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VwGH 28.06.2002, 99/02/0084

VwGH 28.06.2002, 99/02/0084

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AlVG 1977 §16 idF 1987/615;
AlVG 1977 §24;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs4 Z4;
GebrauchsabgabeG NÖ 1973 §2 Abs2;
GebrauchsabgabeG NÖ 1973 §2 Abs4;
VwGG §41 Abs1;
RS 1
Die Begründung eines Bescheides (hier: eines Bescheides, mit dem eine Gebrauchserlaubnis gem § 68 Abs 4 Z 4 AVG iVm § 2 Abs 4 NÖ GebrauchsabgabeG für nichtig erklärt wird) bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt, daß ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und daß damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumtion dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es dem Bescheidadressaten und auch dem VwGH möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (Hinweis E , 93/04/0156; hier hätte es, um den dargestellten Anforderungen des § 60 AVG zu entsprechen, in der Begründung des Bescheides, mit dem die Nichtigerklärung erfolgte, der Darlegung eines konkreten Sachverhaltes bedurft, der die Beurteilung der Rechtsfrage ermöglicht, ob bei der Erteilung der Gebrauchserlaubnis bereits ein Versagungsgrund nach § 2 Abs 2 NÖ GebrauchsabgabeG gegeben war).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 94/05/0196 E RS 3 (hier: Verfahren betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des SA in A, vertreten durch Mag. Gernot Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, Petersbrunnstraße 1a, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Salzburg vom , Zl. LGS SBG/5/1218/1998, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 56 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) das dem Beschwerdeführer zuerkannte Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom bis zum widerrufen und dieser zum Rückersatz des in diesem Zeitraum zu Unrecht bezogenen Arbeitslosengeldes verpflichtet, weil sein Anspruch auf Arbeitslosengeld in dieser Zeit aufgrund einer Urlaubsentschädigung geruht habe.

Dazu führte die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass die erstinstanzliche Behörde aufgrund einer Überlagerungsmeldung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungen vom Kenntnis von einer von der Bauarbeiter-Urlaubskasse an den Beschwerdeführer ausbezahlten Urlaubsabfindung für den Zeitraum vom bis zum erlangt habe. Zur selben Zeit habe der Beschwerdeführer Arbeitslosengeld in der Höhe von S 384,40 täglich bezogen, weshalb eine unzulässige Doppelversorgung bestanden habe (§ 16 AlVG). Der Beschwerdeführer habe die Zahlungen aus der Urlaubskasse der Behörde nicht gemeldet. In den Akten befinde sich eine von ihm eigenhändig unterzeichnete Veränderungsmeldung vom , in welcher er angegeben habe, dass vom bis zum ein Auslandsaufenthalt vorgelegen sei. Der Beschwerdeführer habe daher Arbeitslosengeld bis zum ausbezahlt erhalten und sein Bezug sei am eingestellt worden. Auch sei die Überlagerungsmeldung zusätzlich durch eine telefonische Anfrage bei der Bauarbeiter-Urlaubskasse überprüft worden. Mit Telefax vom habe die Bauarbeiter-Urlaubskasse die Auszahlung einer Urlaubsabfindung für den genannten Zeitraum bestätigt. Der Beschwerdeführer habe im Antrag auf Arbeitslosengeld vom , der dem Bezug für Juni und Juli 1997 zu Grunde liege, (u.a.) die Verpflichtung übernommen, dass der Erhalt einer Urlaubsabfindung durch die Bauarbeiter-Urlaubskasse unverzüglich zu melden sei. Dieser Verpflichtung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen; damit liege auch der Rückforderungsgrund der Verschweigung einer maßgebenden Tatsache vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die auf den Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 (§ 16 in der Fassung BGBl. Nr. 615/1987) lauten (auszugsweise) wie folgt:

"Ruhen des Arbeitslosengeldes

§ 16.

(1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während

a)

......

l)

des Zeitraumes, für den Urlaubsentschädigung oder Urlaubsabfindung im Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses oder nach den Bestimmungen des Bauarbeiter-Urlaubsgesetzes 1972 zu einem späteren Zeitpunkt gebührt bzw. gewährt wird, nach Maßgabe des Abs. 4, (...)

(4) .... Wird hingegen Urlaubsabfindung nach dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972 gewährt, beginnt der Ruhenszeitraum mit dem 8. Tag, der auf die Zahlbarstellung durch die Urlaubskasse der Arbeiter in der Bauwirtschaft folgt. Ansprüche auf Tagesteile bleiben immer außer Betracht."

"Einstellung und Berichtigung des Arbeitslosengeldes

§ 24. (1) Wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt, ist es einzustellen; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen.

(2) Wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt, ist die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.

§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. (...)"

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe für den Zeitraum vom bis zum keine Urlaubsabfindung erhalten, weshalb die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes für diesen Zeitraum zu Recht erfolgt sei.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es dem Bescheidadressaten und auch dem Verwaltungsgerichtshof möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/04/0156, u. v.a.). Die belangte Behörde hat die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Rückzahlung des zu Unrecht empfangenen Arbeitslosengeldes im Sinne des § 24 Abs. 2 AlVG u.a. deshalb für gegeben erachtet, weil eine telefonische Anfrage bei der Bauarbeiter-Urlaubskasse ergeben habe, dass für den genannten Zeitraum eine Urlaubsabfindung ausbezahlt worden sei. Die für ihre diesbezügliche Rechtsansicht im Hinblick auf § 16 Abs. 4 AlVG wesentlichen Feststellungen (insbesondere den Tag der Zahlbarstellung der Urlaubsabfindung durch die Bauarbeiter-Urlaubskasse) zu treffen, hat die belangte Behörde jedoch unterlassen. Um den dargestellten Anforderungen des § 60 AVG zu entsprechen, bedarf es in der Begründung des angefochtenen Bescheides der Darlegung jenes konkreten Sachverhaltes, der die Beurteilung der Rechtsfrage ermöglicht. Daraus folgt, dass die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt hat und es derart dem Beschwerdeführer und auch dem Verwaltungsgerichtshof nicht möglich ist, den angefochtenen Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen. Die Ausführungen in der Gegenschrift vermögen daran nichts zu ändern (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 82/10/0086).

In der vorliegenden Beschwerde wird auch ausdrücklich der Widerspruch gerügt, welcher sich daraus ergibt, dass im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides die Rückzahlung von Arbeitslosengeld in der Höhe von S 6.150,-- angeordnet wird, während aus der Begründung dieses Bescheides (auf den der angefochtene Bescheid verweist) eindeutig hervorgeht, dass nur noch ein Betrag von S 5.768,-- offen sei. Auch diesen Widerspruch aufzuklären, hat die belangte Behörde unterlassen; die Nachholung der Begründung in der Gegenschrift vermag das Vorliegen eines Verfahrensmangels nicht zu beseitigen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 82/10/0086).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der pauschalierte Schriftsatzaufwand sowohl die Erstellung des Beschwerdeschriftsatzes als auch die Umsatzsteuer umfasst.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AlVG 1977 §16 idF 1987/615;
AlVG 1977 §24;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs4 Z4;
GebrauchsabgabeG NÖ 1973 §2 Abs2;
GebrauchsabgabeG NÖ 1973 §2 Abs4;
VwGG §41 Abs1;
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel
als wesentlicher Verfahrensmangel
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und
Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein
Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde
Spruch des Berufungsbescheides
Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen
Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2002:1999020084.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAF-65860