Schätzung von Besteuerungsgrundlagen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen
a) die von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2014 bis 2016,
b) die von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2016,
c) den von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheid über die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2017,
d) den von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheid über die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2017,
e) die von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2014 bis 2017,
f) die von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2017 und
g) die von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2014 und 2015
I. zu Recht erkannt:
1. Die Bescheidbeschwerde gegen die von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2014 bis 2017 wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.
2. Die Bescheidbeschwerde gegen die von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2017 wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.
3. Die Bescheidbeschwerde gegen die von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2014 und 2015 wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.
4. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II. den Beschluss gefasst:
1. Die Bescheidbeschwerde gegen die von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2014 bis 2016 wird gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO als zurückgenommen erklärt.
2. Die Bescheidbeschwerde gegen die von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2016 wird gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO als zurückgenommen erklärt.
3. Die Bescheidbeschwerde gegen den von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheid über die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2017 wird gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO als zurückgenommen erklärt.
4. Die Bescheidbeschwerde gegen den von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Bescheid über die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2017 wird gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO als zurückgenommen erklärt.
5. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 und 9 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
1. Die belangte Behörde hat nach Durchführung einer Außenprüfung mit am ausgefertigten Bescheiden das Verfahren betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2016 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wiederaufgenommen, für diese Jahre neue Sachbescheide erlassen sowie die Bescheide betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für das Jahr 2017 gemäß § 299 BAO aufgehoben und ebenfalls neue Sachbescheide für dieses Jahr erlassen.
2. Mit Schreiben vom hat der Beschwerdeführers das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde erhoben.
3. Die belangte Behörde hat mit den am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidungen die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2017 als unbegründet abgewiesen.
4. Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom den Antrag auf Entscheidung des Bundesfinanzgerichts über die Bescheidbeschwerde zu den Bescheiden über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2014 bis 2016, die Aufhebung der Bescheide betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für das Jahr 2017 und die Sachbescheide betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2017 gestellt.
5. Die belangte Behörde hat mit den am ausgefertigten Aufhebungsbescheiden gemäß § 299 BAO die Bescheide betreffend die am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidungen hinsichtlich Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2016 sowie die ebenfalls am ausgefertigte Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2017 aufgehoben.
6. Die belangte Behörde hat mit den am ausgefertigten Bescheiden ausgesprochen, dass die Beschwerde gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2016 und die Beschwerde gegen den Bescheid über die Aufhebung gemäß § 299 BAO betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für das Jahr 2017 gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen gelten.
7. Die belangte Behörde hat am nach der mit Schreiben des Beschwerdeführers vom eingebrachten Vorlageerinnerung und dem am zu GZ. RV3100164/2022 erteilten Auftrag des Bundesfinanzgerichts diesem die Bescheidbeschwerde zur Entscheidung vorgelegt.
8. Der Beschwerdeführer hat mit dem am über FinanzOnline eingebrachten Schreiben das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gegen den Bescheid über die Zurücknahme der Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2016 und gegen den Bescheid über die Zurücknahme der Beschwerde gegen die Bescheide über die Aufhebung gemäß § 299 BAO betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für das Jahr 2017 erhoben.
9. Das Bundesfinanzgericht hat mit der am ausgefertigten Verständigung die Parteien des Verfahrens gemäß § 281a BAO über Folgendes in Kenntnis gesetzt:
"Trotz erfolgter Vorlage der Beschwerde nach einer vom Beschwerdeführer eingereichten Vorlageerinnerung ist die Zuständigkeit zur Erledigung der Bescheidbeschwerde nicht auf das Bundesfinanzgericht übergegangen. Die belangte Behörde muss noch Beschwerdevorentscheidungen erlassen, da sie die bereits am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidungen betreffend Umsatzsteuer 2014 bis 2017 und Einkommensteuer 2014 bis 2017 mit Bescheiden vom (richtig: 2022) gemäß § 299 BAO aufgehoben hat. Hinsichtlich der Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahr 2014 bis 2016 und Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides und des Einkommensteuerbescheides 2017 gemäß § 299 BAO sind noch keine Beschwerdevorentscheidungen ergangen."
10. Die belangte Behörde hat mit den am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidungen den Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2014 abgeändert und die Beschwerde zu den Bescheiden betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2014 bis 2017 sowie Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2017 sowie die Beschwerde zum Bescheid über die Zurücknahme der Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2016 und die Beschwerde gegen den Bescheid über die Zurücknahme der Beschwerde gegen die Bescheide über die Aufhebung gemäß § 299 BAO betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für das Jahr 2017 als unbegründet abgewiesen.
11. Mit dem am über FinanzOnline eingebrachten Schreiben hat der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt.
12. Die belangte Behörde hat mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht die Bescheidbeschwerde zur Entscheidung vorgelegt.
13. Das Bundesfinanzgericht hat mit dem am zu GZ. RV/3100132/2023 ausgefertigten Erkenntnis den von der belangten Behörde am ausgefertigten Bescheid über die Zurücknahme der Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2016 und den von der belangten Behörde Finanzamt am ausgefertigten Bescheid über die Zurücknahme der Beschwerde gegen die Bescheide über die Aufhebung gemäß § 299 BAO betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für das Jahr 2017 gemäß § 279 Abs. 1 BAO aufgehoben, weil die Bescheide rechtswidrig (nicht als Beschwerdevorentscheidung) ergangen sind. Gleichzeitig hat das Bundesfinanzgericht die Parteien des Verfahrens gemäß § 281a BAO davon in Kenntnis gesetzt, dass noch Beschwerdevorentscheidungen im Verfahren betreffend die Beschwerde gegen die von der belangten Behörde am ausgefertigten Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2016 und über die Aufhebung gemäß § 299 BAO betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für das Jahr 2017 zu erlassen sind.
14. Die belangte Behörde hat mit den am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidungen die Beschwerde gegen die am ausgefertigten Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2016 und über die Aufhebung gemäß § 299 BAO betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für das Jahr 2017 gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen erklärt.
15. Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom die Entscheidung über die Beschwerde gegen die am ausgefertigten Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2016 und über die Aufhebung gemäß § 299 BAO betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für das Jahr 2017 beantragt.
II. Sachverhalt
Folgender Sachverhalt ist für das Bundesfinanzgericht entscheidungswesentlich und erwiesen:
1. Wiederaufnahmebescheide und Aufhebungsbescheide
1.1. Die belangte Behörde hat mit dem am ausgefertigten Bescheid dem Beschwerdeführer aufgetragen, bis zum einen Inhaltlichen Mangel der Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2016 zu beheben. Der inhaltliche Mangel betraf das Fehlen der Begründung, weshalb eine Wiederaufnahme des Verfahrens vom Amts wegen nicht gerechtfertigt war. Der Beschwerdeführer wurde darauf hingewiesen, dass bei Versäumen der Frist die Beschwerde als zurückgenommen gilt.
1.2. Die belangte Behörde hat mit dem am ausgefertigten Bescheid dem Beschwerdeführer aufgetragen, bis zum einen Inhaltlichen Mangel der Beschwerde gegen die Bescheide über die Aufhebung gemäß § 299 BAO betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für das Jahr 2017 zu beheben. Der inhaltliche Mangel betraf das Fehlen der Begründung, weshalb die Aufhebung gemäß § 299 BAO von Amts wegen nicht gerechtfertigt war. Der Beschwerdeführer wurde darauf hingewiesen, dass bei Versäumen der Frist die Beschwerde als zurückgenommen gilt.
1.3. Die am ausgefertigten Mängelbehebungsaufträge wurden dem Beschwerdeführer am 23. Februar 2022in die DATABOX zugestellt. Den Aufträgen wurde nicht entsprochen, die geforderten Begründungen wurden der belangten Behörde nicht bis zum Ablauf der gesetzten Frist am bekanntgegeben.
2. Sachbescheide Umsatzsteuer und Einkommensteuer
Die Aufzeichnungen des Beschwerdeführers sind sachlich unrichtig und weisen formelle Mängel auf, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen. Es wurden keine Arbeitsaufzeichnungen geführt, nicht alle Einnahmen in der Gewinnermittlung erfasst und Grundaufzeichnungen hinsichtlich der Erlösermittlung nicht aufbewahrt.
III. Beweiswürdigung
1. Der unter Punkt II.1. dargestellte Sachverhalt ist für das Bundesfinanzgericht nach der Aktenlage (Mängelbehebungsaufträge samt Zustellnachweis) erwiesen.
2. Punkt II.2. ist für das Bundesfinanzgericht nach der Aktenlage erwiesen, insbesondere den Feststellungen im Bericht über die Außenprüfung vom , wo ausgeführt wird, dass die Stundenaufzeichnungen der Mitarbeiter aufgrund täglich identer Beginn- und Endzeiten sowie identer Pausen als nachgeschrieben gewertet werden oder zwei Arbeitsaufzeichnungen der Söhne des Beschwerdeführers vorliegen, die hinsichtlich der Arbeitszeiten voneinander abweichen. Diese Tatsache wurde mit den Ausführungen in der Beschwerdeschrift bestätigt. Weiters verweist der Bericht darauf, dass Grundaufzeichnungen der Rechnungslegung (Ermittlung der Leistungszeiträume, der durchgeführten Arbeiten, Baunotizen) nicht aufbewahrt wurden, was ebenfalls mit Ausführungen in der Beschwerdeschrift bestätigt wurde. Nach dem Bericht über die Außenprüfung fehlt zudem auf einem Großteil der Ausgangsrechnungen der Leistungszeitraum, Ausgangsrechnungen wurden nachgeschrieben oder sind mit den Stundenaufzeichnungen nicht plausibel (Stundenaufzeichnungen der Söhne und Mitarbeiter des Beschwerdeführers nach einer letzten Ausgangsrechnung). In der Beschwerdeschrift wird zu den Aufzeichnungsmängeln im Wesentlichen auf die psychische und physische Konstitution des Beschwerdeführers verwiesen. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die von der Außenprüfung festgestellten gravierenden Mängel der Aufzeichnungen (keine Grundlagen der Rechnungslegung, wie Baunotizen, doppelt nachgeschriebene Stundenaufzeichnungen der Söhne, fehlender Leistungszeitraum auf den Ausgangsrechnungen, umdatierte und doppelt ausgestellte Ausgangsrechnungen) die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen in Zweifel ziehen, womit die diesbezügliche Feststellung der belangten Behörde für das Bundesfinanzgericht erwiesen ist.
IV. Rechtliche Beurteilung
1. Wiederaufnahmebescheide und Aufhebungsbescheide
1.1. Gemäß § 258 Abs. 1 lit. d BAO hat eine Bescheidbeschwerde eine Begründung zu enthalten.
1.2. Nach § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung. Inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt. Werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
1.3. Nachdem für das Bundesfinanzgericht die Tatsache erwiesen ist, dass der Beschwerdeführer dem Auftrag der belangten Behörde, die gemäß § 260 Abs. 1 lit. d BAO gesetzlich geforderte Begründung zur Bescheidbeschwerde nachzureichen, nicht fristgerecht entsprochen hat (Punkt II.1. und III.1.), war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2016 sowie die Beschwerde gegen die Bescheide über die Aufhebung gemäß § 299 BAO betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für das Jahr 2017 gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO als unbegründet abzuweisen.
3. Sachbescheide Umsatzsteuer und Einkommensteuer
3.1. Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese gemäß § 184 Abs. 1 BAO zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist gemäß § 184 Abs. 2 BAO insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (§ 184 Abs. 1 BAO) wesentlich sind. Zu schätzen ist gemäß § 184 Abs. 3 BAO ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.
3.2. Nachdem für das Bundesfinanzgericht erwiesen ist (Punkt II.2. und III.2.), dass die Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind und solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen, hat die belangte Behörde gemäß § 184 BAO zu Recht die Grundlagen für die Abgabenerhebung im Wege einer Schätzung ermittelt. Der steuerbare Umsatz wurde aufgrund dieser Schätzung im Jahr 2014 um € 7.000,00, in den Jahren 2015 bis 2017 um jeweils € 10.000,00 erhöht. Im Jahr 2017 wurde der steuerbare Umsatz aufgrund einer doppelt verbuchten Rechnung um einen Betrag von € 900,00 reduziert. Bei der Einkommensteuer wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Jahr 2014 um € 6.090,00, im Jahr 2015 um € 11.310,00, im Jahr 2016 um € 7.192,00 und im Jahr 2017 um € 6.409,00 im Wege der Schätzung erhöht. Strittig ist die Höhe der Hinzurechnungen.
3.3. Die Erhöhung der Bemessungsgrundlagen der Umsatzsteuer und der Einkommensteuer um genannten Beträge ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts nachvollziehbar und gerechtfertigt. Dies aus den folgenden Gründen:
3.3.1. Die belangte Behörde hat anlässlich der Außenprüfung eine Nachkalkulation (Leistungskalkulation) vorgenommen und eine Vermögensdeckungsrechnung aufgestellt. Die Leistungskalkulation ergab für den Prüfungszeitraum (die Jahre 2014 bis 2017) eine Abweichung (Erlösdifferenz) von € 68.900. Einwendungen des Beschwerdeführers, dass er durch längere Stehzeiten, seinen gesundheitlichen Zustand und fehlenden Deutschkenntnissen keine Arbeitsauslastung von 100% erbringen könne, hat die belangte Behörde als glaubhaft angesehen und die kalkulatorischen Differenzen im Prüfungszeitraum auf einen Betrag von € 40.000,00 reduziert (€ 7.000,00 für das Jahr 2014, € 13.000,00 für das Jahr 2015, und je € 10.000 für die Jahre 2016 und 2017). Grundlage für die Leistungskalkulation war ein Stundensatz von € 35. Dieser wurde anhand der vorgelegten Unterlagen ermittelt. Dabei wurde aus 18 Ausgangsrechnungen, auf denen der verrechnete Stundensatz angegeben war, der Durchschnitt ermittelt. Diese Ausgangsrechnungen verteilten sich auf den gesamten Prüfungszeitraum. Acht aus dem Jahr 2014, drei aus dem Jahr 2015, zwei aus dem Jahr 2016 und fünf aus dem Jahr 2017. Der so ermittelte Stundensatz wurde mit den produktiven Arbeitsstunden multipliziert. Für die Mitarbeiter und den Unternehmer selbst wurde mit Rücksicht auf das Parteienvorbringen ein Abschlag vorgenommen und die Produktivität mit 60% angesetzt. Die belangte Behörde rechtfertigt diesen Prozentsatz mit dem glaubhaften Vorbringen, dass eine Produktivität von üblicherweise 80% aufgrund von vermehrten Stehzeiten, die sich wegen dem gesundheitlichen Zustand und den fehlenden Deutschkenntnissen des Unternehmers ergaben, nicht erreicht werden konnte. Für die im Unternehmen des Beschwerdeführers als Mitarbeiter tätigen Söhne wurde ebenfalls die auf 60% reduzierte Produktivität angesetzt, da die belangte Behörde das Vorbringen als glaubhaft erachtete, dass sie mehr unproduktive Arbeiten als bei einem durchschnittlichen Unternehmen erledigten.
3.3.2. Die belangte Behörde hat zudem eine Berechnung der Geldmittel vorgenommen, die der Familie des Beschwerdeführers im Prüfungszeitraum zur Verfügung standen. Diese ergab ein negatives Ergebnis im Jahr 2016 obwohl nur die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel ohne Lebenshaltungskosten angesetzt wurden. Aufgrund von Einwendungen und der Vorlage von Unterlagen hat die belangte Behörde bei den Geldmitteln finanzielle Unterstützungen der Söhne im Ausmaß von rund € 68.700 als glaubwürdig erachtet berücksichtigt. Dass Kostgeld von den Söhnen entrichtet worden ist, war für die belangte Behörde glaubwürdig, nicht aber, dass das Kostgeld die gesamten Einkünfte der Söhne umfasst. Unter Berücksichtigung der Unterstützung der Söhne im angeführten Ausmaß sowie dem Ansatz der vom Beschwerdeführer zu tragenden Aufwendungen für GIS-Vorschreibungen, Stromkosten, Miete und monatlicher Verbrauchsausgaben für private Haushalte errechnete die belangte Behörde einen Negativbetrag an zur Verfügung stehenden Geldmitteln im Prüfungszeitraum in Höhe von € 38.000. Die monatlichen Verbrauchsausgaben wurden nach der von STATISTK AUSTRIA veröffentlichten Tabelle zur Konsumerhebung angesetzt, wobei beachtet wurde, dass von der Familie des Beschwerdeführers keine alkoholischen Getränke, Tabakwaren oder dergleichen konsumiert wurden.
3.3.3. Das Schätzungsverfahren wurde nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts einwandfrei durchgeführt. Das Ergebnis der Leistungskalkulation wird mit jenem aus der Berechnung der zur Verfügung stehenden Geldmittel bestätigt. Das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde sei auf die Argumente des Beschwerdeführers nicht eingegangen, kann das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehen. Soweit der Stundensatz von € 35 bestritten wird, ist darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde diesen nicht falsch geschätzt, sondern anhand von Ausgangsrechnungen des Beschwerdeführers nachvollziehbar ermittelt hat. Zum umfangreich und wiederholt vorgebrachten Argument, die Krankheit des Beschwerdeführers sei bei der Kalkulation nicht berücksichtigt worden, ist anzumerken, dass die belangte Behörde die Produktivität mit nur 60% angesetzt hat, also deutlich unter der erfahrungsgemäß mit 80% anzusetzenden produktiven Arbeitsleistung. Zudem hat sie diesen reduzierten Prozentsatz bei der Berechnung der Produktivität sämtlichen Mitarbeitern berücksichtigt, also auch jener der mitarbeitenden Söhne. Die Ergebnisse aus beiden Verfahren (Leistungskalkulation und Berechnung der zur Verfügung stehenden Geldmittel) sind konsistent und rechtfertigen nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts die am Ergebnis der Leistungskalkulation orientierten Hinzurechnungen der belangten Behörde bei den Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer und die Einkommensteuer der Jahre 2014 bis 2017. Die belangte Behörde hat, deutlich erkennbar aus den Unterlagen zur Außenprüfung, einen erheblichen Aufwand betrieben, um dem umfangreichen Vorbringen des Beschwerdeführers Rechnung zu tragen und diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Das zeigt sich bei den für das Bundesfinanzgericht großzügigen Abzügen in der Leistungskalkulation für die unproduktiven Zeiten ebenso wie bei der Berechnung der zur Verfügung stehenden Geldmittel, wo behauptete innerfamiliäre Unterstützungen in Form von Barzahlungen und Sachleistungen in erheblichen Ausmaß als glaubwürdig gewertet wurden. Sinn der Schätzung im Abgabenverfahren ist es, der Wahrheit möglichst nahe zu kommen, somit ein Ergebnis zu erreichen, von dem anzunehmen ist, dass es die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich hat und den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommt. Dem hat das Ermittlungsverfahren belangte Behörde jedenfalls entsprochen. Die mit der Schätzung verbundene Ungewissheit muss der Beschwerdeführer hinnehmen, der zur Schätzung Anlass gegeben hat. Somit war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde in diesem Punkt gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen.
4. Anspruchszinsen
Nach Maßgabe des § 205 BAO werden für den Zeitraum zwischen dem 1. Oktober des auf das Entstehen des Abgabenanspruchs folgenden Jahres und der Bekanntgabe des Abgabenbescheids Anspruchszinsen (Nachforderungszinsen oder Gutschriftzinsen) festgesetzt. Anspruchszinsen sind zur festgesetzten Abgabe (Einkommensteuer) formell akzessorisch. Sie sind insoweit von der festgesetzten Abgabe zu berechnen, als ihre Bemessungsgrundlage von der Höhe der festgesetzten Abgabe abhängt. Die Festsetzung von Anspruchszinsen ist selbständig anfechtbar. Im Hinblick auf die Bindungswirkung kann jedoch eine Anfechtung mit der Begründung, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig, von vornherein nicht zum Erfolg führen. Ändert sich die Bemessungsgrundlage von Anspruchszinsen mit der Höhe der festgesetzten Abgabe, bietet eine verfahrensrechtliche Handhabe zur Anpassung der Anspruchszinsenfestsetzung § 295 Abs. 3 BAO (; ). Die Bescheidbeschwerde erweist sich in diesem Punkt daher schon aus verfahrensrechtlichen Gründen als nicht gerechtfertigt.
5. Anträge gemäß §§ 272 und 274 BAO
Der Beschwerdeführer im Anbringen vom die Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 BAO und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 BAO beantragt. Ein Rechtsanspruch darauf vermittelt nur eine Antragstellung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag, eine spätere Antragstellung genügt nicht ().
V. Zulässigkeit einer Revision
Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes und nach Art. 133 Abs. 4 und 9 B-VG ist gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Frage stellt sich im Beschwerdefall nicht. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.
Rechtsbelehrung
[...]
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 295 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 258 Abs. 1 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100120.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
TAAAF-66168