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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.03.2025, RV/7100103/2024

Kein Übergang offener Verlustvorträge auf den Rechtsnachfolger bei Betriebsübertragung unter Lebenden

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag.Dr. Thomas Leitner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2020 zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In der am eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2020 machte der Beschwerdeführer einen Verlustabzug in Höhe von EUR 54.692,67 geltend.

Mit Bescheid des Finanzamtes Österreich (im Folgenden: "belangte Behörde") betreffend Einkommensteuer 2020 vom wurde der erklärte Verlustabzug nicht berücksichtigt. Dies mit der Begründung, dass der vortragsfähige Verlust für 2020 EUR 0,00 betrage.

In der am über das FinanzOnline Portal eingebrachten Beschwerde wurde die Berücksichtigung eines Verlustabzuges in Höhe von EUR 57.585,65 beantragt. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die Verlustvorträge aus der ***Firma1 e.U.*** resultieren würden. Der Beschwerdeführer habe das Unternehmen mit sämtlichen Rechten und Pflichten übernommen, weshalb ihm auch die Verlustvorträge des Unternehmens aus den Jahren 2011, 2012, 2015 und 2016 in Höhe von insgesamt EUR 57.585,65 zustünden.

Mit Ergänzungsersuchen der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer um einen Nachweis für die erklärten Verlustvorträge sowie um die Angabe des Rechtstitels, aus dem sich die Vortragsfähigkeit der Verluste bei ihm ergebe, ersucht.

Im Antwortschreiben des Beschwerdeführers vom wurden die Betriebsergebnisse des vormals von Herrn ***AB*** geführten Einzelunternehmens über den Zeitraum 2011 bis zur "Überschreibung" am angeführt. Beiliegend wurden die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 des Herrn ***AB*** sowie die Erfolgsrechnungen 2015 und 2016 der ***Firma1 e.U.*** vorgelegt.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dies mit der Begründung, dass der Verlustabzug nur von der Person, die den Verlust erlitten hat, geltend gemacht werden könne.

Im am über das FinanzOnline Portal eingebrachten Vorlageantrag wurde unter ua auf die §§ 33 und 34 UmgrStG Bezug genommen und ausgeführt, das betreffende Einzelunternehmen sei durch Herrn ***AB*** gegründet und vom Beschwerdeführer mit allen Rechten und Pflichten übernommen und fortgeführt worden. Herr ***AB*** sei vom Beschwerdeführer von sämtlichen Verbindlichkeiten entbunden worden.

Am erfolgte die Vorlage der Beschwerde und der Akten an das Bundesfinanzgericht.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom wurde der Beschwerdeführer zur Vorlage einer Kopie des mit Herrn ***AB*** abgeschlossenen Vertrages betreffend die Übernahme des Einzelunternehmens ***Firma1 e.U.*** durch den Beschwerdeführer aufgefordert. Mit Schreiben vom übermittelte der Beschwerdeführer dem Bundesfinanzgericht daraufhin einen "Übernahmevertrag" betreffend das Einzelunternehmen ***Firma1 e.U.***

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Herr ***AB*** hatte als Einzelunternehmer an der Geschäftsanschrift ***Geschäftsanschrift1*** ein unter der FN ***1*** des Landesgerichtes ***Ort1*** eingetragenes Einzelunternehmen unter der Firma ***Firma1 e.U.*** betrieben. Mit Übernahmevertrag vom , abgeschlossen zwischen Herrn ***AB*** und dem Beschwerdeführer, wurde der vorgenannte Betrieb an den Beschwerdeführer übertragen. Zum Betrieb gehörten der getroffenen Vereinbarung zufolge alle damit verbundenen Rechte und Pflichten mit allen Aktiva und Passiva, allen dazugehörenden Wirtschaftsgütern sowie allen tatsächlichen und rechtlichen Bestandteilen und allem tatsächlichen und rechtlichen Zubehör. Für die Betriebsübertragung wurde keine Gegenleistung vereinbart und führte der Beschwerdeführer die zum Übergabestichtag maßgeblichen steuerlichen Buchwerte fort (siehe zum Ganzen den aktenkundigen Übernahmevertrag vom ).

Im Kalenderjahr 2017 erlitt der Beschwerdeführer einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 55.130,39 und bezog Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 18.178,71. Aus der Veranlagung 2017 ergaben sich vortragsfähige Verluste in Höhe von EUR - 36.951,68. Ab dem Jahr 2018 erklärte der Beschwerdeführer jeweils positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die vortragsfähigen Verluste aus 2017 wurden in der Veranlagung 2018 iHv EUR 18.705,15 und in der Veranlagung 2019 iHv EUR 18.246,53 in Abzug gebracht. Die Verluste waren in 2019 zur Gänze verwertet, das Einkommen im Jahr 2019 betrug nach Verlustverrechnung EUR 21.071,69 (siehe die aktenkundigen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2017 bis 2019).

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den jeweils zitierten aktenkundigen Unterlagen, deren Beweiskraft weder vom Beschwerdeführer noch von der belangten Behörde in Abrede gestellt wurde und können diese somit als richtig angesehen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Strittig ist im gegenständlichen Beschwerdefall ausschließlich, ob von Herrn ***AB*** aus dem Betrieb des eingetragenen Einzelunternehmens unter der Firma ***Firma1 e.U.*** bis zur Übertragung des Betriebes an den Beschwerdeführer erlittenen Verluste bei der Ermittlung des Einkommens des Beschwerdeführers als Sonderausgaben zu berücksichtigen sind.

Gemäß § 18 Abs 6 EStG 1988 sind - unter näher genannten Voraussetzungen - bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben auch Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug).

Beim Verlustabzug handelt es sich nach der Rsp des VwGH um eine aus dem Zusammenhang mit den einzelnen, das Einkommen bildenden Einkünften völlig losgelöste persönliche Ausgabe der Steuerpflichtigen, die - von gesetzlichen Ausnahmebestimmungen abgesehen - nur von der Person geltend gemacht werden kann, die den Verlust erlitten hat (; vgl zB auch ).

Das Einkommensteuerrecht enthält in verschiedenen Zusammenhängen Regelungen, die eine Rechtsnachfolge berücksichtigen. Zum Verlustabzug enthält das Einkommensteuerrecht aber keine Nachfolgeregelung (, Rn 14).

Auch kommt betreffend den Verlustabzug eine analoge Anwendung anderer Bestimmungen zur Rechtsnachfolge - wie etwa jener des UmgrStG - im Falle einer Betriebsübertragung unter Lebenden (Verkauf, Schenkung) nicht in Betracht (vgl zB Zorn, RdW 2013, 354 355); dies aus nachstehenden Gründen:

Der Einkommensteuer ist jenes Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Der Besteuerung wird also nicht das Lebenseinkommen zugrunde gelegt, sondern das Einkommen eines Kalenderjahres (Prinzip der Abschnittsbesteuerung). Der Verlustabzug ist ein Hilfsmittel, die engen Schranken dieser Kalenderjahresbesteuerung zu überspringen. Er dient dazu, zu verhindern, dass der Steuerpflichtige Einkommen zu versteuern hat, obwohl er in der Vergangenheit einen Verlustüberhang erlitten hat. Der Verlustabzug dient aber insoweit nur dazu, eine Verrechnung von Einkünften des Steuerpflichtigen mit von ihm in der Vergangenheit erlittenen Verlusten herbeizuführen, um seine Leistungsfähigkeit periodenübergreifend zu berücksichtigen. Eine steuersubjektübergreifende Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit ist aber nicht geboten, da Verluste, die der Rechtsvorgänger erlitten hat, im Allgemeinen nicht die Leistungsfähigkeit des Rechtsnachfolgers beeinträchtigen (vgl zum Ganzen , Rn 16-18 mwH).

Wurde - wie im gegenständlichen Beschwerdefall - ein Betrieb unter Lebenden übertragen, ist zu berücksichtigen, dass der bisherige Betriebsinhaber den Verlustvortrag weiterhin geltend machen kann (vgl Zorn, RdW 2013, 354 355; Jakom/Peyerl EStG 2024 § 18 Rz 78). Dies unterscheidet den gegenständlichen Fall von Fällen einer Gesamtrechtsnachfolge, in denen der Rechtsvorgänger bzw der bisherige Betriebsinhaber keine Möglichkeit mehr hat, einen Verlustabzug geltend zu machen (vgl Peyerl, Die Verlagerung von Einkünften 519; Zorn, RdW 2013, 354 355). Das Fehlen einer Nachfolgeregelung betreffend den Verlustabzug führt somit im Beschwerdefall nicht zu einer Gesetzeslücke, die zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung im Wege der Analogie geschlossen werden müsste (vgl dazu zB ).

Da eine Übertragung des Verlustabzugs vom bisherigen Betriebsinhaber auf den Beschwerdeführer somit auch nicht auf eine analoge Anwendung anderer Bestimmungen zur Rechtsnachfolge (insbesondere jener des UmgrStG) gestützt werden kann, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen waren, folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war.

Salzburg, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
XAAAF-66184