplatz, auf ein ernsthaftes Betreiben des Studiums geschlossen wurde.
Was das Erkenntnis des VwGH vom , 90/14/0108 anlangt, so unterscheidet sich dieser Sachverhalt wesentlich vom beschwerdegegenständlichen und wurde der Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften (die belangte Behörde war auf Einwendungen der Bf. nicht eingegangen) aufgehoben.
Im Erkenntnis des VwGH vom , 98/13/0042 wird zwar Bezug darauf genommen, dass "nicht der Prüfungserfolg" ausschlaggebend sei, wohl aber dass sich das ernstliche und zielstrebige nach außen erkennbare Bemühen im Antreten zu den erforderlichen Vorprüfungen manifestiert. Auch dieses Erkenntnis ist für die Beschwerde nicht relevant, weil Anmeldungen (Antritte) zu Prüfungen nicht erfolgt sind.
Im Erkenntnis des VwGH vom , Ra 2020/16/0054 geht es um die Frage, ob - wie vom Bundesfinanzgericht vertreten - die Hemmung des Ablaufes der Studienzeit gemäß § 2 Abs. 1 lit. b neunter Satz FLAG nur dann eintritt, wenn das Kind - des volljährigen Kindes, das den Familienbeihilfeanspruch vermittelt - nach Beginn der Berufsausbildung geboren wird. Auch dieser Sachverhalt unterscheidet sich wesentlich vom beschwerdegegenständlichen Sachverhalt. Geht es doch darin um Zeiten des Mutterschutzes und der Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes, die bis zur Vollendung des Zeiten Lebensjahres den Ablauf der Studienzeit hemmen.
Im Erkenntnis des VwGH vom , 2010/16/0084 hat der Verwaltungsgerichtshof die "die Verlängerung der vorgesehenen Studienzeit durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis nach § 2 Abs. 1 lit. b vierter Satz FLAG bereits analog auch auf die Zählung der Semester angewendet, nach welchen ein Wechsel des Studiums dem Familienbeihilfenanspruch entgegensteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/16/0058). Diese Grundsätze sind auch für den Fall anzuwenden, in dem ein Anspruch auf Familienbeihilfe deshalb erlischt, weil ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit zuzüglich des "Toleranzsemesters" nicht absolviert wird, nach positiver Absolvierung dieses Studienabschnittes bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen der Familienbeihilfenanspruch aber wieder "auflebt". Auch dieser Sachverhalt unterscheidet sich wesentlich vom beschwerdegegenständlichen Sachverhalt. Für die Beschwerde ist daraus nichts abzuleiten.
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Diese Rückzahlungspflicht normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls, wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (u.a. ).
Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag für jedes Kind zu. Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, sind auch die Kinderabsetzbeträge zurückzufordern.
Da für den Zeitraum 05/2021 - 09/2022 Anspruchstatbestände für die Gewährung der Familienbeihilfe nicht vorlagen, erfolgte die Rückforderung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zu recht.
Was den Antrag der Bf. auf Gewährung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages ab Oktober 2022 bis laufend anlangt, ist festzuhalten, dass dafür das Bundesfinanzgericht nicht zuständig ist. Der Antrag betrifft nicht den Streitzeitraum des beschwerdegegenständlichen Rückforderungsbescheides. Vielmehr ist dieser Antrag vom Finanzamt Österreich zu behandeln.
Es war daher wie im Spruch dargestellt zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Was unter Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 zu verstehen ist, war bereits mehrfach Gegenstand von Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshof, sodass die ordentliche Revision auszuschließen war.
Wien, am
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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
PAAAF-66207