VwGH 22.01.1999, 98/19/0293
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | AVG §19 Abs1; AVG §19 Abs3; AVG §56; AVG §63 Abs1; VVG §1 Abs1; VwGG §34 Abs1; |
RS 1 | Eine Ladung nach § 19 Abs 1 AVG ist grundsätzlich nur eine das Verfahren betreffende Anordnung, der aber unter gewissen Voraussetzungen kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes der Charakter eines Bescheides eingeräumt ist (Hinweis B , 88/09/0036, B , 88/09/0057). Voraussetzung dafür ist, daß im Falle des ungerechtfertigten Ausbleibens des Vorgeladenen an die Ladung kraft Gesetzes unmittelbar Rechtsfolgen geknüpft sind, zB daß diese einen rechtskräftigen Vollstreckungstitel - nämlich den Titel für die Vollstreckung einer Zwangsstrafe oder der zwangsweisen Vorführung - bildet (Hinweis B , 88/09/0057). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH B 1995/04/05 93/18/0579 1 |
Normen | AVG §19 Abs3; AVG §56; B-VG Art131 Abs1 Z1; VwGG §34 Abs1; |
RS 2 | Drohte die Ladung dem Vorgeladenen (vorgeladeten Person) zwar für den Fall ungerechtfertigten Ausbleibens die zwangsweise Vorführung an, erfolgte die Zustellung dieser Ladung aber nicht zu eigenen Handen des Vorgeladenen (vorgeladeten Person), sondern im Wege der Ersatzzustellung an einen Mitbewohner der Abgabestelle, kommt die Ladung daher als Titel für die Vollstreckung der angedrohten zwangsweisen Vorführung nicht in Betracht. Da die gegenständliche Ladung im Falle des ungerechtfertigten Ausbleibens keine Rechtsfolgen nach sich ziehen würde, kann sie demnach nur als einfache Ladung angesehen werden, der Bescheidcharakter nicht zukommt, woran auch die Überschrift "Ladungsbescheid" nichts zu ändern vermag. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH B 1995/04/05 93/18/0579 2 |
Normen | AVG §13 Abs3; AVG §19 Abs3; AVG §38; AVG §56; FrG 1997 §14 Abs3; VwGG §34 Abs1; |
RS 3 | Im Beschwerdefall drohte die angefochtene Ladung der Fremden bei ungerechtfertigtem Ausbleiben keine Zwangsfolgen an. Bei der in dieser Erledigung angedrohten Rechtsfolge der Zurückweisung des Antrages gem § 13 Abs 3 AVG und/oder gem § 14 Abs 3 FrG 1997 handelt es sich nicht um eine solche, die kraft Gesetzes unmittelbar als Folge des ungerechtfertigten Ausbleibens des Vorgeladenen eintritt, erfolgt diese Zurückweisung doch durch die Erlassung eines entsprechenden verfahrensrechtlichen Bescheides. Andererseits setzt die Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem § 14 Abs 3 FrG 1997 nicht die Erlassung eines Ladungsbescheides voraus (Hinweis E , ergangen zur Versagung der Zuerkennung des Asyls aus dem Grunde des § 19 Abs 1 Z 1 AsylG 1991). Auch die Zurückweisung einer Eingabe gem § 13 Abs 3 AVG ist (angedrohte) Rechtsfolge der Missachtung eines nicht als Bescheid aufzufassenden Auftrages zur Behebung eines Formgebrechens eines schriftlichen Anbringens (Hinweis Walter-Thienel Verwaltungsverfahrensgesetze I2 Anmerkung 9 zu § 13 AVG sowie E VfSlg. 6923/1972). Unter der Voraussetzung ihrer Relevanz für die Rechtmäßigkeit eines auf § 14 Abs 3 FrG 1997 gestützten Zurückweisungsbescheides wäre schließlich die Frage, ob das persönliche Erscheinen der Fremden überhaupt erforderlich, die gegenständliche Ladung also nötig war, als Vorfrage bei Erlassung eines derartigen Zurückweisungsbescheides zu prüfen. Unter eben dieser Voraussetzung wäre § 14 Abs 3 FrG 1997 dem § 19 Abs 1 Z 1 AsylG 1991 vergleichbar. Für die letztgenannte Bestimmung gelangte das E , zum Ergebnis, dass die Frage, ob eine mit einer als Ladungsbescheid bezeichneten Erledigung erfolgte Ladung nötig war, als Vorfrage bei Erlassung eines den Asylantrag zurückweisenden Bescheides zu prüfen war. Da die hier angefochtene Ladung im Falle des ungerechtfertigten Ausbleibens keine unmittelbar aus dem Gesetz resultierenden Rechtsfolgen nach sich zöge, kann sie demnach nur als einfache Ladung angesehen werden, der Bescheidcharakter nicht zukommt. Daran vermag auch die Überschrift "Ladungsbescheid" nichts zu ändern (Hinweis B , und B ). Die vorliegende Beschwerde war daher gem § 34 Abs 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, in der Beschwerdesache der 1954 geborenen SV in Jugoslawien, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Erledigung des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 62 - 9/0748507-04, betreffend Ladung i.A. Niederlassungsbewilligung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Nach dem Beschwerdevorbringen hatte die Beschwerdeführerin am einen Antrag auf Verlängerung der ihr erteilten Aufenthaltsbewilligung gestellt. Dieser Antrag sei mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom abgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin habe in der Folge gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Diese Beschwerde sei mit Beschluß dieses Gerichtshofes vom , Zl. 96/19/0819, gemäß § 113 Abs. 6 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) als gegenstandslos erklärt worden. Hiedurch sei das Verfahren über diesen Verlängerungsantrag wieder (beim Landeshauptmann von Wien) anhängig.
In diesem Verfahren sei dem Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin am ein "Ladungsbescheid" des Landeshauptmannes von Wien vom zugestellt worden.
Diese Erledigung wies (auszugsweise) folgenden Inhalt auf:
"LADUNGSBESCHEID
Wir haben folgende Angelegenheit, an der Sie beteiligt sind,
zu bearbeiten:
Antrag auf Aufenthaltstitel
Wir ersuchen Sie, hiezu persönlich in unser Amt zu kommen.
Ort: . . .
Datum: Zeit: 8.00 bis 10.00 Uhr
Bitte bringen Sie diese Ladung und folgende Unterlagen mit:
. . .
Wenn Sie aus wichtigen Gründen - zB Krankheit, Gebrechlichkeit
oder Urlaubsreise - nicht kommen können, teilen Sie uns dies sofort mit, damit wir allenfalls den Termin verschieben können.
Wenn Sie diese Ladung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes, zB Krankheit, nicht befolgen, wird Ihr Antrag vom auf Bewilligung nach dem Fremdengesetz gemäß § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) 1991 zurückgewiesen.
Es wird darauf hingewiesen, daß gem. § 14 Abs. 3 Fremdengesetz (FrG) 1997 der Antrag zurückzuweisen ist, wenn der Antragsteller trotz Verlangen der Behörde nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
Rechtsgrundlage: § 19 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes
Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein Rechtsmittel zulässig.
Mit freundlichen Grüßen
Für den Landeshauptmann
(Unterschrift)"
Gegen diese Erledigung richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, über die dieser in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
§ 13 und § 19 AVG lauteten in der im Zeitpunkt der Zustellung der gegenständlichen Erledigung () gültigen Fassung vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 (auszugsweise):
"§ 13. . . .
(3) Formgebrechen schriftlicher Anbringen ermächtigen die
Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem
Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung
aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer
gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen
wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das
Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
. . .
§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem
Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben, und deren Erscheinen
nötig ist, vorzuladen. . . .
(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.
(3) Wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.
(4) Gegen die Ladung oder die Vorführung ist kein Rechtsmittel zulässig."
§ 14 FrG 1997 lautet (auszugsweise):
"Verfahren bei der Erteilung der Einreise-
und Aufenthaltstitel
§ 14. . . .
(3) . . . Der Fremde hat der Behörde die für die Feststellung
des Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel vorzulegen. Er hat über Verlangen der Behörde vor dieser persönlich zu erscheinen. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller kein gültiges Reisedokument vorlegt, oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
. . ."
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Ladung grundsätzlich nur eine das Verfahren betreffende Anordnung, der aber unter gewissen Voraussetzungen kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes der Charakter eines Bescheides eingeräumt ist. Voraussetzung dafür ist, daß im Falle des ungerechtfertigten Ausbleibens des Vorgeladenen an die Ladung kraft Gesetzes unmittelbar Rechtsfolgen geknüpft sind, z.B. daß diese einen rechtskräftigen Vollstreckungstitel - nämlich den Titel für die Vollstreckung einer Zwangsstrafe oder der zwangsweisen Vorführung - bildet. Die Vollstreckung der zwangsweisen Vorführung (der Zwangsmittel) ist nur zulässig, wenn sie in der Vorladung angedroht und die Zustellung der Ladung zu eigenen Handen erfolgt war (vgl. den hg. Beschluß vom , Zl. 93/18/0579).
Im vorliegenden Fall drohte die angefochtene Ladung der Beschwerdeführerin bei ungerechtfertigtem Ausbleiben keine Zwangsfolgen an. Bei der in dieser Erledigung angedrohten Rechtsfolge der Zurückweisung des Antrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG und/oder gemäß § 14 Abs. 3 FrG 1997 handelt es sich nicht um eine solche, die kraft Gesetzes unmittelbar als Folge des ungerechtfertigten Ausbleibens des Vorgeladenen eintritt, erfolgt diese Zurückweisung doch durch die Erlassung eines entsprechenden verfahrensrechtlichen Bescheides. Andererseits setzt die Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 14 Abs. 3 FrG 1997 nicht die Erlassung eines Ladungsbescheides voraus (vgl. das zur Versagung der Zuerkennung des Asyls aus dem Grunde des § 19 Abs. 1 Z. 1 des Asylgesetzes 1991 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/19/0029). Auch die Zurückweisung einer Eingabe gemäß § 13 Abs. 3 AVG ist (angedrohte) Rechtsfolge der Mißachtung eines nicht als Bescheid aufzufassenden Auftrages zur Behebung eines Formgebrechens eines schriftlichen Anbringens (vgl. Walter-Thienel Verwaltungsverfahrensgesetze I2 Anm. 9 zu § 13 AVG sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 6923). Unter der Voraussetzung ihrer Relevanz für die Rechtmäßigkeit eines auf § 14 Abs. 3 FrG 1997 gestützten Zurückweisungsbescheides wäre schließlich die in der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob das persönliche Erscheinen der Beschwerdeführerin überhaupt erforderlich, die gegenständliche Ladung also nötig war, als Vorfrage bei Erlassung eines derartigen Zurückweisungsbescheides zu prüfen. Unter eben dieser Voraussetzung wäre § 14 Abs. 3 FrG 1997 dem § 19 Abs. 1 Z. 1 des Asylgesetzes 1991 vergleichbar. Für die letztgenannte Bestimmung gelangte das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/20/0401, zum Ergebnis, daß die Frage, ob eine mit einer als Ladungsbescheid bezeichneten Erledigung erfolgte Ladung nötig war, als Vorfrage bei Erlassung eines den Asylantrag zurückweisenden Bescheides zu prüfen war.
Da die hier angefochtene Ladung im Falle des ungerechtfertigten Ausbleibens keine unmittelbar aus dem Gesetz resultierenden Rechtsfolgen nach sich zöge, kann sie demnach nur als einfache Ladung angesehen werden, der Bescheidcharakter nicht zukommt. Daran vermag auch die Überschrift "Ladungsbescheid" nichts zu ändern (vgl. neben dem bereits zitierten hg. Beschluß vom auch jenen vom , Zl. 94/11/0228).
Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Auf die Frage, ob die Rechtsverletzungsmöglichkeit im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde auch schon deshalb fehlte, weil der in der Ladung bezeichnete Termin nach dem Beschwerdevorbringen "mittlerweile einmal verschoben" wurde (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom , Zl. 88/18/0099), brauchte in diesem Zusammenhang nicht mehr eingegangen werden.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich auch ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | AVG §13 Abs3; AVG §19 Abs1; AVG §19 Abs3; AVG §38; AVG §56; AVG §63 Abs1; B-VG Art131 Abs1 Z1; FrG 1997 §14 Abs3; VVG §1 Abs1; VwGG §34 Abs1; |
Schlagworte | Verbesserungsauftrag Nichtentsprechung Zurückweisung verfahrensrechtlicher Bescheid |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1999:1998190293.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-65850