Nicht steuerbarer Eigenverbrauch eines ausländischen Gütertransportunternehmens
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende ***Ri***, die Richterin ***Ri1*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***LR1*** und ***LR2*** in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Stefan Otmar Böhler, Im Wingert 52, 65760 Eschborn,
über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** vom betreffend Festsetzung Umsatzsteuer 1/2021 - 12/2021, den "Bescheid vom betreffend Umsatzsteuer 2021" und den "Bescheid vom betreffend Nichtveranlagung zur Umsatzsteuer 2021" nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf***
zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend Nichtveranlagung zur Umsatzsteuer 2021wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Damit ist auch die Beschwerde gegen die Bescheide vom betreffend Festsetzung Umsatzsteuer 1/2021 - 12/2021, die gem. § 253 BAO als gegen den Jahresbescheid gerichtet gilt, erledigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
beschlossen:
III. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend Umsatzsteuer 2021 wird zurückgewiesen.
IV. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin, die ***Bf***. (im Folgenden kurz: Bf.) ist ein Transportunternehmen mit Sitz in Liechtenstein und befindet sich seit in Liquidation.
Im Streitjahr 2021 hat die Bf. monatlich Umsatzsteuervoranmeldungen (UVA) eingebracht, wobei sie in Summe Umsätze iHv 58.845,- Euro und Vorsteuern iHv 98.547,06 Euro erklärt hat. Die UVA`s wurden vom Finanzamt erklärungsgemäß verbucht.
Am wurde eine Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2021 elektronisch eingebracht und anstatt der bisher erklärten Umsätze (58.845,- Euro) wurde ein Eigenverbrauch iHv 345,40 Euro erklärt. Hinsichtlich der Vorsteuern iHv 98.547,06 Euro kam es zu keiner Änderung.
Im Rahmen einer Außenprüfung (Außenprüfungsbericht vom ) wurde festgestellt, dass es sich bei den in den UVA`s erklärten Umsätzen um Güterbeförderungen handelt. Diese wurden einerseits an Unternehmer erbracht, wobei es in Österreich zum Übergang der Steuerschuld gem. § 19 UStG 1994 gekommen ist und andererseits an eine Privatperson, bei der der Leistungsort in Deutschland gelegen ist. Damit wurden in Österreich tatsächlich keine steuerbaren Umsätze ausgeführt, für die die Bf. Umsatzsteuer schuldet. Die geltend gemachten Vorsteuern ergaben sich nahezu ausschließlich aus Tankrechnungen.
Der in der Jahreserklärung ausgewiesene Eigenverbrauch setze sich laut Angaben der Bf. bzw. ihres steuerlichen Vertreters zusammen aus der Entnahme eines Druckers (50,- Euro) und eines Toners (77,- Euro). Weiters seien 500 Blatt Kopierpapier (3,- Euro) und 5 Ordner (5,40 Euro) aus dem Unternehmen entnommen worden. Die Gegenstände seien zuvor jeweils im Büro der Bf. in Liechtenstein verwendet worden und seien vom Geschäftsführer ***1*** (Drucker, Toner) bzw. teilweise auch anderen Mitarbeitern entnommen und nach Österreich verbracht worden.
Ebenfalls im Eigenverbrauch enthalten sei der Reifenwechsel beim privaten PKW der Mitarbeiterin ***2*** (40,- Euro). Der Reifenwechsel sei in Liechtenstein durch einen Mitarbeiter der Bf. durchgeführt worden.
Schließlich habe der Mitarbeiter ***3*** sein Diensthandy für private Zwecke vor allem während seines Aufenthalts im Büro in Schaanwald (Liechtenstein) verwendet, damit er nicht in die "Roamingfalle" tappe. Die dafür erhobene Pauschalgebühr von 170,00 Euro + 20 % USt werde It. Vereinbarung vom zu je 50 % von Frau ***2*** und Herrn ***3*** getragen. Einzelverbindungsnachweise könnten laut Auskunft des Telefonanbieters nicht mehr erstellt werden.
Mit Rechnungsdatum vom (Rechnungsnummer: 20211203) wurde der gesamte erklärte Eigenverbrauch iHv 345,40 Euro + 20% USt an Frau ***2*** verrechnet. Die Bezahlung des Bruttobetrages von 414,48 Euro erfolgte mit Banküberweisung vom .
Laut Außenprüfungsbericht vom wurde in den Vorjahren weder ein Eigenverbrauch für die Überlassung eines Diensthandys, noch ein Telekom-Umsatz erklärt. Am habe die Außenprüfung die Zahlungsbelege zu den Rechnungen vom abverlangt.
Laut Schreiben des steuerlichen Vertreters vom (in Beantwortung eines Ergänzungsersuchens vom ) gibt es keine schriftlichen Vereinbarungen zur Privatnutzung des Handys. Die Vereinbarung, dem Arbeitgeber 7 Euro/Monat für die Privatnutzung zu ersetzen, sei mündlich abgeschlossen worden. Das Telefon liege im Büro in Liechtenstein und könne von Herrn ***3*** und Frau ***2*** jederzeit genutzt werden. Eine Aufstellung der privaten Gespräche sei nicht vorgenommen worden, weil der Aufwand zu groß sei. Die Verrechnung sei der Einfachheit halber an Frau ***2*** erfolgt. Herr ***3*** habe ihr den Betrag in bar ersetzt.
Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für die Monate 1/2021 - 12/2021 jeweils mit Null fest. Am erließ das Finanzamt einen "Nichtveranlagungsbescheid", in dem festgestellt wurde, dass die Veranlagung der Bf. gem. § 92 Abs 1 lit b BAO zu unterbleiben hat.
Auf dem Abgabenkonto der Bf. erfolgte weiters eine als "Festsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 2021" bezeichnete Buchung. Ein körperlicher Bescheid, der via Post an die Bf. (bzw. deren steuerlichen Vertreter) versendet wurde oder ein via finanzonline versendeter Bescheid ist dazu laut Vorlagebericht des Finanzamtes nicht ergangen.
In der Beschwerde vom , in der auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet wurde, erklärte die Bf., dass sie zur Umsatzsteuer zu veranlagen sei, weil ihre in Österreich ansässigen Mitarbeiter die Diensthandys auch für Privatgespräche genutzt hätten und die Bf. so Telekommunikationsdienstleistungen an Nichtunternehmer mit Wohnsitz in Österreich erbracht hätten. Die Annahme des Finanzamtes, die Mitarbeiter hätten nicht privat telefoniert, sei eine unzulässige Beweiswürdigung wider die Erfahrungen des täglichen Lebens. Sofern eine Veranlagung vorzunehmen sei, schließe dies das Erstattungsverfahren aus, weshalb die Umsatzsteuer erklärungsgemäß veranlagt werden solle.
Der Beschwerde beigelegt war eine "Eidesstattliche Erklärung" von Herrn ***3*** vom , derzufolge er das Firmenhandy mit der Rufnummer +43... im Streitjahr privat verwendet hat. In der ebenfalls beigelegten "Zusatzvereinbarung zum Dienstvertrag ***3***" vom heißt es wörtlich: "Das Firmenhandy mit der Rufnummer +43... ist für die private Nutzung berechtigt. Die Kosten für die Privatnutzung werden Ihnen jährlich verrechnet. "
Herr ***3*** ist laut aktenkundigem Dienstvertrag vom im Ausmaß von 15 Stunden pro Monat als kaufmännischer Angestellter beschäftigt.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am wiederholte die Bf. das Vorbringen in der Beschwerde.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. betreibt ein Gütertransportunternehmen in Liechtenstein. Im Streitjahr 2021 hat die Bf. Umsätze aus Eigenverbrauch iHv 345,40 Euro erklärt, die sich laut Angabe der Bf. aus der Entnahme eines Druckers (50,- Euro) und eines Toners (77,- Euro) durch den Geschäftsführer ***1***, von Kopierpapier (3,- Euro) und 5 Ordnern (5,40 Euro) durch namentlich nicht genannte andere Mitarbeiter und dem Reifenwechsel beim privaten PKW der Mitarbeiterin ***2*** (40,- Euro) zusammensetzten (Außenprüfungsbericht vom ).
Der betragsmäßig größte Teil des erklärten Eigenverbrauchs (170 Euro) entfällt auf die Privatnutzung eines Diensthandys mit der Rufnummer +43... (laut eidesstattlicher Erklärung des ***3*** vom ) durch die österreichischen Mitarbeiter Frau ***2*** und Herrn ***3*** während des Aufenthalts im Büro in Liechtenstein, um nicht in die "Roamingfalle" zu tappen (Beschwerde vom ).
Laut Angaben der Bf. würden Frau ***2*** und Herrn ***3*** jeweils 85,- Euro der Kosten für die Nutzung der Diensthandys tragen (Außenprüfungsbericht vom ).
Laut Schreiben des steuerlichen Vertreters vom in Beantwortung eines Ergänzungsersuchens vom gibt es keine schriftlichen Vereinbarungen zur Privatnutzung des Handys. Laut der der Beschwerde vom beigelegten "Zusatzvereinbarung zum Dienstvertrag ***3***" vom werden die Kosten für die Privatnutzung mit Herrn ***3*** jährlich verrechnet.
Laut der von der Bf. vorgelegten Unterlagen wurde mit Rechnungsdatum vom (Rechnungsnummer: 20211203) der gesamte erklärte Eigenverbrauch iHv 345,40 Euro + 20% USt an Frau ***2*** verrechnet. In den Vorjahren wurde weder ein Eigenverbrauch für die Überlassung eines Diensthandys, noch ein Telekom-Umsatz erklärt (Außenprüfungsbericht vom ). Die Bezahlung des Bruttobetrages von 414,48 Euro erfolgte mit Banküberweisung vom . Der ist nach Angaben des Finanzamtes der Tag, an dem die Außenprüfung die Zahlungsbelege zu den Rechnungen vom abverlangt hat (Außenprüfungsbericht vom ).
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zu den erklärten Umsätzen aus Eigenverbrauch ergeben sich aus der Umsatzsteuererklärung (Höhe der Umsätze) bzw. dem Außenprüfungsbericht vom , der diesbezüglich von der Bf. nicht bestritten wird.
Die zT widersprüchlichen Angaben der Bf. zur Privatnutzung von Diensthandys (Rufnummer +43...) können wie folgt verstanden werden:
Bereits die Behauptung, das Handy werde genutzt, um nicht in die "Roamingfalle" zu tappen, ist zumindest widersprüchlich, da es seit 2017 im EWR-Raum keine "Roamingfalle" mehr gibt (vgl Durchführungs-VO (EU) 2016/2286 der Kommission vom ) und das Handy auch eine österreichische Rufnummer hat.
Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung bzw. der üblichen Vorgehensweise im Geschäftsleben ist aber davon auszugehen, dass das Diensthandy tatsächlich auch privat genutzt wurde. Dies deckt sich auch mit den Angaben in der eidesstattlichen Erklärung des ***3*** vom , derzufolge er das Firmenhandy im Streitjahr privat verwendet hat.
Nicht glaubhaft ist, dass für diese private Verwendung den Mitarbeitern ***2*** und ***3*** tatsächlich ein (allenfalls im Vorhinein) vereinbartes Entgelt verrechnet wurde:
Zunächst hat der steuerliche Vertreter im Schreiben vom angegeben, dass es keine schriftliche Vereinbarung gäbe, während der Beschwerde vom eine Vereinbarung mit Herrn ***3*** beigelegt wurde.
Laut dieser Vereinbarung (Zusatzvereinbarung zum Dienstvertrag ***3*** vom ) werden die Kosten für die Privatnutzung jährlich verrechnet. Ein Hinweis auf eine Pauschale (85 Euro) bzw. ein monatliches Entgelt von 7 Euro (laut Schreiben des steuerlichen Vertreters vom , was rechnerisch nur 84 Euro/Jahr ergibt) fehlt ebenso, wie die Einzelverbindungsnachweise für Privatgespräche, die laut der Vereinbarung offenbar verrechnet werden sollten.
Bedenkt man, dass Herr ***3*** in einem ganzen Monat nur 15 Stunden die Gelegenheit hatte, das Diensthandy zu nutzen (laut Angaben der Bf. lag dieses im Büro in Liechtenstein und Herr ***3*** ist laut Dienstvertrag nur 15 Stunden pro Monat beschäftigt), so scheint eine pauschale Zahlung von 7 Euro pro Monat so hoch zu sein, dass ein durchschnittlicher Mitarbeiter dem nicht zustimmen würde.
Dazu passt auch der Umstand, dass Herrn ***3*** weder im Streitjahr 2021, noch im Vorjahr 2020 (in dem die Vereinbarung zumindest für zwei Monate gültig gewesen sein soll) Telekom-Leistungen in Rechnung gestellt wurden. Ein Abzug vom Arbeitslohn erfolgte ebenfalls nicht.
Stattdessen ist eine Rechnung an Frau ***2*** aktenkundig (Rechnungsnummer: 20211203), in der ihr der gesamte erklärte "Eigenverbrauch" iHv 345,40 Euro + 20% USt in Rechnung gestellt wurde.
Unter "Eigenverbrauch" versteht man die unentgeltliche Leistungserbringung für unternehmensfremde Zwecke bzw. an Mitarbeiter. Im Beschwerdefall ist aufgrund der Gesamtumstände davon auszugehen, dass die strittigen Zuwendungen unentgeltlich erfolgten:
Laut diesbezüglich unbestrittener Feststellungen im AP-Bericht vom erfolgten die Entnahme von Drucker und Toner durch Herrn ***1*** und die Telefonnutzung bezog sich auf das Diensthandy von Herrn ***3***, wobei auch nur er die private Nutzung bestätigte.
Es ist unglaubwürdig, dass eine Mitarbeiterin (im Beschwerdefall Frau ***2***) bereit ist, ihrem Arbeitgeber Kosten für Zuwendungen zu ersetzen, die ihr gar nicht zu Gute gekommen sind. Frau ***2*** steht überdies in einem engen Verwandtschaftsverhältnis mit dem Geschäftsführer ***1***.
Auch der Umstand, dass die "Rechnung vom " erst am beglichen wurde ist ein Indiz dafür, dass diese Verrechnung nicht ernst gemeint war, da dies der Tag war, an dem die Außenprüfung den Zahlungsbeleg abverlangt hat.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Rechtslage
§ 21 UStG 1994 lautet auszugsweise:
(9) Der Bundesminister für Finanzen kann bei nicht im Inland ansässigen Unternehmern, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, durch Verordnung die Erstattung der Vorsteuern abweichend von den Abs. 1 bis 5 sowie den §§ 12 und 20 regeln. Bei nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern kann weiters bestimmt werden, dass bestimmte Vorsteuerbeträge von der Erstattung ausgeschlossen sind. In der Verordnung kann festgelegt werden:
ein besonderes Verfahren für die Vorsteuererstattung,
ein Mindestbetrag, ab dem eine Vorsteuererstattung erfolgt,
innerhalb welcher Frist der Erstattungsantrag zu stellen ist,
dass der Bescheid über die Erstattung der Vorsteuerbeträge elektronisch zugestellt wird,
wie und in welchem Umfang der zu erstattende Betrag zu verzinsen oder zu vergebühren ist.
Vorsteuern im Zusammenhang mit Umsätzen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers sind nur erstattungsfähig, wenn die Umsätze in dem Mitgliedstaat, in dem der Unternehmer ansässig ist, ein Recht auf Vorsteuerabzug begründen. Einem Unternehmer, der im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und Umsätze ausführt, die zum Teil den Vorsteuerabzug ausschließen, wird die Vorsteuer höchstens in der Höhe erstattet, in der er in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre.
Verordnung, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl 279/199 idF BGBl 16/2021):
§ 1 (1) Die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an nicht im Inland ansässige Unternehmer, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, ist abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 nach Maßgabe der §§ 2, 3 und 3a durchzuführen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum
1. keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 oder
2. nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 oder
3. nur Umsätze, bei denen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (§ 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994) oder
4. im Inland nur Umsätze, die unter eine Sonderregelung gemäß § 25a, Art. 25a, § 25b UStG 1994 oder eine Regelung gemäß Art. 358 bis 369k der Richtlinie 2006/112/EG in einem anderen Mitgliedstaat fallen,
ausgeführt hat.
(2) Abs. 1 gilt nicht für Vorsteuerbeträge, die anderen als den in Abs. 1 bezeichneten Umsätzen im Inland zuzurechnen sind.
§ 3a (1) Der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer hat die Erstattung mittels amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim Finanzamt Österreich zu beantragen. Der Antrag ist binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist. In dem Antrag hat der Unternehmer den zu erstattenden Betrag selbst zu berechnen. Dem Erstattungsantrag sind die Rechnungen und die Belege über die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer im Original beizufügen.
(2) Der zu erstattende Betrag muss mindestens 400 Euro betragen. Das gilt nicht, wenn der Erstattungszeitraum das Kalenderjahr oder der letzte Zeitraum eines Kalenderjahres ist. Für diese Erstattungszeiträume muss der zu erstattende Betrag mindestens 50 Euro betragen. Von der Erstattung ausgeschlossen sind die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen.
(3) Der Unternehmer muss dem Finanzamt Österreich in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 durch behördliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist.
§ 1 UStG 1994 idF BGBl 3/2021 lautet auszugsweise:
(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:
1. Die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt; (…)
§ 3a UStG 1994 idF BGBl 118/2015 lautet auszugsweise:
(1a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt:
1. Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch den Unternehmer
- für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,
- für den Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
2. die unentgeltliche Erbringung von anderen sonstigen Leistungen durch den Unternehmer
- für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,
- für den Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.
Z 1 gilt nicht für die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes.
(….)
(13) Elektronisch erbrachte sonstige Leistungen sowie Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen werden an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, soweit diese Leistungen an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 erbracht werden.
3.2. Zurückweisung der Beschwerde gegen den Bescheid vom
Mit Beschwerde vom wird u.a. ein "Umsatzsteuerbescheid 2021 vom " bekämpft.
Ein Umsatzsteuerbescheid 2021 vom existiert nicht. Am erfolgte nur die betragsmäßige Verbuchung der Feststellungen des Finanzamtes zur Nicht-Veranlagung auf dem Abgabenkonto der Bf. ("Neutralisation" der bisher verbuchten Umsatzsteuer-Voranmeldungen). Dazu erfolgte offenbar die Verbuchung eines "fiktiven Umsatzsteuerbescheides 2021", die auf der Buchungsmitteilung und in Finanz-Online abgebildet ist. Tatsächlich hat allerdings kein "Umsatzsteuerbescheid 2021 vom " den Verfügungsbereich der Finanzverwaltung verlassen, sondern nur der (ebenfalls angefochtene) Nichtveranlagungsbescheid Umsatzsteuer 2021 vom .
Mangels Bescheides ist die Beschwerde gegen den "Umsatzsteuerbescheid 2021 vom " gem. § 260 Abs. 1 BAO zurückzuweisen.
3.3. Festsetzungsbescheide 1-12/2021 und Jahresbescheid (Nichtveranlagungs-bescheid) Umsatzsteuer 2021
Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet (§ 253 BAO).
Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide (§ 21 Abs. 3 UStG 1994) scheiden mit der Erlassung der diese Zeiträume umfassenden Umsatzsteuerjahresbescheide (§ 21 Abs. 4 UStG 1994) aus dem Rechtsbestand aus (vgl. , mwN). Die gegen die Festsetzungsbescheide gerichteten Beschwerden gelten sohin ab Erlassung der Veranlagungsbescheide als gegen diese Veranlagungsbescheide gerichtet.
Im Beschwerdefall wurde bereits mit den Festsetzungsbescheiden für die Zeiträume 1- 12/2021 in Höhe von Null zum Ausdruck gebracht, dass im Jahr 2021 keine Veranlagung zur Umsatzsteuer stattzufinden hat.
Daher war - wie im Spruch ersichtlich - nur über die Beschwerde gegen den "Nichtveranlagungsbescheid betreffend Umsatzsteuer 2021 vom " abzusprechen. Damit sind auch die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Festsetzung Umsatzsteuer 1-12/2021, die inhaltlich dasselbe zum Ausdruck bringen, erledigt.
3.4. Nichtveranlagung zur Umsatzsteuer 2021
Gemäß § 21 UStG 1994 kann der Bundesminister für Finanzen (BMF) bei nicht im Inland ansässigen Unternehmern, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, durch Verordnung die Erstattung der Vorsteuern abweichend von den Abs. 1 bis 5 sowie den §§ 12 und 20 regeln.
Mit Verordnung, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird (BGBl 279/199 idF BGBl 16/2021) hat der BMF geregelt, dass ausländische Unternehmer, die keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 oder nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 oder nur Umsätze, bei denen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (§ 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994) oder im Inland nur Umsätze, die unter eine Sonderregelung gemäß § 25a, Art. 25a, § 25b UStG 1994 oder eine Regelung gemäß Art. 358 bis 369k der Richtlinie 2006/112/EG in einem anderen Mitgliedstaat fallen, nicht gem. § 21 Abs 4 UStG 1994 zur Umsatzsteuer zu veranlagen sind, sondern ihre Vorsteuern im Rahmen des Vorsteuererstattungsverfahrens unter den dort festgelegten Bedingungen geltend machen können.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die von der Bf. durchgeführten Gütertransportleistungen entweder nicht steuerbar sind oder zum Übergang der Steuerschuld auf den inländischen Leistungsempfänger geführt haben. Damit wäre mangels steuerbarer und steuerpflichtiger Umsätze im Inland grundsätzlich das Erstattungsverfahren anzuwenden.
Streit besteht ausschließlich hinsichtlich Steuerbarkeit bzw. Steuerpflicht der Privatnutzung des Mobiltelefons des Herrn ***3*** (für die Entnahme der Gegenstände räumt die Bf. selbst ein, dass der Leistungsort jedenfalls in Liechtenstein liegt und die Entnahme daher in Österreich nicht steuerbar ist): Nach Ansicht der Bf. handelt es sich dabei um eine entgeltliche Telekommunikationsdienstleistung an eine Privatperson aus Österreich. Diese Leistung wird gem. § 3a Abs 13 UStG 1994 an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das ist im Beschwerdefall Österreich.
Aufgrund der getroffenen Feststellungen zum Sachverhalt erfolgte die private Nutzung des Mobiltelefons allerdings unentgeltlich und kann daher allenfalls als Eigenverbrauch (wie auch von der Bf. so erklärt) zu besteuern sein.
Nach der einschlägigen Bestimmung des § 3a Abs 1a Z 2 UStG 1994 wird die unentgeltliche Erbringung von sonstigen Leistungen durch den Unternehmer für den Bedarf seines Personals nur dann einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt, wenn keine Aufmerksamkeiten vorliegen.
In Anbetracht des Umstandes, dass Herr ***3*** tatsächlich kaum Gelegenheit hatte, mit dem Handy zu telefonieren, kann in rechtlicher Hinsicht jedenfalls von einer Aufmerksamkeit ausgegangen werden, sodass gar kein steuerbarer Eigenverbrauch verwirklicht wurde. So wie die Bereitstellung von Getränken am Arbeitsplatz als Aufmerksamkeit bezeichnet wird (vgl Rz 67 UStR 2000), ist die Möglichkeit zu gelegentlichen Privattelefonaten ebenfalls als Aufmerksamkeit anzusehen.
Sollte man dennoch von einem Eigenverbrauch ausgehen, so wäre dieser in Liechtenstein verwirklicht: Nach Ruppe/Achatz, UStG 19945, § 3 Tz 209 (zu sonstigen Leistungen gem. § 3a Abs 1a UStG 1994) wird der Eigenverbrauch an dem Ort verwirklicht, wo die Schmälerung des Unternehmensvermögens stattgefunden hat. Das ist im Beschwerdefall eben Liechtenstein.
Diese Ansicht lässt sich auch aus , QM ableiten: Mangels Entgelt sind die Leistungsortsregelung für die Vermietung von Kraftfahrzeugen nicht auf die unentgeltliche Überlassung von Kraftfahrzeugen anzuwenden.
Die Beschwerdeführerin hat daher keine steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätze in Österreich ausgeführt und war nicht zur Umsatzsteuer zu veranlagen. Der angefochtene Bescheid entspricht der Rechtslage, weshalb die diesbezügliche Beschwerde - wie im Spruch ersichtlich - abzuweisen war.
3.5. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall waren Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, die keine Rechtsfragen aufwerfen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 21 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100074.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAF-66204