VwGH 27.03.1998, 97/21/0274
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Norm | VwGG §46 Abs1; |
RS 1 | Kein RS |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
97/21/0275
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, 1.) über den Antrag des MD (geboren am ) in Wien, vertreten durch
Dr. Sonja Schröder, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Liebeneggstraße 5/I, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom , Zl. III 71/97, betreffend Aufenthaltsverbot, sowie 2.) in der Beschwerdesache des Genannten gegen den genannten Bescheid, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 46 VwGG abgewiesen.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Dem vorliegenden Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zufolge wurde der Rechtsvertreterin des Antragstellers der Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom , mit welchem gegen ihn gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 i.V.m. §§ 19, 20 und 21 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde, am zugestellt. Die langjährige Sekretärin der Rechtsanwaltskanzlei der Rechtsvertreterin des Antragstellers nehme die Fristeintragungen selbständig vor und es sei ihr bisher in ihrer langjährigen Tätigkeit noch nie ein diesbezüglicher Fehler unterlaufen. Anläßlich der Bearbeitung des gegenständlichen Poststückes, welches am in der Kanzlei der Rechtsvertreterin eingegangen sei, habe die Sekretärin mehrere Termine mit Befristungen zum im Kalender einzutragen gehabt. Aufgrund der Arbeitsüberlastung sei ihr hier insofern offensichtlich ein Fehler unterlaufen, als sie den fälschlicherweise als tatsächlichen Eingang auf dem Poststück vermerkt und von diesem Termin ausgehend die Fristeintragung von sechs Wochen vorgenommen habe. Anläßlich der Aktenvorlage am zur Verfassung der Beschwerde habe die Rechtsvertreterin des Antragstellers festgestellt, daß der Eingangseintrag unrichtig sein müsse und sich diesbezüglich bei der Bundespolizeidirektion Innsbruck/Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol versichert. Dort sei bestätigt worden, daß der Bescheid tatsächlich am und nicht wie vermerkt am in der Kanzlei übernommen worden sei. Durch dieses unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis erleide die Partei einen Rechtsnachteil, wobei zu betonen sei, daß ein derartiger Fehler der Sekretärin noch nie passiert sei und ihr hier ein geringfügiges Verschulden anzulasten sei. Im Hinblick auf die enormen Rechtsfolgen für den minderjährigen Antragsteller aufgrund dieses einmaligen Fehlverhaltens der Sekretärin werde höflich ersucht, dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben.
Dem Antrag beigegeben ist eine eidesstättige Erklärung der Sekretärin der Rechtsvertreterin des Antragstellers, worin diese erklärt, sie sei nunmehr schon zehn Jahre als Rechtsanwalts-Sekretärin (davon drei Jahre bei der Vertreterin des Antragstellers) tätig, nehme selbständig Fristeintragungen vor und auch die Post in Empfang. Ein derartiges Versehen sei ihr in ihrer langjährigen Tätigkeit noch nie passiert. Dem Antrag ebenfalls beigegeben sind Kopien aus dem Fristenbuch der Rechtsvertreterin des Antragstellers.
Zugleich mit dem Antrag wurde eine gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom gerichtete Beschwerde eingebracht.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die hg. Beschlüsse vom , Zl. 90/12/0238, mit weiteren Judikaturnachweisen, sowie vom , Zl. 92/08/0163) ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten, während jenes eines Kanzleibediensteten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes dem Rechtsanwalt (und damit der Partei) nur dann als Verschulden anzurechnen ist, wenn er die ihm zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht (mit dem im zuletzt zitierten Beschluß näher umschriebenen Inhalt) jenem Bediensteten gegenüber unterlassen hat (vgl. den hg. Beschluß vom , Zl. 93/01/0547, m.w.N.).
Für die richtige Berechnung der jeweiligen Rechtsmittelfrist in einem bestimmten Fall ist in einer Rechtsanwaltskanzlei stets der Anwalt selbst verantwortlich. Der Rechtsanwalt selbst hat in der Regel (sofern er sich nicht eines juristisch geschulten Mitarbeiters bedient - der freilich auch der erforderlichen Kontrolle durch den Rechtsanwalt zu unterliegen hat - vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 11.439/A) die entsprechende Frist festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der ihm gegenüber seinen Kanzleiangestellten obliegenden Aufsichtspflicht zu überwachen (vgl. den hg. Beschluß vom , Zl. 94/05/0111, unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 9.040/A).
Dem Vorbringen im vorliegenden Antrag auf Wiedereinsetzung ist nicht einmal andeutungsweise zu entnehmen, inwieweit die Vertreterin des Antragstellers die Vorlage von Eingangsstücken überwacht, das heißt mit welchen organisatorischen - allenfalls bloß stichprobenartigen - Maßnahmen sie etwaigen Fehleintragungen im Fristenbuch durch ihre (erfahrene) Sekretärin zu begegnen versucht. Da die Rechtsvertreterin des Antragstellers im vorliegenden Fall auch offensichtlich keine Weisung erteilt hat, die sechswöchige Beschwerdefrist unter Zugrundelegung des Zustelltages vom in das Fristenbuch einzutragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/15/0003; derartiges wäre bereits im Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung substanziell darzulegen), muß dem vorliegenden Antrag gemäß § 46 VwGG der Erfolg versagt bleiben.
Wird aber die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den genannten, am zugestellten Bescheid nicht bewilligt, so war auch die Beschwerde deswegen gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als verspätet zurückzuweisen, weil sie erst nach Ablauf der gemäß § 26 Abs. 1 VwGG sechswöchigen Beschwerdefrist am zur Post gegeben worden ist.
Zusatzinformationen
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Norm | VwGG §46 Abs1; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1998:1997210274.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-65706