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VwGH 24.01.1997, 96/19/2430

VwGH 24.01.1997, 96/19/2430

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
RS 1
Die Bf (eine Mutter und ihre Kinder) erhoben gegen die Bescheide, mit denen ihre Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen abgewiesen worden waren, im Wege des nunmehrigen Beschwerdevertreters Berufung. Im Rubrum dieser Berufungen wird die Mutter mit ihrem Familiennamen vor der Eheschließung und werden die Kinder bereits mit dem neuen Familiennamen bezeichnet. In ihrer Berufung wies die Mutter auf die aufrechte Ehe hin. Es liegt im Hinblick auf den Inhalt der Berufung der Mutter und auf den Familienzusammenhang mit den schon in den Berufungen der Kinder gebrauchten neuen Familiennamen ein Organisationsverschulden auf Seiten des Vertreters der Bf vor, welches den minderen Grad des Versehens übersteigt, wenn die Fristversäumung darauf beruht, daß ein unter dem früheren Namen der Mutter angelegter Handakt trotz Kenntnis von der Verehelichung und damit einhergehender Namensänderung diese Namensänderung nicht auf dem Handakt vermerkt wird. Auch im Hinblick darauf, daß der bekämpfte Bescheid unter dem neuen Namen der Mutter ergangen und aufgrund des Vorgesagten in der Kanzlei des Vertreters nicht zuordenbar ist, findet keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt, da es sich auf seiten des Vertreters der Parteien um keinen minderen Grad des Versehens handelt, und dieses Verhalten des Vertreters den Parteien selbst zuzurechnen ist.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Anträge, 1.) der Milica M, 2.) des Robert M und 3.) der Slavisa M, die beiden Letztgenannten vertreten durch die Mutter Milica M, sämtliche in W, die Erstgenannte vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof und in den Beschwerdesachen der Genannten gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres jeweils vom , Zlen. 1.) 304.584/2-III/11/95,

2.) 304.584/4-III/11/95, 3.) 304.584/3-III/11/95, jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

1. Den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

2.

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

3.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von je S 188,33 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Wien jeweils vom wurden die Anträge der Beschwerdeführer je vom auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen abgewiesen. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer anwaltlich vertreten Berufung. Im Rubrum dieser Berufungen wird die Erstbeschwerdeführerin als Milica J, der Zweitbeschwerdeführer als Robert M und die Drittbeschwerdeführerin als Slavisa M bezeichnet. In ihrer Berufung brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, sie sei mit dem Tomislav M verheiratet. Im Verwaltungsverfahren wurde ein Auszug aus dem Eheregister der Gemeinde L vorgelegt, aus dem hervorgeht, daß die Erstbeschwerdeführerin am Tomislav M geehelicht hat und seither den Zunamen M trägt.

Mit den Bescheiden des Bundesministers für Inneres vom wurden sämtliche dieser Berufungen gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die belangte Behörde adressierte diese Bescheide an die Erstbeschwerdeführerin, bezeichnet als Milica M, den Zweitbeschwerdeführer, bezeichnet als Robert M, und die Drittbeschwerdeführerin, bezeichnet als Slavisa M, wobei in Ansehung sämtlicher Beschwerdeführer die Zustellung dieser Bescheide zu Handen des ausgewiesenen Rechtsanwaltes der Beschwerdeführer verfügt wurde.

Die Zustellung dieser Bescheide an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführer erfolgte am .

Mit den am zur Post gegebenen Eingaben beantragten die Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Frist zur Erhebung von Beschwerden gegen die in Rede stehenden Bescheide.

Zur Begründung dieser Anträge führten die Beschwerdeführer aus, die jeweils anzufechtenden Bescheide seien dem Vertreter der Beschwerdeführer "unter der falschen Bezeichnung des Namens der Mutter Milica M zugestellt" worden. Die Bescheide seien aus diesem Grunde nicht "zuordenbar" gewesen. Eine Beschwerde habe nicht ergriffen werden können. Erst anläßlich einer am erfolgten Vorsprache des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde habe die Angelegenheit aufgeklärt werden können und sei dabei festgestellt worden, daß es sich bei "Milica M" in Wahrheit um "Milica J" gehandelt habe.

Über Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes vom , wonach sich aus den Verwaltungsakten ergebe, daß die Erstbeschwerdeführerin seit den Zunamen M trage, brachten die Beschwerdeführer in ihrer mit datierten Eingabe vor, es sei zutreffend, daß die Erstbeschwerdeführerin den Zunamen M trage. Sie habe jedoch bereits vor ihrer Verehelichung in der Anwaltskanzlei ihres bisher ausgewiesenen Vertreters vorgesprochen und zu diesem Zeitpunkt naturgemäß noch ihren ledigen Namen J geführt. Daher sei der betreffende Handakt in der Kanzlei des Rechtsvertreters unter "Milica J" angelegt worden. Dies sei der Grund, weshalb die Zuordnung der Bescheide zunächst nicht habe erfolgen können. Damit, daß die belangte Behörde den Bescheid an die Erstbeschwerdeführerin unter dem von ihr bekanntgegebenen richtigen Zunamen erlassen werde, habe deren Rechtsvertreter nicht rechnen müssen, zumal erfahrungsgemäß die Verwaltungsbehörde auf "derartige Namensänderungen" nicht eingehe.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Gemäß § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.

Den Antragsteller trifft die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat. Eine amtswegige Prüfung, ob andere - vom Antragsteller nicht geltend gemachte - Umstände die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, hat nicht zu erfolgen (vgl. den hg. Beschluß vom , Zlen. 90/19/0497, 91/19/0071). Der Grundsatz der amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit entbindet einen Wiedereinsetzungswerber nicht von der Pflicht, alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 85/18/0347, 0348). Das in dem am zur Post gegebenen Wiedereinsetzungsantrag enthaltene Vorbringen, der (an die Erstbeschwerdeführerin gerichtete) Bescheid sei nicht zuordenbar gewesen, weil ihn die belangte Behörde auf den falschen Namen Milica M ausgestellt habe, ist - was mittlerweile auch die Beschwerdeführer in ihrem Schriftsatz vom zugestehen - unrichtig, weil die Erstbeschwerdeführerin in ihrer Berufung angegeben hat, mit Tomislav M in aufrechter Ehe seit verheiratet zu sein. Hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin erfolgte die Adressierung ohnedies unter den in den Berufungen gebrauchten und auch im Wiedereinsetzungsantrag nicht als unrichtig bezeichneten Namen "Robert M" bzw. "Slavisa M". Eine Bezugnahme auf die Erstbeschwerdeführerin erfolgte in diesen Bescheiden gar nicht.

Damit erweisen sich die Wiedereinsetzungsanträge schon deshalb als unberechtigt, weil das Wiedereinsetzungsvorbringen nicht bescheinigt wurde. Auf die nach Ablauf der Frist des § 46 Abs. 3 VwGG nachgeschobenen Wiedereinsetzungsgründe war nach den oben angeführten Grundsätzen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr einzugehen.

Im übrigen wäre dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführer im Hinblick auf den Inhalt der Berufung der Erstbeschwerdeführerin und auf den Familienzusammenhang mit den schon in den Berufungen der beiden anderen Beschwerdeführer gebrauchten Namen M auch auf Basis des Vorbringens in der Eingabe vom ein Organisationsverschulden vorzuwerfen, welches den minderen Grad des Versehens übersteigt.

Da eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand somit nicht stattfindet, waren die gleichzeitig mit den diesbezüglichen Anträgen eingebrachten Beschwerden wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf die sinngemäße Anwendung des § 51 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Aufforderung an die belangte Behörde, zur Prüfung der Zulässigkeit einer Beschwerde die Verwaltungsakten vorzulegen, ist in Ansehung des Aufwandersatzes für die Aktenvorlage der Einleitung des Vorverfahrens im Sinne des § 51 VwGG gleichzuhalten.

Der für die Vorlage der Akten sämtlicher Beschwerdeführer insgesamt geltend gemachte Vorlageaufwand von S 565,-- war den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen aufzuerlegen.

Zusatzinformationen


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Normen
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1997:1996192430.X00
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Fundstelle(n):
KAAAF-65562