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VwGH 18.09.1998, 95/19/0987

VwGH 18.09.1998, 95/19/0987

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
RS 1
Sogar ein erst am letzten Tage der Beschwerdefrist eingetretenes unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis kann das Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründen (Hinweis E , 1359/50, VwSlg 1908 A/1951, betreffend eine Berufungsfrist).)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, in der Beschwerdesache des 1972 geborenen J S in Wien, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 302.259/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, und über den Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, den Beschluß gefaßt:

Spruch

1. Gemäß § 46 VwGG wir dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Die Parteien haben die Kosten für ihre Aufwendungen selbst zu tragen.

Begründung

1. Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nach dem vom Bundesminister für Inneres vorgelegten Rückschein am durch Hinterlegung zugestellt.

Mit dem vorliegenden, am zur Post gegebenen Antrag begehrte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist. Unter einem wurde die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nachgeholt.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Sogar ein erst am letzten Tage der Beschwerdefrist eingetretenes unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis kann das Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründen (vgl. das eine Berufungsfrist betreffende hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 1908/A).

Auf dem Boden dieser Rechtslage ist das durch Vorlage eines ärztlichen Attestes bescheinigte Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag geeignet, einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund darzutun. Die darin näher bezeichnete, bereits innerhalb der Beschwerdefrist eingetretene und darüber hinausreichende Erkrankung des Beschwerdeführers stellt ein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis dar, welches ihn daran hinderte, die Beschwerde vor Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist mit einzubringen. Ein Verschulden liegt ihm nicht zur Last. Da der Antrag auch innerhalb der 14-tägigen Wiedereinsetzungsfrist zur Post gegeben wurde, war die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.

2. § 113 Abs. 6 und 7 und § 115 Abs. 1 und 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. Nr. 75/1997, lauten:

"(6) Rechtskräftige Bescheide, mit denen die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt wurde oder mit denen der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde, treten mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes außer Kraft, sofern der Betroffene sie beim Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof angefochten und dieser die Entscheidung noch nicht getroffen hat. In diesen Fällen ist die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers einzustellen. Mit dem Beschluß über die Gegenstandslosigkeit der Bescheide tritt auch der Bescheid erster Instanz außer Kraft.

(7) Als Bescheide nach Abs. 6, die unter den dort festgelegten Voraussetzungen außer Kraft treten, gelten auch rechtskräftige Bescheide, mit denen auf Dauer niedergelassenen Fremden die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung versagt wurde, die deshalb beantragt wurde, weil die Fremden entweder die Frist für den Antrag auf Verlängerung versäumt hatten oder trotz rechtmäßiger Niederlassung zuvor keiner Aufenthaltsbewilligung bedurften.

§ 115. (1) § 113 Abs. 6 und § 114 Abs. 4 und 5 gelten für Beschwerden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängig und nicht gemäß § 34 Abs. 1 VwGG oder § 19 Abs. 3 Z. 2 lit. a, b, d oder e VfGG zurückzuweisen sind. Die Parteien eines solchen höchstgerichtlichen Verfahrens haben die Kosten für ihre Aufwendungen selbst zu tragen.

(2) Der Verwaltungsgerichtshof kann die Beschlüsse über die Gegenstandslosigkeit der Beschwerden in Fällen, die

1.

seit dem Jahr 1995 anhängig sind, erst nach dem ,

2.

seit dem 1. Halbjahr 1996 anhängig sind, erst nach dem ,

3. seit dem 2. Halbjahr 1996 anhängig sind, erst nach dem ,

4. seit dem 1. Halbjahr 1997 anhängig sind, erst nach dem

fassen; dies gilt jedoch nicht, wenn die Behörde erster Instanz dem Verwaltungsgerichtshof mitteilt, daß gewichtige öffentliche Interessen an einer unverzüglichen Aufenthaltsbeendigung der betroffenen Fremden bestehen oder daß den Fremden nunmehr ein Aufenthaltstitel erteilt werden kann. Die Frist des § 73 AVG beginnt in diesen Fällen mit dem Einlangen des Beschlusses bei der Behörde zu laufen."

Die vorliegende Beschwerde gilt infolge Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist (Punkt 1) als am anhängig gewesen; ein Zurückweisungsgrund nach § 34 Abs. 1 VwGG liegt nicht vor. Gemäß § 113 Abs. 6 und 7 FrG ist der angefochtene Bescheid am außer Kraft getreten. Die Beschwerde war somit nach Eintritt des nach § 115 Abs. 2 FrG maßgeblichen Zeitpunktes als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers einzustellen.

Der Kostenspruch stützt sich auf § 115 Abs. 1 FrG.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1998:1995190987.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAF-65378