VwGH 21.06.1994, 94/07/0064
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Mit dem Tod einer physischen Person endet deren Rechtsfähigkeit. War die einzige Partei eines Verwaltungsverfahrens im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits verstorben, so ist der - in Unkenntnis der Sachlage - dennoch ausschließlich an sie gerichtete Bescheid der belangten Behörde ins Leere gegangen und hat keine Rechtswirkung entfaltet, selbst wenn er dem Bevollmächtigten der - nunmehr verstorbenen - Partei zugestellt worden ist, da sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht (§ 1002 ff ABGB) richten, welche Bestimmungen auch das Erlöschen der Vollmacht regeln. Demnach bewirkt der Tod der Partei - anders als nach § 35 Abs 2 ZPO - in der Regel das Erlöschen der Vollmacht (§ 1022 ABGB). Weder der Nachlaß noch die Erben sind bei dieser Sachlage berechtigt, Beschwerde vor dem VwGH zu erheben (Hinweis E , 87/12/0149). |
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RS 2 | Wenn die einzige Partei eines Verwaltungsverfahrens im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits verstorben ist, kann derselbe nicht rechtswirksam zugestellt und damit nicht erlassen werden. Rechtlich ist der Bescheid somit nicht existent geworden (Hinweis B , 1918/62, VwSlg 6033 A/1963; B , 2942/79, VwSlg 10327 A/1980). Es fehlt daher an einer für die Bescheidbeschwerde gemäß Art 131 B-VG wesentlichen Voraussetzung. Somit ist die Beschwerde der Verlassenschaft (Nachlaß) nach der genannten Partei, vertreten durch die gesetzlichen Erben, mangels Zuständigkeit des VwGH gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Verlassenschaft nach der am verstorbenen R Sch, vertreten durch die gesetzlichen Erben 1.) K, 2.) E, 3.) S, sämtliche in W, 4.) H in M, 5.) F in W, 6.) K S in E, sämtliche vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 411.276/01-I4/93, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung einer Ausscheidung aus dem öffentlichen Wassergut, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem dieser beiliegenden angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Mit dem angefochtenen Bescheid bezeichnete die belangte Behörde den "Gegenstand" der zu entscheidenden Sache mit:
"R. Sch., W. a.A.;
Antrag auf Feststellung einer Ausscheidung aus dem öffentlichen
Wassergut - Zurückweisung;
Berufung"
und faßte folgenden Bescheid - Spruch:
"Der Berufung von Frau R. Sch., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, vom gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Wa-101911/5-1993/Spi/Mb, wird gemäß § 66 AVG keine Folge gegeben."
Dieser Bescheid wurde nach der Zustellverfügung im angefochtenen Bescheid u.a. zugestellt an
"1.) Frau R. Sch., z.H. Herrn Rechtsanwalt Dr. X ".
Die Zustellung an Rechtsanwalt Dr. X - dem nunmehrigen Vertreter der gesetzlichen Erben - erfolgte am . Die Beschwerdeführer sind die gesetzlichen Erben der am verstorbenen R. Sch..
Mit dem Tod einer physischen Person endet deren Rechtsfähigkeit. War die einzige Partei eines Verwaltungsverfahrens im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits verstorben, so ist der - in Unkenntnis der Sachlage - dennoch ausschließlich an sie gerichtete Bescheid der belangten Behörde ins Leere gegangen und hat keine Rechtswirkungen entfaltet, selbst wenn er dem Bevollmächtigten der - nunmehr verstorbenen - Partei zugestellt worden ist, da sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht (§§ 1002 ff ABGB) richten, welche Bestimmungen auch das Erlöschen der Vollmacht regeln. Danach bewirkt der Tod der Partei - anders als nach § 35 Abs. 2 ZPO - in der Regel das Erlöschen der Vollmacht (§ 1022 ABGB). Weder der Nachlaß noch die Erben sind bei dieser Sachlage berechtigt, Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof zu erheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/12/0149).
Der an die bereits verstorbene R. Sch. am zu Handen ihres Vertreters zugestellte Bescheid ist daher mangels Rechtspersönlichkeit des Bescheidadressaten und Vorliegens einer rechtsgültigen Vollmacht des Vertreters der Verstorbenen rechtlich nicht existent geworden.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.
Da ein nicht rechtwirksam zugestellter und damit nicht erlassener Bescheid rechtlich nicht existent geworden ist (vgl. die hg. Beschlüsse vom , Slg. N.F. Nr. 6033/A und vom , Slg. N.F. Nr. 10327/A), fehlt es im vorliegenden Fall an einer für die Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 B-VG wesentlichen Voraussetzung und war daher die Beschwerde der Verlassenschaft nach der am verstorbenen R. Sch., vertreten durch die gesetzlichen Erben, mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG unter Bedachtnahme auf § 12 Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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Normen | ABGB §1002; ABGB §1022; ABGB §531; ABGB §810; AußStrG §145; AVG §62 Abs1; AVG §8; AVG §9; VwGG §34 Abs1; ZPO §35 Abs2; |
Schlagworte | Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des Einschreiters Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit natürliche Person |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1994:1994070064.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-65152