Arbeitnehmerveranlagung: Nichtanerkennung von Taxikosten als außergewöhnliche Belastung bei Behinderung (§ 3 Abs. 2 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***** in der Beschwerdesache der Beschwerdeführerin, mit Adresse, über die Beschwerden vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom und betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 Steuernummer XXXXX zu Recht erkannt:
I.1. Die Beschwerde betreffend den Einkommensteuerbescheid 2022 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
I.2. Der Beschwerde betreffend den Einkommensteuerbescheid 2023 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO im Sinne der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich vom abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit erfolgte die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2022, in welcher die Bf. Taxikosten in Höhe von 1.344 € sowie behinderungsbedingte Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 3.456,81 € beantragte.
Am brachte die Beschwerdeführerin (= kurz Bf) die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2023 ein und beantragte Taxikosten in Höhe von 1.800 € sowie behinderungsbedingte Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 3.415,53 €.
Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt die Bf um Ergänzung der vorgelegten Unterlagen bezüglich der Arbeitnehmerveranlagung 2022. Es wurde eine Kostenaufstellung der beantragten behinderungsbedingten außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt angefordert und zum Nachweis der beantragten Aufwendungen sollen alle Belege in Kopie (zB Rechnung/en inkl. Zahlungsnachweis/e wie Apothekenjahresabrechnung, Rechnungen für Heilbehelfe, Arztrechnungen, Feststellungsbescheid des Sozialministeriumservice usw., ärztliche Verordnung bzw. Behandlungspläne zu den beantragten Kosten, bei Sonderklassegebühren seien zusätzlich die triftigen medizinischen Gründe hierfür nachzuweisen) beigelegt werden.
Im Zuge der Vorhaltsbeantwortung vom übermittelte die Bf ihren Behindertenpass und eine Aufstellung der geltend gemachten Kosten inklusive diverser Rechnungen. In der Aufstellung war von der Bf betreffend Taxikosten folgendes angeführt: "Taxikosten (geschätzt), KZ 435 1 344,00 €, ca. 4 x 2 Fahrten p.m. à ca. 14 € (glaubhaft) Arztbesuche, Friseur, Fußpflege, Apotheke".
Am erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid für das Jahr2022, in welchem der Bf. die beantragten Taxikosten in Höhe von 1.344 € nicht anerkannt wurden. Begründend wurde vom Finanzamt ausgeführt, dass nur jene Aufwendungen berücksichtigt wurden, für die nachvollziehbare Beweise vorgelegen seien. Der Freibetrag für Behinderung wurde nicht berücksichtigt, weil die Bf ganzjährig Pflegegeld bzw. andere pflegebedingte Geldleistungen bezogen habe.
Mit Schreiben vom brachte die Bf eine Beschwerdegegen den Einkommensteuerbescheid 2022 vom ein. Sie berief sich auf das aktenkundige Schreiben der BASB Landesstelle Salzburg vom , in der ausgeführt ist, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar ist. Zudem wurde von der Bf eine Aufschlüsselung der durchschnittlichen Taxikosten angeführt: "Wenn nun von durchschnittlich 2 Arztterminen, 1 Apothekenbesuch, 1 Fußpflegetermin und 1 Friseurbesuch alle 2 Monate ausgegangen wird, so ergibt sich bei durchschnittlichen Taxikosten von 14 € pro Fahrt - hin und zurück also 28 € - ein monatlicher Betrag von 4 x 28 = 112 €. Diese Ermittlung kann mit Sicherheit nicht als überbordend bezeichnet, sondern muss im Gegenteil - mit Verweis auf § 3 Abs. 2 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, wonach sogar bis zu 153 € pro Monat berücksichtigungsfähig seien - als äußerst maßvoll bezeichnet werden." Im Anhang befand sich eine Begründung, der BASB-Behindertenpass und die Gesetzesstelle, auf die sich die Bf im Beschwerdeschreiben berief.
Im Einkommensteuerbescheidvom für das Jahr 2023 wurden der Bf. die Taxikosten nicht anerkannt. Begründend verwies das Finanzamt auf die Begründung des Bescheides des Vorjahres.
Am brachte die Bf eine Beschwerdegegen den Einkommensteuerbescheid 2023 vom ein. Am erfolgte eine Ergänzung zur Beschwerde, da die Begründung in der elektronischen Beschwerde nicht übermittelt worden sei, in der die Bf zusammengefasst einerseits 2 Arztrechnungen und die Nutzungsgebühr für den mobilen Notruf zum Roten Kreuz, welche im ursprünglichen ANV-Antrag nicht enthalten waren, geltend machte und andererseits die Nichtberücksichtigung der Taxikosten rügte. Die Bf. habe Verrichtungen außer Haus zu erledigen, wofür ein Verkehrsmittel benötigt werde. Das reiche von ca. 2 bis 3 Arztbesuchen pro Monat über Friseurbesuche, Fußpflege, Einkaufen, bis hin zum Friedhofsbesuch und summiere sich pro Jahr auf 2.000 € bis 2.500 €.
Das Finanzamt erließ am die Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides des Jahres 2022 und wies die Beschwerde vom als unbegründet ab. Das Finanzamt führte dabei aus, dass im Zuge der außergewöhnlichen Belastungen nur jene Aufwendungen anerkannt werden können, die mittels Belegen nachgewiesen werden. Die Bf könne allerdings keine solchen Belege vorweisen. Die geltend gemachten Fahrten zum Frisör, zur Fußpflege oder Apotheke sind keine anzuerkennenden Fahrten iSd § 34 EStG 1988.
Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt betreffend der Einkommensteuererklärung 2023 um Übermittlung einer Kostenaufstellung und Belege zu den geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen. Es soll mitgeteilt werden, wie sich die Gesamtsumme zusammensetzt (Datum, Bezeichnung, Betrag) und ob die Krankenkasse, das Sozialministeriumservice in Form eines Zuschusses oder eine private Versicherung Kosten ganz oder teilweise ersetzt habe.
Mit langte das Antwortschreiben inklusive Kostenaufstellung und diverser Rechnungen beim Finanzamt ein und wurde beantragt die KZ 476 von € 3.415,53 auf den Betrag 3.861,61 € zu berichtigen.
Mittels Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Bescheid vom bezüglich der Einkommensteuer des Jahres 2023 abgeändert. Es wurden zusätzliche Krankheitskosten in Höhe von 2.915,05 € anerkannt. Die geltend gemachten Aufwendungen bezüglich der Taxikosten wurden mangels Belegen nicht anerkannt.
Am beantrage die Bf die Vorlage der Beschwerde vom über den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2022 zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. In der angefügten Begründung führt sie aus, der Zweck jeder Fahrt sei irrelevant und daher müsse sie keine Nachweise für die Anerkennung der beantragten Taxikosten erbringen. Dass kein auf sie zugelassenes Kraftfahrzeug vorhanden sei, könne ihr wohl nicht zum Nachteil gereichen. Wäre das nämlich der Fall, so würde ihr - ganz ohne weitere Nachweise - ein Freibetrag von 190,00 € monatlich (2.280,00 € p.a.) zustehen (gar nicht zu reden von weiteren, damit verbundenen Begünstigungen wie KFZ-Steuerbefreiung, Autobahnmaut-Befreiung, Parkplatz Ausnahmen, etc.). Ein gleichgestellter (und in seiner Mobilität eingeschränkter) KFZ-Besitzer müsse ja auch nicht nachweisen, dass mindestens 190,00 € an monatlichen Kosten (zB für Treibstoff, Versicherung, etc.) angefallen sind, geschweige denn, ob sein Fahrzeug (überhaupt) zum Einsatz gekommen ist.
Am beantragte die Bf die Vorlage der Beschwerde vom betreffend den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2023 zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. Sie beantragte die Berücksichtigung aller bereits in der Beschwerde vom geltend gemachten Taxikosten und übermittelte beiliegend den Behindertenpass.
Am legte das Finanzamt den Beschwerdeakt elektronisch dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. In der Stellungnahme beantragte das Finanzamt für das Veranlagungsjahr 2022 die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Ergänzend wurde vom Finanzamt darauf hingewiesen, dass bei Vorliegen der Grundvoraussetzungen für die Berücksichtigung des Freibetrages für ein Kraftfahrzeug, in dem Fall, dass der Körperbehinderte aber über kein eigenes Kraftfahrzeug verfüge, Aufwendungen für Taxifahrten bis zu einem Betrag von monatlich 153 € berücksichtigt werden können. Zusätzlich können noch Fahrtkosten im Zusammenhang mit Maßnahmen der Heilbehandlung als Kosten der Heilbehandlung berücksichtigt werden. Der Abzug von Taxikosten setze jedoch voraus, dass entsprechende Aufwendungen nachgewiesen werden. Dies sei trotz Hinweises darauf im vorliegenden Fall unterblieben.
Für das Veranlagungsjahr 2023 wurde beantragt den Bescheid im Sinne der Beschwerdevorentscheidung abzuändern.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Bei der Bf. wurde ein Gesamtgrad an Behinderung von 80 % festgestellt. Die "dauernde erhebliche Funktionseinschränkung im Alltag - Gehbehinderung" der Bf. beträgt 70 %. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist bei der Bf. wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar.
Die Bf. verfügt über kein eigenes Kraftfahrzeug.
Für das Veranlagungsjahr 2022 macht sie Taxikosten in Höhe von 1.344 € geltend und für das Veranlagungsjahr 2023 Taxikosten in Höhe von 1.800 € für ca. 2 bis 3 Arztbesuche pro Monat, Fußpflege, Einkaufen, 1 Apothekenbesuch, 1 Fußpflegetermin und 1 Friseurbesuch alle 2 Monate bis hin zum Friedhofsbesuch.
Für das Veranlagungsjahr 2023 macht sie zusätzlich Krankheitskosten in Höhe von gesamt 3.861,61 € geltend. Für die geltend gemachten Krankheitskosten wurden Belege vorgelegt und wurden vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung 2.915,05 € an zusätzlichen Krankheitskosten anerkannt.
Belege oder Aufzeichnungen für die geltend gemachten Taxikosten wurden keine vorgelegt.
Die Bf. bezog im Jahr 2023 1.977,50 € an Pflegegeld.
2. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten elektronischen Verwaltungsakt.
Die Feststellungen zur Behinderung ergeben sich insbesondere aus dem von der Bf. vorgelegten Schreiben der BASB Landesstelle Salzburg vom , dem beiliegenden Gutachten und dem Behindertenpass vom , welcher seit unbefristet gültig ist, sowie den durchgeführten Abfragen des Bundesfinanzgerichtes im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung und den darin befindlichen Lohnzetteln der Bf., aus welchen der Pflegegeldbezug für das Jahr 2023 ersichtlich ist. Für das Jahr 2022 scheint laut Lohnzettel keine Pflegegeldbezug auf.
Der oben dargestellte Verfahrensgang gibt auch den zu beurteilenden Sachverhalt wieder. Über den Sachverhalt besteht zwischen den Parteien des Beschwerdeverfahrens kein Streit, wohl aber über die aus dem Sachverhalt resultierenden steuerrechtlichen Folgen.
Das Bundesfinanzgericht hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht und durfte die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung und teilweise Stattgabe)
Strittig sind in beiden Jahren die Anerkennung der Taxikosten.
Gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen, die folgende Voraussetzungen erfüllen müssen: Sie müssen außergewöhnlich sein (Abs. 2), zwangsläufig erwachsen (Abs 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgabe, Werbungskosten noch Sonderausgabe sein.
Die Belastung ist gemäß § 34 Abs 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Gemäß § 34 Abs 6 EStG 1988 kann der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf den Freibetrag nach § 35 Abs 3 EStG 1988 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.
Auf Grund der Verordnungsermächtigung hat der Bundesminister für Finanzen die Verordnung BGBl Nr. 303/1996 idgF (= kurz Verordnung) über außergewöhnliche Belastungen zu den §§ 34 und 35 EStG 1988 erlassen.
Gemäß § 1 Abs 1 TS 1 der Verordnung sind, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat, die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
Gemäß § 1 Abs 2 der Verordnung liegt eine Behinderung vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25 % beträgt. Unter einer Behinderung ist eine längerfristige Einschränkung zu verstehen. Nach Abs 3 der Verordnung sind Mehraufwendungen gemäß § 2 bis 4 der Verordnung nicht um pflegebedingte Geldleistungen oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs 3 EStG 1988 zu kürzen.
§ 35 EStG 1988 stellt nicht auf eine vorübergehende, tageweise Minderung der Erwerbsfähigkeit ab, sondern auf einen auf längere Zeit bestehenden Zustand (vgl. Peyerl in Jakom/Peyerl (Hrsg), EStG (2024) § 35 Rz 2).
Gemäß § 3 Abs 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl Nr. 303/1996 idgF, sind für einen Gehbehinderten mit einer mindestens 50 %igen Erwerbsminderung, der über kein eigenes Kraftfahrzeug verfügt, Aufwendungen für Taxifahrten bis zu einem Betrag von monatlich 153 € zu berücksichtigen.
Aus den vorliegenden Unterlagen und wie im Sachverhalt festgestellt, hat die Bf einen Grad der Behinderung in Höhe von gesamt 80 %, wobei 70 % auf die Gehbehinderung entfallen. Es ist somit (unstrittig) von einer Behinderung im Sinne der Verordnung auszugehen.
Im Zusammenhang mit der Behinderung können zusätzlich zu Pauschbeträgen und anstelle von Freibeträgen (siehe § 35 Abs 5 iVm § 34 Abs 6 EStG 1988) nur die in der Verordnung angeführten Aufwendungen (und nur in der dort jeweils vorgesehenen Höhe) geltend gemacht werden (vgl § 2 VO betreffend Krankendiätverpflegung, § 3 VO betreffend Kfz- bzw. Taxikosten, § 4 VO betreffend Hilfsmittel und Heilbehandlung).
Werden nach §§ 2-4 der VO die tatsächlichen Kosten geltend gemacht, sind die Mehrkosten auf Grund sämtlicher Behinderungen nachzuweisen. Die tatsächlichen Kosten sind belegmäßig nachzuweisen, eine Schätzung durch den Steuerpflichtigen ist nicht ausreichend (vgl. Doralt, EStG24, § 35 Rz 9).
Nach der herrschenden Lehre (Ritz, BAO7, § 115, Tz. 12) tritt bei ausschließlich auf die Erwirkung abgabenrechtlicher Begünstigungen gerichteten Verfahren der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung (§ 115 Abs 1 BAO) in den Hintergrund; es liegt an der Partei, die Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen ().
Der Steuerpflichtige, der eine Begünstigung in Anspruch nimmt, hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (). Dies hat der Gerichtshof nicht nur in Bereichen vertreten, in denen die Begünstigungen antragsgebunden sind, sondern auch für von Amts wegen zu beachtende Begünstigungsbestimmungen wie etwa die des § 34 EStG ().
Erachtet die Abgabenbehörde, dass die die Anspruchsminderungen mit sich bringenden Sachverhaltsbehauptungen nicht ausreichend erwiesen sind, ist sie verpflichtet, die Partei zu weiterer Beweisführung oder Glaubhaftmachung anzuhalten ().
Den (abweisenden) Beschwerdevorentscheidungen kommen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Vorhaltscharakter zu (vlg. ). Auch in der Stellungnahme im Vorlagebericht, welche der Bf übermittelt wurde, wurde von der Abgabenbehörde nochmals ausgeführt, dass der Abzug von Taxikosten voraussetzt, dass entsprechende Aufwendungen nachgewiesen werden.
Im vorliegenden Fall wurde die Bf - wie aus dem Verfahrensverlauf ersichtlich - vom Finanzamt mittels Vorhalte für beide Jahre aufgefordert, Nachweise für die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Aufwendungen vorzulegen.
Ein Nachweis wurde von der Bf nicht erbracht.
Da von der Bf trotz Aufforderung nicht einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels dargelegt wurde, dass die behaupteten Kosten in der angegebenen Größenordnung tatsächlich angefallen sind, treffen sie die Rechtsfolgen (= die Nichtanerkennung der beantragten außergewöhnlichen Belastungen) aus der Verletzung der sie obliegenden Behauptungs- und Beweislast.
Grundsätzlich erfordern einige Behindertenfreibeträge keinen expliziten Nachweis, während für andere ein entsprechender Nachweis erforderlich ist, um die Begünstigung in Anspruch nehmen zu können. Der Anspruch auf den Freibetrag nach § 35 Abs 3 EStG 1988 besteht zB alleine auf Grund der Behinderung ohne weiteren Nachweis; daher müssen auch die Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Belastung nicht gegeben sein, es ist insbesondere nicht erforderlich, dass die Behinderung tatsächlich Aufwendungen mit sich bringt. Solche werden vielmehr unwiderleglich vermutet (vgl. Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24, § 35 Rz 1).
Der Abzug von Taxikosten setzt jedoch voraus, dass entsprechende Aufwendungen nachgewiesen werden. Eine Glaubhaftmachung ist wegen der betraglichen Fixierung nicht ausreichend (vgl. Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG24 § 35 Rz 15).
Die Bf hat sowohl für das Veranlagungsjahr 2022 als auch 2023 keine Belege oder sonstigen Nachweise über die getätigten Taxifahrten vorgelegt.
Eine Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen fordert einen Nachweis oder zumindest eine Glaubhaftmachung der Höhe (vgl. Peyerl in Jakom/Peyerl (Hrsg), EStG (2024) § 35 Rz 24).
Die tatsächlichen Fahrten sind nicht nachvollziehbar, weder die Kilometer noch die genauen Daten, wann, wohin und wie weit gefahren wurde, wurden bekannt gegeben.
Der in § 3 Abs 2 der Verordnung genannte Betrag in Höhe von 153 € ist ein monatlicher Betrag. Im gegenständlichen Fall kann auch nicht nachvollzogen werden, ob tatsächlich in jedem Monat der streitgegenständlichen Zeiträume Taxifahrten angefallen sind.
Die Höhe der Taxikosten konnte nicht glaubhaft gemacht werden.
Die Angaben der Bf. von beliebigen Summen und Fahrten für das gesamte Jahr - wie im Verfahrensgang ersichtlich - reicht weder als Nachweis noch als Glaubhaftmachung der Höhe nach aus.
Anzumerken ist, dass von der Abgabenbehörde in der Stellungnahme des Vorlageberichtes sogar auf die Regelung in der Verordnung, dass zusätzlich noch Fahrtkosten im Zusammenhang mit Maßnahmen der Heilbehandlung als Kosten der Heilbehandlung berücksichtigt werden können, hingewiesen wurde.
Nach § 4 der Verordnung sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen. Die im Zusammenhang mit einer Heilbehandlung stehenden (gegebenenfalls in Höhe der Kilometergelder geschätzten) Fahrtkosten (Taxikosten) bzw. Kosten des Krankentransportes im Ausmaß der tatsächlichen Kosten (zB Kosten des öffentlichen Verkehrsmittels oder Taxikosten) oder des amtlichen Kilometergeldes stellen als Kosten der Heilbehandlung iSd § 4 der Verordnung eine zusätzliche außergewöhnliche Belastung dar (, VwSlg 8777/F, ebenso ).
Wie aus dem oben angeführten Wortlaut des § 4 der Verordnung hervorgeht, sind auch nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.
Dass es sich um Taxikosten im Zusammenhang mit einer Heilbehandlung handelt, wird von der Bf. nicht behauptet, lediglich, dass es sich um Arztbesuche handelt. Diesbezüglich liegen auch keine Unterlagen vor.
Die geltend gemachten Taxikosten in den Jahren 2022 und 2023 sind aufgrund der obigen Ausführungen nicht anzuerkennen.
Für das Veranlagungsjahr 2023 machte die Bf sowohl Aufwendungen von Krankheitskosten und Taxikosten als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 34 Abs 1 EStG 1988 geltend.
Die in der Beschwerde vom begehrten Krankheitskosten für das Jahr 2023 wurden von der Abgabenbehörde bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom anerkannt.
Der angefochtene Bescheid für das Veranlagungsjahr 2023 war - wie vom Finanzamt beantragt - im Sinne der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes betreffend das Veranlagungsjahr 2023 abzuändern.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Beilage: Berechnungsblatt Einkommensteuer 2023
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw ergeben sich die Rechtsfolgen aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war. Bei der Frage, ob die (geschätzten) Taxikosten als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, handelt es sich um keine Rechtsfrage, sondern um Tatsachenfeststellungen, die im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu entscheiden waren.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 3 Abs. 2 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 § 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.6100012.2025 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
SAAAF-66190