VwGH 23.09.1994, 94/17/0326
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Norm | VwGG §33 Abs1; |
RS 1 | Gemäß § 33 Abs 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Bf klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren EINZUSTELLEN. Eine derartige Klaglosstellung (im engeren Sinn) setzt allerdings eine Beseitigung des beim VwGH angefochtenen Bescheides durch wen und aus welchem Titel auch immer, insbesondere eine formelle Aufhebung durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den VfGH voraus (Hinweis: Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit/3, 307). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH E 1994/09/16 94/17/0159 1 |
Norm | VwGG §33 Abs1; |
RS 2 | Eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Bf an der Entscheidung wegfällt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch einen behördlichen Akt dasselbe Ergebnis herbeigeführt wird, das der Bf mit der Anrufung des VwGH anstrebt; in einem so gelagerten Fall wird auch von einer "materiellen" Klaglosstellung gesprochen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH E 1994/09/16 94/17/0159 2 |
Normen | AVG §56; VwRallg; |
RS 3 | Nach stRsp des VwGH derogiert dann, wenn zwei rechtswirksame Bescheide im Widerspruch stehen, der später erlassene Bescheid dem früher erlassenen (Hinweis: Pesendorfer, "Übergenuß" bei öffentlich rechtlichen Ausbildungsverhältnissen, JBl 1991, 152). Identität der Sache vorausgesetzt, tritt der spätere Bescheid zur Gänze an die Stelle des früheren (Hinweis E , 3279/78; E , 536/79; E , 83/08/0215; E , 81/08/0023). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH E 1994/09/16 94/17/0159 3 |
Normen | VwGG §33 Abs1; VwGG §56; VwGG §58; |
RS 1 | Ist keine formelle Klaglosstellung eingetreten, ist bei der Kostenentscheidung nicht § 56 erster Satz VwGG, sondern § 58 VwGG anzuwenden. (Hinweis auf B VS , 1809/77, VwSlg 10092 A/1980) |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 84/08/0189 B RS 3 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, in der Beschwerdesache der Dr. A, Ministerialrätin i.R., in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. 23 9500/10-V/13/94, betreffend Enthebung von der Funktion als Staatskommissär, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Die mit vorliegender Beschwerde bekämpfte, an die Beschwerdeführerin gerichtete Erledigung des Bundesministers für Finanzen vom hat folgenden Wortlaut:
"Ich enthebe Sie mit Wirkung vom Ihrer Funktion als Staatskommissär bei der XY-reg.Gen.m.b.H. und danke Ihnen für die in dieser Funktion geleisteten Dienste.
Die Ihnen für diese Funktion bewilligte Vergütung wird mit Wirkung vom eingestellt."
Nach ihrem Vorbringen erachtet sich die Beschwerdeführerin durch diese - von ihr in zutreffender Weise als Bescheid qualifizierte - Erledigung in ihren Rechten "insofern verletzt, als eine tatsächlich rechtmäßig ausgeübte Tätigkeit nicht rückwirkend entschädigungslos beseitigt werden kann, weil die Wirksamkeit eines Bescheides erst mit seiner ordnungsgemäßen Zustellung eintritt."
Die Beschwerdeführerin bringt hiezu vor, der genannte Bescheid sei ihr erst am zugestellt worden. In der Zeit zwischen 30. April bis habe sie die Funktion als Staatskommissär weiter ausgeübt. Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Mit weiterer Eingabe vom legte die Beschwerdeführerin einen Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom vor, womit ihr nach § 25 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 für ihre Tätigkeit bei der XYZ-reg.Gen.m.b.H. für die Zeit vom bis eine Vergütung in der Höhe von S 9.450,-- zuerkannt wird. In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, die Verständigung über die Abberufung als Staatskommissärin sei der Beschwerdeführerin erst am zugestellt worden. Da sie mangels Kenntnis der Abberufung die genannte Tätigkeit faktisch bis zum ausgeübt habe, sei ihr die genannte Vergütung zuzuerkennen gewesen.
Die Beschwerdeführerin erklärt in der zuletzt genannten Eingabe, daß sie sich durch diesen Bescheid für klaglos gestellt erachtet.
Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Eine derartige Klaglosstellung (im engeren Sinne) setzt allerdings eine Beseitigung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides durch wen und aus welchem Titel auch immer, insbesondere eine formelle Aufhebung durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof voraus (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 307, angeführte
hg. Rechtsprechung).
Eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann jedoch auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (vgl. hiezu etwa die hg. Beschlüsse vom , Slg. Nr. 10.092/A - verstärkter Senat -, vom , Slg. Nr. 10.322/A, vom , Zl. 83/11/0011, vom , Zl. 88/07/0061, und vom , Zl. 91/17/0149). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch einen behördlichen Akt dasselbe Ergebnis herbeigeführt wird, das der Beschwerdeführer mit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes anstrebt; in einem so gelagerten Fall wird auch von einer "materiellen" Klaglosstellung gesprochen (vgl. die hg. Beschlüsse vom , Zl. 83/11/0296, vom , Zl. 87/11/0051, und vom , Zl. 88/17/0231).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes derogiert dann, wenn zwei rechtswirksame Bescheide im Widerspruch stehen, der später erlassene Bescheid dem früher erlassenen (vgl. zu dieser Frage auch S. Pesendorfer, "Übergenuß" bei öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnissen, JBl 1991, Seite 152, 158 f., die allerdings von "rechtskräftigen Bescheiden" spricht). Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, vorausgesetzt, tritt der spätere Bescheid zur Gänze an die Stelle des früheren (Erkenntnisse vom , Zl. 09/3279/78, 09/0536/79, vom , Zl. 81/08/0023, vom , Zl. 83/08/0215, und vom , Zl. 87/07/0040).
Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß sich die Beschwerdeführerin, wie sich aus der Fassung des Beschwerdepunktes (arg. "rückwirkend ENTSCHÄDIGUNGSLOS") ergibt und durch die nunmehrige Klaglosstellungserklärung bekräftigt wird, sich in Wahrheit nur durch die mit dem zweiten Absatz des Bescheides vom verfügte Einstellung der für die Funktion als Staatskommissär bewilligte Vergütung mit Wirkung vom für beschwert erachtet. Daß die Enthebung selbst rechtswidrig wäre, behauptet die Beschwerdeführerin offenbar im Hinblick darauf nicht, daß sie mit in den dauernden Ruhestand übergetreten ist.
Hinsichtlich dieser Vergütung ist jedoch im Sinne der zuletzt wiedergegebenen Rechtsprechung der Bescheid vom zur Gänze an die Stelle des Bescheides vom (zweiter Absatz) getreten; der Beschwerdeführerin wurde die begehrte Vergütung zuerkannt.
Ein rechtliches Interesse an einer Entscheidung über die vorliegende Beschwerde kommt der Beschwerdeführerin daher in der Tat nicht mehr zu, weshalb die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen war.
Da keine formelle Klaglosstellung eingetreten ist, war bei der Kostenentscheidung nicht § 56 erster Satz VwGG, sondern § 58 leg. cit. anzuwenden; das heißt, daß die Beschwerdeführerin den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen hat (vgl. auch hiezu den Beschluß eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.092/A).
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, in der Beschwerdesache der Dr. A, Ministerialrätin i.R., in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. 23 9500/10-V/13/94, betreffend Enthebung von der Funktion als Staatskommissär, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Der Antrag der belangten Behörde auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
Mit hg. Beschluß vom , OZ 5, wurde die vorliegende Beschwerde als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt. Weiters wurde ausgesprochen, daß Kosten nicht zugesprochen werden; letzteres mit der Begründung, daß keine formale Klaglosstellung eingetreten sei und daher bei der Kostenentscheidung nicht § 56 erster Satz VwGG, sondern § 58 leg. cit. anzuwenden gewesen sei; das heiße, daß die Beschwerdeführerin den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen habe (Hinweis auf den Beschluß eines verstärkten Senates vom , Slg. 10.092/A).
Am - also nach Beschlußfassung, jedoch vor Zustellung des oben genannten Beschlusses - langte beim Verwaltungsgerichtshof die bereits mit datierte Gegenschrift der belangten Behörde ein. Darin wird unter anderem der Antrag auf Zuspruch von Aufwandersatz (Vorlage- und Schriftsatzaufwand in Höhe von zusammen S 4.565,--) gestellt.
Trotz der Formulierung "Kosten werden nicht zugesprochen" im hg. Beschluß vom wurde mit diesem Ausspruch noch nicht über den erst am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Antrag der belangten Behörde auf Zuspruch von Aufwandersatz entschieden, was daher nunmehr gemäß § 59 Abs. 3 erster Satz VwGG mit abgesondertem Beschluß zu erfolgen hatte.
Hiefür konnte jedoch nichts anderes gelten als bereits im Beschluß vom ausgeführt wurde; da keine formelle Klaglosstellung eingetreten ist, hat auch die belangte Behörde den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen.
Der Antrag der belangten Behörde auf Zuspruch von Aufwandersatz war daher abzuweisen.
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1994:1994170326.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAF-65222