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VwGH 25.01.1994, 93/11/0252

VwGH 25.01.1994, 93/11/0252

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs2 lite;
KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §74 Abs1;
MRK Art6 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VwGG §33a;
VwGG §41 Abs1;
RS 1
Mit der rechtskräftigen Bestrafung wegen Begehung eines Alkoholdeliktes ist der belBeh eine selbständige Prüfung dieser Vorfrage verwehrt. Sie ist an die rechtskräftige Entscheidung im Strafverfahren gebunden (Hinweis E , 92/11/0070). Diese Bindung ist die Folge der Rechtskraft der Entscheidung über die Vorfrage und daher auch vom VwGH bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides zu beachten. An dieser Bindung vermag der Umstand, daß der VwGH nach Erlassung des angefochtenen Bescheides gem § 33a VwGG die Behandlung der Beschwerde gegen den Strafbescheid des UVS abgelehnt hat, nichts zu ändern. Darin kann kein Rechtsschutzdefizit erblickt werden, da es sich bei dem UVS um eine unabhängige Behörde iSd Art 6 Abs 1 MRK handelt.
Normen
AVG §57 Abs3 ;
KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §74 Abs1;
RS 2
Wird ein Entziehungsbescheid iSd § 73 Abs 2 iVm § 74 Abs 1 KFG beim VwGH angefochten, so ist der Umstand, daß der Mandatsbescheid gem § 57 Abs 3 AVG außer Kraft getreten ist, für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, ohne Belang (Hinweis E , 90/11/0119).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom , Zl. VI/2-226/5-1993, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Wie sich aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt, wurde mit diesem im Instanzenzug ergangenen Bescheid dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B und F gemäß § 74 Abs. 1 in Verbindung mit § 73 Abs. 2 KFG 1967 bis einschließlich (18 Monate gerechnet ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines) vorübergehend entzogen.

In seiner Beschwerde an Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend; er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Annahme zugrunde, der Beschwerdeführer habe am eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begangen. Dies stehe aufgrund seiner Bestrafung mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom für die Behörde bindend fest. Diese Übertretung bilde eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967, aus der die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers abzuleiten sei. Im Rahmen der Wertung berücksichtigte die belangte Behörde drei weitere Alkoholdelikte des Beschwerdeführers, derentwegen ihm jeweils vorübergehend die Lenkerberechtigung entzogen worden sei (1983 für 12 Monate, 1987 für 8 Monate, 1989 für 15 Monate). Die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers sei erst nach Verstreichen der festgesetzten Zeit zu erwarten.

Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, bei Erlassung des angefochtenen Bescheides sei noch gar keine rechtskräftige Entscheidung im Verwaltungsstrafverfahren vorgelegen.

Dieses nicht näher begründete Vorbringen beruht offenbar auf einem Irrtum über das Datum des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich. Denn dieser Bescheid stammt nicht, wie die Beschwerde fälschlich angibt, vom , sondern vom . Das ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid und auch aus dem mit der Beschwerde vorgelegten hg. Beschluß vom , Zl. 93/02/0189, mit dem die Behandlung der Beschwerde gegen den besagten Strafbescheid abgelehnt wurde. Daß der Strafbescheid dem Beschwerdeführer jedenfalls vor Erlassung des vorliegend angefochtenen, mit datierten Bescheides zugestellt wurde, ergibt sich daraus, daß der Beschwerdeführer bereits am einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Beschwerde gestellt hat.

Damit stand für die belangte Behörde bindend fest, daß der Beschwerdeführer am ein Alkoholdelikt begangen hat. Aufgrund ihrer Bindung an die rechtskräftige Entscheidung im Strafverfahren war ihr eine selbständige Prüfung dieser Vorfrage verwehrt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/11/0070, mit weiteren Judikaturhinweisen), weshalb die Verfahrensrügen hinsichtlich der gegenständlichen Annahme ins Leere gehen. Diese Bindung ist die Folge der Rechtskraft der Entscheidung über die Vorfrage und daher auch vom Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides zu beachten. An dieser Bindung vermag der Umstand, daß der Verwaltungsgerichtshof nach Erlassung des angefochtenen Bescheides mit dem vorhin genannten Beschluß vom gemäß § 33a VwGG die Behandlung der Beschwerde gegen den Strafbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich abgelehnt hat, nichts zu ändern. Die Ansicht des Beschwerdeführers, es liege insoweit ein Rechtsschutzdefizit vor, wird nicht geteilt, da es sich bei den unabhängigen Verwaltungssenaten um unabhängige Behörden iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK handelt.

Dem Einwand, die belangte Behörde habe unzulässigerweise zwei verjährte Verwaltungsübertretungen berücksichtigt (damit sind offenbar die den Entziehungsbescheiden vom und vom zugrundeliegenden Alkoholdelikte gemeint), ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach die Kraftfahrbehörde bei der Prognose, wann voraussichtlich mit der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit des Betreffenden zu rechnen ist, auch bereits getilgte Vorstrafen zu berücksichtigen hat (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 92/11/0070, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Das Vorbringen, der Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See an den Gendarmerieposten Kittsee sei "keine Verfolgungshandlung gem. § 32 VStG", ist verfehlt, weil es sich im vorliegenden Fall nicht um ein Strafverfahren handelt. Mit dem darauf aufbauenden weiteren Vorbringen, es sei nach Einbringung der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See nicht fristgerecht das Ermittlungsverfahren eingeleitet worden und es sei daher gemäß § 57 Abs. 3 AVG der Mandatsbescheid außer Kraft getreten, ist für den Beschwerdeführer deshalb nichts zu gewinnen, weil dieser Umstand für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ohne Belang ist.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

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Normen
AVG §38;
AVG §57 Abs3;
AVG §68 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs2 lite;
KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §74 Abs1;
MRK Art6 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VwGG §33a;
VwGG §41 Abs1;
Schlagworte
Sachverhalt Vorfrage
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der
Behörde
Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Verfahren vor dem VwGH
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1994:1993110252.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
DAAAF-65051