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VwGH 21.12.1999, 99/19/0189

VwGH 21.12.1999, 99/19/0189

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §19 Abs3;
FrG 1997 §14 Abs3;
RS 1
Im Beschwerdefall drohte die angefochtene Ladung der Fremden bei ungerechtfertigtem Ausbleiben keine Zwangsfolgen an. Bei der in dieser Erledigung angedrohten Rechtsfolge der Zurückweisung des Antrages gem § 13 Abs 3 AVG und/oder gem § 14 Abs 3 FrG 1997 handelt es sich nicht um eine solche, die kraft Gesetzes unmittelbar als Folge des ungerechtfertigten Ausbleibens des Vorgeladenen eintritt, erfolgt diese Zurückweisung doch durch die Erlassung eines entsprechenden verfahrensrechtlichen Bescheides. Andererseits setzt die Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem § 14 Abs 3 FrG 1997 nicht die Erlassung eines Ladungsbescheides voraus (Hinweis E , ergangen zur Versagung der Zuerkennung des Asyls aus dem Grunde des § 19 Abs 1 Z 1 AsylG 1991). Auch die Zurückweisung einer Eingabe gem § 13 Abs 3 AVG ist (angedrohte) Rechtsfolge der Missachtung eines nicht als Bescheid aufzufassenden Auftrages zur Behebung eines Formgebrechens eines schriftlichen Anbringens (Hinweis Walter-Thienel Verwaltungsverfahrensgesetze I2 Anmerkung 9 zu § 13 AVG sowie E VfSlg. 6923/1972). Unter der Voraussetzung ihrer Relevanz für die Rechtmäßigkeit eines auf § 14 Abs 3 FrG 1997 gestützten Zurückweisungsbescheides wäre schließlich die Frage, ob das persönliche Erscheinen der Fremden überhaupt erforderlich, die gegenständliche Ladung also nötig war, als Vorfrage bei Erlassung eines derartigen Zurückweisungsbescheides zu prüfen. Unter eben dieser Voraussetzung wäre § 14 Abs 3 FrG 1997 dem § 19 Abs 1 Z 1 AsylG 1991 vergleichbar. Für die letztgenannte Bestimmung gelangte das E , zum Ergebnis, dass die Frage, ob eine mit einer als Ladungsbescheid bezeichneten Erledigung erfolgte Ladung nötig war, als Vorfrage bei Erlassung eines den Asylantrag zurückweisenden Bescheides zu prüfen war. Da die hier angefochtene Ladung im Falle des ungerechtfertigten Ausbleibens keine unmittelbar aus dem Gesetz resultierenden Rechtsfolgen nach sich zöge, kann sie demnach nur als einfache Ladung angesehen werden, der Bescheidcharakter nicht zukommt. Daran vermag auch die Überschrift "Ladungsbescheid" nichts zu ändern (Hinweis B , und B ). Die vorliegende Beschwerde war daher gem § 34 Abs 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 98/19/0293 B RS 3 (Hier nur 3.Satz)
Normen
AVG §19 Abs3;
FrG 1997 §14 Abs3;
RS 2
Voraussetzung für eine rechtmäßige Zurückweisung gemäß § 14 Abs 3 FrG 1997 ist, dass der Geladene im Sinne des § 19 Abs 3 AVG verpflichtet war, der an ihn ergangenen Ladung Folge zu leisten. Das bloße Faktum des Nichterscheinens des Geladenen reicht dafür nicht aus. Zwar ist einzuräumen, dass der Wortlaut des § 14 Abs 3 letzter Satz FrG 1997 diesbezüglich nicht eindeutig ist, doch gibt es keinen Hinweis darauf, dass mit dieser Bestimmung den Niederlassungsbehörden, für deren behördliches Verfahren das AVG maßgeblich ist, die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, ein Verfahren über die Erteilung eines Aufenthaltstitels ohne Eingehen in die Sache nur deshalb abzuschließen, weil der Antragsteller nicht vor der Behörde erschienen ist, obwohl er gemäß § 19 Abs 3 AVG gar nicht verpflichtet war, der an ihn ergangenen Ladung Folge zu leisten. Die gegenteilige Auffassung würde die im § 14 Abs 3 FrG 1997 verankerte Obliegenheit des Antragstellers, (verstärkt) an der Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes mitzuwirken, ungebührlich auf diejenigen Fälle ausweiten, in denen der Antragsteller objektiv, aber ohne sein Zutun, an der Mitwirkung gehindert ist.
Normen
AVG §19 Abs3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
RS 3
Das Vorliegen eines geltend gemachten Rechtfertigungsgrundes iSd § 19 Abs 3 AVG ist von der Behörde von Amts wegen zu erforschen (Hinweis Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes5, Randzahl 187).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 92/04/0276 E RS 3

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des am geborenen H S in Wien, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 309.303/2-III/11/99, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung mit Gültigkeit vom bis zum verfügte, beantragte am beim Magistrat der Stadt Wien die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "selbstständige Erwerbstätigkeit".

Der Landeshauptmann von Wien lud den Beschwerdeführer mit Schreiben vom , als "LADUNGSBESCHEID" bezeichnet, "persönlich" für den . Im Folgenden führte der Landeshauptmann von Wien wörtlich aus:

"Bitte bringen Sie diese Ladung und folgende Unterlagen mit:

* Neuen bzw. verlängerten Reisepass

* Aktuellen Firmenbuchauszug

* Bilanz 1997

* Unbedenklichkeitsbescheinigungen vom Wohnsitzfinanzamt

und vom Finanzamt für Körperschaften

* Einkommensteuererklärung 1997

* Einkommensteuerbescheid 1996

* Letzte Buchungsmitteilung der Sozialversicherung der

gewerblichen Wirtschaft

Wenn Sie aus wichtigen Gründen - z.B. Krankheit, Gebrechlichkeit oder Urlaubsreise - nicht kommen können, teilen Sie uns dies sofort mit, damit wir allenfalls den Termin verschieben können.

Wenn Sie diese Ladung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes, z. B. Krankheit nicht befolgen, wird Ihr Antrag vom auf Bewilligung nach dem Fremdengesetz gemäß § 14 Abs. 3 FrG 1997 zurückgewiesen."

Mit Bescheid vom wies der Landeshauptmann von Wien den Antrag des Beschwerdeführers "auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung" gemäß § 14 Abs. 3 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) zurück. Begründend wurde ausgeführt, die erkennende Behörde habe im Ladungsbescheid vom verlangt, dass die antragstellende Partei bis zum ein gültiges Reisedokument vorlege. Da die antragstellende Partei dieser Aufforderung nicht Folge geleistet habe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe den Termin am , wie aus der beiliegenden ärztlichen Bestätigung vom ersichtlich sei, aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrnehmen und sohin auch seinen Reisepass nicht vorlegen können. Zusätzlich habe ein Bekannter einige Tage vor dem Termin telefonisch bei der zuständigen Referentin sein Verbleiben mit seiner Erkrankung entschuldigt. Beigeschlossen war der Berufung eine Bestätigung eines praktischen Arztes vom , wonach der Beschwerdeführer vom bis zum an einem fieberhaften grippalen Infekt und Bronchitis erkrankt gewesen sei und daher das Bett habe hüten müssen. Als Beweis bot der Beschwerdeführer in seiner Berufung überdies die Einvernahme seines Bekannten an.

Der Bundesminister für Inneres wies die Berufung mit Bescheid vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 14 Abs. 3 FrG 1997 ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, der Beschwerdeführer habe am einen Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels gestellt. Dieser Antrag sei von der Erstbehörde mit Bescheid vom gemäß § 14 Abs. 3 FrG 1997 zurückgewiesen worden. Dagegen habe der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung erhoben und im Wesentlichen eingewendet, dass ein Bekannter sein Fernbleiben auf Grund der Erkrankung des Beschwerdeführers telefonisch bei der Magistratsabteilung entschuldigt hätte. Auf Grund der "nunmehr geltenden Rechtslage" sei der Antrag vom als Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu werten gewesen. Mit Ladung vom , welche der Beschwerdeführer laut Übernahmebestätigung persönlich am übernommen habe, habe die Behörde erster Instanz verlangt, dass er am persönlich erscheinen möge. Das Verlangen der erstinstanzlichen Behörde, vor dieser persönlich zu erscheinen, sei deshalb erfolgt, weil persönlich die Einkommenssituation des Beschwerdeführers hätte geklärt werden müssen sowie der Nachweis eines gültigen Reisedokumentes zu erbringen gewesen wäre. Da der Beschwerdeführer der ausgewiesenen Ladung (laut dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 98/19/0293, sei ein Ladungsbescheid zur Bewirkung der angedrohten Rechtsfolge nicht notwendig) nicht Folge geleistet habe, schließe sich die Berufungsbehörde der erstinstanzlichen Entscheidung "in vollem Umfang" an. Zum Einwand, dass ein Bekannter telefonisch das Fernbleiben mit der Erkrankung des Beschwerdeführers bei der Erstbehörde entschuldigt habe, halte die Berufungsbehörde fest, "dass diesbezüglich kein schriftlicher Vermerk seitens der erstinstanzlichen Behörde vorliegt".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

§ 14 Abs. 3 FrG 1997 lautet:

"§ 14.

...

(3) Im Antrag ist der jeweilige Zweck der Reise oder des Aufenthaltes bekannt zu geben; der Antragsteller darf ihn während des Verfahrens nicht ändern. Der Fremde hat der Behörde die für die Feststellung des Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel vorzulegen. Er hat über Verlangen der Behörde vor dieser persönlich zu erscheinen. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller kein gültiges Reisedokument vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde."

§ 19 AVG lautet:

"§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. Im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten sind auch Ladungen von Personen, die ihren Aufenthalt (Sitz) außerhalb des Amtsbereiches des unabhängigen Verwaltungssenates haben, zulässig.

(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekannt zu geben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.

(3) Wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.

(4) Gegen die Ladung oder die Vorführung ist kein Rechtsmittel zulässig."

Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, setzt die Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 14 Abs. 3 FrG 1997 nicht die Erlassung eines Ladungsbescheides voraus (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 98/19/0293). Grundsätzlich kann daher auch eine einfache Ladung die Zurückweisung eines Antrages gemäß § 14 Abs. 3 FrG 1997 rechtfertigen. Voraussetzung für eine rechtmäßige Zurückweisung gemäß § 14 Abs. 3 FrG 1997 ist aber jedenfalls, dass der Geladene im Sinne des § 19 Abs. 3 AVG verpflichtet war, der an ihn ergangenen Ladung Folge zu leisten. Das bloße Faktum des Nichterscheinens des Geladenen reicht dafür nicht aus. Zwar ist einzuräumen, dass der Wortlaut des § 14 Abs. 3 letzter Satz FrG 1997 diesbezüglich nicht eindeutig ist, doch gibt es keinen Hinweis darauf, dass mit dieser Bestimmung den Niederlassungsbehörden, für deren behördliches Verfahren das AVG maßgeblich ist, die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, ein Verfahren über die Erteilung eines Aufenthaltstitels ohne Eingehen in die Sache nur deshalb abzuschließen, weil der Antragsteller nicht vor der Behörde erschienen ist, obwohl er gemäß § 19 Abs. 3 AVG gar nicht verpflichtet war, der an ihn ergangenen Ladung Folge zu leisten. Die gegenteilige Auffassung würde die im § 14 Abs. 3 FrG 1997 verankerte Obliegenheit des Antragstellers, (verstärkt) an der Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes mitzuwirken, ungebührlich auf diejenigen Fälle ausweiten, in denen der Antragsteller objektiv, aber ohne sein Zutun, an der Mitwirkung gehindert ist.

Mit seinem Berufungsvorbringen brachte der Beschwerdeführer unmissverständlich zum Ausdruck, er sei durch Krankheit vom persönlichen Erscheinen vor der Behörde erster Instanz abgehalten gewesen, weshalb er im Sinne des § 19 Abs. 3 AVG nicht verpflichtet gewesen sei, der Ladung Folge zu leisten.

Das Vorliegen eines triftigen Hinderungsgrundes entbindet von der Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 439, E 59 zu § 19 Abs. 3 AVG angegebene hg. Judikatur). Das Vorliegen eines geltend gemachten Rechtfertigungsgrundes im Sinne des § 19 Abs. 3 AVG ist von der Behörde von Amts wegen zu erforschen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/04/0276).

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde festzustellen gehabt, ob dieser tatsächlich am durch Krankheit gehindert war, vor der Behörde zu erscheinen. Die belangte Behörde hat jedoch in offenbarer Verkennung der Rechtslage jegliche Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen, bei dessen Zutreffen die Pflicht zur Befolgung der Ladung nicht bestanden hätte und demnach eine Zurückweisung des Antrages nach § 14 Abs. 3 FrG 1997 unzulässig gewesen wäre, unterlassen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §19 Abs3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
FrG 1997 §14 Abs3;
Sammlungsnummer
VwSlg 15304 A/1999
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1999:1999190189.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAF-65984