VwGH 29.03.1996, 94/02/0343
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Auch wenn über mehrere Übertretungen in einer gemeinsamen Bescheidausfertigung abgesprochen wird, handelt es sich um mehrere Bescheide, die über verschiedene Taten - also über verschiedene Sachen - absprechen. Eine gemeinsame Bescheidausfertigung ist zulässig. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH E 1993/01/27 92/03/0017 1 |
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RS 2 | Ein Bevollmächtigter (iSd § 31 Abs 2 ASchG) muss nicht nur mit seinem Einverständnis vom Arbeitgeber mit der Überwachung der Einhaltung der jeweiligen arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen betraut, sondern von diesem auch mit entsprechenden Anordnungsbefugnissen und Entscheidungsbefugnissen zu ihrer Durchsetzung ausgestattet worden sein (Hinweis E , 83/11/0144). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 88/08/0104 E RS 2 |
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RS 3 | Unmittelbare Täter der in § 31 Abs 2 ASchG genannten Verwaltungsübertretungen können nur der Arbeitgeber und dessen Bevollmächtigte sein, nicht aber Dritte, wie etwa der Vermieter, der dem Arbeitgeber Räume vermietet, die den im Interesse des Arbeitnehmerschutzes bestehenden rechtlichen Anforderungen an Arbeitsräume nicht entsprechen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH E 1992/07/09 90/19/0579 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des F in A, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. 4/48-2/1993, betreffend Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom wurde der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als "Bevollmächtigter im Sinne des Arbeitnehmerschutzgesetzes" einer näher angeführten GesmbH zweier Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften für schuldig befunden, wobei hinsichtlich des Spruchpunktes 1 eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) und hinsichtlich des Spruchpunktes 2 eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt wurden.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom hinsichtlich des Spruchpunktes 1 in Ansehung der Strafe insoweit Folge, als die Geldstrafe auf S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage) herabgesetzt wurde; hinsichtlich des Spruchpunktes 2 wurde der Berufung keine Folge gegeben. Diese Entscheidung erfolgte hinsichtlich des Spruchpunktes 1 durch die Kammer und hinsichtlich des Spruchpunktes 2 durch das Einzelmitglied der belangten Behörde. Weiters wurden beide Spruchpunkte in Ansehung der Tatanlastung präzisiert.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war es zulässig, in einer gemeinsamen Bescheidausfertigung eine Entscheidung sowohl durch die Kammer als auch durch das Einzelmitglied des unabhängigen Verwaltungssenates jeweils eine Entscheidung zu fällen (vgl. hiezu näher das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 92/03/0017, 92/03/0018). Weiters ist nicht erkennbar, inwieweit - so die nicht näher konkretisierte Behauptung des Beschwerdeführers - Verfolgungsverjährung eingetreten sein soll; insbesondere waren die von der belangten Behörde vorgenommenen "Präzisierungen" der Schuldsprüche im Sinne der ständigen hg. Rechtsprechung zulässig.
Was die Heranziehung des Beschwerdeführers als "Bevollmächtigten" im Sinne des § 31 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz anlangt, ist zu bemerken, daß nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0098) bei der Bestellung eines Bevollmächtigten nach der erwähnten Gesetzesstelle die strengen Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 VStG nicht eingehalten werden müssen. Insbesondere muß eine derartige Bestellung auch nicht schriftlich erfolgen (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/19/0527). Die Bestellung eines Bevollmächtigten im Sinne des § 31 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz setzt allerdings voraus, daß dieser nicht nur mit seinem Einverständnis vom Arbeitgeber mit der Überwachung der Einhaltung der jeweiligen arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen betraut, sondern von diesem auch mit den entsprechenden Anordnungs- und Entscheidungsbefugnissen zu ihrer Durchsetzung ausgestattet wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/18/0230).
Daß dem Beschwerdeführer die Stellung als Bevollmächtigter im Sinne des § 31 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz zukam, ergibt sich nicht nur aus der am mit ihm vor der Behörde erster Instanz aufgenommenen Niederschrift, sondern auch aus einer weiteren Niederschrift vom mit dem handelsrechtlichen Geschäftsführer der in Rede stehenden GesmbH als Arbeitgeber. Im übrigen hat sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang damit begnügt, im Berufungsverfahren auf einen weiteren Bescheid der belangten Behörde vom zu verweisen, in dem seine Verantwortlichkeit verneint wurde. Der Verwaltungsgerichtshof braucht sich mit diesem zuletzt genannten Bescheid der belangten Behörde nicht näher auseinanderzusetzen, weil der Beschwerdeführer davon keine Rechtswirkungen für das vorliegende Verwaltungsverfahren ableiten konnte. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer daher zu Recht als Bevollmächtigten im Sinne des § 31 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz zur Verantwortung gezogen, zumal für ihn mit dem Hinweis auf die Verantwortlichkeit eines anderen Unternehmens für die in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen nichts gewonnen ist, weil unmittelbare Täter der in § 31 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz genannten Verwaltungsübertretungen nur der Arbeitgeber und dessen Bevollmächtigte, nicht aber Dritte seien können (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/19/0579).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Zusatzinformationen
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Normen | ABGB §1096; ASchG 1972 §31 Abs2; AVG §59; AVG §8; VStG §22 Abs1; VStG §30; VStG §51c; VStG §9 Abs1; VStG §9 Abs2; VStG §9 Abs4; |
Schlagworte | Arbeitsrecht Verfahrensrecht VStG Anzeiger |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1996:1994020343.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAF-65109