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VwGH 14.10.1992, 92/12/0177

VwGH 14.10.1992, 92/12/0177

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
RS 1
Das Verhalten des Konzipienten des Vertreters des Antragstellers (Beilage der unrichtigen Ablichtung einer Erledigung als "angefochtenen Bescheid") stellt sich im Verhältnis zum Antragsteller als ein unvorhergesehenes Ereignis dar, durch welches dieser ohne sein Verschulden verhindert war die Beschwerdefrist einzuhalten (Hinweis B 84/05/0001). Der Irrtum bzw Fehler des Konzipienten des Rechtsanwaltes stellt eine nach den konkreten Umständen des Einzelfalles entschuldbare Fehlleistung dar, die die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Versäumung der Beschwerdefrist rechtfertigt (Hinweis B VS , VwSlg 9024 A/1976).

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

92/12/0185

92/12/0178

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Anträge und Beschwerde des G in M, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen

1. Versäumung der Vorlage des angefochtenen Bescheides des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom , Zl. 8265/1-I/D/12/a/92, im Verfahren zu Zl. 92/12/0139, 2. gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom , Zl. 8265/1-I/D/12/a/92, und 3. Beschwerde gegen den zu 2. bezeichneten Bescheid, den Beschluß gefaßt:

Spruch

1. Der Wiedereinsetzungsantrag gegen Versäumung der Vorlage des angefochtenen Bescheides des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom , Zl. 8265/1-I/D/12/a/92, im Verfahren zu 92/12/0139 wird zurückgewiesen.

2. Dem Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom , Zl. 8265/1-I/D/12/a/92, wird stattgegeben.

3. Die Beschwerde gegen den zu 2. bezeichneten Bescheid wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluß vom , Zl. 92/12/0139, die Beschwerde des nunmehrigen Antragstellers und Beschwerdeführers gegen die Erledigung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Kosumentenschutz vom , Zl. 8265/1-I/D/12/a/92, betreffend Ermahnung bzw. Weisung wegen ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst mangels Bescheidcharakter dieser Erledigung zurückgewiesen. Auf die Begründung dieses Beschlusses wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Zu 1.: Mit seinem zu Zl. 92/12/0177 protokollierten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt der nunmehrige Antragsteller und Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Vorlage des angefochtenen Bescheides des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom , Zl. 8265/1-I/D/12/a/92, zu bewilligen. Dazu führt er aus, die belangte Behörde habe zwei Erledigungen vom mit derselben Geschäftszahl herausgegeben. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe durch ein Versehen seines Konzipienten verabsäumt den Bescheid, dessen Anfechtung Gegenstand der Beschwerde sein hätte sollen, mit der Beschwerdeschrift vorzulegen und versehentlich die gleich datierte und mit gleicher Geschäftszahl versehene Erledigung angeschlossen.

Dieses Vorbringen kann eine Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Vorlage des mit der damaligen Beschwerde angefochtenen Bescheides keineswegs begründen. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist der Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Im Gegenstand hat der Antragsteller aber keine Frist versäumt und auch dadurch keinen Rechtsnachteil erleiden können, weil er mit der zu Zl. 92/12/0139 eingebrachten Beschwerde eine Erledigung vorgelegt hat, die nach Datum und Geschäftszahl als angefochtener Bescheid bezeichnet und durch Vorlage einer Ausfertigung dieser Erledigung nur auf diese bezogen werden konnte. Dies ergibt sich schon aus § 28 Abs. 5 VwGG, wonach bei Beschwerden nach Art. 131 B-VG (Bescheidbeschwerden wie im vorliegenden Fall), sofern dem Beschwerdeführer der Bescheid zugestellt worden ist, eine Ausfertigung, Gleichschrift oder Kopie des angefochtenen Bescheides anzuschließen ist. Durch die vorgelegte mit dem Datum und der Geschäftszahl der Beschwerdeangaben übereinstimmende Erledigung wurde demnach diese Erledigung konkret zum Inhalt der Anfechtung durch den Beschwerdeführer gemacht.

Eine Versäumung der Frist zur Vorlage einer anderen Erledigung (Bescheid vom gleichen Datum und gleicher Geschäftszahl) kommt bei diesem Sachverhalt nicht in Frage. Es liegt weder eine Fristversäumnis in diesem Verfahren vor, noch kann die irrig erfolgte Vorlage der Ausfertigung des Nichtbescheides als Wiedereinsetzungsgrund in diesem Verfahren geltend gemacht werden.

Zu 2.: Der Antragsteller beantragt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom , Zl. 8265/1-I/D/12/a/92, wobei er eine als Bescheid bezeichnete Erledigung von diesem Tag und mit dieser Geschäftszahl ebenso vorlegt wie eine nicht als Bescheid bezeichnete Erledigung mit derselben Geschäftszahl und vom gleichen Tag. Zur Begründung seines Antrages führt er aus, der Beschwerdeführervertreter habe nach Prüfung beider Erledigungen nur eine Beschwerde gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung einbringen wollen. Am habe er die mehrmals kontrollierte und korrigierte Fassung der ausgearbeiteten Beschwerde gegen diese Erledigung (endgültige Fassung der Beschwerde) kontrolliert und unterfertigt. Dieser Beschwerdeschrift sei die als Bescheid bezeichnete Erledigung im Original beigelegt gewesen. Er habe seinem zuverlässigen und erfahrenen Konzipienten Dr. A die Beschwerde samt Beilagen und Akt übergeben und ihn gebeten, das Original der als Bescheid bezeichneten Erledigung zweifach zu kopieren, der Beschwerde beizulegen und sodann der Kanzleileiterin zur Abfertigung zu übergeben. Dr. A habe jedoch aus Versehen das Schreiben der belangten Behörde vom selben Tag mit dem selben Aktzeichen irrtümlich kopiert und der Beschwerde angeschlossen. Ein solches Mißgeschick sei weder Dr. A noch einem anderen Mitarbeiter des Beschwerdevertreters jemals unterlaufen. Der Beschwerdeführer bzw. sein Vertreter hätten erst am durch Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom , 92/12/0139 davon Kenntnis erlangt, daß der Beschwerde nicht die als Bescheid bezeichnete Erledigung angeschlossen gewesen sei.

Daß bei Einbringung der Beschwerde nicht die als Bescheid bezeichnete Erledigung beigelegt gewesen sei, sei unvorhersehbar und - mangels Kenntnis davon - auch unüberwindbar gewesen. Dieses Versehen habe den Beschwerdeführer daran gehindert, rechtzeitig eine Beschwerde einzubringen, die als solche gegen den tatsächlich angefochtenen Bescheid hätte angesehen werden müssen.

Geht man von dem durch die vorgelegten Urkunden bescheinigten Sachverhalt aus, so ist dieser Wiedereinsetzungsantrag im Sinn der zu 1. zitierten Bestimmung des § 46 VwGG begründet. Nach § 46 Abs. 1 letzter Satz hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Das Verhalten des Konzipienten des Vertreters des Antragstellers (Beilage der unrichtigen Ablichtung einer Erledigung als "angefochtenen Bescheid") stellt sich im Verhältnis zum Antragsteller als ein unvorhergesehenes Ereignis dar, durch welches dieser ohne sein Verschulden verhindert war die Beschwerdefrist einzuhalten (vgl. Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 84/05/0001). Der Irrtum bzw. Fehler des Konzipienten des Rechtsanwaltes stellt eine nach den konkreten Umständen des Einzelfalles entschuldbare Fehlleistung dar, der die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Versäumung der Beschwerdefrist rechtfertigt (vgl. auch Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N.F. Nr. 9024/A).

Zu 3.: Mit der gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung der belangten Behörde vom , Zl. 8265/1-I/D/12/a/92, erhobenen Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG hat der Beschwerdeführer eine Kopie des angefochtenen "Bescheides" vorgelegt (§ 28 Abs. 5 VwGG). Diese Erledigung ist zwar als Bescheid bezeichnet und enthält eine Begründung, Rechtsmittelbelehrung, sowie "sonstige Hinweise", ist aber nicht dem Gesetz entsprechend gefertigt. Am Schluß der Erledigung finden sich nämlich nur folgende Klauseln: "Für den Bundesminister: NN" und darunter "Für die Richtigkeit der Ausfertigung:" ohne jeden handschriftlichen Vermerk.

Nach § 18 Abs. 4 AVG in der Fassung der Novelle 1990 müssen alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, daß die Ausfertigung mit der Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Das Nähere wird durch Verordnung geregelt. Bei Mitteilungen gemäß Abs. 3 zweiter und dritter Satz und bei Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, genügt die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Bei vervielfältigten Ausfertigungen oder in Fällen, in denen der Inhalt einer Erledigung in einer solchen technischen Weise mitgeteilt wird, die eine genaue Wiedergabe des Originals ermöglicht, ist die Unterschrift oder deren Beglaubigung auf der zu vervielfältigenden Ausfertigung oder auf dem Original anzubringen.

Einem Schriftstück, das weder die Unterschrift des Genehmigenden noch den mit Unterschrift versehenen Beglaubigungsvermerk im Sinn des § 18 Abs. 4 AVG (die Ausnahmsfälle des 4. Satzes der Bestimmung kommen nach der gegebenen Sachlage nicht in Betracht) enthält, kommt der Charakter eines Bescheides nicht zu. (vgl. Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshof vom Slg. N.F. Nr. 2454/A, vom , Zl. 1038/80 und vom , Zl. 89/05/0114).

Die Beschwerde mußte daher gemäß § 34 VwGG mangels Bescheidcharakter der angefochtenen Erledigung zurückgewiesen werden.

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1992:1992120177.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-64911