Suchen Hilfe
VwGH 30.05.1994, 94/10/0028

VwGH 30.05.1994, 94/10/0028

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
NatSchG NÖ 1977 §7 Abs2;
RS 1
Bei einem "Eingriff" iSd § 7 Abs 2 NÖ NatSchG 1977 handelt es sich um jedes durch Menschen verursachte Ereignis, das auf das Pflanzenkleid oder Tierleben eines Naturschutzgebietes einwirkt. Für die Frage des Eingriffes ist daher nicht der Ausgangspunkt des Ereignisses, sondern der Ort seiner Wirkung entscheidend. Ob dieser innerhalb oder außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches des Naturschutzgesetzes liegt, ist ohne Bedeutung. Wesentlich ist lediglich, ob die Wirkungen am Pflanzenkleid oder Tierleben des Naturschutzgebietes eintreten können (Hinweis LIEHR-STÖBERL, Kommentar zum NÖ Naturschutzgesetz, Anmerkung 2 zu § 7; ferner E , 83/10/0092).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1994/03/14 93/10/0012 1
Norm
NatSchG NÖ 1977 §7 Abs2;
RS 2
Die Verursachung von Lärm außerhalb eines Naturschutzgebietes kann einen "Eingriff" iSd § 7 Abs 2 NÖ NatSchG 1977 darstellen, wenn dadurch Beeinträchtigungen am Pflanzenkleid oder Tierleben des Naturschutzgebietes eintreten können.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1994/03/14 93/10/0012 2

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

94/10/0029

94/10/0031

94/10/0030

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des P in T, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in B, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat BN-92-109 (zu 1.), Zl. Senat-BN-92-108 (zu 2.), Zl. Senat-BN-92-110 (zu 3.) und Zl. Senat-BN-92-107 (zu 4.), betreffend Übertretungen nach dem Niederösterreichischen Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen (im wesentlichen inhaltsgleichen) Bescheiden wurde der Beschwerdeführer - in Bestätigung der Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Baden - schuldig erkannt, er habe dadurch, daß er am von 07.00 Uhr bis 10.15 Uhr, am um 09.40 Uhr, am um 12.30 Uhr und am um 10.15 Uhr jeweils in der KG Schönau/Triesting auf der Parzelle Nr. 548/2 nächst dem Naturschutzgebiet "Schönauer Teich" einen Flohmarkt veranstaltet habe, einen Eingriff in das Pflanzenkleid und Tierleben des Naturschutzgebietes "Schönauer Teich" vorgenommen, obwohl gemäß § 7 Abs. 2 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 5500-3 (in der Folge: NÖNSchG), in Naturschutzgebieten jeder Eingriff in das Pflanzenkleid oder Tierleben untersagt sei. Über den Beschwerdeführer wurden wegen Übertretung der §§ 7 Abs. 2 und 24 Abs. 1 Z. 15 NÖNSchG gemäß § 24 Abs. 1 leg. cit. jeweils Geldstrafen (in Verbindung mit Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

In den Begründungen der Bescheide vertrat die belangte Behörde - unter Hinweis auf das naturschutzbehördliche Verfahren, in dem dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. II/3-53136/19-92, die Abhaltung von Flohmärkten und Theateraufführungen auf dem genannten Grundstück rechtskräftig untersagt worden sei - die Auffassung, daß die Veranstaltung von Flohmärkten auch außerhalb des Naturschutzgebietes einen Eingriff in das Naturschutzgebiet darstelle. Für die Frage des Eingriffes sei nicht der Ausgangspunkt des Ereignisses, sondern der Ort seiner Wirkung entscheidend. Ob dieser innerhalb oder außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches des Naturschutzgebietes liege, sei ohne Bedeutung.

Gegen diese Bescheide richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihren Gegenschriften jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 NÖNSchG können Gebiete von weitgehender Ursprünglichkeit (inbesondere Urwald, Ödland, Steppenreste und Moore) oder sonstiger wissenschaftlicher Bedeutung (insbesondere Standorte seltener Pflanzen- oder Tierarten und gehäuftes Vorkommen erdgeschichtlich interessanter Erscheinungen) im Grünland durch Verordnung der Landesregierung zu Naturschutzgebieten erklärt werden.

Gemäß der Verodnung der Niederösterreichischen Landesregierung über die Naturschutzgebiete, LGBl. Nr. 5500/13-19, bilden mehrere Parzellen der KG Schönau das Naturschutzgebiet "Schönau Teich". Das Grundstück des Beschwerdeführers liegt außerhalb des Naturschutzgebietes.

Nach § 7 Abs. 2 leg. cit. ist in Naturschutzgebieten jeder Eingriff in das Pflanzenkleid und Tierleben sowie jede Änderung bestehender Boden- und Felsbildungen untersagt.

Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 15 NÖNSchG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer u.a. in Naturschutzgebieten Eingriffe in das Pflanzenkleid und Tierleben vornimmt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem, den naturschutzbehördlichen Untersagungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom aufhebenden Erkenntnis vom , Zl. 93/10/0012, die Auffassung vertreten, daß es sich bei einem "Eingriff" im Sinne des § 7 Abs. 2 NÖNSchG um jedes durch Menschen verursachte Ereignis handle, das auf das Pflanzenkleid oder Tierleben eines Naturschutzgebietes einwirke. Für die Frage des Eingriffes sei daher nicht der Ausgangspunkt des Ereignisses, sondern der Ort seiner Wirkung entscheidend. Ob dieser innerhalb oder außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches des Naturschutzgesetzes liege, sei daher ohne Bedeutung. Wesentlich sei lediglich, ob die Wirkungen am Pflanzenkleid oder Tierleben des Naturschutzgebietes eintreten können. Die Verursachung von Lärm außerhalb eines Naturschutzgebietes könne demnach einen "Eingriff" im Sinne des § 7 Abs. 2 leg. cit. darstellen, wenn dadurch Beeinträchtigungen am Pflanzenkleid oder Tierleben des Naturschutzgebietes eintreten können. Ob dies jedoch im (damaligen) Beschwerdefall gegeben sei, könne aufgrund der vorliegenden Sachverständigengutachten nicht mit ausreichender Sicherheit gesagt werden. Auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Aus denselben Erwägungen erweisen sich auch die vorliegenden Bescheide mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet; sie waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand konnte ein Ersatz von Umsatzsteuer nicht zuerkannt werden.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
NatSchG NÖ 1977 §7 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1994:1994100028.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAF-65167