VwGH 28.04.1993, AW 92/10/0271
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Stattgebung - naturschutzbehördliche Bewilligung von Baumaßnahmen nach dem Salzburger Naturschutzgesetz - Die Salzburger Landesumweltanwaltschaft ist als Amtspartei vom Gesetzgeber dazu berufen, nach Maßgabe der ihr gesetzlich eingeräumten Mitwirkungsbefugnisse das öffentliche Interesse am Schutz der Umwelt - hier handelt es sich um das öffentliche Interesse des Landschaftsschutzes - zu vertreten. Insofern ist dann, wenn eine Amtspartei vor dem Verwaltungsgerichtshof die Rechtswidrigkeit des einen Dritten begünstigenden Verwaltungsaktes behauptet (vgl Art 131 Abs 2 B-VG), der mit der Ausübung der eingeräumten Berechtigung durch den Dritten "für den Beschwerdeführer verbundenen Nachteil" als ein Nachteil für die von der Amtspartei wahrzunehmenden öffentlichen Interessen zu verstehen. |
Norm | VwGG §30 Abs2 |
RS 2 | Stattgebung - naturschutzbehördliche Bewilligung von Baumaßnahmen nach dem Salzburger Naturschutzgesetz - Durch die Vornahme der bewilligten Baumaßnahmen wird das Aussehen des Hauses in einer Weise geändert, die die Bauführung bei Obsiegen des Beschwerdeführers als eine Maßnahme erscheinen läßt, durch die die besondere landschaftliche Schönheit oder das Landschaftsgefüge des Landschaftsschutzgebietes, allenfalls dessen Bedeutung für die Erholung der Bevölkerung oder den Fremdenverkehr als naturnahe Kulturlandschaft im Sinne des § 4 Abs 1 der Allgemeinen Landschaftsschutzverordnung in abträglicher Weise beeinflußt wird. Das Salzburger Naturschutzgesetz 1977 beschränkt nun den Schutz der Landschaft nicht auf einen Schutz gegen Eingrifffe von einer bestimmten Mindestdauer. Jedenfalls ist auch die für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einschließlich der Verfahren zur Erlassung und Vollstreckung eines Entfernungsauftrages zu besorgende abträgliche Beeinflussung der Landschaft in ihren im eben erwähnten § 4 Abs 1 der Allgemeinen Landschaftsschutzverordnung speziell zum Schutzobjekt gemachten Ausprägungen (vgl auch § 14 Abs 2 iVm § 12 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1977 idF LGBlNr 41/1992) in die Interessenabwägung im Sinne des § 30 Abs 2 VwGG einzubeziehen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Salzburger Landesumweltanwaltschaft in 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Franz Meißnitzer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 9, der gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 16/02-8242/2-1992, betreffend die naturschutzbehördliche Bewilligung von Baumaßnahmen nach dem Salzburger Naturschutzgesetz (mitbeteiligte Partei: CP, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger und Dr. Josef W. Aichlreiter, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Begründung
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom erteilte die Salzburger Landesregierung auf Ansuchen des Mitbeteiligten gemäß § 2 Abs. 1 der Plainberg Landschaftsschutzverordnung, LGBl. Nr. 72/1981, in Verbindung mit § 2 Z. 1 der Allgemeinen Landschaftsschutzverordnung, LGBl. Nr. 92/1980, und der §§ 14 Abs. 2 und 40 Abs. 1 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1977, LGBl. Nr. 86, die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Sanierung des Hauses P-weg Nr. 5 auf dem Grundstück Nr. 167/2, KG B, nach Maßgabe der eingereichten Pläne und der Verhandlungsschrift vom unter bestimmten Auflagen und Bedingungen. Nach den Projektsunterlagen beabsichtigte der Mitbeteiligte
1. eine Verstärkung des Kellermauerwerkes und den Einzug eines Kellerbodens;
2. eine Absenkung sämtlicher Decken, sodaß auch der Dachboden die für Wohnzwecke notwendige Höhe erreicht;
3. einen Ersatz der schadhaften Teile der oberirdischen Außenwände sowie deren Wärmedämmung;
4. eine Sanierung des Kamines und die Entfernung alter bzw. Neuerrichtung einzelner Zwischenwände sowie die Erneuerung der sanitären Anlagen;
5. im Bereich der Fassade die Verlegung des Hauseinganges, die Sanierung der bestehenden schadhaften Fenster, den Ersatz eines derzeit bestehenden Glasanbaues durch eine Holzaußenwand mit kleinen Fenstern, die Errichtung von Dachfenstern (Gaupen) und einer dem Haus vorgelagerten Pergola;
6. den Austausch der schadhaften bzw. unterdimensionierten Dachstuhlteile und die Neueindeckung des Daches;
7. den Austausch der vorhandenen Senkgrube gegen eine Kleinkläranlage.
In einer der Auflagen ist vorgesehen, daß die wesentliche Fertigstellung der Fassaden bis spätestens ein Jahr nach Baubeginn zu erfolgen habe.
1.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende auf „Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG“ in Verbindung mit § 3 Abs. 4 des Gesetzes über die Salzburger Landesumweltanwaltschaft, LGBl. Nr. 25/1987 in der Fassung LGBl. Nr. 42/1992 gestützte Beschwerde der Salzburger Landesumweltanwaltschaft. Mit dieser Beschwerde ist ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden. Diese sei „unbedingt erforderlich“, da andernfalls der Altbestand des bestehenden Gebäudes durch allfällige Baumaßnahmen des Mitbeteiligten unwiederbringlich zerstört würde; im übrigen sprächen gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine zwingenden öffentlichen Interessen, vielmehr sei ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des derzeitigen Zustandes des bestehenden Hauses gegeben.
1.3. Der Mitbeteiligte erstattete eine Stellungnahme zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Die belangte Behörde äußerte sich zum Aufschiebungsantrag nicht.
2.1. Gemäß § 30 Abs. 1 VwGG kommt den Beschwerden eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
2.2. Daß zwingende öffentliche Interessen dem beantragten Aufschub der Ausübung der mit dem Bescheid eingeräumten Berechtigung entgegenstünden, ist nicht zu erkennen.
Es ist daher in die im § 30 Abs. 2 VwGG weiters vorgesehene Interessenabwägung einzutreten.
2.3. Der Mitbeteiligte meint in seiner Stellungnahme zum Aufschiebungsantrag zunächst, es fehle bereits an der grundsätzlichen Voraussetzung, daß aus der Ausschöpfung der dem Mitbeteiligten mit dem angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung „für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre“. Abgesehen davon, daß die Beschwerde dazu keine Aussage enthalte, sei nicht erkennbar, inwieweit der Salzburger Landesumweltanwaltschaft als Beschwerdeführerin Antragstellerin aus der Ausschöpfung der naturschutzbehördlichen Bewilligung überhaupt ein Nachteil erwachsen könnte.
Dem ist entgegenzuhalten, daß die Landesumweltanwaltschaft5fls Amtspartei vom Gesetzgeber dazu berufen ist, nach Maßgabe der ihr gesetzlich eingeräumten Mitwirkungsbefugnisse das öffentliche Interesse am Schutz der Umwelt - hier handelt es sich um das öffentliche Interesse des Landschaftsschutzes - zu vertreten. Insofern ist dann, wenn eine Amtspartei vor dem Verwaltungsgerichtshof die Rechtswidrigkeit des einen Dritten begünstigenden Verwaltungsaktes behauptet (vgl. Art. 131 Abs. 2 B-VG), der mit der Ausübung der eingeräumten Berechtigung durch den Dritten „für den Beschwerdeführer verbundene Nachteil“ als ein Nachteil für die von der Amtspartei wahrzunehmenden öffentlichen Interessen zu verstehen. Der Verwaltungsgerichtshof verweist in diesem Zusammenhang auf die zahlreichen Beschlüsse, mit denen Beschwerden des gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG in Verbindung mit § 170 Abs. 8 des Forstgesetzes einschreitenden Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft gegen Rodungsbewilligungen die aufschiebende Wirkung wegen des unverhältnismäßigen Nachteiles für die vom beschwerdeführenden Bundesminister wahrzunehmenden Interessen zuerkannt wurde (vgl. z.B. aus letzter Zeit die hg. Beschlüsse vom , Zl. AW 91/10/0071, vom , Zl. AW 91/10/0077, und vom , Zl. AW 92/10/0021).
Entgegen der Auffassung des Mitbeteiligten ist der Verwaltungsgerichtshof weiters der Auffassung, daß der Aufschiebungsantrag auch ausreichend konkretisiert ist. Es ist nämlich offenkundig, da durch die Vornahme der bewilligten Baumaßnahmen das Aussehen des Hauses in einer Weise geändert würde, die die Bauführung bei Obsiegen des Beschwerdeführers als eine Maßnahme erscheinen ließe, durch die die besondere landschaftliche Schönheit oder das Landschaftsgefüge des Landschaftsschutzgebietes, allenfalls dessen Bedeutung für die Erholung der Bevölkerung oder den Fremdenverkehr als naturnahe Kulturlandschaft im Sinne des § 4 Abs. 1 der Allgemeinen Landschaftsschutzverordnung in abträglicher Weise beeinflußt wird. Das Salzburger Naturschutzgesetz 1977 beschränkt nun den Schutz der Landschaft nicht auf einen Schutz gegen Eingriffe von einer bestimmten Mindestdauer. Jedenfalls ist auch die für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einschließlich der Verfahren zur Erlassung und Vollstreckung eines Entfernungsauftragest zu besorgende abträgliche Beeinflussung der Landschaft in ihren im eben erwähnten § 4 Abs. 1 der Allgemeinen Landschaftsschutzverordnung speziell zum Schutzobjekt gemachten Ausprägungen (vgl. auch § 14 Abs. 2 iVm § 12 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1977 idF LGBl. Zl. AW 92/10/0271 Nr. 41/1992) in die Interessenabwägung im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG einzubeziehen.
Der Mitbeteiligte hat demgegenüber nicht dargetan und (tunlichst ziffermäßig) konkretisiert, aus welchen Gründen und in welchem Ausmaß es für ihn von Nachteil wäre, wenn er von der ihm eingeräumten Berechtigung nicht sofort Gebrauch machen könnte. Die Abwägung des nicht näher spezifizierten und konkretisierten Interesses des Mitbeteiligten an der Ausübung der ihm eingeräumten Berechtigung schon während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit den öffentlichen Interessen des Landschaftsschutzes im Landschaftsschutzgebiet führt somit zum Ergebnis, daß mit dieser Gebrauchnahme von der Berechtigung für das vom Beschwerdeführer wahrzunehmende öffentliche Interesse am Schutz der Landschaft ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Der Beschwerde war somit gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Ausübung der Berechtigung durch einen Dritten Interessenabwägung Unverhältnismäßiger Nachteil Zwingende öffentliche Interessen |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1993:AW1992100271.A00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-66086