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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.03.2025, RV/7400377/2018

Haftung des ehemaligen Geschäftsführers für Kommunalsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pagitsch in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über dessen Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabewesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben, vom betreffend aushaftender Abgabenschuldigkeiten der "***Firma1*** in Liquidation (vormals ***Firma2***), Zahl ***Zahl1***, zu Recht erkannt:

I.) Der Beschwerde wird gem. § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftungsinanspruchnahme auf folgende Abgabenschuldigkeiten eingeschränkt:


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag in €
Kommunalsteuer
09/2011
5,03
Kommunalsteuer
10/2011
45,00
Kommunalsteuer
11/2011
45,00
Kommunalsteuer
12/2011
45,00
Kommunalsteuer
01/2012
45,00
Kommunalsteuer
02/2012
45,00
Kommunalsteuer
03/2012
45,00
Kommunalsteuer
04/2012
45,00
Kommunalsteuer
05/2012
45,00
Kommunalsteuer
06/2012
45,00
Kommunalsteuer
07/2012
45,00
Kommunalsteuer
08/2012
45,00
Kommunalsteuer
09/2012
45,00
Kommunalsteuer
10/2012
45,00
Kommunalsteuer
11/2012
45,00
Kommunalsteuer
12/2012
45,00
SUMME
680,03

  • Der Haftungsbetrag reduziert sich daher von € 1.004.83 auf € 680,03.

II.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben vom wurde dem Beschwerdeführer die Gelegenheit gegeben hinsichtlich einer möglichen Haftungsinanspruchnahme als ehemaliger Geschäftsführer der ***Firma2***, nunmehr "***Firma1*** in Liquidation, betreffend Kommunalsteuer 1-12/2011 und 1-12/2012, Säumniszuschlag 1-12/2012 und Dienstgeberabgabe 1-12/2011 und 1-12/2012 Stellung zu nehmen und mit ergänzenden Schreiben vom eine Liquiditätsaufstellung vorzulegen.

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Einstellung des Haftungsverfahrens, da die Schätzung der Abgaben in eine Zeit gefallen sei, welche außerhalb seines Verantwortungsbereiches gelegen sei.

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer als ehemaliger Geschäftsführer der ***Firma2***, nunmehr "***Firma1*** in Liquidation, für die oben genannten Abgaben iHv insgesamt € 1.004,83 zur Haftung herangezogen.

Mit E-Mail vom teilte der Beschwerdeführer mit, dass er weder Beschäftigter, noch Geschäftsführer oder Gesellschafter der "***Firma1*** in Liquidation gewesen sei. Am ersuchte er diese E-Mail als Beschwerde zu werten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben, da sich der Haftungsbetrag aufgrund Ratenzahlungen eines weiteren Gesamtschuldners auf € 764,83 reduziert habe.

Mit Schriftsatz vom brachte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag ein, da seinem Rechtsstandpunkt in keinster Weise stattgegeben worden sei und beantragte zudem die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde samt wesentlicher Aktenteile dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde auf Anfrage mit, dass die Haftung bezüglich Dienstgeberabgabe auszuscheiden sei und sich der Haftungsbetrag auf € 690,83 reduziere. Zudem übermittelte sie eine monatliche Aufgliederung der haftungsrelevanten Abgaben.

Am teilte das Gericht dem Beschwerdeführer per E-Mail mit, dass sich der Haftungsbetrag verringere und stellte klar, dass sich die Haftung ausschließlich auf Abgaben beziehe deren Fälligkeit in der Zeit seiner Geschäftsführertätigkeit bei der ***Firma2*** beziehe.

Noch am selben Tag teilte der Beschwerdeführer per E-Mail mit, dass er nun die Sache verstanden habe, die Haftung im reduzierten Umfang anerkenne und seinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückziehe.

Am teilte die belangte Behörde auf Anfrage telefonisch mit, dass es keinen Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages gebe und dieser erstmalig mit dem Haftungsbescheid geltend gemacht worden sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Festgestellter Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war vom bis alleiniger Geschäftsführer der ***Firma2***. Am wurde der Firmenname auf "***Firma1*** geändert. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum1*** wurde über das Vermögen dieser Gesellschaft der Konkurs eröffnet, die Gesellschaft aufgelöst und der Konkurs nach Verteilung an die Massegläubiger am aufgehoben.

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer für folgende Abgabenschuldigkeiten der "***Firma1*** in Liquidation zur Haftung gem. § 6a Abs. 1 KommStG und § 6a WDAG herangezogen:


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag in €
Kommunalsteuer
1-12/2011
340,03
Kommunalsteuer
1-12/2012
540,00
Säumniszuschlag
1-12/2012
10,80
Dienstgeberabgabe
1-12/2011
38,16
Dienstgeberabgabe
1-12/2012
75,84
GESAMT
1.004,83

Die angeführte Kommunalsteuer wurde im Zuge einer abgabenrechtlichen Prüfung am im Schätzungswege ermittelt, da der Gesellschafter-Geschäftsführer als Dienstnehmer qualifiziert wurde. Die Dienstgeberabgabe resultiert aus Schätzungen, deren Grundlagen nicht mehr feststellbar sind. Der Säumniszuschlag wurde erstmalig mit Erlassung des Haftungsbescheides am geltend gemacht.

Die monatliche Aufteilung der Kommunalsteuer und deren Fälligkeit gliedern sich wie folgt:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeit
Betrag in €
Kommunalsteuer
09/2011
5,03
Kommunalsteuer
10/2011
45,00
Kommunalsteuer
11/2011
45,00
Kommunalsteuer
12/2011
45,00
Kommunalsteuer
01/2012
45,00
Kommunalsteuer
02/2012
45,00
Kommunalsteuer
03/2012
45,00
Kommunalsteuer
04/2012
45,00
Kommunalsteuer
05/2012
45,00
Kommunalsteuer
06/2012
45,00
Kommunalsteuer
07/2012
45,00
Kommunalsteuer
08/2012
45,00
Kommunalsteuer
09/2012
45,00
Kommunalsteuer
10/2012
45,00
Kommunalsteuer
11/2012
45,00
Kommunalsteuer
12/2012
45,00

Diese Abgaben wurden noch nicht entrichtet und haften am Abgabenkonto aus.

Die Primärschuldnerin verfügte im haftungsrelevanten Zeitraum über ausreichende liquide Mittel. Der Beschwerdeführer betreibt seit das Einzelunternehmen ***Firma3***

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde, insbesondere aus dem Haftungsbescheid vom , den Kontoinformationen der "***Firma1*** in Liquidation, dem Firmenbuchauszug zu ***Zahl2*** und dem Schreiben der belangten Behörde vom und wird von den Parteien nicht bestritten. Dass liquide Mittel im haftungsrelevanten Zeitraum vorhanden waren, erschließt sich für das Gericht alleine schon aus den Jahresabschlüssen. Dass der Säumniszuschlag erst mit Erlassung des Haftungsbescheides am geltend gemacht worden ist, gab die belangte Behörde am telefonisch bekannt. Dies deckt sich mit dem Umstand, dass im vorgelegten Akt kein Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages zu finden ist.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Gem. § 11 Abs. 2 KommStG 1993 ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monats (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.

Gem. § 6 Abs. 1 WDGAG hat der Abgabepflichtige bis zum 15. Tag jedes Monats die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten.

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gem. § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (Abs. 2).

Gem. § 217a Z 2 BAO werden Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgaben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Säumniszuschläge, die den Betrag von fünf Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (Z 3).

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gem. § 6a KommStG 1993 neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gem. § 6a Wiener Dienstgeberabgabegesetz (WDGAG) neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Persönliche Haftungen erstrecken sich gem. § 7 Abs. 2 BAO auch auf Nebenansprüche im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2. Zu diesen Nebenansprüchen gehören gem. § 3 Abs. 2 lit. d insbesondere die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungs- und Aussetzungszinsen, der Säumniszuschlag und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens, worunter gem. § 26 AbgEO insbesondere Pfändungsgebühren und die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen (somit auch Postgebühren) fallen.

Gem. § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gem. § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme als Haftender ist eine Abgabenforderung gegen die vertretene Gesellschaft, deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt, eine erschwerte Einbringlichkeit der Abgabenforderung, die Stellung des Geschäftsführers als Vertreter, eine abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Vertreters, ein Verschulden des Vertreters an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit der Abgabe.

Da der Beschwerdeführer vom bis alleiniger Geschäftsführer der ***Firma2*** (nunmehr "***Firma1*** in Liquidation) war, ist dieser aufgrund des § 18 GmbHG ein Vertreter iSd der §§ 80 ff BAO. Ihm oblag es daher die abgabenrechtlichen Pflichten der Primärschuldnerin in diesem Zeitraum wahrzunehmen.

Des Weiteren hat die belangte Behörde im Schreiben vom selbst zugestanden, dass die Haftungsinanspruchnahme bezüglich Dienstgeberabgabe zu Unrecht erfolgte und eine Aufhebung der entsprechenden Gebührstellung veranlasst wird. Da auch für das Gericht die Schätzungsgrundlagen nicht nachvollziehbar sind, wird die Dienstgeberabgabe zur Gänze von der Haftung ausgeschieden. Darüber hinaus teilte die belangte Behörde mit, dass hinsichtlich der übrigen Abgaben Kommunalsteuer 2011 iHv € 140,03, Kommunalsteuer 2012 iHv € 540,00 und Säumniszuschlag 2012 iHv € 10,80 aushaftet. Die weitere Prüfung beschränkt sich daher nur mehr auf diese noch bestehenden Abgabenforderungen gegen die Primärschuldnerin.

Voraussetzung für die Geltendmachung der Haftung nach den oben genannten Bestimmungen ist, dass die Einbringung der Abgabe bei der Primärschuldnerin nicht ohne Schwierigkeiten möglich ist. Im Gegensatz zu § 9 BAO fordern die einschlägigen Bestimmungen daher nicht die Uneinbringlichkeit der Abgabe, sondern es reicht aus, dass die Einbringung nicht ohne Schwierigkeiten möglich ist. Es reicht somit bereits das Vorliegen eines typisierten Gefährdungstatbestandes wie etwa das im Gesetz genannte Kriterium der Eröffnung eines Insolvenzverfahren über den Vertretenen aus (vgl. Pinetz, Haftung von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern im Kommunalsteuerrecht, in Althuber, Geschäftsführer- und Vorstandshaftung im österreichischen Steuerrecht, 214).

Da am ***Datum1*** über das Vermögen der Primärschuldnerin der Konkurs eröffnet wurde und mit einer Verteilung an die Massegläubiger am beendet wurde, steht im Beschwerdefall sogar die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben fest.

Die Haftung erstreckt sich darüber hinaus nur auf Abgaben, deren Zahlungstermin (zB Fälligkeitszeitpunkt) in die Zeit der Vertretungstätigkeit fällt. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (zB ; ). Bei Selbstbemessungsabgaben (wie hier die Kommunalsteuer) ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (vgl ; ); maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird (; , 2001/16/0291). Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (zB Körperschaftsteuer) ist grundsätzlich die erstmalige Abgabenfestsetzung entscheidend ().

Wird ein Geschäftsführer zur Haftung für Kommunalsteuer für den Zeitraum 1-10/2011 herangezogen, ist eine Aufgliederung, welche Beträge auf welchen Monat entfallen, im Haftungsbescheid erforderlich (vgl ). Die belangte Behörde hat im Zuge des Beschwerdeverfahrens eine monatliche Aufgliederung der haftungsrelevanten Kommunalsteuer unter Verweis auf den Prüfungsbericht vom übermittelt. Dieser Bericht wurde dem Beschwerdeführer bereits im Zuge des Haftungsvorhalteverfahrens mit Schreiben vom zur Kenntnis gebracht, sodass dem Beschwerdeführer die monatlichen Beträge bekannt sind. Im Spruch dieser Entscheidung werden nunmehr entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die monatlichen Beträge der Kommunalsteuer dargestellt.

Zudem war dahingehend festzustellen, dass die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern gem. § 11 Abs. 2 KommStG jeweils am 15. des folgenden Monats fällig waren. Wie den festgestellten Sachverhalt entnommen werden kann, fallen sämtliche Fälligkeitszeitpunkte betreffend Kommunalsteuer für die Monate 9/2011 bis 12/2012 in den Zeitraum der Geschäftsführungstätigkeit des Beschwerdeführers bei der ***Firma2***. Aus diesem Grund geht der ursprüngliche Einwand des Beschwerdeführers ins Leere, er sei weder Beschäftigter, noch Geschäftsführer oder Gesellschafter der "***Firma1*** in Liquidation gewesen, zumal nur die Firmenbezeichnung der Gesellschaft am auf ***Firma1*** umbenannt wurde, die Gesellschaft als Rechtssubjekt selbst aber unverändert geblieben ist.

Bezüglich des Säumniszuschlages der Monate 1-12/2012 wird auf § 217a Z 2 BAO verwiesen, wonach Säumniszuschläge grundsätzlich erst mit Zustellung des Bescheids fällig werden. Der gegenständliche Säumniszuschlag wurde nach Angaben der belangten Behörde erstmalig mit dem Haftungsbescheid geltend gemacht und wurde daher erst mit Zustellung dieses Bescheides fällig. Daher liegt das Fälligkeitsdatum des Säumniszuschlages außerhalb der Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers, sodass dieser auszuscheiden war. Zudem beträgt der Säumniszuschlag nur € 0,90 pro Monat, sodass dieser spätestens im Zuge des Ermessens aufgrund der Geringfügigkeit und damit verbundener Folgen (zB Schwierigkeiten bei der Erbringung des Nachweises der Gläubigergleichbehandlung) auszusondern gewesen wäre.

Darüber hinaus ist für die Haftung nach § 6a Abs. 1 KommStG 1993 die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten erforderlich (zB ; ). Zu den abgabenrechtlichen Pflichten gehören vor allem die Abgabenentrichtung aus den Mitteln, die der Vertreter verwaltet, die Führung gesetzmäßiger Aufzeichnungen, die zeitgerechte Einreichung von Abgabenerklärungen und die Offenlegungs- und Wahrheitspflicht. Es ist unstrittig, dass die streitgegenständlichen Kommunalsteuern nicht zum Fälligkeitszeitpunkt entrichtet wurden, sodass eine abgabenrechtliche Pflicht verletzt wurde. Die schuldhafte Pflichtverletzung liegt somit jeweils in der Nichtentrichtung einer monatlich selbst zu bemessenden Abgabe (Kommunalsteuer) bei deren Fälligkeit am 15. des nächstfolgenden Monats.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht bei der Frage, ob der Vertreter schuldhaft eine Abgabenpflicht verletzt hat, eine qualifizierte Mitwirkungspflicht des Vertreters. Der Vertreter hat dabei darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten nicht möglich war. Andernfalls kann eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden (vgl. ; ). In diesem Zusammenhang muss der Vertreter allerdings keinen negativen Beweis dafür vorbringen, dass keine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegt, sondern lediglich eine konkrete, schlüssige Darstellung der Gründe, die einer rechtzeitigen Abgabenentrichtung im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgaben entgegengestanden sind (vgl. ; ). Diese Rechtsprechung hat der VwGH auch auf die Haftungsbestimmungen für die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe übertragen ().

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine schuldhafte Verletzung der dem Vertreter auferlegten abgabenrechtlichen Pflichten ausgeschlossen, wenn dem Abgabenschuldner im Fälligkeitszeitpunkt der Abgaben die notwendigen liquiden Mittel fehlen (vgl. , ). In einem solchen Fall trifft den Vertreter lediglich die Pflicht für die Abgabenentrichtung aus den vorhandenen Mittel der Gesellschaft zu sorgen (vgl. ). Der Vertreter, der Abgabenschulden bei Fälligkeit nicht vollständig entrichtet, verstößt nicht gegen die Gleichbehandlungspflicht, wenn die Mittel, die ihm zur Verfügung stehen, nicht für die Begleichung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen ausreichen, er aber die Abgabenschulden im Vergleich zur Summe der anderen Verbindlichkeiten nicht schlechter behandelt und sie diesem Verhältnis entsprechend anteilig erfüllt (vgl. ; ). Eine Benachteiligung des Abgabengläubiger liegt vor, wenn Schuldtilgungen nur hinsichtlich anderer als der Abgabenschulden vorgenommen werden (). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auch auf Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs erforderlich sind (vgl. ; ). Gegen das Gebot der Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger kann auch verstoßen werden, wenn zB Löhne und Gehälter geleistet werden, die Abgabenschulden aber unberücksichtigt bleiben (vgl. ).

Gegenständlich konnte der Beschwerdeführer die von der belangten Behörde mehrmals geforderte taugliche Liquiditätsaufstellung und den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung nicht erbringen. Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung des Beschwerdeführers bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden somit nicht in Betracht (). Im Übrigen hat der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom die Haftung bezüglich der Kommunalsteuer mittlerweile anerkannt.

Die Haftungsinanspruchnahme setzt eine Kausalität zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung und dem Abgabenausfall voraus. Wie zuvor dargestellt, geht das Bundesfinanzgericht von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers aus. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes spricht bei schuldhafter Pflichtverletzung die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgabe, (vgl. ; ). Es haben sich zudem im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht keine Anhaltspunkte ergeben, die darauf hindeuten könnten, dass die oben beschriebene Pflichtverletzung des Beschwerdeführers nicht kausal für die Uneinbringlichkeit der Abgabe gewesen ist.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ) ist dem Element der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit im Rahmen der behördlichen Ermessensübung besondere Bedeutung beizumessen. Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder der Feststellung der erschwerten Einbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits ist ein Umstand, den die Abgabenbehörde bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht lassen darf. Ein solcher Umstand kann jedoch auch lediglich einer von mehreren Gesichtspunkten sein, die im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen sind. Inwieweit dieser Gesichtspunkt beim Ermessen Berücksichtigung findet, hängt vom Einzelfall ab (zB ; ; ).

Eine Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit zwischen Entstehen der Abgabenschuld bzw. Feststellung der erschwerten Einbringlichkeit und Inanspruchnahme der Vertreterin, die eine Reduktion des Haftungsbetrages im Ermessens rechtfertigt, ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht gegeben. Im vorliegenden Fall sind Gegenstand der Haftung des Geschäftsführers frühestens im Oktober 2012 fällige Abgabenschulden. Der betreffende Haftungsbescheid wurde am erlassen. Zwischen der Eröffnung des Konkursverfahrens über die Primärschuldnerin im Dezember 2013 und der Erlassung des Haftungsbescheides liegen knapp 3 Jahre. Darin ist noch kein langer Zeitraum zu sehen (vgl. etwa ; ).

Vom Beschwerdeführer wurden darüber hinaus keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Ermessensübung bewirken hätten können.

Im Ergebnis erfolgte aufgrund der oben ausgeführten Erwägungen daher die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Haftungspflichtiger für die im Spruch angeführten Abgabenschuldigkeiten der "***Firma1*** in Liquidation, vormals ***Firma2***.

Bezüglich des vom Beschwerdeführer in der E-Mail vom ins Treffen geführte Begehren den Haftungsbetrag in drei Raten entrichten zu können, wird dieser darauf hingewiesen, dass ein etwaiges Ratenansuchen bei der belangten Behörde einzureichen ist und wird der Beschwerdeführer aufgrund der Aktenlage wohl mit einer positiven Erledigung seines Antrages auf Zahlungserleichterung zu rechnen haben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Über die sich im gegenständlichen Fall stellende Rechtsfrage der Heranziehung des organschaftlichen Vertreters einer GmbH zur Haftung für deren Abgabenschulden wurde im Sinne der oben wiedergegebenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entschieden. Darüber hinaus hing die Entscheidung von auf Ebene der Beweiswürdigung zu klärenden Sachfragen ab. Eine Revision ist daher unzulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
JAAAF-66167