VwGH 29.03.1996, 95/02/0570
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Die belBeh durfte nicht von einem ausdrücklichen Verzicht des Berufungswerbers iSd § 51e Abs 3 VStG auch auf die Teilnahme an weiteren mündlichen Verhandlungen (in Fortsetzung einer vorangehend anberaumten Verhandlung) ausgehen, wenn der Bf auf die zunächst anberaumte Verhandlung dergestalt reagierte, daß er zunächst gegenüber der belBeh zum Ausdruck brachte, er sehe keine Veranlassung für die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und deren "Absetzung" anregte und mit einer weiteren Eingabe eine nicht ordnungsgemäße Ladung für die erwähnte mündliche Verhandlung behauptete, aber "der Ordnung halber" vorbrachte, daß er den genannten Verhandlungstermin wegen Erkrankung nicht wahrnehmen könne. |
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RS 2 | Wird die Vertagung einer Verhandlung und der neue Verhandlungstermin lediglich in einer Verhandlung bekanntgegeben, an der die Parteien des Verwaltungsverfahrens nicht teilgenommen haben und werden die Parteien in der Folge von dem neuen Termin nicht verständigt, so entspricht dies nicht den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Ladung iSd § 51f Abs 2 VStG. Sind aber die Parteien zum zweiten Verhandlungstermin nicht ordnungsgemäß geladen worden, so kann in dieser Verhandlung auch eine Berufungsentscheidung nicht wirksam verkündet und damit erlassen werden. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH E 1993/12/10 93/02/0085 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des A in B, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom , Zl. Senat-BN-93-515, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.050,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer wegen einer am begangenen Übertretung der StVO für schuldig befunden und hiefür bestraft.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Der Beschwerdeführer behauptet unter anderem, die belangte Behörde habe die "Strafbarkeitsverjährung" gemäß § 31 Abs. 3 VStG nicht beachtet. Er ist damit im Recht:
Auszugehen ist davon, daß der Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom von der Anberaumung einer für vorgesehenen öffentlichen mündlichen Verhandlung verständigt wurde. Mit Schreiben vom reagierte der Beschwerdeführer darauf zunächst insoweit, daß er gegenüber der belangten Behörde zum Ausdruck brachte, er sehe keine Veranlassung für die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und rege die "Absetzung" derselben an. Mit einer weiteren, am bei der belangten Behörde eingelangten Eingabe behauptete der Beschwerdeführer eine "nicht ordnungsgemäße" Ladung für die erwähnte mündliche Verhandlung, brachte aber "der Ordnung halber" vor, daß er den genannten Verhandlungstermin "wegen Erkrankung" nicht wahrnehmen könne.
Am wurde von der belangten Behörde die mündliche Verhandlung in Abwesenheit der Parteien (es war lediglich ein Zeuge erschienen) durchgeführt, wobei am Ende der Verhandlung diese zwecks Bescheidverkündung auf den vertagt wurde. Eine (gesonderte) Ladung zu dieser Verhandlung erfolgte nicht.
Am erfolgte sodann die mündliche Verkündung des Berufungsbescheides, wobei außer der Verhandlungsleiterin niemand anwesend war. Schließlich wurde die schriftliche Ausfertigung des Berufungsbescheides (der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid) am der Behörde erster Instanz und am dem Beschwerdeführer zugestellt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie der Beschwerdeführer behauptet - eine ordnungsgemäße Ladung für die Verhandlung am erfolgte oder nicht. Denn selbst bejahendenfalls durfte die belangte Behörde im Hinblick auf die beiden erwähnten Eingaben des Beschwerdeführers vom 11. und jedenfalls nicht davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer "ausdrücklich" (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/04/0276) im Sinne des § 51e Abs. 3 VStG auch auf die Teilnahme an weiteren mündlichen Verhandlungen (in Fortsetzung der für anberaumten) verzichtet habe, sodaß nicht weiter untersucht werden braucht, was in einem solchen Fall rechtens wäre. Es entspricht aber der hg. Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/02/0085), daß die Vorgangsweise der belangten Behörde, die Vertagung einer Verhandlung und den neuen Verhandlungstermin lediglich in einer Verhandlung bekanntzugeben, an der die Parteien des Verwaltungsverfahrens nicht teilgenommen haben, die Parteien aber in der Folge von dem neuen Termin nicht zu verständigen, nicht den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Ladung im Sinne des § 51f Abs. 2 VStG entspricht und daß in einer so fortgesetzten Verhandlung zum neuen Termin (hier: ) eine Berufungsentscheidung nicht wirksam verkündet und damit erlassen werden kann.
Daraus folgt, daß mangels wirksamer Verkündung des angefochtenen Bescheides dessen Zustellung (Erlassung) nach der Frist des § 31 Abs. 3 VStG rechtswidrig war. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:1996:1995020570.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
IAAAF-65246