VwGH 30.09.1997, 97/05/0164
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Bei § 24 Abs 2 NÖ LStG, welcher die Einhaltung bestimmter Abstände zum Straßenrand normiert, handelt es sich um keine Vorschrift iSd § 118 Abs 9 NÖ BauO 1976, die nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer dient (Hinweis E , 1339/73, zu § 47 Krnt LStG 1971). Aus dem Umstand, daß § 24 Abs 2 NÖ LStG der Straßenverwaltung im Bauverfahren betreffend bestimmte Bauführungen an öffentlichen Straßen Parteistellung einräumt, kann der Anrainer im Hinblick auf die Frage seiner Parteistellung in diesem Bauverfahren nichts gewinnen. |
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RS 2 | Ein Bauverfahren wird in keiner Weise von dem allfälligen Umstand berührt, daß eine § 82 Abs 1 StVO bewilligungspflichtige Benützung einer Straße vorliegt. Gem dem sich aus der Regelung der Kompetenzverteilung in der Bundesverfassung ergebenden Kumulationsprinzip sind jeweils die sich aus den verschiedenen Rechtsmaterien ergebenden Anforderungen (ua Bewilligungspflichten) einzuhalten. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Johann Hader in Dorfstetten, vertreten durch Dr. Franz Hofbauer, Rechtsanwalt in Ybbs, Hauptplatz 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-V-96134/01, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. Johann Raffetseder in Dorfstetten, Wimbergeramt 46; 2. Margarete Raffetseder, ebendort; 3. Gemeinde Dorfstetten, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Schreiben vom beantragten der Erst- und die Zweitmitbeteiligte die Baubewilligung für die Errichtung von Abstellräumen und eines Holzlagers auf ihrem im "Grünland" liegenden Grundstück Nr. 1312, KG Dorfstetten.
In der Bauverhandlung vom , an der der Beschwerdeführer trotz einer unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen ordnungsgemäßen Ladung nicht teilnahm, wurde festgehalten, daß die Situierung des beantragten Projektes insofern neu festgelegt werde, als der Abstand des zu errichtenden Gebäudes (äußere Gebäudekante-Dachvorsprung) von der neuen Straßenachse 7 m zu betragen habe. Im Bereich des Gebäudes sei eine Trassenführung mit "Achs-Bekanntgabe" festgelegt worden. Dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten sei in der Folge aufgetragen worden, der Baubehörde innerhalb von acht Wochen einen Lageplan nachzureichen, aus dem der neu festgelegte Abstand des Gebäudes zur Straßenachse ersichtlich sei. Nach Vorlage des neuen Lageplanes erteilte der Bürgermeister der drittmitbeteiligten Gemeinde mit Erledigung vom die Baubewilligung.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde vom Gemeinderat der drittmitbeteiligten Partei mit Bescheid vom mangels Vorliegens eines Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der drittmitbeteiligten Partei vom wurde die Baubewilligung neuerlich erteilt. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der drittmitbeteiligten Partei vom als unbegründet abgewiesen.
Der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom Folge gegeben, der Berufungsbescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwiesen. Die Begründung des Berufungsbescheides sei vom Beschluß des Gemeinderates nicht gedeckt gewesen.
Mit Bescheid des Gemeinderates der drittmitbeteiligten Partei vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers neuerlich als unbegründet abgewiesen.
Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung ist im wesentlichen damit begründet, daß der Nachbar nicht schlechthin einen Rechtsanspruch auf die Einhaltung von Abständen besitze, sondern daß es sich immer um solche Abstände handeln müsse, die dem Nachbarn gegenüber einzuhalten seien. Im gegenständlichen Verfahren mache der Beschwerdeführer die Verletzung der Abstandsvorschriften des zu errichtenden Gebäudes zur Straße hin geltend, ohne jedoch Eigentümer von Grundstücken zu sein, welche dem Grundstück unmittelbar gegenüberlägen. Weiters werde darauf hingewiesen, daß die vom Beschwerdeführer angesprochenen, konsenslos errichteten Holzhütten nicht Gegenstand dieses Baubewilligungsverfahrens seien und somit auch nicht Gegenstand der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers sein könnten.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem subjektiv-öffentlichen Recht als Nachbar und Anrainer gemäß § 118 Abs. 8 Nö Bauordnung 1976 verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 77 Abs. 1 Nö Bauordnung 1996, LGBl. 8200-0, sind die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes () anhängigen Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen. Das vorliegende Bauverfahren war im genannten Zeitpunkt anhängig.
Sofern sich der Beschwerdeführer auf § 24 Abs. 2 Nö Landesstraßengesetz stützt, der die Einhaltung bestimmter Abstände zum Straßenrand normiert, handelt es sich um keine Vorschrift im Sinne des § 118 Abs. 9 Nö Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0, die nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer dient (vgl. in diesem Sinne zu der vergleichbaren Regelung im § 47 Kärntner Straßengesetz das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1339/73). Aus dem Umstand, daß § 24 Abs. 2 Nö Landesstraßengesetz der Straßenverwaltung im Bauverfahren betreffend Bauführungen in der angeführten Art an öffentlichen Straßen Parteistellung einräumt, kann der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Frage seiner Parteistellung im vorliegenden Bauverfahren nichts gewinnen.
Das verfahrensgegenständliche Bauverfahren wird auch in keiner Weise von dem allfälligen Umstand berührt, daß eine gemäß § 82 Abs. 1 StVO bewilligungspflichtige Benützung einer Straße vorläge. Gemäß dem sich aus der Regelung der Kompetenzverteilung in der Bundesverfassung ergebenden Kumulationsprinzip sind jeweils die sich aus den verschiedenen Rechtsmaterien ergebenden Anforderungen
(u.a. Bewilligungspflichten) einzuhalten.
Der Beschwerdeführer führt weiters ins Treffen, daß der der Bauverhandlung zugrundegelegte Lageplan nicht dem Zustand in der Natur entspreche. Diesem Vorbringen ist - abgesehen davon, daß nicht ersichtlich ist und auch vom Beschwerdeführer nicht begründet wird, in welchem subjektiv-öffentlichen Recht der Beschwerdeführer dadurch verletzt sein könnte - entgegenzuhalten, daß das Bauverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist, alleiniger Bewilligungsgegenstand ist daher das den von der Behörde vidierten Plänen zu entnehmende Bauvorhaben.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Dem Antrag des Beschwerdeführers, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, war daher nicht stattzugeben (zumal in der Beschwerde keine Sachverhaltsfragen, sondern ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen wurden).
Zusatzinformationen
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Normen | AVG §8; BauO NÖ 1976 §118 Abs9; BauRallg; B-VG Art11 Abs1 Z4; B-VG Art15 Abs1; LStG NÖ 1979 §24 Abs2; StVO 1960 §82 Abs1; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1997:1997050164.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-65599