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VwGH 15.01.1998, 96/07/0096

VwGH 15.01.1998, 96/07/0096

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
AVG §73 Abs1;
RS 1
Die im § 73 Abs 1 AVG 1950 bestimmte sechsmonatige Frist beginnt von neuem zu laufen, wenn der Parteiantrag, über den zu entscheiden war, in einem wesentlichen Punkt modifiziert wird.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0149/72 B VwSlg 8222 A/1972 RS 1
Normen
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
RS 2
Ein verfrühter - vor Ablauf der sechsmonatigen Entscheidungsfrist des § 73 Abs 1 AVG - eingebrachter Devolutionsantrag bewirkt keinen Zuständigkeitsübergang. Da er unzulässig ist, ist er auch zurückzuweisen, wenn inzwischen die sechsmonatige Frist verstrichen ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 93/08/0021 E RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde der Stadt L, vertreten durch Dr. Alfred Hawel und Dr. Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in Linz, Museumstraße 17, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 14.870/01-I 4/95, betreffend Feststellung der Verwendung enteigneter Liegenschaften (mitbeteiligte Partei: AS in L, vertreten durch Dr. Aldo Frischenschlager und Dr. Dieter Gallistl, Rechtsanwälte in Linz, Landstraße 15), zu Recht erkannt:

Spruch

Spruchabschnitt I. des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom wurde das Vorhaben der beschwerdeführenden Partei, den Tankhafen "West" auszubauen, zum bevorzugten Wasserbau erklärt. Mit Bescheid derselben Behörde vom wurde dafür die wasserrechtliche Bewilligung erteilt. In der Folge enteignete der Landeshauptmann von Oberösterreich (LH) mit Bescheid vom zugunsten der beschwerdeführenden Partei, und zwar zur Ausführung des Tankhafenbeckens "West", eine Reihe von Grundstücken, die im bücherlichen Eigentum der mitbeteiligten Partei (mP) und ihres Ehegatten - dessen Alleinerbin die mP nunmehr ist - standen und in der EZ 22, KG L., vorgetragen waren, nämlich die GP 694 und Teile der GP 718/1, 720 und 721/1, insgesamt 12.991 m2.

Mit Eingabe vom stellte die mP an den LH den Antrag, er möge

"1. feststellen, daß die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Wa-1072/2-1963/Sta, den Ehegatten L. und A.S. (der mP) enteigneten Grundparzellen, und zwar die heutigen GP 721/19, 721/21, der Teil der heutigen GP 721/21, der zum Enteignungszeitpunkt zur GP 718/1 gehörte, sowie der Teil der enteigneten GP 694/1 und 694/2, der mit Grundteilungsplan Nr. 114/67 der GP 682/2 zugeschrieben wurde, nicht zu dem Zweck verwendet wurden, für den sie enteignet wurden.

2. den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Wa-1072/2-1963/Sta, aufheben."

Einen in der Folge (am ) eingebrachten Devolutionsantrag im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG wies der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom ab. Dieser Bescheid langte am beim LH ein.

Mit Schreiben vom (beim LH eingelangt am ) modifizierte die mP ihren Antrag an den LH, sodaß er lautete:

"1. Der Landeshauptmann von Oberösterreich möge feststellen, daß die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Wa-1072/2-1963/Sta, den Ehegatten

L. und A.S. (der mP) enteigneten Grundparzellen, und zwar die damals in der EZ 22, KG L., vorgetragenen Grundparzellen Nr. 694, Garten, sowie Teile der Grundstücke 718/1, Garten, 720, Acker und 721/1, Acker, KG L., nicht zu dem Zweck verwendet wurden, für den im Wasserrechtsgesetz die Enteignung vorgesehen ist sowie

2. den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Wa-1072/2-1963/Sta, aufheben."

Der LH entschied weiterhin nicht über den Antrag der mP. Mit Schriftsatz vom (eingelangt bei der belangten Behörde am ) brachte sie neuerlich einen Devolutionsantrag ein und modifizierte ihr Begehren mit Eingabe vom (an die belangte Behörde) wiederum, sodaß es wie folgt lautete:

"1. Der Landeshauptmann von Oberösterreich möge feststellen, daß die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Wa-1072/2-1963/Sta, den Ehegatten L. und A.S. (der mP) enteigneten Grundparzellen, und zwar die damals der EZ 22, KG L., vorgetragenen Grundparzellen Nr. 694, Garten, sowie Teile der Grundstücke 718/1, Garten, 720, Acker und 721/1, Acker, KG L., nicht zu dem Zweck verwendet wurden, für den im Wasserrechtsgesetz die Enteignung vorgesehen ist und daß daher kein Anspruch auf Aufrechterhaltung der mit Bescheid vom , Wa-1072/2-1963/Sta ausgesprochenen Enteignung besteht sowie

2. den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Wa-1072/2-1963/Sta, aufheben und aussprechen, daß der Rechtsgrund für die Enteignung obiger Grundstücke weggefallen ist."

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom stellte die belangte Behörde unter Spruchabschnitt I. gemäß § 56 AVG fest, daß die mit Bescheid des LH vom den Ehegatten L. und A.S. (der mP) enteigneten Grundparzellen, und zwar die damals der EZ 22, KG L., vorgetragenen Grundparzellen Nr. 694, Garten, sowie Teile der Grundstücke Nr. 718/1, Garten, Nr. 720, Acker und Nr. 721/1, Acker, KG L., nicht zu dem Zweck verwendet wurden, für den sie enteignet wurden.

Unter Spruchabschnitt II. wurde dem Antrag, den Bescheid des LH vom gemäß § 68 Abs. 4 AVG aufzuheben, nicht stattgegeben.

Gegen diesen Bescheid - und zwar erkennbar nur gegen dessen Spruchabschnitt I. - richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Sie vertrat in der Gegenschrift auch die Auffassung, der beschwerdeführenden Partei fehle die Beschwerdelegitimation, weil sie nicht mehr Eigentümerin der enteigneten Grundstücke sei.

Die beschwerdeführende Partei hat in einer Stellungnahme dazu dargelegt, daß die Behauptung, sie sei nicht mehr Eigentümerin jener Grundstücke, die Gegenstand des angefochtenen Feststellungsbescheides sind, unrichtig ist.

Die mP hat eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nachdem der LH über den ursprünglichen Antrag der mP vom nicht entschieden hatte, stellte die mP einen Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht an die belangte Behörde. Mit Bescheid vom wies diese den sich auf das ursprüngliche Begehren der mP beziehenden Devolutionsantrag ab. Dieser Bescheid langte am beim LH ein; ab diesem Tag war der LH wieder zuständig, über den Antrag der mP vom zu entscheiden.

Mit Schreiben vom , das beim LH am einlangte, modifizierte die mP ihren Antrag vom und formulierte ihn neu. Vergleicht man die Formulierungen in den Anträgen vom und vom , so zeigt sich, daß jedenfalls die seinerzeitige Grundparzelle 694 vom ersten Antrag nur teilweise ("der Teil ..., der mit

Grundteilungsplan ... zugeschrieben wurde"), vom zweiten Antrag

aber vollständig erfaßt wurde. Durch den späteren Antrag wurde also ein zusätzlicher Liegenschaftsteil in das Feststellungsbegehren einbezogen. Da somit der Parteiantrag in einem wesentlichen Punkt modifiziert wurde, begann die sechsmonatige Frist des § 73 Abs. 1 AVG mit dem Einlangen des späteren Antrages bei der Behörde neu zu laufen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 8222/A); sie endete am .

Dem angefochtenen Bescheid liegt der Devolutionsantrag vom zugrunde, der bei der belangten Behörde am eingelangt war. Dieser Antrag wurde, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, gestellt, bevor die Frist des § 73 Abs. 1 AVG abgelaufen war; er konnte daher keinen Zuständigkeitsübergang bewirken. Daran ändert es nichts, daß die sechsmonatige Frist vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides ablief (vgl. den hg. Beschluß vom , Slg. N.F. Nr. 10.263/A). Die belangte Behörde war sohin zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zuständig (vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 2357/95-10, mit welchem aufgrund einer Beschwerde der mP Spruchabschnitt II. des angefochtenen Bescheides aufgehoben wurde).

Die Frage, ob die Modifikation des Begehrens, welche die mP mit Schriftsatz vom an die belangte Behörde vornahm, wesentlich war, kann auf sich beruhen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
Schlagworte
Parteistellung Parteienantrag
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1998:1996070096.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAF-65466