VwGH 05.03.1991, 91/08/0023
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | VwGG §46 Abs1; VwGG §46 Abs3; |
RS 1 | Wenn der Berichtigungsbescheid, der die Anfechtung des berichtigten Bescheides innerhalb der Beschwerdefrist verhindert hat (Hinweis B , 90/08/0169,0170), (hier: durch den VwGH) aufgehoben worden ist, fällt ein dem des § 46 Abs 2 VwGG ähnliches Hindernis iSd § 46 Abs 3 VwGG weg; daher ist im Beschwerdeverfahren gegen den inzwischen wieder rechtlich voll wirksamen berichtigten Bescheid die Wiedereinsetzung zu bewilligen. |
Normen | AVG §62 Abs4; VwGG §34 Abs1; |
RS 2 | Der berichtigte Bescheid kommt im Umfang der Berichtigung als Beschwerdegegenstand nicht in Betracht (Hinweis B , 90/08/0169, 0170). |
Entscheidungstext
Betreff
Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr.Vesely, über den Antrag der Vorarlberger Gebietskrankenkasse auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom , Zl. IVb-69-30/1989, betreffend Beitragspflicht nach dem ASVG, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben.
Begründung
Zur Vorgeschichte verweist der Verwaltungsgerichtshof auf seinen Beschluß vom , Zl. 90/08/0169, 0170, aus dem sich folgendes ergibt:
Die Antragstellerin stellte mit Bescheid vom zu Spruchpunkt I. fest, daß die in diesem Bescheid genannten Personen in den dort ausgewiesenen Zeiträumen aufgrund ihrer Beschäftigung in einem die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden sind. Der vom Dienstgeber gegen diesen Bescheid erhobene Einspruch wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom abgewiesen. Dieser Bescheid der belangten Behörde erwuchs in Rechtskraft.
Mit Spruchpunkt II. und III. des Bescheides der Antragstellerin vom wurden dem Dienstgeber für diese Dienstnehmer und Beitragszeiträume Beiträge und Verzugszinsen nachverrechnet. Auch gegen diesen Teil des Bescheides der Antragstellerin hat der Dienstgeber Einspruch erhoben. Nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides betreffend die Versicherungspflicht vom entschied die belangte Behörde über den gegen die Beitragsnachverrechnung erhobenen Einspruch mit Bescheid vom wie folgt:
"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 wird dem Einspruch Folge gegeben und der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Punkte II. und III. behoben."
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, daß die Feststellung einer Beitragsverpflichtung die Feststellung des Bestehens der Versicherungspflicht der vom Dienstgeber beschäftigten Arbeitnehmer zur Voraussetzung habe; dann heißt es in dieser Begründung wörtlich:
"Der Bescheid ... hinsichtlich der Feststellung der
Versicherungspflicht der in diesem Bescheid angeführten
Personen in den dort ausgewiesenen Zeiträumen gemäß § 4 Abs. 1
Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG ... wurde mit Bescheid des
Landeshauptmannes von Vorarlberg vom ...
behoben. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Mangels
Vorliegen einer Versicherungspflicht der darin angeführten
Personen aufgrund ihrer Tätigkeit ... war daher spruchgemäß zu
entscheiden."
Dieser Bescheid wurde der Antragstellerin am zugestellt. Innerhalb der sechswöchigen Beschwerdefrist, nämlich am , wurde der Beschwerdeführerin der Bescheid der belangten Behörde vom zugestellt.
Dieser Bescheid enthielt folgenden Spruch:
"Gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 wird der Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom ... dahingehend berichtigt, daß gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 dem Einspruch keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Punkte II. und III. bestätigt wird."
In der Begründung dieses Bescheides führt die belangte Behörde aus, der Bescheid vom (mit welchem der Beitragsbescheid der Antragstellerin mangels Versicherungspflicht der Dienstnehmer aufgehoben worden ist) sei irrtümlich ergangen: Im Bescheid der belangten Behörde vom sei die Versicherungspflicht der Dienstnehmer bejaht (und nicht verneint) und der Inhalt dieses Bescheides im Bescheid vom (über die Beitragspflicht) daher unrichtig wiedergegeben worden. Es handle sich um eine offenkundige Unrichtigkeit, die von den Personen, für die der Bescheid bestimmt gewesen sei, habe erkannt werden können (woraus die belangte Behörde die Anwendbarkeit des § 62 Abs. 4 AVG 1950 ableitet).
Gegen diesen Berichtigungsbescheid erhob die mitbeteiligte Partei die zu hg. Zl. 90/08/0136 protokollierte Beschwerde; mit Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof in Stattgebung dieser Beschwerde den Berichtigungsbescheid der belangten Behörde vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Dieses Erkenntnis wurde der Beschwerdeführerin am zugestellt.
Mit dem (gemäß § 46 Abs. 3 VwGG fristgerecht) am zur Post gegebenen vorliegenden Schriftsatz beantragt die Antragstellerin, ihr gegen die Versäumung der Beschwerdefrist hinsichtlich des oben erwähnten Bescheides der belangten Behörde vom die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen: Der mit dem zitierten Erkenntnis aufgehobene Berichtigungsbescheid der belangten Behörde vom sei der Antragstellerin innerhalb der gegen den Bescheid vom laufenden Beschwerdefrist zugestellt worden. Die Antragstellerin habe deshalb gegen den Bescheid vom keine Beschwerde erhoben. Die nunmehrige Aufhebung des Berichtigungsbescheides stelle "ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis dar", durch welches die Antragstellerin die Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom versäumt habe.
Der Antrag ist im Ergebnis berechtigt:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf deren Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erlitten hat. Gemäß Abs. 2 der zitierten Gesetzesbestimmung ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist auch dann zu bewilligen, wenn die Beschwerdefrist versäumt wurde, weil der anzufechtende Bescheid fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat.
Um einen dem § 46 Abs. 2 VwGG ähnlichen Fall handelt es sich hier: Die Antragstellerin war zwar nicht dadurch an der Einbringung der Beschwerde gehindert, daß der anzufechtende Bescheid fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt hat, wohl aber dadurch, daß die belangte Behörde durch die Erlassung eines Berichtigungsbescheides innerhalb der Beschwerdefrist den Gegenstand der möglichen Anfechtung zunächst aus dem Rechtsbestand beseitigt hat. Ab dem Zeitpunkt der Erlassung des Berichtigungsbescheides war daher eine Beschwerde gegen den berichtigten Bescheid im Umfang der Berichtigung nicht mehr möglich (vgl. den in dieser Sache ergangenen Beschluß vom , Zl. 90/08/0169, 0170, mit weiteren Hinweisen).
Durch die mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 90/08/0136, erfolgte Aufhebung des Berichtigungsbescheides ist dieses Verfahren in die Lage zurückgetreten, in der es sich vor Erlassung des Berichtigungsbescheides befunden hatte (§ 42 Abs. 3 VwGG). Damit entfaltet der berichtigte Bescheid (ungeachtet des zwischenzeitigen Verstreichens der Beschwerdefrist) wieder seine volle rechtliche Wirksamkeit. Mit der Zustellung des den Berichtigungsbescheid aufhebenden Erkenntnisses vom ist das Hindernis, welches die Antragstellerin ohne ihr Verschulden an der Einbringung einer Beschwerde gegen den (sie belastenden) berichtigten Bescheid gehindert hat, weggefallen. Aufgrund des fristgerecht eingebrachten Antrages war der Antragstellerin sohin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 Abs. 1 VwGG spruchgemäß zu bewilligen.
Über die gleichzeitig eingebrachte Beschwerde wird der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens erkennen.
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Allgemein Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetze |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1991:1991080023.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAF-64735